Vergewaltigung: Hilfe für Betroffene
Nach einer Vergewaltigung ist eine zeitnahe Untersuchung für die Versorgung von Verletzungen und für die Spurensicherung wichtig. Was Betroffene tun können
Mit Drohungen oder Gewalt zu Sex gezwungen zu werden ist für Frauen eine schier unglaubliche Vorstellung. Nach einer Vergewaltigung steht die Frau unter Schock, fühlt Scham oder scheut sich aus Angst vor dem Täter, zur Polizei zu gehen.
„Es gibt viele Frauen, die mehrere Tage brauchen, bis sie mit jemandem darüber reden können“, sagt die Gynäkologin Dr. Sonja Pilz vom Klinikum Frankfurt-Höchst, die sich für das Projekt „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung“ der Stadt Frankfurt engagiert. Dabei sei eine zeitnahe Untersuchung nicht nur für die Versorgung von Verletzungen wichtig, sondern deren Dokumentation diene auch als Spuren- und Beweissicherung für einen eventuellen späteren Prozess.
Wenn eine Frau den Täter bei der Polizei anzeigt, veranlassen die Beamten ohnehin eine Spurensicherung. „Aber Frauen können sich auch kostenfrei untersuchen und Befunde sichern lassen, wenn sie noch nicht wissen, ob sie den Täter anzeigen wollen“, sagt Pilz. Dafür gibt es regional unterschiedliche Lösungen, die man unter anderem beim Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ erfragen kann (siehe unten).
Am besten werden die Spuren einer Vergewaltigung von Rechtsmedizinern erkannt und dokumentiert. „Die Rechtsmedizin ist auf das Erkennen von Gewalt und die Beweissicherung spezialisiert. Wir sind die Fachärzte dafür“, sagt Kathrin Yen, Leiterin der Gewaltambulanz am Institut für Rechtsmedizin Heidelberg. Einige Städte, wie Heidelberg, Hamburg, München, Düsseldorf und Hannover, haben spezielle Gewaltambulanzen eingerichtet. Dort arbeiten Rechtsmediziner mit Gynäkologen zusammen. Wer Gewalt erfahren hat, kann sich dorthin wenden, auch ohne die Polizei einzuschalten.
Spuren als Beweismittel
Gesicherte Spuren und Beweise werden dann für einen bestimmten Zeitraum aufbewahrt. Das kann besonders wichtig sein für Frauen, die von wiederkehrender häuslicher Gewalt betroffen sind und sich meist zunächst nicht zu einer Anzeige gegen den Partner durchringen. „Sie können trotzdem bei jedem Vorfall Verletzungen und Spuren dokumentieren lassen und haben damit eine sehr gute Beweislage, wenn sie später doch zur Polizei gehen“, sagt Kathrin Yen.
Der direkte Weg zur Rechtsmedizin ist allerdings nicht überall in Deutschland möglich. An anderen Orten übernehmen Gynäkologen in Krankenhäusern neben der Untersuchung und Behandlung auch die Dokumentation von Verletzungen und Spuren, falls die Frauen dies wünschen. In Frankfurt sind Gynäkologen an sieben Kliniken eigens dafür geschult und ausgerüstet. „Wir haben Spurensicherungs-Kits. Darin enthalten sind eine detaillierte Untersuchungsanleitung, spezielle Abstrichröhrchen für DNA-Proben und Papiertütchen, um sie aufzubewahren. Wenn eine Frau etwa sagt, sie habe den Angreifer gekratzt, schneiden wir zum Beispiel Fingernägel und geben jeden Nagel in ein Tütchen“, erklärt Sonja Pilz.
DNA kann den Täter überführen
DNA-Proben müssen trocken aufbewahrt werden. Deswegen kommen für die Lagerung keine Plastik-, sondern nur Papiertütchen infrage. Rechtsmediziner und geschulte Gynäkologen achten bei der Untersuchung auch auf sehr diskrete Spuren. „Wir untersuchen den gesamten Körper systematisch. Leichte Schürfungen am Rücken können etwa zeigen, dass jemand auf hartem Untergrund gelegen hat. Leichte Verletzungen in der Mundschleimhaut können darauf hinweisen, dass jemandem der Mund zugedrückt worden ist“, erläutert Yen.
Aber auch wenn etwa ein Kondom verwendet oder keine massive Gewalt ausgeübt wurde, könnten sich Indizien finden lassen. Die Chancen, Spuren im Genitalbereich zu sichern, wie etwa Sperma in der Scheide, sind in den ersten 72 Stunden am größten. Eine Untersuchung macht aber auch danach noch Sinn. „Wir machen tiefe Abstriche vom hinteren Scheidengewölbe. Da kommt man auch mit der Dusche nicht unbedingt hin“, sagt Pilz.
K.-O.-Tropfen nicht lange nachweisbar
Ein besonders enges Zeitfenster besteht allerdings für den Nachweis von K.-O.-Tropfen: Sie können nur acht Stunden im Blut erkannt werden. Zu einer Untersuchung nach einer Vergewaltigung gehört auch die Überprüfung auf mögliche Infektionen und Geschlechtskrankheiten. Falls die Gefahr einer Schwangerschaft besteht, kann auch die „Pille danach“ verordnet werden. „Die Nachsorgeuntersuchungen finden dann normalerweise bei einem niedergelassenen Gynäkologen statt. Dazu gehört zum Beispiel ein HIV-Test“, erklärt Pilz.
Psychologische Unterstützung
Neben den körperlichen Folgen zieht eine Vergewaltigung oft schwere psychische Probleme und psychosomatisch bedingte Schmerzen nach sich. Schon bei der ersten Untersuchung bekommen Betroffene Hinweise auf weitere Hilfsangebote, wie die Opferschutz-Organisation Weißer Ring oder den Frauen-Notruf.
Diese Vereinigungen unterstützen die Frauen sowohl beim Umgang mit Behörden als auch bei der Suche nach Psychologen, speziellen Kliniken oder Selbsthilfe-Gruppen. In einer Therapie können Patientinnen Strategien erlernen, um mit dem schlimmen Erlebnis umzugehen und das erlittene Trauma zu verarbeiten.
Was tun, wenn es passiert ist?
Nicht allein sein. Eine Freundin oder einen Angehörigen kontaktieren, reden und sich unterstützen lassen.
Möglichst schnell zu einer ärztlichen Untersuchung gehen. Am besten vorher nicht duschen; idealerweise auch nicht rauchen, essen, trinken oder zur Toilette gehen, um keine Spuren zu zerstören.
Wenn man in der Notaufnahme nicht erzählen will, was passiert ist, den Satz sagen: „Ich benötige ein dringendes Gespräch mit einem Gynäkologen.“
Alles aufheben, was als Beweismittel dienen kann. Kleidung nicht waschen. Nichts wegwerfen, womit der Täter in Berührung gekommen ist, wie zerrissene Unterwäsche, Tampons, Slipeinlagen. Den Tatort nicht verändern und falls möglich fotografieren.
Den Tathergang aufschreiben oder aufnehmen, selbst wenn man keine Anzeige erstatten will. Diese Aufzeichnungen sind wichtige Informationen, falls man die Meinung ändern sollte.
Selbstvorwürfe nicht zulassen. Eine Vergewaltigung ist kein Grund, sich zu schämen. Die Verantwortung dafür trägt allein der Täter.
Jederzeit Hilfe am Telefon
Rund um die Uhr zu erreichen ist das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ des Bundesamts für Familie unter 0?80?00/1?16 0?16. Frauen können sich – auch anonym – beraten lassen. http://www.hilfetelefon.de
http://www.apotheken-umschau.de/Schmerz/...ene-412687.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Vergewaltigung
Wenn alle vor Grauen verstummen
Eine junge Frau wird vergewaltigt. Die Tat verletzt auch ihre Seele. Heute empfindet sie das Leben wieder als schön - von einfach war nie die Rede.
Protokoll: Lars Langenau
"Ich war ein Teenager wie viele andere auch, zierlich, blond, große blaue Augen. Hübsch, sagt man wohl, obwohl mir das nicht bewusst war. Etwas rotzig, etwas motzig, Gymnasiastin, zehnte Klasse, 16 Jahre alt. Ich sollte Jura studieren, das war der Wunsch meiner Mutter; ich wollte Journalismus studieren, und Politikwissenschaften oder Soziologie. Ich las Sartre und Dürrenmatt und trug Chucks, hatte noch keinen Führerschein und demonstrierte gegen Atomkraftwerke. Noch herrschte Kalter Krieg und Berlin war eine geteilte Stadt. Hessen war Grenzgebiet zur DDR, die amerikanischen Soldaten zu unserem Schutz da. Es ist ein Segen, dass bei uns die Amerikaner sind, sagte mein Vater oft. Nur 120 Kilometer weiter östlich verlief der Eiserne Vorhang.
Und dann kam der Freitagabend im späten April 1988, der alles veränderte. Ich war unterwegs mit Freunden, wie an so vielen Abenden - aber dieser endete in einer Tragödie. Nichts würde jemals wieder so sein, wie es vorher war. An diesem Abend sprach mich ein Mann an, der doppelt so alt wie ich war. Er war US-Soldat und gab mir seine Telefonnummer. Ich warf sie weg. Und ging weiter.
Vielleicht hat er in diesem Moment begonnen, mich zu hassen, dieses Mädchen, das ihn abgewiesen hatte. Ich merkte nicht, dass er beobachtete, mit wem ich sprach, wie viele Zigaretten ich rauchte, mit wem ich den Club verließ. Niemand von uns merkte, dass er uns zu einer Party folgte, vor dem Haus wartete, und uns schließlich bis zu einer Kneipe hinterherging. Dort stand er plötzlich wieder vor mir. Ich war ziemlich betrunken, es war spät. Ich wunderte mich, was er dort machte, in dieser Rock-Kneipe, die amerikanische Soldaten eigentlich nicht aufsuchten.
"Mir gefällt nicht, wie er dich ansieht"
'Lass uns ein Taxi rufen', sagte ich zu meiner Freundin. Es war viel zu spät, wir würden uns zu Hause reinschleichen müssen, in der Hoffnung, dass es unsere Eltern nicht merkten. Dann hielt ein Auto vor uns und er öffnete die Beifahrertür. 'Steigt ein', sagte er, 'ich fahr euch nach Hause.' 'Mir gefällt nicht, wie er dich ansieht', warnte meine Freundin. 'Ach Quatsch', sagte ich, 'außerdem sind wir zu zweit.' Ich wollte nur nach Hause.
Er setzte meine Freundin vor ihrem Haus ab und bog nur 500 Meter weiter in einen Waldweg ein. 'Was soll das?', fragte ich, als er den Motor abstellte. Dann traf mich seine Faust im Gesicht. 'Halt's Maul, du Nutte', schrie er. Seine Hände legten sich um meinen Hals. Und drückten zu. Er riss mir meine Kleider in Fetzen und vergewaltigte mich. Und würgte mich. Und vergewaltigte mich. Und schlug zu. Und noch mal. Ich dachte, ich sterbe. Irgendwann verlor ich das Bewusstsein.
Serie "ÜberLeben"
Wir veröffentlichen an dieser Stelle in loser Folge Gesprächsprotokolle unter dem Label "ÜberLeben". Sie handeln von Brüchen, Schicksalen, tiefen Erlbenissen. Menschen erzählen von einschneidenden Erlebnissen - vom Nachbarn über Obdachlose bis zu Prominenten. Warum sind wir das, was wir sind? Wieso brechen die einen zusammen, während andere mit schweren Problemen klarkommen? Wie geht Überlebenskunst? Wenn Sie selbst ihre Geschichte erzählen wollen, dann schreiben Sie eine E-Mail an: ueberleben@sz.de
Doch ich überlebte. Es war gegen fünf Uhr morgens, als ich in mein Elternhaus torkelte: die Klamotten in Fetzen an mir herunterhängend, ab dem Bauchnabel splitternackt, geschunden, blutend. Ich weckte meinen älteren Bruder auf, weil ich nicht wusste, was ich sonst machen sollte. Er schrie: 'Das Schwein bringe ich um!' Von dem Tumult wurde meine Mutter wach. Sie hatte Angst vor dem, was mein Bruder in Rage tun würde, das war ihr anzumerken. Sie rief die Polizei an, die ihr sagten, ich solle auf keinen Fall duschen oder mich auch nur waschen, alle Kleidungsstücke, die ich noch am Leib trug, in eine Tüte packen und sofort mit mir vorbeikommen. Mechanisch gab sie die Anweisungen an mich weiter. Auf der Polizeistation brach Hektik aus, Gewaltverbrechen sind in meiner Heimatstadt selten, ich wurde vernommen: Wer, was, wann, wo?
Als wäre nie etwas passiert
Man bestellte eine Fotografin ein, eine junge Frau, nur wenig älter als ich. Als sie mich sah, entblößt und entwürdigt, stammelte sie, das könne sie nicht und lief aus dem Raum. Ich hörte, wie der Kriminalhauptkommissar sie anherrschte, sie solle sich zusammenreißen. Mit zitternden Händen nahm sie die Bilder auf, die später den Geschworenen vor Gericht vorgelegt werden würden.
Die Ermittler beschlossen schnell, meinen Fall an die amerikanischen Streitkräfte zu übergeben, so wurde ich dorthin gebracht und die Vernehmungen begannen erneut. Wer ist dieser Mann, was können Sie zu ihm sagen, kennen Sie ihn, hat er vorher Kontakt zu ihnen aufgenommen. Ich sagte ihnen, dass er mir seine Telefonnummer gegeben hatte, früher am Abend, und mit einem Wink wurden Militärpolizisten ausgeschickt, danach zu suchen. Sie kamen zurück mit einem Bierdeckel, auf den der Mann seinen Namen und Telefonnummer geschrieben hatte, etwas durchgeweicht vom leichten Nieselregen, aber gut leserlich. 'Ist das der Mann', fragten sie. 'Ja', sagte ich. Ich las seinen Namen zum ersten Mal. Sofort bereitete man die Verhaftung vor.
Niemand kam auf die Idee, dass ich Hilfe brauchen könnte
Vor dem amerikanischen Militärgericht wurde er im Herbst desselben Jahres zu einer lebenslänglichen Haftstrafe wegen Entführung, dreifacher Vergewaltigung und versuchten Mordes einer Minderjährigen verurteilt - und sofort nach der Urteilsverkündung in einen Hochsicherheitstrakt verlegt. Noch bei der Anhörung hatte er gedroht, mich umzubringen, wenn er mich jemals wieder in die Hände bekommen würde.
Wie lebt man damit, wie überlebt man eine solche Erfahrung, wenn man nicht mehr ganz Kind ist, aber noch keine Frau? Wenn man noch gar nicht gefestigt ist, und wenn alle vor Grauen verstummen?
Es begann eine Zeit der Isolation, ich baute hohe Mauern auf, um mich zu schützen, aber auch um meine Wunden zu verbergen. Der Schulunterricht rauschte an mir vorbei. Während sich meine Mitschüler auf Klausuren vorbereiteten, wurde ich auf einen Prozess vorbereitet.
Die Vernehmungen setzten mir zu, bis ich nicht mehr konnte und die Dolmetscherin anrief. Ich wolle das alles nicht mehr. Sie rief mich zurück, um mir von dem amerikanischen Captain, der als Staatsanwalt die Anklage vorbereitete, auszurichten, ich möge bitte durchhalten. Er würde Tag und Nacht an dem Fall arbeiten und man würde mich zur Schonung künftig zu Hause vernehmen. Ich möge tapfer sein. Und ich war tapfer.
Ich hätte die elfte Klasse wiederholen müssen, aber ich hatte keine Kraft dazu. Niemand kam auf die Idee, dass ich Hilfe brauchen könnte. Schweigen war das Beste, da war sich meine Familie einig. Es wurde nie wieder erwähnt. Bis heute nicht. 'Schade, dass du nicht Jura studiert hast', sagte meine Mutter neulich, 'du wärst eine brillante Juristin geworden.' Ich lachte. Ja, sicher. Als wäre nie etwas passiert.
Die Angst war das Schlimmste
Die ersten zwei Jahre waren die schlimmsten, ich erinnere mich an sie als die düsteren Jahre, gequält von abrupten Erinnerungsschüben, Ängsten, Schlaflosigkeit und Depressionen. Die Angst war das Schlimmste, sie begleitete mich auf Schritt und Tritt.
In meiner Familie gab es keine Depression, keine Schwäche, und krank war man nur, wenn man nicht mehr auf den Beinen stehen konnte. Da es kein Mitleid gab, war auch kein Raum für Selbstmitleid. Und vielleicht ist es genau das fehlende Selbstmitleid, das mir half, zu überleben. Ich war ein Opfer, und wollte keines sein.
Nur wenige Menschen drangen überhaupt zu mir durch. Ich kämpfte um Normalität. Wie durch ein Wunder blieb meine Sexualität unbeeinträchtigt, das ist wohl eher selten. Vielleicht wollte ich mir das auch nicht nehmen lassen und so war es mir möglich, Beziehungen einzugehen, ohne mich offenbaren zu müssen. Doch die Nähe, die eine intime Beziehung mit sich bringt, war kaum auszuhalten und ist auch heute noch schwierig für mich.
Der Wendepunkt kam mit 30, als ich Blut in meinem Urin bemerkte. Ich suchte meinen Arzt auf, der eine übergangene Blasenzündung diagnostizierte, die zu einer Nierenbeckenentzündung geführt hatte. 'Sie müssen Schmerzen haben, im Nierenbereich', sagte er. 'Merken Sie das nicht?' Ich spürte es nicht. Er stand auf und legte seine kühle Hand auf meine Stirn. 'Sie haben Fieber.' Auch das hatte ich nicht wahrgenommen - und das erschreckte mich. Ich wusste, ich brauchte Hilfe und rief den Psychologen an, den mir eine Freundin empfohlen hatte.
Nun begann eine intensive therapeutische Arbeit. Ich lernte, mich selbst zu spüren, meine Bedürfnisse wahrzunehmen, überhaupt Hunger, Durst, Kälte, Hitze, Schmerz zu spüren und nach ihnen zu handeln, Emotionen einzuordnen und letztendlich Mauern niederzureißen. Das Trauma zu verarbeiten. Die Heilung hatte begonnen. Heute arbeite ich als Kundenbetreuerin in einem großen Unternehmen und empfinde das Leben als schön - von einfach war nie die Rede."
________________________________
Michaela E., 43, Hessen
http://www.sueddeutsche.de/leben/vergewa...men-1.2454623-2
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
ULM
Nach Vergewaltigungen können Frauen direkt in die Klinik gehen
Bis sich Frauen nach einer Vergewaltigung zur Anzeige entschließen, vergehen Tage und Wochen. Spuren sind dann vernichtet. Das muss nicht sein. Frauen können sich jetzt zunächst an die Klinik wenden. Mit einem Kommentar von Rudi Kübler: Sinnvolles Konzept
RUDI KÜBLER | 03.07.2015 147 2 9
Das Angebot gibt es noch nicht so häufig – Heidelberg, München und Tübingen zählen zu den Vorreitern der vertraulichen Spurensicherung nach einer Vergewaltigung. Ulm folgt jetzt nach. Die Beratungstelle „Frauen helfen Frauen“, die Uni-Frauenklinik und die Kriminalpolizei Ulm ziehen an einem Strang, sie bieten betroffenen Frauen an, die Spuren der Vergewaltigung zu dokumentieren, ohne sofort Anzeige erstatten zu müssen.
Der Hintergrund: Die Opfer sexueller Gewalt seien kurz nach der Tat oft nicht in der Lage, zur Polizei zu gehen und die Vergewaltigung anzuzeigen, erklärt Angelika Glaschick, Geschäftsführerin und Diplom-Sozialpädagogin von „Frauen helfen Frauen“. Die Angst vor dem Täter, der meist aus dem sozialen Umfeld der Frau stammt, mag eine Rolle spielen. Die Angst, dass ihr nicht geglaubt wird. Die Angst vor entwürdigenden Vernehmungen durch Polizisten – oder auch die Scham, Opfer sexueller Gewalt geworden zu sein und darüber sprechen zu müssen. Vergehen nach der Tat aber Stunden und Tage, duscht die betroffene Frau und wäscht die Unterwäsche, werden Spuren vernichtet. Spuren, die den „objektiven Tatbefund“, wie Sandra Rau von der Kripo Ulm sagt, belegen und auch Hinweise auf den Täter geben können. „Zeitverzug ist immer schlecht.“
An dieser Stelle kommt die Frauenklinik der Universität Ulm ins Spiel. Hier können die Frauen sofort nach der Tat die Spuren dokumentieren lassen: vertraulich, kostenlos und rund um die Uhr, wie Dr. Annette Handke-Vesely sagt. Abstriche werden genommen, Fotos von Verletzungen gemacht, Unterwäsche und Spermaspuren gesichert, der Tatablauf bei der Anamnese wörtlich protokolliert – all das wird zwei Jahre lang in der Frauenklinik aufbewahrt. Für Dr. Handke-Vesely ist dieses Angebot eine „sehr gute Idee“. Der Bedarf sei da, das habe sie bei der Untersuchung von Vergewaltigungsopfern immer wieder festgestellt. „Das nimmt den Frauen den Druck, die Anzeige sofort nach der Vergewaltigung erstatten zu müssen.“
Jetzt können betroffene Frauen die Tat Tage und Wochen später bei der Polizei anzeigen – oder erst nach Monaten, „das macht auch noch Sinn“, gerade auch, wenn Kinder und Jugendliche Opfer von sexueller Gewalt geworden sind, sagt Barbara Frey von der Beratungsstelle. Sie und ihre Kollegin Glaschick informieren die Frauen in einem weiteren Schritt darüber, was auf sie zukommt: der Gang zur Polizei, zum Rechtsanwalt, zur Verhandlung. Frey und Glaschick empfehlen zwar eine Anzeige, „es liegt schon in unserem Interesse, dass der Täter strafrechtlich verfolgt wird, aber wir üben keinen Druck auf die Frauen aus“.
Meist stehe in der Verhandlung Aussage gegen Aussage, sagt Kriminaloberkommissarin Rau. Deshalb sei dieses Angebot so wichtig, „die Spurensicherung erhöht die Verurteilungswahrscheinlichkeit“.
Info Die Frauenklinik ist unter Tel. (0731) 500-586 88, die Beratungsstelle Frauen helfen Frauen unter Tel. (0731) 61 99 06 erreichbar.
Kommentar der Redaktion
Ein Kommentar von Rudi Kübler: Sinnvolles Konzept
Wut, Scham und Angst – all das mischt sich in den ersten Minuten und Stunden nach einer Vergewaltigung. Klar strukturiert vorzugehen und vernünftigerweise sofort bei der Polizei eine Anzeige zu erstatten, fällt in einer solchen Schocksituation schwer – verständlicherweise. Opfer sexueller Gewalt geworden zu sein, ist wohl das Erniedrigendste und Entwürdigendste, was eine Frau erleben kann. Auch und gerade, weil der Täter meist aus dem sozialen Umfeld stammt.
Das mag mit ein Grund sein, warum viele Frauen auf eine Anzeige sofort nach der Tat verzichten. Was aber, wenn sie Tage und Wochen später den Täter doch noch zur Rechenschaft ziehen wollen? Das Konzept, das die Frauenberatungsstelle, die Frauenklinik und nicht zuletzt die Kripo – von ihr geht das Projekt aus – , gemeinsam erarbeitet haben, ermöglicht es den betroffenen Frauen, die Spuren der Vergewaltigung gerichsfest zu sichern. Ohne Anzeige, vertrauensvoll durch Ärztinnen der Frauenklinik und kostenlos. Der Druck, sofort nach der Tat die Polizei einschalten zu müssen, und die Angst, in die Maschinerie der Befragungen und Vernehmungen durch die Polizei und vor Gericht zu geraten, ist von den Frauen genommen.
Zwei Jahre lang werden die Spuren in der Frauenklinik aufbewahrt – Zeit genug, um sich nach Information durch die Frauenberatungsstelle zu einer Anzeige durchzuringen und den Täter vor Gericht zu bringen.
http://www.swp.de/ulm/lokales/ulm_neu_ul...1158544,3312911
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Wer sich wehrt, hat eine Chance
Von Jochen Paulus. Aktualisiert um 06:52
Eine kanadische Studie zeigt, dass ein Präventionsprogramm gegen Vergewaltigung für Frauen tatsächlich hilfreich ist.
Sehr junge Frauen schweben in höchster Gefahr, vergewaltigt zu werden. 40 Prozent der Opfer sind bei der ersten Vergewaltigung noch keine 18, so eine US-Statistik vom letzten Jahr. Auch in der Schweiz werden weit mehr Mädchen Opfer als die Kriminalstatistik suggeriert. Denn sie registriert nur die angezeigten Taten. Die meisten vergewaltigten Mädchen erzählen aber niemandem von der Tat – und wenn, dann Freundinnen, selten jedoch den Eltern oder der Polizei. Das zeigt eine vergangenes Jahr veröffentlichte Umfrage der Universität Zürich unter 7000 Mädchen und Jungen in der neunten Klasse. Sie belegt auch: Unter den Mädchen haben 15 Prozent bereits einen körperlichen sexuellen Übergriff oder eine versuchte Vergewaltigung erlitten, zweieinhalb Prozent eine Vergewaltigung.
Risiko verringern
Durch ein kurzes Training können junge Frauen ihr Risiko aber erheblich verringern. Das hat jetzt eine grosse Studie aus Kanada belegt – zum ersten Mal in einem westlichen Land. Bisher liessen sich Erfolge nur in kenianischen Slums eindeutig belegen. Dort wird nicht weniger als ein Viertel der Schulmädchen binnen eines Jahres vergewaltigt. Wegen der vielen Taten ist ein Rückgang leichter festzustellen. Die neue Studie wurde in einer der angesehensten Fachzeitschriften der Medizin veröffentlicht, dem «New England Journal of Medicine», und genügt hohen wissenschaftlichen Ansprüchen. An drei kanadischen Universitäten wurden knapp 900 Studentinnen im ersten Semester nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt. Die Kontrollgruppe bekam die an den Unis üblichen Broschüren, in denen allgemein über Vergewaltigung aufgeklärt wird. Die Trainingsgruppe aber lernte, sich zu wehren.
Genau davon wurde Frauen lange abgeraten. Es hiess, die Täter würden Widerstand mit umso mehr Gewalt brechen und die Opfer stärker verletzen. Das gilt heute als widerlegt. Wenn Frauen sich wehren, haben sie gute Chancen davonzukommen.
In dem jetzt überprüften Programm geht es nicht um gefährliche Fremde, sie stellen nur etwa ein Viertel der Täter. Im Mittelpunkt stehen männliche Bekanntschaften. Denn sie sind neben dem Freund oder Ex-Freund die grösste Gefahr. Das Programm heisst «Einschätzen, Eingestehen und Handeln» und umfasst vier dreistündige Sitzungen.
Gefährlichkeit reduzieren
Zu Beginn lernen die jungen Frauen, das Risiko abzuschätzen, das etwa von einem Mitstudenten ausgeht, mit dem sie sich gerade anfreunden. Sie üben auch, sich zu überlegen, wie sie die Gefährlichkeit der Situation reduzieren können. Dann geht es darum, sich schnell einzugestehen, dass der gerade noch nette Kerl übergriffig wird. Das ist dann der Moment, Widerstand nicht zu scheuen. Auf dem Programm stehen auch Selbstverteidigungstechniken. Die Studentinnen lernen, gegen welche empfindlichen Körperstellen des Angreifers sie im Ernstfall treten können.
Nach einem Jahr überprüften die verantwortliche Psychologin Charlene Senn von der University of Windsor und ihr überwiegend weibliches Forscherteam, wie viel das Programm nützt. Die Angaben der Studentinnen zeigen: Von den Kursteilnehmerinnen wurden im Jahr nach dem Kurs erschreckende fünf Prozent vergewaltigt. Aber unter den nur mit Infomaterial eingedeckten Frauen waren es doppelt so viele. Gut drei Prozent der Kursteilnehmerinnen erlebten Vergewaltigungsversuche, jedoch gut neun Prozent der Kontrollgruppe.
Dass auch Vergewaltigungsversuche verhindert wurden, ist aufschlussreich. Denn natürlich kann kein Programm einen Mann von einem Versuch abhalten, wenn er unbedingt will. Dass es trotzdem seltener so weit kam, dürfte daran liegen, dass «das Widerstandsprogramm die Fähigkeit der Frauen stärkte, das Verhalten der Männer in einem sehr frühen Stadium zu erkennen und zu stoppen», so die Autorinnen.
Die Studie wird in der Fachwelt mit viel Lob bedacht, aber auch mit einem kritischen Hinweis. In einem Kommentar warnt Kathleen Basile von der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC davor, Präventionsmassnahmen ausschliesslich auf Frauen zu konzentrieren. Die Männer sollten nicht aus den Augen verloren werden, denn sie sind schliesslich für die meisten Taten verantwortlich. Dabei geht es nicht nur um eine winzige Minderheit: Umfragen haben gezeigt, dass ein erheblicher Teil der Männer Gewalt nicht unbedingt ausschliesst, wenn es um Sex geht.
Ein Erfolg bei den Studenten
Einige Präventionsprogramme zielen bereits auch auf Männer, insbesondere Studenten. Häufiger Ansatzpunkt sind die sogenannten Vergewaltigungsmythen. Wer sie verinnerlicht hat, stimmt Aussagen wie dieser zu: «Wenn eine Frau eine Beziehung mit einem Mann anfängt, muss sie sich darüber klar sein, dass er sein Recht auf Sex durchsetzen wird.» Aufklärungsprogramme können den Glauben an solche Mythen zumindest vorübergehend schwächen. Dass die Teilnehmer hinterher aber auch seltener vergewaltigen, ist nicht gut belegt.
Immerhin meldeten die Erforscher des amerikanischen Programms Real Consent, übersetzt «echtes Einverständnis», vergangenes Jahr einen Erfolg. Für ihre Studie absolvierten knapp vierhundert Studenten im Internet sechs halbstündige Übungslektionen. Es ging um falsche Einstellungen gegenüber sexuellen Gewalttaten, die Rolle von Alkohol dabei sowie Mitgefühl mit den Opfern.
Schliesslich sollten die jungen Männer sich vornehmen, vor einem möglichen sexuellen Übergriff einzugreifen, etwa wenn ein Mann eine Frau mit Alkohol abfüllt. Tatsächlich schritten die Teilnehmer hinterher nach eigenen Angaben in solchen Situationen eher ein und begingen selbst weniger sexuelle Übergriffe.
Insgesamt zeigen sich bislang aber eher bescheidene Erfolge bei Programmen, die die gefährliche Sichtweisen von Männern verändern sollen. Charlene Senn und ihre Kollegin Nicola Gavey wundert das nicht. Die folgenschweren Einstellungen seien zu tief in der Gesellschaft verankert.
Charlene Senn will daher das Klima auf dem gesamten Campus ihrer Universität ändern. Ein Anti-Vergewaltigungs-Programm wird in den Lehrplan für sämtliche Studienanfängerinnen und Studienanfänger aufgenommen. Die Ergebnisse einer ersten kleinen Überprüfung des Programms sind positiv. Aber ob sich so wirklich die Zahl der Vergewaltigungen deutlich senken lässt, wird sich erst in einigen Jahren zeigen.
http://www.bernerzeitung.ch/wissen/bildu.../story/21918345
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung
10. August 2015 21:43 Main-Kinzig-Kreis
Gelnhausen. Ziel ist es, Frauen und Mädchen, die direkt nach einer Vergewaltigung keine Anzeige erstatten wollen oder können, medizinisch und psychosozial zu versorgen und es ihnen zu ermöglichen durch Spurensicherung und Befundserhebungen innerhalb eines Jahres Anzeige zu erstatten. „Die meisten Vergewaltigungen werden nicht angezeigt, die Dunkelziffer liegt bei 90 Prozent“, berichtet Erste Kreisbeigeordnete und Dezernentin für Frauenfragen Susanne Simmler. Gemeinsam mit Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky hat sie die Schirmherrschaft für das Projekt übernommen.
Mit den Kliniken, das Klinikum in Hanau und die Main-Kinzig-Kliniken und mit Unterstützung des Vereins Frauennotruf Frankfurt starten der Main-Kinzig-Kreis und die Stadt Hanau das Soforthilfe – Projekt. Mit diesem Projekt sollen Hemmschwellen abgebaut werden, denn die Opfer von sexueller Gewalt trauen sich oft nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen, weil sie glauben, dann auch Anzeige erstatten zu müssen.
„Für viele Frauen und Mädchen kommt eine polizeiliche Anzeige nach einer Vergewaltigung nicht in Frage, so wenden sie sich nicht an die Polizei und bleiben häufig auch medizinisch unversorgt mit oft dauerhaftem Schaden für Leib und Seele“, berichtet Ute Pfaff-Hamann, Gleichstellungsbeauftragte des Main-Kinzig-Kreises.
„Das kann zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führen, neben den psychischen Belastungen besteht die Möglichkeit einer Schwangerschaft und die Übertragung von Geschlechtskrankheiten“, führt Andrea Pillmann von der Stabsstelle Prävention der Stadt Hanau an. Die Projektverantwortlichen freuen sich, dass mit dem voraussichtlich im Herbst beginnenden Angebot eine Versorgungslücke geschlossen werden kann.
Eine Anzeige über den Kopf der Betroffenen hinweg werde es nicht geben, es gilt die ärztliche Schweigepflicht, an erster Stelle stehen die Gesundheit und das weitere Wohlergehen der betroffenen Menschen. Frauen und Mädchen können sich nach einer Vergewaltigung medizinisch versorgen lassen und auf Wunsch eine vertrauliche Spurensicherung durchführen lassen, ohne eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten. In den Kliniken liegen entsprechende Untersuchungskits und Dokumentationsbögen zur gerichtsverwertbaren Befunderhebung bereit. Im Anschluss an die Untersuchung werden die Materialien ein Jahr lang in der Rechtsmedizin gesichert, so lange keine Anzeige erfolgt, stehen die Behandelnden unter Schweigepflicht.
Wollen die Betroffenen zu einem späteren Zeitpunkt die Polizei einschalten, können die gesicherten Materialien und Spuren genutzt werden und die Ärzte werden von ihrer Schweigepflicht entbunden. Kommt es nicht zur Anzeige wird das Material nach einem Jahr entsorgt. Auch Jungen und Männer werden vergewaltigt – das hier beschriebene Angebot kann auch von ihnen genutzt werden. Im Fokus der Versorgung stehen aufgrund der hohen Betroffenenzahlen Frauen und Mädchen. Die Zahlen sprechen für sich, im Jahr 2011 gab es im Main-Kinzig-Kreis, inklusive der Stadt Hanau 29 Fälle von sexueller Nötigung beziehungsweise Vergewaltigung. Im darauffolgenden Jahr waren es insgesamt 31 Fälle und 2013 sind 40 Fälle bekannt.
Unterstützung erfährt das Projekt vom Netzwerk gegen Gewalt, die Gewaltpräventionsinitiative der Hessischen Landesregierung. Neben den Kliniken beteiligen sich die Beratungsstellen: pro familia Hanau und Schlüchtern, der Sozialdienst katholischer Frauen in Bad Soden-Salmünster, die beiden Beratungsstellen der Vereine Frauen helfen Frauen aus Hanau und Wächtersbach sowie die Lawine in Hanau, die Hanauer Hilfe und der Weiße Ring. Unter http://www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de finden Interessierte sowie Hilfesuchende ausführliche Informationen über das Programm. +++ fuldainfo
http://www.fuldainfo.de/fdi/medizinische...vergewaltigung/
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Entlastung für Opfer von Vergewaltigung und Nötigung
Die Möglichkeit, Beweise ohne Wissen der Polizei zu sichern
Leverkusen (gkf) - Frauen und Mädchen, die Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung erleben mussten, sind nach einem solchen Übergriff meistens in einer körperlichen und psychisch schwierigen Situation. Aufgrund dieser psychischen Ausnahmesituation sind sie meist nicht in der Lage, wichtige Entscheidungen zu treffen. Zum Beispiel, ob sie den Täter anzeigen oder nicht.
Eines aber sollten Betroffene unbedingt tun: Sich medizinisch untersuchen lassen, auch dann, wenn sie selbst keine Verletzungen bemerken. Schon seit vier Jahren bieten diverse Krankenhäuser in Köln und das Klinikum Leverkusen die Möglichkeit, sich untersuchen und zugleich Sperma-Spuren und Fotos von möglichen Verletzungen sichern zu lassen.
Anschließend brachte ein Botendienst die Beweise zum Institut für Rechtsmedizin, wo sie für zehn Jahre anonym gelagert wurden. Dieses Verfahren, dass sich "Anonyme Spurensicherung nach Sexualstraftat" (ASS) nennt, war in der Öffentlichkeit allerdings wenig bekannt. Es bietet vor allem die Möglichkeit, Beweise ohne Wissen der Polizei zu sichern, um erst anschließend in Ruhe zu überlegen, ob eine Strafanzeige gestellt wird. Wichtig zu wissen: Vergewaltigung verjährt erst nach 20 Jahren.
In den ersten vier Jahren nach dem Start haben bereits 90 Betroffene von sexualisierter Gewalt von dem Angebot Gebrauch gemacht. Nun setzt die Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt darauf, das Konzept der anonymen Spurensicherung allgemein bekannter zu machen. Und erstmals hat das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen jetzt auch Fördergelder in Höhe von 5.000 Euro pro Stadt bereitgestellt.
Aus diesem Grund können sich Kliniken und ihre Kooperationspartner - in Leverkusen sind das die Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt, das Frauenbüro Leverkusen, Runder Tisch gegen häusliche Gewalt und AG Frauen und Gesundheit - auch offiziell an die Öffentlichkeit wenden. Das heißt für Leverkusen, dass betroffene Frauen sowohl im Klinikum als auch im Opladener Remigius-Krankenhaus Hilfe bekommen. Männer wenden sich an das Evangelische Krankenhaus Köln-Weyertal.
Bei der Projektvorstellung im Beisein von Gynäkologin Dr. Sylvia Dorn-Kunert (Klinikum), Dr. Jan Dieken (Remigius-Krankenhaus) und Rechtsmedizinerin Dr. Sibylle Banaschak, sagte Psychotherapeutin Andrea Frewer, dass Frauen eine Vergewaltigung häufig als schrecklichstes Erlebnis ihres Lebens bezeichneten. In Leverkusen wurden im Vorjahr 34 Fälle von Vergewaltigung und 116 Fälle von sexuellem Missbrauch gemeldet.
Die Dunkelziffer sei erheblich höher, hieß es. Nur wenige Frauen erstatteten Anzeige. Sie fürchteten sich entweder vor dem Täter und dem Prozess oder schämten sich vor Freunden und Verwandten. Für vergewaltigte Frauen gebe es selten Gerechtigkeit, vor allem, weil es an gerichtsverwertbaren Beweisen mangele. Deshalb sei ASS ein gutes Mittel, um dagegen zu steuern. Nun ist die Hoffnung groß, dass die vorläufig bis Jahresende befristete Finanzierung auch in 2016 gesichert ist und obendrein bald ein landesweites Konzept vorgelegt wird.
http://www.lokale-informationen.de/rag-l...6667/leverkusen
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Bekenntnisse: Weshalb Frauen nach Vergewaltigung schwiegen
Auf Twitter berichten Frauen davon.
Von Lars Wienand
Auf Twitter schildern Frauen gerade, warum sie nach einer Vergewaltigung nichts unternommen haben. Das liegt auch an der Gesetzeslage.
Berlin. Wenige Sätze in einem Interview lösen eine Lawine aus: Auf Twitter schildern Frauen eindrucksvoll, weshalb sie nach einer Vergewaltigung keine Anzeige erstattet haben. Unter #whyisaidnothing ("Weshalb ich nichts sagte") schreiben Frauen von Scham, Angst und mangelnden Erfolgsaussichten. Manche Tweets lesen sich, als seien sie für die Frauen eine Befreiung, aus vielen spricht Resignation. Manche sind auch nach kurzer Zeit wieder gelöscht worden. In dieser Sammlung sind einige beispielhaft ausgewählt:
Eine Erklärung, die sich auch in Tweets oft wiederfindet: Anzeigen führen in vielen Fällen nicht zu einer Verurteilung, mit allen Folgen für das Opfer. 2012 war das nur bei 8,4 Prozent der Fall, wie aus einer Analyse des Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen hervorgeht. Die Wissenschaftler um Kriminologe Christian Pfeiffer waren selbst erschreckt von ihren Ergebnissen. Um Frauen nicht zusätzlich zu entmutigen, hatten sie die Studie nur teilweise veröffentlicht. So gab es starke regionale Unterschiede: In einem Bundesland führte von 25 Anzeigen nur eine zu einer Verurteilung. Wo das war, sagen die Forscher nicht, weil Frauen dort sonst erst recht glauben könnten, dass sich eine Anzeige nicht lohnt.
Maas plant Gesetzesverschärfung
Die Debatte kommt für Frauenrechtlerinnen passend, um an ein stockendes Gesetzesvorhaben zu erinnern. Im Sommer hatte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) angekündigt, das Strafrecht zu verschärfen: Strafbar soll eine Vergewaltigung auch dann sein, wenn eine Frau deutlich Nein sagt, aber sich aus Angst nicht wehrt. Familienministerin Manuela Schwesig hatte zugestimmt: "Vergewaltigung muss konsequent bestraft werden. Nein heißt Nein!" Dann würden auch mehr Frauen Anzeige erstatten, so Schwesig. Das Gesetz lässt auf sich warten – offenbar auch aus der Sorge heraus, ein Racheinstrument zu schaffen, das auch Unschuldige trifft.
Die Initiative greift eine Forderung der Organisation Terre des Femmes nach einer Neufassung des Vergewaltigungsparagrafen 117 auf, die 30.000 Menschen unterzeichnet hatten. Auch wenn ein Frau "Nein" sagt und weinend starr liegt, ist es keine Vergewaltigung, wenn der Mann keine Gewalt anwendet.
Der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe analysierte beispielhaft 107 Fälle, in denen Sex gegen den Willen der Frau unstrittig war, die aber alle ohne Bestrafung der Männer endeten. Beispielhaft heißt es in einer Begründung: "Das Ausüben des Geschlechtsverkehrs gegen den Willen des anderen ist grob anstößig und geschmacklos, aber ohne den Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels nicht strafbar."
US-Autorin löste aktuelle Debatte aus
Entsprechend bitter stößt es Frauen auf, wenn eine Frau viele Vergewaltigungen in Frage stellt. "Welt online" zitierte die auch als Klimaleugnerin bekannte Feministin Camille Paglia entsprechend. So sagte sie: "Studentinnen, die unfähig sind, die lümmelhaften Vergnügungen und Gefahren von Männerpartys auf Universitäten zu meistern, werden kaum darauf vorbereitet sein, in Zukunft Führungspositionen in Politik und Wirtschaft zu erringen." Auslöser waren Umfragen an US-Hochschulen, wonach ein hoher Anteil von Frauen sich als Opfer von sexueller Gewalt bezeichnete. Paglia schloss daraus, wenn Frauen einen solchen Fall nicht meldeten, sei es eben oftmals doch keine Vergewaltigung, sondern nachträgliche Reue. Frauen sollten sich nicht von "überpolitisierter, opferzentrierter Rhetorik verführen" lassen.
Twitternutzerin Marlies Hübner (@outerspace_girl) las das, ärgerte sich, und schrieb dagegen an.
Der taz sagt Hübner: "Ich empfand es als dringend notwendig, aufzuzeigen, dass Vergewaltigungen und sexuelle Übergriffe, die nicht zur Anzeige gebracht werden, trotzdem existieren." Als sie unter dem Hashtag #whyisaidnothing aufzählte, warum sie geschwiegen hatte, folgten ihr schnell weitere Frauen mit ihren Schilderungen. Das löste auch Kommentare aus, die es ins Lächerliche zogen und die Frauen angriffen.
2014 wurden laut Polizeilicher Kriminalstatistik 7345 Vergewaltigungen und versuchte Fälle angezeigt. Davon fielen etwa 1450 unter Straßenkriminalität, also Fälle, in denen Frauen oft von Fremden überfallen wurden. Bedeutet: In den allermeisten Fällen kennen sich Täter und Opfer, 2012 kannten Betroffene nur in 18 Prozent der Fälle den Mann nicht.
Fünf Prozent der Anzeigen von Männern
Enge Verbindungen führen auch oft dazu, dass keine Anzeige erstattet wird. Terre des Femmes schätzt die tatsächliche Zahl auf 160.000 Fälle im Jahr 2014. Das wären viele Frauen, die Tweets schreiben könnten. Und ein paar Männer: Nach der Polizeilichen Kriminalstatistik waren von den Opfern 2014 rund fünf Prozent männlich
http://www.morgenpost.de/vermischtes/art...-schwiegen.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Wie können sich Frauen vor Vergewaltigung schützen?
RNZ-Interview mit Thomas Habermehl vom Weißen Ring: "Gegenden meiden, in denen man sich unwohl fühlt"
21.01.2016, 06:00 Uhr
Von Julie Dutkowski
Mannheim. Die Vergewaltigung einer 41-jährigen Frau am Mannheimer Wasserturm sorgt für Unsicherheit bei Frauen. Thomas Habermehl vom Opferhilfeverein "Weißer Ring" in Mannheim erklärt im Interview, wie Frauen sich vor einer Vergewaltigung schützen können und wie man sich verhalten sollte, wenn es passiert ist.
Herr Habermehl, wie kann man sich vor einer Vergewaltigung schützen?
Man sollte versuchen, Gegenden zu meiden, in denen man sich unwohl fühlt. Lässt sich das nicht vermeiden, sollte man sich eine Begleitung suchen oder ein Taxi nehmen. Ansonsten ist es ganz wichtig, seine Umgebung zu beobachten und sich nicht vom Handy ablenken zu lassen. In dunklen Ecken sollten Frauen alle Sinne aktivieren.
Viele Frauen telefonieren, wenn sie sich fürchten. Gerade, um sich zu schützen.
Das kann funktionieren. Es kann aber auch einen potenziellen Handyräuber anlocken. Besonders, wenn man ein sehr wertvolles Handy hat. Man sollte das Telefon aber griffbereit haben.
Wenn mich jemand verfolgt, sollte ich ihn ansprechen?
Auf gar keinen Fall! Er könnte das als Provokation auffassen. Vielleicht wird er aggressiv und schlägt sofort zu. Besser ist es, schnell wegzurennen oder gezielt einen Passanten zu bitten, Sie zu begleiten.
Am Wasserturm waren zur Tatzeit Passanten, die die Situation nicht als bedrohlich wahrgenommen haben. Wie kann das sein?
Das ist nicht ungewöhnlich, wenn die Situation ruhig abläuft. Ist das Opfer vor Angst gelähmt, hat es fast keine Chance. Wenn möglich, sollte man seinen Mut zusammennehmen und "Hilfe" schreien.
Auf die Bänke in den Laubengängen am Wasserturm haben Unbekannte Trillerpfeifen abgelegt. Wie effektiv ist das?
Das ist sehr gut. Trillern schafft man vielleicht noch eher als schreien.
Ist es sinnvoll, sich Pfefferspray oder andere Waffen zu besorgen?
Grundsätzlich muss ich da an die Polizei verweisen. Gesetzlich erlaubt sind etwa CS-Gas oder Schreckschusspistolen. Aber damit muss man umgehen können. Oft dauert es ewig, bis man diese Dinge aus der Tasche gekramt hat.
Was halten Sie von Videoüberwachung, wie sie in Mannheim wieder eingeführt werden soll?
An Brennpunkten halte ich das für ein probates Mittel. In früheren Jahren hatte die Stadt damit schon Erfolg. Mittel- bis langfristig spricht sich das in Täterkreisen herum und schreckt ab.
Was sollte eine Frau tun, wenn sie Opfer einer Vergewaltigung wurde?
Sofort die 110 anrufen. Polizisten sind keine Abarbeitungsmaschinen sondern Menschen, die Opfer betreuen. Sie bekommen dann neue Kleidung und werden nach Hause gefahren. Außerdem wird ein Kontakt zum Weißen Ring hergestellt.
Der erste Impuls nach einer Vergewaltigung ist, sich zu duschen.
Das ist verständlich, aber keine gute Idee. Per DNA lassen sich mittlerweile sogar Berührungsspuren nachweisen. Die sind nach dem Duschen weg. Die Kleidung sollte man auch nicht waschen, um die Fasern nicht zu zerstören.
Wie schwierig ist es, über eine Vergewaltigung hinwegzukommen?
Das ist unterschiedlich. Wichtig ist, dass man ein gutes soziales Netz hat. Freunde oder Familie, mit denen man darüber sprechen kann. Der Selbstheilungsprozess des Körpers kann so stark sein, dass man sich irgendwann zwar noch an den Schaden erinnert, ihn aber weggesteckt hat.
http://www.rnz.de/nachrichten/metropolre...rid,163332.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Anlaufstelle in Hannover Psychotherapie soll Vergewaltigungen verhindern
9. Februar 2015, 10:59 Uhr
Männer werden nicht als Vergewaltiger geboren, der Tat gehen Phantasien voraus. Forscher aus Hannover wollen rechtzeitig eingreifen und potenziellen Tätern helfen, bevor Schlimmes passiert.
Kein Mann läuft abends durch den Park und beschließt spontan, eine Spaziergängerin zu vergewaltigen. "Gewalttätige Übergriffe haben einen Vorlauf in der Seele und in der Sexualität der Täter", sagt Uwe Hartmann.
Der Sexualtherapeut will an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ein Präventionsprojekt starten, das Männer mit Gewaltfantasien anonym und kostenlos behandelt.
"Jede einzelne Straftat, die wir verhindern können, ist etwas Positives", betont er. Es gehe teilweise um Leben oder Tod.
Vergewaltigungsopfer litten zudem lebenslang unter den Folgen.
Seit knapp drei Jahren gibt es an der MHH bereits eine Ambulanz für pädophile Männer, angeschlossen an das bundesweite Netzwerk "Kein Täter werden". Die geplante neue Anlaufstelle soll Gewalttaten gegen erwachsene Frauen verhindern helfen.
"Ein junger Mann hat sich an uns gewendet und gesagt: "Mich quälen diese Fantasien, warum gibt es denn nicht für mich so ein Angebot, warum nur für Leute mit pädophiler Neigung?"", berichtet der Wissenschaftler. Geplant sind Gruppen- und Einzeltherapien. "Für die Betroffenen ist es sehr hilfreich, vor anderen auszupacken, denen es genauso geht."
2013 wurden bundesweit 7408 Vergewaltigungen der Polizei bekannt, die Dunkelziffer ist weit höher. Nach Angaben der Organisation Terre des Femmes hat jede siebte Frau schon einmal eine Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung erlebt. In den meisten Fällen geht die Gewalt vom eigenen Mann beziehungsweise Ex-Partner aus. In einer 2014 veröffentlichten Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen gaben 4,9 Prozent aller befragten Frauen an, Opfer sexueller Gewalt geworden zu sein.
Experten beklagen, dass es zu wenige Präventionsangebote in Deutschland gibt. Bei dem Projekt "Keine Gewalt- und Sexualstraftat begehen" in Baden-Württemberg müssen sich betroffene Männer auf Wartezeiten einstellen, heißt es auf der Internetseite der Behandlungsinitiative Opferschutz. Bundesweit setzt die Behandlung von Gewalttätern oft erst nach einer Anzeige oder gar nach einer Verurteilung ein. In Niedersachsen fördert das Sozialministerium inzwischen elf Täterberatungsstellen, die von der Polizei über sämtliche Fälle häuslicher Gewalt in der Umgebung informiert werden. Langfristig soll es flächendeckend solche Einrichtungen geben.
Ärger, Hass und Machtgefühle
"Nur wenige kommen freiwillig zu uns", sagt Peter Hahlbrock von der im vergangenen Jahr neu eingerichteten Täterberatungsstelle Kwabsos in Hildesheim. Zumeist werden die Männer von den Justizbehörden zu einer Schulung verpflichtet. Das Thema sexuelle Gewalt werde in den Gruppensitzungen nur selten angesprochen, weil es noch deutlich tabuisierter sei als körperliche Misshandlungen, sagt der Pädagoge. Psychotherapie, wie sie nun die MHH plant, könne seine Täterberatungsstelle nicht anbieten.
Für das Präventionsprojekt gegen Vergewaltigungen an der MHH sucht das Team jetzt Geldgeber. Das Programm soll wissenschaftlich begleitet werden, denn bisher stehen die Täter noch nicht so sehr im Fokus der Forschung. "Grundsätzlich sind Vergewaltiger dissozial. Sie haben Probleme, Regeln und Gesetze zu befolgen", sagt der Bonner Rechtspsychologe Rainer Banse. Es gebe eine Debatte darüber, ob eine Subgruppe das Vergewaltigen selber sexuell erregend finde.
Der MHH-Professor Hartmann sieht als Motive unter anderem Machtausübung, Rache, Ärger oder grundsätzlicher Hass auf Frauen. "Teilweise ist Alkohol im Spiel, um sich zu enthemmen und das Gewissen auszuschalten." Wenn Angeklagte vor Gericht von einem Filmriss sprächen, sei dies eine offene Schutzbehauptung.
Christina Sticht/DPA
http://www.stern.de/gesundheit/maenner-m...m_campaign=alle
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Ich wurde vergewaltigt und Deutschland ist es scheißegal
Veröffentlicht: 15/02/2016 18:39 CET Aktualisiert: Vor 1 Stunde RAPE
2016-02-16-1455609020-5150239-HUFFPOST9.png
Ich glaube, ich bin ein leichtes Opfer. Ich bin sehr klein und ziemlich dürr. Obendrein Ausländerin und eine Frau. Wobei sich als Frau zu sehen voraussetzt, sich in erster Linie als Mensch zu sehen. Was bei mir nicht wirklich der Fall ist. Manchmal schon, manchmal ist die Wut so groß, dass ich schreie: „Ich bin doch auch ein menschliches Wesen!". Aber das Menschsein an sich hat schon lange seine Legitimierung verloren. Und ich bin mir bis heute nicht sicher, ob es nur an meiner sehr zynischen Weltsicht liegt oder die Gesellschaft tatsächlich so widerlich ist.
Ich war nicht immer so. Auch ich war offen, fröhlich, recht beliebt.
Ich möchte nicht darüber schreiben, wie die ganze Gewalt vonstattengegangen ist. Das schaffe ich einfach nicht, tut mir leid. Sondern was sie mit mir gemacht hat. Welche tatsächlichen Folgen solche Erlebnisse haben.
Als Kind wurde ich missbraucht, als Erwachsene vergewaltigt. 2 Jahre danach gab es einen weiteren Vergewaltigungsversuch, doch da konnte ich flüchten weil der Täter angeschickert war, Koordinationsprobleme hatte und ich vor lauter Angst wild um mich getreten und geschlagen habe. Natürlich hat die Polizei mir nicht geglaubt. Ein so zierliches Mädchen kann KANN sich einfach nicht gegen einen Mann wehren.
Über eine Stunde haben mir zwei übergewichtige, der Rente nahen Polizisten zugesetzt. Ich würde ein Leben zerstören. Sie kriegen es doch eh raus. Sie haben so viel Erfahrung. Blablabla. Ich stand noch immer unter Schock und am Ende der Befragung hab ich gesagt, was sie hören wollten.
Nicht weil es der Wahrheit entspricht, sondern weil ich nicht mehr konnte. Ich konnte diesen Männern einfach nicht mehr zuhören. Ich habe mich während der Befragung gefühlt als würde ich unter einem Bulldozer zermalmt. Und es gab keine Chance auf Hilfe. Niemand glaubte mir und der Kerl läuft immer noch draußen herum. Das war 2014.
Angst. Überall. Permanent. Vor allem und jedem. Ich gehe nur vor die Tür wenn ich muss. Der tägliche Weg zur Arbeit ist eine Tortur. Ich ziehe meinen Schal so hoch, dass nur meine Augen frei sind. Ich blicke nur noch auf den Boden. Habe kaum noch Freunde. Ich habe mich abgekapselt. Smalltalk oder soziale Interaktion sind für mich schwierig geworden. Selbst diesen Text zu tippen kostet mich unglaubliche Überwindung. Für diese eineinhalb Seiten habe ich mehrere Stunden gebraucht, unterbrochen von Heulattacken.
Ich gehe nur vor die Tür wenn ich muss. Der tägliche Weg zur Arbeit ist eine Tortur.
In meinem Kopf rasen tausend Gedanken gleichzeitig, aber kein einziger kommt über meine Lippen. Ich glaube, ich werde von meinen Kollegen als etwas seltsam angesehen. Ich rede nicht viel, vermeide Augenkontakt. Und wenn ich mal was sage ist es wohl unpassend, denn ich ernte stets verwunderte Blicke. Und wahrscheinlich denken sie auch, dass ich intellektuell unterlegen bin.
Überall könnten sich potentielle Täter verstecken. Ich will unauffällig sein, kleide mich schlicht.
Darüber hinaus setzt sich die Angst auch in anderen Bereichen meines Lebens fort. Ich habe Angst, zu versagen, weshalb ich nichts mehr mache, was mich weiterbringen könnte. Keinerlei Hoffnung habe, dass es überhaupt was bringt. Also gehe ich jeden Tag zur Arbeit, komme wieder zurück und verschließe die Tür.
Wenn du dein Leben lang um Hilfe gerufen hast aber niemand dir glaubt, dass du sie wirklich brauchst, würdest du mir nichts dir nichts wieder aufs Pferd steigen? Ich habs versucht und bin mehrfach glorreich gescheitert. Die Angst verlässt mich nicht. Panikattacken kommen und gehen, wie es ihnen beliebt. Ich habe ernsthaft Sorge, dass ich aufgrund dessen meinen Job verlieren könnte.
Wenn ich es mal geschafft habe, mich in den Schlaf zu weinen, kommen die Träume. Wie diese verschiedenen Männer auf mir lagen, mich festhielten. Ich kann immer noch ihren heißen Atem an meinem Ohr spüren. Wie ich weinte und bettelte, sie mögen bitte aufhören. Die Schmerzen im Unterleib. Die Demütigung, die Verzweiflung. Das Bedürfnis permanent die Beine zusammenzukneifen. Wenn ich aufwache, bin ich verschwitzt und habe Herzklopfen, muss die Panik niederkämpfen und mich daran erinnern, dass das gerade ein Traum war.
Die Angst verlässt mich nicht. Panikattacken kommen und gehen, wie es ihnen beliebt.
Ich bin in einen Strudel der Depression geraten. Therapeuten? Bin dabei, aber ich hätte gerne einen, der mich auch ernst nimmt. Gibt es das? Meiner Erfahrung nach nicht. Selbst Therapeuten machten sich über mich lustig. „Wahrscheinlich haben Sie was getrunken und haben einfach vergessen, dass Sie es auch wollten, nicht Frau R.? Kommen Sie, geben Sie es doch zu."
Jeden Tag phantasiere ich davon, mir das Leben zu nehmen. Der Einsamkeit, Angst, Wut und dem Schmerz zu entfliehen. Natürlich tu ich es nicht. Aber nicht weil ich das Leben für „kostbar" halte. Mittlerweile müsste dem_r Leser_in klar sein, dass ich zu viel Angst vor den Schmerzen habe. Nicht sehr heroisch, aber das bin ich auch nicht. Darum geht es auch nicht.
Ich fühle mich nicht wie ein Mensch. Sondern eher wie ein hängender Boxsack mit Löchern, auf den man einschlagen kann, soviel man will und später friedlich von dannen zieht. Während ich gebrochen und allein in der Ecke liege. Mein Leben ist zerstört. Nicht das der Täter sondern meines!
Ich kann nicht mehr lieben, nicht mehr vertrauen und bin am Rande des Suizids. Und die beschissene Gesellschaft denkt über das eine Prozent nach, wo eine Vergewaltigung erfunden war. Oder ein Fliehender der Täter. Und was ist mit den restlichen 99,99%?! Wo bleiben da die Polizisten, Therapeuten, Freunde, Politiker?!
Opfer sind der Gesellschaft egal.
http://www.huffingtonpost.de/sophie-cora..._b_9200464.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Mutmaßliche Vergewaltigung
Die Grenze des Rechts
Er ist Diplomat aus Arabien, sie putzt und bügelt für ihn. Eines Tages passiert, was nicht passieren darf. Und Anna Flores muss erkennen, dass niemand in Deutschland ihr helfen kann – oder will.
20.02.2016, von BASTIAN BERBNER UND CATALINA SCHRÖDER
Als sie seine Hemden bügelt, kommt er zu ihr und berührt sie am Rücken. Sie sagt, er solle aufhören. Dann drückt er sie auf das Bett.
Manchmal empfindet Anna Flores Schmerz, wenn sie in die Augen ihrer vier Jahre alten Tochter blickt, manchmal auch Wut, aber je mehr Zeit vergeht, desto seltener werden diese Momente. Ihre Tochter ist ihr wichtigster Anker in einer ansonsten fremden Welt, und natürlich liebt sie sie, man merkt es, wenn man die beiden trifft, Mutter und Tochter. Aber gleichzeitig ist das Kind ständige Erinnerung an etwas, das Flores gern vergäße.
Die Augen ihrer Tochter sind tiefbraun. Es sind die Augen des Vaters. Die Augen von Anna Flores’ mutmaßlichem Vergewaltiger. Und als hätte Flores, diese zierliche Philippinerin mit schulterlangen, schwarzen Haaren und leiser Stimme, nicht schon genug Probleme, sitzt sie hier in Deutschland fest. Seit fünf Jahren schon.
Zurück auf die Philippinen zu ihrem Mann und den beiden anderen Kindern traut sie sich nicht – aus Angst, verstoßen zu werden. Ein außereheliches Kind gilt dort als Schande. In Deutschland aber kommt sie nicht richtig an. Sie ist nur geduldet, spricht kein Deutsch, lebt von Sozialhilfe.
Der deutsche Staat ist an seine Grenzen gestoßen
Ihr Leben ist in den vergangenen fünf Jahren aus den Fugen geraten, und die Frage ist: Hätte der deutsche Staat etwas dagegen tun können? Oder müssen? Stimmt es, dass ihr die Staatsanwaltschaft hätte helfen können, wie ihre Anwältin sagt? Oder das Auswärtige Amt, wie eine Menschenrechtsorganisation sagt? Anna Flores weiß es nicht. Sie fühlt sich als Spielball von Akteuren, die sie nicht versteht, von Botschaften und Ministerien, Anwälten und Menschenrechtlern. Sie wünscht sich, dass alles wieder gut wird. Am liebsten hätte sie, dass ihre philippinische Familie nach Deutschland kommt. Dass sie ihre Tochter in Deutschland akzeptiert. Dass der Mann, dem sie vorwirft, sie vergewaltigt zu haben, bestraft wird oder wenigstens Unterhalt zahlt.
In Flores’ Fall ist der deutsche Staat an seine Grenzen gestoßen. Teils, weil er Fehler gemacht hat. Teils, weil es auch in einem so engmaschigen Justizsystem wie dem deutschen nicht vorgesehen ist, dass in jedem Einzelfall für Gerechtigkeit gesorgt werden kann, wie der Jurist Stefan Oeter sagt.
Von alldem ahnt Flores nichts, als sie im September 2010 durch eine westdeutsche Stadt geht, hoffnungsvoll, vorbei an millionenteuren Häusern und Auffahrten mit PS-starken Autos, weiter bis zu einem großen Haus am Hang.
Flores steigt damals die Steintreppe hinauf zur Tür. Ein Mann öffnet. Er hat tiefbraune Augen. Er bietet ihr Wasser und Saft an. Sie hat ein gutes Gefühl. Es ist ihr erster Arbeitstag. Sie wird für ihn putzen und bügeln. Er ist ein hochrangiger arabischer Diplomat. Und sie sein Hausmädchen.
Dass sie illegal in Deutschland ist, störe ihn nicht, sagt er. Das Geld, zehn Euro die Stunde, bekommt sie bar.
Flores ist nach Deutschland gekommen, um ihrer Familie ein besseres Leben zu ermöglichen. Tausende Philippinerinnen gehen jedes Jahr in die Welt, um in einem fernen Land als Hausmädchen zu arbeiten.
Zwei Mal die Woche wischt Flores bei dem Diplomaten die Böden, manchmal putzt sie die Fenster. In einem Zimmer im ersten Stock steht das Bügelbrett. Daneben ein kleines Gästebett.
Das deutsche Strafrecht gilt nicht für Diplomaten
An einem Tag im Oktober kommt der Diplomat zu ihr. Sie bügelt gerade seine Hemden und seine Dischdaschas, die blütenweißen arabischen Gewänder, die er manchmal zur Arbeit anzieht. Er verschließt die Türen und berührt sie am Rücken. Sie sagt ihm, er solle aufhören. Dann drückt er sie auf das Bett. Sie wehrt sich, sagt, sie habe Familie. Sie schlägt und tritt nach ihm, kann aber nichts ausrichten gegen ihn. Dann vergewaltigt er sie. So erzählt sie es später der Polizei.
Nach der Vergewaltigung habe er sie daran erinnert, dass sie illegal im Land sei. Wenn sie irgendwem etwas erzähle, zeige er sie an. Sie gehorcht, redet nicht einmal mit ihrem Mann.
Wenn sie heute davon erzählt, stockt sie oft und bricht immer wieder in Tränen aus. Diese Geschichte basiert auf langen Gesprächen mit Anna Flores, die eigentlich anders heißt, auf Ermittlungsakten, in welche die Autoren Einblick hatten, und auf Interviews mit Menschen, die Flores nahestehen. Ob sie tatsächlich vergewaltigt wurde, ist nicht belegbar. Das liegt an den Umständen des Falles, aber auch an den deutschen Strafverfolgungsbehörden.
Hätte die mutmaßliche Vergewaltigung verhindert werden können? Der Diplomat genießt damals Immunität in Deutschland. Das deutsche Strafrecht gilt für ihn nicht. Egal, wie schwer das Verbrechen ist. Wahrscheinlich hat er sich sicher gefühlt. Die Immunität erlaubt es Diplomaten, auch in feindlicher Umgebung sicher zu arbeiten. Aber die Immunität schafft auch Freiräume, die manchmal ausgenutzt werden - sei es beim Falschparken oder im Umgang mit Hauspersonal.
18 Stunden Arbeit am Tag, meist unbezahlt
Eine indonesische Hausangestellte wird fast zwei Jahre in einer Berliner Wohnung eingesperrt. Völlig unterernährt, stirbt sie fast an einer Tuberkulose. Als sich ein Fahrer einer Botschaft über unbezahlte Überstunden beschwert, schlägt sein Chef ihn mit einem Stuhl blutig.
Ein Hausmädchen wird geschlagen und muss bis zu 18 Stunden am Tag arbeiten, meist unbezahlt.
Bis zu zwanzig solcher Fälle werden in jedem Jahr bei den Hilfsorganisationen Ban Ying in Berlin und Agisra in Köln bekannt. Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich hoch, sagen sie. Viele Betroffene trauten sich nicht, Hilfe zu suchen. Aus Scham, aus Angst, manche aus schierer Hilflosigkeit. Fast nie werden die beschuldigten Diplomaten vor Gericht gestellt - dank ihrer Immunität. In dieser Hinsicht ist die deutsche Justiz also machtlos. Nur: In Anna Flores’ Fall stimmt das nicht ganz.
Nach der Vergewaltigung, erzählt Flores, sei sie so verunsichert gewesen, dass sie weiter für den Diplomaten arbeitete. Insgesamt sechs Mal habe er sie vergewaltigt, sagt sie der Polizei. Im Dezember 2010 setzt Flores’ Menstruation aus. Er kauft Schwangerschaftstests. Sie sind positiv. Nur wenige Tage später, im Februar 2011, verlässt er Deutschland. Im März schickt er ihr eine SMS. Es tue im leid, schreibt er, er verspreche, ihr zu helfen und Geld zu schicken. Das ist das Letzte, was sie von ihm hört.
Keine Hilfe vom Auswärtigen Amt
Im Sommer 2011 bringt Flores in einem deutschen Krankenhaus ihre Tochter zur Welt. Eine Freundin begleitet sie zu Agisra in Köln. Eine Anwältin wird eingeschaltet. Flores zeigt den Diplomaten an. Jetzt sind die deutschen Behörden zuständig. Auf deutschem Boden hat mutmaßlich ein Verbrechen stattgefunden. Es ist Aufgabe der hiesigen Justiz, die Wahrheit herauszufinden und gegebenenfalls den Täter zu bestrafen. Die Staatsanwaltschaft beginnt zu ermitteln. Dass der Diplomat nicht mehr im Land ist, ist für sie eine gute und eine schlechte Nachricht. Schlecht, weil sie ihn nicht unmittelbar verhören kann. Gut, weil mit seiner Ausreise auch seine Immunität erloschen ist. Sie schützt ihn nicht mehr. Er kann in Deutschland angeklagt werden.
Mehr zum Thema
Mann ersticht Frau nach Streit in Hanau und alarmiert Polizei
Mutmaßlicher Verfolger von Gwyneth Paltrow nicht schuldig
Tote Frau in Nordhessen gefunden: Polizei sucht weiter Unfallstelle
Doch schnell zeigt sich ein Problem. Die Staatsanwaltschaft hat keine Adresse von dem Mann. Deswegen könne man ihn nicht kontaktieren. Flores’ Anwältin bittet die Botschaft, seinen ehemaligen Arbeitgeber, um Hilfe. Ohne Erfolg. Dann wendet sie sich an das Auswärtige Amt, wo er akkreditiert war. Die Antwort: Man könne nicht weiterhelfen. Flores’ Betreuerin bei Agisra, Behshid Najafi, sagt, das Auswärtige Amt sei keine Hilfe gewesen.
Was hätte es tun können? Es hätte über diplomatische Kanäle die für ihn zuständige Botschaft um Hilfe bitten können. Es hätte öffentlich protestieren können. Es hätte drohen können, in solchen Fällen zukünftig den Diplomaten zur Persona non grata zu erklären, also ihn auszuweisen. Damit hätte es ein Exempel statuiert, eine Nachricht an potentielle Täter gesendet: Wir schauen nicht weg, wenn ihr eure Immunität missbraucht. Für Anna Flores wäre das zu spät gekommen, aber vielleicht hätte es künftige Täter abgeschreckt.
Nur: Natürlich macht das Auswärtige Amt das nicht. Seine Aufgabe ist es, die Beziehungen zu anderen Staaten zu pflegen. Und hier geht es um ein Partnerland, ein Land, in dem Deutschland Interessen hat. Vielleicht verhandelt Deutschland mit diesem Land gerade über irgendetwas, einen Wirtschaftsdeal, vielleicht geht es um Milliarden, um die Bekämpfung des Terrors, um die Freilassung von Geiseln, wer weiß. Warum sollten die Diplomaten das gefährden, indem sie sich für die Rechte einer einzelnen Frau einsetzen? Das Auswärtige Amt lässt die Bitte von Flores’ Anwältin um Hilfe im Sande verlaufen.
Der Mann scheint unbehelligt zu leben
Auf Anfrage der Autoren beteuert das Auswärtige Amt, der Schutz von Hausangestellten genieße hohe Priorität. Zu Einzelfällen äußere man sich nicht. Bleibt die Staatsanwaltschaft. Deren Aufgabe ist es, den Verdächtigen zu finden und zu verhören. Deswegen schreibt sie ihn zur Fahndung aus. Das bedeutet: Wenn er künftig versucht einzureisen, wird er am Flughafen nach seinem Aufenthaltsort in Deutschland gefragt. Dann bekommt die Staatsanwaltschaft eine Meldung und kann entscheiden, ob sie ihn dort aufsuchen will.
Nachdem sie diese Fahndungsmaßnahme veranlasst hat, stellt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. Eines macht sie nicht: einen Haftbefehl beantragen. Dann wäre der Mann bei der Einreise nicht nur nach seiner Adresse gefragt, sondern direkt festgenommen worden. Es hätte nicht viel Arbeit gemacht, einen solchen Haftbefehl zu beantragen. Warum die Ermittler es nicht tun, wollen sie auf Nachfrage nicht sagen. Vielleicht weiß die Staatsanwaltschaft, dass sie eine Chance verpasst hat. Denn der Mann kam tatsächlich noch einmal nach Deutschland.
Die Autoren haben ihn – im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft – gefunden. Vom Schreibtisch aus. Bald nach seiner Rückkehr in seine Heimat bekommt er dort eine Führungsposition in einem großen Unternehmen. Der Mann scheint nicht mehr im diplomatischen Dienst zu sein, aber unbehelligt zu leben. So unbehelligt, dass er 2013 sogar zu einer Konferenz nach Deutschland kommt. Bilder zeigen ihn mit einem deutschen Politiker in hohem Rang, dessen Gesicht man sonst in der „Tagesschau“ sieht. Beide lächeln in die Kamera.
Das Kuriose ist: Die Staatsanwaltschaft erfährt von der abermaligen Einreise des Mannes erst durch die Autoren. In den Akten der Staatsanwaltschaft findet sich keine Meldung. Die Fahndungsmaßnahmen haben nicht funktioniert. Warum, das kann sie nicht erklären.
„Chance für Verurteilung steht fünfzig-fünfzig“
Vielleicht hätte ein Haftbefehl funktioniert. Hätte ein solcher vorgelegen, wäre der Mann 2013 am Flughafen verhaftet worden. Er hätte den Politiker vermutlich nie getroffen. Dafür hätten die Ermittler ihn zum Vergewaltigungsvorwurf befragen können. Wir wollen genau das tun und versuchen mehrfach, ihn zu kontaktieren. Auf unsere E-Mail-Anfragen erhalten wir zwar automatische Lesebestätigungen, aber keine persönliche Reaktion.
Das Verhalten der Staatsanwaltschaft gibt Rätsel auf: Warum hat sie nicht mehr Ermittlungsaufwand betrieben? So schwer war der Mann nicht zu finden. Warum hat sie keinen Haftbefehl beantragt? Der Hamburger Jurist Stefan Oeter sieht drei mögliche Gründe. Erstens: „Ein Verfahren mit so kompliziertem politischem Hintergrund ist für einen Staatsanwalt unangenehm. Er wird oft versuchen, es einzustellen.“ Oder zweitens: Die Staatsanwaltschaft wollte nicht die nötigen Ressourcen aufwenden. „Unsere Strafjustiz ist nicht so ausgestattet, dass sie alle Verfahren bis zu ihrem logischen Ende treiben könnte“, sagt Oeter. Auslandsermittlungen dauerten lange und seien teuer. Und ein Staatsanwalt werde auch an der Zahl seiner erfolgreichen Fälle gemessen.
Vielleicht war der Staatsanwaltschaft auch, dritter Erkläransatz, der Ausgang des Verfahrens zu ungewiss. „Bei so einem Vergewaltigungsverfahren, in dem es keine medizinischen Beweise gibt, steht die Chance für eine Verurteilung, wenn es hochkommt, fünfzig-fünfzig“, sagt Oeter. Vielleicht sei dies den zuständigen Ermittlern zu gering erschienen. So könnte man die erstbeste Chance ergriffen haben, das Verfahren einzustellen – aufgrund der fehlenden Adresse. Auf Nachfrage sagt die Staatsanwaltschaft: Sie habe alles getan, was möglich war. Es ist denkbar, dass sie die Ermittlungen nach unseren Recherchen wiederaufnimmt. Die fehlende Adresse jedenfalls ist kein Hinderungsgrund mehr. Sie steht im Internet.
Anna Flores lebt noch immer in Deutschland. Die Sozialhilfe braucht sie für sich und ihre Tochter. Auf den Philippinen lebt ihre Familie noch immer in Armut. Zurück kann sie nicht. Einen Job in Deutschland findet sie nicht, weil sie nur geduldet ist. Und ohne Job kann sie ihre Familie nicht nachholen. Anna Flores sitzt fest.
Gefördert wurde die Recherche vom Netzwerk Recherche e. V.
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/...s-14068931.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Vergewaltigung: Was ist sexueller Missbrauch?
Schreckliche Fakten: Jede vierte Frau wurde schon mindestens einmal im Leben Opfer einer Vergewaltigung, sexuellen Nötigung oder eines entsprechenden Versuchs! In Deutschland werden täglich mehr als 200 Mädchen und Frauen Opfer einer Vergewaltigung. So auch Vicky (19). Das Schlimmste: Sie kannte ihren Peiniger und hatte ihm vertraut – bis zu jenem Tag
Niemals wird sie diese Nacht vergessen. Ihr Ex-Freund Jonas stand plötzlich vor ihrer Wohnungstür. Sie hatte sich von ihm getrennt, aber er wollte es einfach nicht akzeptieren. „Ich haben ihn reingelassen, um ihm klarzumachen, dass er mich endgültig in Ruhe lassen soll“, erinnert sich Vicky. Als sie ihn schließlich aufforderte zu gehen, zog er eine Pistole aus der Tasche und hielt sie ihr an die rechte Schläfe. Sie fing an zu schreien und um Hilfe zu rufen. Brutal hielt er Vicky daraufhin den Mund zu. „Ich hatte panische Angst und habe kaum noch Luft bekommen“, erzählt Vicky mit stockender Stimme.
„Sag, dass du mich liebst!“ brüllte Jonas und warf sie aufs Bett und verriegelte die Tür. „Los, sag es!“, brüllte er ein zweites Mal. Vicky schrie und versuchte sich aufzusetzen, doch Jonas war schneller. Wieder hielt er ihr den Mund zu und warf sie zurück aufs Bett. Dann begann er ihr die Kleider vom Leib zu reißen. Vicky wehrte sich mit aller Kraft, doch er war stärker. Er würgte sie und sobald sie versuchte sich aufzurichten, schlug er ihren Kopf gegen den harten Bettkasten. Niemand hörte Vickys verzweifelten Schreie, sie war Jonas hoffnungslos ausgeliefert.
+++Was ist eine Vergewaltigung?+++
Wer jemanden gegen seinen Willen mit Gewalt zu sexuellen Handlungen zwingt, begeht eine sexuelle Nötigung. Vergewaltigung liegt vor, wenn jemand mit Gewalt zum Geschlechtsverkehr gezwungen wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Mann oder eine Frau betroffen ist. Die Opfer sind zum allergrößten Teil Frauen und Mädchen und die Mehrzahl der Gewaltverbrechen richtet sich gegen Kinder und Jugendliche.
„Bitte hör auf“, wimmerte sie. „Ich will das nicht, du tust mir weh“. Doch Jonas zeigte kein Erbarmen. Vicky hielt sich schützend die Hände vors Gesicht. „Los, nimm die Hände weg. Du willst es doch auch“, rief er. Dann zerriss er ihren Slip und drang gewaltsam in sie ein. „Ich hörte sein Keuchen so nah am Ohr, roch seinen beißenden Schweißgeruch und musste würgen. Alles tat weh und ich habe nur noch gebetet, dass es schnell vorbeigeht“. Endlich ließ Jonas von ihr ab. Danach fühlte sich Vicky leer, schmutzig und ihr Körper schmerzte. Ohne ein Wort zu sagen, zog Jonas sich an und ließ Vicky wie ein Häufchen Elend zurück.
+++Wer sind die Täter?+++
Vergewaltigungen finde nicht nur im dunklen Parks, einsamen Tiefgaragen oder U-Bahnhöfen statt, sondern am häufigsten dort, wo Frauen sich sicher fühlen: zu Hause, am Arbeitsplatz oder bei Bekannten. Nur 15% der Angreifer sind den Frauen fremd, die restlichen Täter kannten ihre Opfer bereits vor der Tat, entweder nur flüchtig oder auch sehr gut. Häufig findet Missbrauch innerhalb der Familie, der Beziehung oder in einem ähnlich vertrauten Verhältnis statt. Vergewaltigungen zählen zu den Straftaten, die am häufigsten ungestraft bleiben.
Vergewaltigungsopfer (11) wird Mutter
„Die Dunkelziffer ist sogar noch höher“, weiß Thomas Rock von bayerischen Landeskriminalamt. Viele Missbrauchsopfer trauen sich nicht zur Polizei zu gehen. So kommen auf eine Anzeige 3 bis 10 nicht gemeldete Fälle. Diese These wird von der 2012 ins Leben gerufene Initiative #ichhabenichtangezeigt bestätigt: Innerhalb von sechs Wochen haben 1.105 Frauen und Männer ihre Erfahrungen und Gründe veröffentlicht, warum sie sexuelle Gewalt nicht angezeigt haben. Unsicherheit, Scham, Unwissen und die Angst davor, dass einem nicht geglaubt wird, spielen immer eine zentrale Rolle. So geht es auch Vicky. Noch heute fällt es ihr schwer, über die schrecklichsten Minuten ihres Lebens zu sprechen. Sie möchte einfach nur vergessen, was passiert ist, genau wie die 46.793 Opfer, die allein 2013 Opfer eines Sexualverbrechens in Deutschland wurden und es bei der Polizei gemeldet haben.
++Was tun nach sexuellem Missbrauch?+++
„Bis zuletzt habe ich nicht geglaubt, dass er es wirklich tut“, beschreibt Vicky den Übergriff. Ihren Willen hat Jonas zwar gebrochen, aber nicht ihren Kampfgeist. Er muss dafür bestraft werden, dachte sich Vicky und rief direkt nach der Vergewaltigung die Polizei. Was nun folgte, waren quälende Fragen und unangenehme Untersuchungen. „Ich habe mich so geschämt und hätte mich am liebsten geweigert, darüber zu reden. Doch ich wollte, dass dieses Schwein verhaftet wird. Darum habe ich durchgehalten.“ Das war auch das einzig Richtige, denn so kann die Polizei oder auch ein Arzt den Vergewaltiger anhand von Spuren überführen. Vicky hat sich noch in der gleichen Nacht ihrer Mama anvertraut, die ihr seitdem liebevoll zur Seite steht: „Ohne sie hätte ich das nicht durchgestanden“. Stundenlang stand Vicky nach der sexuellen Nötigung unter der Dusche und schrubbte ihre Haut, bis sie ganz rot war. „Ich wollte meine Erinnerung vom Körper waschen, aber das ging natürlich nicht."
Bei diesen Hotlines und Internet-Foren findest du Rat und Hilfe
Vickys Mutter kümmerte sich auch um psychologische Betreuung. „Erst wollte ich nicht mit einer Fremden reden, aber jetzt bin ich froh, dass ich eine Therapeutin habe, sie hilft mir sehr“. Anfangs zog sich Vicky komplett von ihrer Außenwelt zurück und wachte nachts schreiend auf. Wut, Schmerz und Hilflosigkeit haben sich tief in ihre Seele gefressen. „Ich hasse ihn dafür, was er mir angetan hat“. Erst als Jonas ins Gefängnis kam, ging sie wieder unter Leute. „Trotzdem ist nichts mehr so wie es mal war, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf“, berichtet Vicky tapfer.
+++Welche Strafen bekommen Vergewaltiger?+++
Vergewaltigung wird in Deutschland mit Strafen zwischen 6 Monaten und bis zu 15 Jahren geahndet und gilt als eines der schwersten Verbrechen. Strafbar ist die Nötigung zum Geschlechtsverkehr oder zu ähnlichen sexuellen Handlungen, die das Opfer erniedrigen. Trotzdem ist die Verurteilung schwierig, denn immer steht es Aussage gegen Aussage. Bis 1997 waren Vergewaltigungen nur außerehelich strafbar, das heißt, vergewaltigte ein Ehemann seine Ehefrau galt das vor Gericht nicht als Straftat. Seit über 20 Jahren können sich Frauen nun aber auch gegen ihre Ehemänner vor dem Gericht wehren.
Die Folgen einer Vergewaltigung sind schwerwiegend: körperliche und seelische Demütigung, Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung und persönliche Grenzen wurden gewaltsam überschritten. Außerdem kann es zu Verletzungen im Genitalbereich, ungewollten Schwangerschaften oder Infektionen mit übertragbaren Krankheiten kommen.
Die Psyche leidet sehr unter dem sexuellen Missbrauch – immer wieder tauchen die Erlebnisse in der Erinnerung auf. Nichts ist mehr wie vorher und viele Opfer leiden unter Misstrauen, Hilflosigkeit, Scham, Schuldgefühlen, Schlafstörungen, Depressionen, Angst- und Panikattacken bis hin zu Selbstverletzungen und Selbstmordversuchen.
+++Was kannst du tun, wenn du vergewaltigt worden bist?+++
Du bist nicht schuld an dem sexuellen Missbrauch! "Nein" heißt "Nein", auch wenn ihr vorher geknutscht habt, oder geflirtet. Kein Mensch hat das Recht dazu, deine Grenzen gewaltsam zu überschreiten.
Öffne dich und vertraue dich deinen Eltern, einer guten Freundin, einer Lehrerin oder einer anderen Person, der du vertrauen kannst, an.
Bei diesen Nummern bekommst du, auch anonym, Hilfe:
WEISSER RING 01803 / 34 34 34
Kinder- und Jugendtelefon 0800/111 0 333 Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen 08000 116 016
Geh möglichst schnell zu einer Gynäkologin oder ins Krankenhaus – am besten in Begleitung einer lieben Person und innerhalb von 24 Stunden. So können mögliche Verletzungen festgestellt und behandelt werden. Die Befunde müssen schriftlich festgehalten werden. Und ganz wichtig: Nicht waschen, auch wenn es schwer fällt. Aber nur dann können Beweise und Spuren gesichert werden. Werfe Klamotten und alles, was mit dem Täter in Berührung gekommen ist, nicht weg. Das alles kann bei einer Vernehmung helfen.
Text: Denise Philipp, Kirsten Dorner
http://www.maedchen.de/artikel/vergewalt...ch-2849572.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Vorwurf Vergewaltigung - zu Unrecht. Was tun?
Strafrecht
(3 Bewertungen)
Eine der erschütterndsten Erfahrungen dürfte der zu Unrecht erhobene Vorwurf „Vergewaltigung“ sein. Vor allem dann, wenn er – wie häufig – überraschend kommt. Von einem Moment zum anderen ist im Beruf, in der Familie und im Alltag nichts mehr wie zuvor.
Die „gute Nachricht“
Der Vorwurf Vergewaltigung wird sehr häufig zu Unrecht erhoben! So jedenfalls bei Betrachtung meiner wegen Vergewaltigung angezeigten Mandanten. Hier beliefen sich die Falschbelastungen der letzten 7 Jahre im Schnitt auf 55 % (!). Das bedeutet, dass wir bei mehr als der Hälfte aller Anzeigen wegen Vergewaltigung eine Einstellung des Verfahrens bereits im Ermittlungsverfahren erreichen können.
Die weniger gute Nachricht
Jede sexuelle Begegnung, und war sie noch so einvernehmlich und harmonisch, kann im Nachhinein zur „Vergewaltigung“ umgedeutet werden.
Noch immer trifft der Vorwurf „Vergewaltigung“ nahezu ausschließlich Männer. Sie sind die eigentlichen Opfer.
Und noch immer wird der Vorwurf „Vergewaltigung“ fast ausschließlich von Frauen erhoben. Die Motive dafür sind vielfältig. Sie reichen von simpler Rache, Trennungsstreitigkeiten, Sorgerechtsstreitigkeiten, „Rechtfertigung“ von „Seitensprüngen“, Gier nach Geld und/oder Aufmerksamkeit bis hin zur Situation, dass die vermeintlich Geschädigte ihre Geschichte selbst glaubt.
Bitte keine Versuche zur „Richtigstellung“ vor Akteneinsicht!
Behalten Sie in dieser Situation die Nerven! Stoppen Sie das „Kopfkino“ und damit Gedanken um die Beweislage, die Spuren, das „soziale Aus“ und die Untersuchungshaft.
Klingt einfach – und ist natürlich alles andere als einfach. Unterdrücken Sie den natürlichen Impuls, die Sache richtig zu stellen! Dies umso mehr, als Sie absolut sicher sind, keine strafbare Handlung begangen zu haben.
Stellen Sie die vermeintlich Geschädigte nicht zur Rede und vermeiden Sie auf diese Weise insbesondere den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr.
Sprechen Sie – außer mit Ihrem Anwalt/Ihrer Anwältin – mit niemandem über den Vorwurf.
Wählen Sie stattdessen die Notruf-Nummer eines gezielt auf Sexualstrafrecht spezialisierten Fachanwalts für Strafrecht. Er/Sie wird für Sie den Kontakt zur Polizei blockieren. Als Beschuldigter einer Straftat steht Ihnen per Gesetz ein vollumfängliches Schweigerecht zu.
Auch der wohlmeinend wirkende Beamte, der Sie zuhause aufsucht und/oder Ihnen Haftverschonung für den Fall Ihrer Aussage zum Tatvorwurf verspricht, ist zumeist nicht wirklich auf Ihrer Seite, sondern in aller Regel ein psychologisch geschulter Ermittler. Der verspricht sich von Ihrer Aussage weitere Ermittlungsansätze gegen Sie und vertraut den Tränen der vermeintlich Geschädigten zumeist mehr als Ihrer Unschuldsbeteuerung.
Aktivität ab Akteneinsicht!
Mit Erhalt der Ermittlungsakte und damit Kenntnis des konkreten Vorbringens der vermeintlich Geschädigten besteht hinreichend Gelegenheit, den Tatvorwurf über eine Verteidigerschrift richtig zu stellen und die Einstellung des gegen Sie gerichteten Verfahrens bereits im sog. Ermittlungsverfahren zu beantragen.
Hier, im Ermittlungsverfahren, liegt die Weichenstellung Ihrer Verteidigung! Hier gilt es, das juristische Know-how für die Erschütterung der Belastungsaussage einzusetzen, um eine Anklage und eine gerichtliche Hauptverhandlung zu vermeiden. Dies ist umso dringlicher, wenn man bedenkt, dass nur ca. 3 % (!) aller Anklagen wegen Vergewaltigung mit einem Freispruch enden.
Als im Sexualstrafrecht erfahrene und spezialisierte Anwältin begleite ich Sie gerne und zuverlässig durch diese schwierige Phase. Diskretion und Empathie sind für mich selbstverständlich!
http://www.anwalt.de/rechtstipps/vorwurf...tun_079460.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Ein Sommernachtsalbtraum
Sie erzählt ruhig über den Mittwochabend im vergangenen Sommer, der ihr Leben bis heute prägt. Melanie Probst (Name geändert) trifft sich mit einem Bekannten in ihrer Wohnung. Mit einer Zusatzinformation zu den Reformen des Sexualstrafrechts.
LEONIE MASCHKE | 12.04.2016 0 0 0
Sie hat ihn über Freunde kennengelernt, sie schreiben sich ab und zu über Facebook und WhatsApp. Ein rein freundschaftliches Treffen, das macht die Anfang Zwanzigjährige dem jungen Mann klar. "Keine Sorge, ich will nichts von dir", sagt er. Sie unterhalten sich. Es verspricht, ein gemütlicher Abend zu werden. Doch er beginnt sie zu berühren, Melanie schiebt seine Hände weg. Plötzlich fällt er über sie her. Er legt sich auf sie, drückt sie ins Sofa, zieht ihr die Hose runter, zerreißt ihren Slip. Melanie wehrt sich, schreit, aber gegen den einen Kopf größeren und durchtrainierten Mann hat sie keine Chance. Trotz aller Gegenwehr vergewaltigt er sie.
"Ich denke, wenn ich mich nicht gewehrt hätte, wäre vielleicht noch mehr passiert", sagt Melanie rückblickend. Sie sitzt in ihrer neuen Wohnung in einer Stadt in Baden-Württemberg und blickt nachdenklich zum Fenster hinaus. "Es ist etwas Durchgehendes, das Lebensqualität nimmt."
Dass Melanie sich gewehrt hat, kam ihr nach der bisherigen Auslegung des Sexualstrafrechts zugute: Nach Paragraf 177 ist sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung dann strafbar, wenn der Täter dem Opfer Gewalt antut, androht oder eine schutzlose Lage ausnutzt. Opferhilfen raten daher, Beweismittel, wie etwa zerrissene Bettlaken, beschmutzte Unterwäsche oder körperliche Nachweise, wie Hämatome, zu dokumentieren, um nachzuweisen, dass der Sex nicht einvernehmlich war.
Melanies Widerstand macht ihren Peiniger noch aggressiver, er steigert sich in seine Wut hinein, schleift sie ins Schlafzimmer. "Du musst nichts tun, leg dich einfach nur aufs Bett", sagt er und zerstört es in seiner Rage. Melanie versucht, aus der Wohnung zu fliehen, doch sie kommt nicht an ihm vorbei. "Was hast du mit mir gemacht?", fragt ihr Vergewaltiger, als sei er das Opfer, und vergeht sich wieder an ihr. Irgendwann schafft sie es aus der Wohnung auf die Straße. Sie droht ihm, die Polizei zu rufen, wenn er jetzt nicht geht. "Ich weiß gar nicht wo ich bin", sagt er. "Bring mich wenigstens zum Bahnhof." Melanie fährt ihn unter Schock dorthin. Sie hat Todesangst, er könne ihr nochmals etwas antun, wenn sie seine Bitte ausschlägt. Gleichzeitig ist da diese Sicherheit, als sie ihn am Bahnhof absetzt: "Er ist tatsächlich weg."
Ihr Vergewaltiger habe sich im Auto entschuldigt: Was er ihr nur angetan habe, er müsse sich nun umbringen. Zum Abschied sagt er: "Es bleibt aber unter uns", sie solle nicht zur Polizei gehen. "Da war er bei mir an der falschen Adresse." Zwei Tage später liegt eine Anzeige gegen ihn vor.
Sie flieht zu einer Freundin, der sie sich anvertraut. In ihre Wohnung will sie nicht zurück. Sie geht zu einem Arzt, hält es kaum aus im Warteraum, in dem vier Männer sitzen. Sie lässt sich krankschreiben.
Wenig später ruft sie ihre Eltern an. Sie wohnen in einem anderen Land, aber ihre Mutter organisiert einen Termin bei einer Freundin, einer Traumapsychologin. Zum ersten Mal, sagt Melanie, habe sie dort weinen und wieder atmen können. Danach macht sie ihre Aussage bei der Polizei. Mit einer Freundin geht sie noch einmal zu ihrer Wohnung, die Spurensicherung ist schon vor Ort und dokumentiert alles in den verwüsteten Räumen. "Es war ein Tatort, und ich war die Hauptperson." Ihr Vergewaltiger wird festgenommen. Im Herbst begegnet sie ihm wieder, dieses Mal vor Gericht.
"Das war einer der schlimmsten Tage", sagt Melanie. Sie sitzt auf engstem Raum mit ihm, er sucht ihren Blick, spuckt in ihre Richtung. Sie muss jedes Detail der Nacht schildern: Woher kommt dieser blaue Fleck? Wie haben Sie sich in der Wohnung bewegt? "Und dann", fährt sie wütend fort, "sitzt er zwei Meter von mir entfernt und lügt!"
Ihr Vergewaltiger, der schon wegen Körperverletzungen auffällig geworden ist und unter psychischen Störungen leidet, behauptet, Melanie und er seien ein Paar gewesen. Sie hätten einen romantischen Abend bei ihr geplant. Kaum seien sie bei ihr zuhause angekommen, habe sie ihn verführt. So wild, dass das Bett kaputt gegangen sei und sie blaue Flecke bekommen habe. Er wollte eigentlich gar nicht. "Die Wut", sagt Melanie, "die man dabei fühlt, ist unbeschreiblich."
Das Gericht verurteilt ihn zu dreieinhalb Jahren Freiheitsstrafe, doch er legt Berufung ein. Im Frühjahr wiederholt Melanie ihre Aussage vor dem Landgericht.
Nach der Tat habe sie nur funktioniert. "Ich war in einem Schockzustand." Sie fühlt sich überfordert und hilflos, in ihrem Körper unwohl. Es kommen Selbstzweifel und Scham: "Da war ständig dieses ,Hätte ich nicht...', dieser Gedanke, selbst Schuld daran zu sein."
Diese Schuldzuweisung entstehe nicht nur durch die Verletzung der Intimsphäre, "sondern auch durch den Kontrollverlust der eigenen Entscheidungsmacht", erklärt Adolf Gallwitz, Polizei-Psychologe und Psychotherapeut an der Fachhochschule Villingen-Schwenningen. Er spricht von externalisiertem Glück und internalisiertem Pech: Dass es passiert sei, glaube das Opfer, daran sei man selbst Schuld. Dass man womöglich "gut" weggekommen sei, sei hingegen reiner Zufall gewesen und habe nichts mit dem eigenen Verhalten zu tun. "Das Opfer hat eine für sich nachteilige Erklärung, was geschehen ist."
Melanie kann nicht mehr arbeiten, sie verliert ihre Wohnung. Wenn sie schlafen kann, durchlebt sie die Vergewaltigung in ihren Träumen. Manchmal denkt sie an Selbstmord. "Alles", sagt sie und streicht mit ihren Fingern über den Tisch, "was man kannte, existiert nicht mehr." Vor dieser Nacht sei sie ein fröhlicher, offener Mensch gewesen. Nun hat sie Angst vor der Dunkelheit und dem Alleinsein, die Motivation fehlt. Sich einfach zu entspannen, das ist ihr unmöglich. Sie bekommt Panikattacken. Die Frage "Wie geht es dir?" wird ihr verhasst.
"Einen Alltag gibt es nicht mehr", sagt Melanie. Doch genau nach ihm sehnt sie sich. Sie fängt wieder an zu arbeiten. Nach sechs Wochen bricht sie ab, sie kann nicht mehr. Sie findet Halt bei ihrer Familie, ihren Freundinnen, redet mit ihrer Anwältin und ihren Therapeuten über die Nacht. Sie erhält finanzielle und personelle Hilfe von der Opfer-Organisation "Weisser Ring". Ihr Glaube gibt ihr Kraft.
"Es macht was mit einem, wenn man so etwas erlebt", sagt sie. Die Naivität sei weg, sie sei misstrauischer geworden. Dennoch möchte sie eines Tages eine Beziehung haben und eine Familie gründen. "Aber die Vergewaltigung ist nun eben ein Teil meines Lebens."
Zusatzinfo Zusatzinfo
Viele Verdächtige kommen davon
Beweislage Nur ein Bruchteil aller angezeigten Fälle von sexueller Gewalt endet auch mit einer Verurteilung des Beschuldigten. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass es vielen Opfern schwerfällt nachzuweisen, dass sie sich tatsächlich gegen ihren Peiniger gewehrt haben. Warum bundesweit die Zahl der Verurteilungen innerhalb von 20 Jahren von 21,6 auf nurmehr 8,1 Prozent gesunken ist, dafür müssen selbst Kriminalexperten eine schlüssige Erklärung schuldig bleiben. Tatsache ist allerdings, dass heute Frauen öfter bereit sind, eine solche Tat auch anzuzeigen.
http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politi...art4306,3779565
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Neue Kampagne
"Violence? No!": Frauennotruf-Spots laufen bei McDonald’s
az, 19.04.2016 18:24 Uhr
Der Frauennotruf München, eine Beratungsstelle für Frauen und Mädchen, hat mit Blick auf die Entscheidung für ein neues Sexualstrafrecht eine neue Kampagne vorgestellt: „Violence? No!“
München - Gewalt gegen Frauen finde täglich statt und habe viele Gesichter, argumentieren die Macherinnen: Das fange bei sexistischer Werbung an und höre bei sexueller Belästigung, Nötigung und Vergewaltigung auf.
Auch der aktuelle Gesetzentwurf zur sexuellen Selbstbestimmung trage dazu bei. Letztere sei – anders als etwa das Hausrecht oder Eigentumsrecht – nicht von sich aus geschützt. Wenn eine Person zu einer sexuellen Handlung nur ihren entgegenstehenden Willen ausdrückt und sich nicht etwa körperlich zur Wehr setzt, soll weiterhin das sexuelle Selbstbestimmungsrecht nicht verletzt sein.
Der Frauennotruf argumentiert: Eine „Nein heißt Nein“-Regelung sei da eine klarere, weil verständliche Lösung. Der 16-sekündige Spot der Kampagne läuft alle zehn Minuten in allen McDonald’s- Filialen in München für die nächsten vier Wochen.
Der Frauennotruf unterstützt Frauen und Mädchen nach sexuellen Übergriffen und Vergewaltigung kostenlos, vertraulich und anonym: Saarstraße 5, Tel.: 089/76 37 37.
http://www.abendzeitung-muenchen.de/inha...849b2a8d49.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Vertrauliche Spurensicherung nach Vergewaltigung
Frauenministerin Golze: Sexuelle Gewalt nicht verschweigen
In Brandenburg haben Opfer von Vergewaltigungen seit anderthalb Jahren die Möglichkeit, in vier Kliniken vertraulich Spuren sichern zu lassen – ohne sofort Anzeige bei der Polizei erstatten zu müssen. Das Programm „Vergewaltigt – was nun? Medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung“ stand am Donnerstag im Mittelpunkt einer bundesweiten Fachtagung, die vom Autonomen Frauenzentrum in Potsdam veranstaltet wird.
Diana Golze jpg 1dfd61 F BILDHAUS. Karoline WolfDort sagte Frauenministerin Diana Golze zur Eröffnung: „Sexuelle Gewalt findet zu wenig Beachtung in der Öffentlichkeit, obwohl etwa jede siebte Frau in Deutschland von strafrechtlich relevanter sexueller Gewalt betroffen ist. Sexuelle Gewalt darf nicht verschwiegen werden.“
Im Auftrag des Frauenministeriums wurde zum Angebot „Medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung“ ein 90-sekündiger Kinospot gedreht, der zum ersten Mal im Rahmen der diesjährigen Frauenwoche im März im Potsdamer Thalia Kino gezeigt wurde. Weitere Kinos im Land Brandenburg sollen angefragt werden, den Film zu präsentieren. Im Internet ist der Film auf der Seite http://www.hilfe-nach-vergewaltigung-brandenburg.de eingestellt.
Golze betonte: „Der Film berührt und vermittelt einen anschaulichen Eindruck der Gedanken- und Gefühlswelt von Frauen, die sexuelle Gewalt erfahren mussten. Die Entscheidung, ob eine Anzeige bei der Polizei gestellt werden soll, fällt vielen Betroffenen direkt nach der Tat schwer. Mit der vertraulichen Spurensicherung haben sie Zeit, sich diesen Schritt in Ruhe zu überlegen. Oft kommen die Täter aus der eigenen Familie oder dem Freundeskreis. Die Angst, dem Täter nach einer Anzeige schutzlos ausgeliefert zu sein, ist dann so groß, dass sich viele vor einer Strafanzeige scheuen. Wir müssen alles tun, um die Opfer in dieser schwierigen Situation zu unterstützen. Dafür ist es notwendig, dass die Öffentlichkeit, besonders das engere Umfeld wie Nachbarschaft, Arbeitskollegen oder Verwandte, für das Thema sensibilisiert wird.“
Die vertrauliche Spurensicherung wird in vier Brandenburger Kliniken angeboten: Klinikum Frankfurt (Oder), Ruppiner Kliniken Neuruppin, Carl-Thiem-Klinikum Cottbus und Ernst von Bergmann Klinikum Potsdam. Landesweit sind Gynäkologen über das Angebot informiert und können Frauen entsprechend beraten. Informationen gibt es auch bei allen Opferberatungsstellen der Opferhilfe.
Wenn ein Opfer in eine der vier Kliniken kommt und zum Beispiel mit dem Schlüsselsatz „Ich brauche dringend ein Gespräch mit einer Gynäkologin“ bzw. „Ich brauche dringend ein Gespräch mit einem Urologen“ diskret darauf aufmerksam macht, dass eine Vergewaltigung stattgefunden hat, wird es unverzüglich zu der entsprechenden Station weitergeleitet. Dort soll in ruhiger Atmosphäre das weitere Vorgehen mit der Ärztin oder dem Arzt beraten werden. Auf Wunsch wird auch der Kontakt zu Opferunterstützungseinrichtungen vermittelt.
Der ärztliche Untersuchungsbericht mit den Daten verbleibt im Krankenhaus. Die gesicherten Spuren (zum Beispiel Spermaspuren, Verletzungen, blaue Flecke) werden anonymisiert an einem sicheren Ort mehrere Jahre gelagert. Wenn das Opfer sich zu einem späteren Zeitpunkt für eine Strafanzeige entscheidet, sollte es die Polizei auf die vertrauliche Spurensicherung hinweisen. Die Polizei kümmert sich dann um die weiteren notwendigen Schritte.
Informationen zur medizinischen Soforthilfe und vertraulichen Spurensicherung gibt es in den vier Kliniken in Cottbus, Frankfurt (Oder), Neuruppin und Potsdam, bei niedergelassenen Ärzten sowie bei allen Opferberatungsstellen des Opferhilfe Land Brandenburg e.V. (Kontaktdaten unter http://www.opferhilfe-brandenburg.de).
Weitere Informationen unter http://www.hilfe-nach-vergewaltigung-brandenburg.de
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Die 7 wichtigsten Fakten zu sexueller Gewalt
Gleichberechtigung heute VergewaltigungBild vergrößern Meistens ist der Vergewaltiger der Partner, ein Freund, eine Bekanntschaft aus dem Club... (Foto: Collage Jessy Asmus/SZ.de)
Feedback
ANZEIGE
Die wenigsten Vergewaltigungen werden angezeigt, und meist ist der Täter kein Unbekannter.
Von Elisa Britzelmeier
Wenn von Opfern sexueller Gewalt gesprochen wird, dann sind meist Frauen wie Nina Fuchs gemeint. Fuchs, 33, wird am Ende einer Partynacht in der Münchner Innenstadt vergewaltigt. Sie findet sich am frühen Morgen entblößt in einem Park wieder, neben dem Club, vor dem sie sich noch von Freunden verabschiedet hatte. Jemand muss ihr K.-o.-Tropfen ins Glas geschüttet haben. Am nächsten Tag erinnert sie sich an fast nichts, hört nicht auf zu weinen. Die Betäubungsmittel können nicht nachgewiesen werden; als ihre Schwester sie zur Polizei bringt und sie endlich untersucht wird, ist es dazu schon zu spät. Aber an ihrem Körper finden die Beamten DNA-Spuren von drei verschiedenen Männern. Zuordnen können sie diese bis heute nicht.
Auch Gabriele Liebig, 52, ist Opfer von sexueller Gewalt. Ihren echten Namen will sie nicht nennen. Ihr Fall ist sogar typischer als der von Nina Fuchs. Missbraucht als Kindergartenkind, von einem Verwandten. Vergewaltigt mit Anfang 20, von einem Mann, mit dem sie ein kurzes Verhältnis hatte. Wieder und wieder sexuell gedemütigt in der zehnjährigen Beziehung, die sie bis Mitte dreißig führt und die einmal ein ganzes Leben hätte halten sollen.
"Wie viel Gleichberechtigung brauchen wir noch?" Diese Frage hat unsere Leser in der elften Runde des Projekts Die Recherche am meisten interessiert. Dieser Beitrag ist Teil eines Dossiers, das sie beantworten soll. Alle Texte zur aktuellen Recherche finden Sie hier. Mehr zum Projekt finden Sie hier.
Fuchs und Liebig sind zwei von vermutlich Hunderttausenden Frauen in Deutschland, die sexuelle Gewalt erfahren haben. Auch Männer werden Opfer von Gewalt, und wahrscheinlich ist es für sie noch schwieriger, darüber zu sprechen. Aber bei den 20 Vergewaltigungen, die jeden Tag angezeigt werden, sind (aufs Jahr bezogen) sechs Prozent der Opfer männlich - und 94 Prozent weiblich. Studien zeigen: In Wirklichkeit sind es wohl sehr viel mehr Betroffene. Die sieben wichtigsten Erkenntnisse aus Umfragen und Kriminalstatistiken.
1. Gewalt gegen Frauen ist weiter verbreitet als viele denken
Jede dritte Frau in Europa hat als Erwachsene körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren. Das ist das Ergebnis einer EU-Studie aus dem Jahr 2014, bei der 42 000 Frauen befragt wurden. Deutschland liegt im Mittelfeld: 35 Prozent haben hier seit ihrem 15. Lebensjahr mindestens einmal sexuelle oder körperliche Gewalt erlebt, sind also geschlagen, getreten, geohrfeigt, begrapscht, genötigt oder zum Sex gezwungen worden. Eine von zwanzig Frauen wird demnach vergewaltigt, eine von zehn erlebt andere Formen sexueller Gewalt. 2004 kam eine vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) herausgegebene repräsentative Untersuchung zu noch drastischeren Zahlen: Fast jede siebte Frau in Deutschland wird demnach vergewaltigt.
Trotzdem sprechen die wenigsten darüber. Monika Schröttle, Professorin an der TU Dortmund, die die Studie von 2004 leitete, sagt: "Man kann im Alltag besser leben, wenn man das wegschiebt." So wie Gabriele Liebig das lange tat. Heute ist sie 52, lebt in einer Großstadt und arbeitet "in einem sozialen Beruf", genauer will sie das nicht sagen. Vor allem wegen ihres Sohnes. Er ist mittlerweile erwachsen, aber er soll nicht wissen, was ihr passiert ist. Sie wählt ihre Worte mit großer Vorsicht, im Gespräch nennt sie kaum Details. Man spürt, dass sie Angst hat, erkennbar zu sein, und zugleich, dass sie viel gelesen hat über Gewalt und deren Wirkung. Über den Missbrauch in der Kindheit spricht sie inzwischen, auch öffentlich. Aber was sie als erwachsene Frau erlebte, behält sie für sich.
Als sie anfing, den Missbrauch in ihrer Kindheit aufzuarbeiten, war ihr Sohn längst geboren. Dabei realisierte sie, wie stark ihre eigene Beziehung von Gewalt geprägt war, wie oft ihr Mann sie manipulierte, sie in Situationen brachte, die ihr ausweglos schienen.
"Ich fühlte mich von Anfang an nicht wohl, aber ich dachte, ich müsse das akzeptieren", sagt sie heute. Nach außen wirkte ihr Mann ganz normal, liebenswürdig, er führte "ein absolut durchschnittliches Leben". Aber er wurde grob, wenn es um Sex ging. "Es war sein Muster, Sexualität zu leben. Als würde man einen ganz üblen Pornofilm nachspielen, mitsamt aller Gewalttätigkeit und Demütigung, gegen meinen Willen", sagt Liebig. "Er bekam gar nicht richtig mit, was er da tat."
2. Nur die wenigsten Vergewaltigungen werden erfasst
Angezeigt hat Gabriele Liebig ihren Partner nie. "Mir erschien das sinnlos, damals", sagt sie. Nur 15 Prozent der Frauen in Deutschland gehen der EU-Studie zufolge zur Polizei, wenn ihr Partner gewalttätig wird; 17 Prozent sind es, wenn sie nicht mit dem Täter zusammen sind. Bei vielen Frauen ist Scham der Grund. Einige rechnen sich nur geringe Erfolgschancen aus, andere sagen, sie hätten selbst eine Lösung gefunden oder wollten alleine zurechtkommen.
Offizielle Kriminalstatistiken sind also nur ein Anhaltspunkt - dort kann nur erfasst werden, was auch angezeigt wird. Immer wieder führt die Polizei deswegen Befragungen der Bürgerinnen und Bürger durch, um die Diskrepanz zwischen tatsächlich stattgefundenen und polizeilich erfassten Straftaten zu erfassen. Solche Dunkelfeldstudien wurden für das Jahr 2014 in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern erstellt. Das Ergebnis: Bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist die Dunkelziffer erschreckend hoch.
Zum Vergleich: In Niedersachsen wurden 2014 etwa sieben Prozent der Sexualdelikte angezeigt - aber 94 Prozent der Autodiebstähle.
3. In den meisten Fällen kennen sich Opfer und Täter
77 Prozent der von sexueller Gewalt betroffenen Frauen sagten in der EU-Umfrage, der Täter sei ihnen bekannt gewesen. Mehr noch: Oft sind sie sogar, wie Gabriele Liebig, mit ihm zusammen oder verheiratet. Viele Opfer wollen ihre Familie oder ihr soziales Umfeld schützen, einige gestehen sich selbst nicht ein, dass ihnen Straftaten angetan wurden. "Gerade bei Partnergewalt versuchen Frauen, die Vorfälle nicht als Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung abzuspeichern. Fragt man sie dann aber, ob sie erzwungene oder ungewollte sexuelle Handlungen erlebt haben, sagen sehr viele ja", sagt die Sozialwissenschaftlerin Schröttle.
Meistens ist es also nicht so, dass der Vergewaltiger im dunklen Parkhaus einem willkürlichen Opfer auflauert, sondern es ist zum Beispiel der Partner, ein Freund, eine Bekanntschaft aus dem Club, zu Hause, in der eigenen Wohnung. Von den 7345 Vergewaltigungen, die im Jahr 2014 bei der Polizei angezeigt wurden, spielte sich gerade einmal ein Fünftel überfallartig in der Öffentlichkeit ab.
Nina Fuchs war insofern eine Ausnahme, aber sie fühlt sich nicht als solche. In ihrem Bekanntenkreis vermuten viele, schon einmal K.-o.-Tropfen erwischt zu haben, auch Männer. Nur: Meistens ging es gut aus, sie waren benommen, wie gelähmt, Freunde brachten sie aber einfach nach Hause. "Die Polizei bekommt so was ja gar nicht mit. Deswegen wollten mir die Beamten erst einmal weismachen, K.-o.-Tropfen seien ein reines Medien-Phänomen. Sie sagten, ich hätte wohl einfach nur zu viel gesoffen", erzählt Fuchs. Dabei kannte sie ihre Grenzen, sie geht öfter feiern, und früher war sie auch gerne alleine unterwegs. Sie sagt das mit fester Stimme, und so, als hätte sie es schon oft betont. Sie sagt aber auch: "Frauen können nicht alleine weggehen, einfach nur, weil sie Frauen sind."
Welche Frauen es trifft - und wie man Täter erkennen kann
4. Sexuelle Gewalt trifft unterschiedliche Frauen - unabhängig von Alter oder Bildung
Sexuelle Gewalt passiert jeden Tag und es kann jede Frau treffen. Die Gefahr sinkt zwar mit dem Alter - aber nicht besonders stark. Vor allem, wenn der Täter der eigene Partner ist.
Auch andere Merkmale wie Bildungsgrad, Einkommen, Beruf oder Wohnort haben für Frauen wenig Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, zum Opfer zu werden.
Überraschend ist ein weiterer Befund: Frauen mit höherer Bildung geben häufiger an, sexuelle Gewalt zu erfahren, und Frauen in Führungspositionen sprechen öfter davon, sexuelle Belästigung erlebt zu haben. Das könnte daran liegen, dass sie eher potenziell gefährlichen Situationen ausgesetzt sind, etwa Geschäftsreisen. Gleichzeitig, sagt die Wissenschaftlerin Schröttle, ist es womöglich aber auch so: Frauen mit höherer Bildung sind eher sensibilisiert, können entsprechende Erlebnisse vielleicht eher reflektieren und deshalb eher darüber sprechen.
5. Vergewaltiger gibt es in allen sozialen Schichten
Ähnlich wie bei den Opfern lässt sich auch bei den Tätern kein entscheidendes Merkmal festmachen. Vergewaltiger gibt es in allen sozialen Schichten und allen Bevölkerungsgruppen. "Sexualstraftäter sind nicht anders als alle anderen Menschen, und sie sind auch nicht alle pathologische Persönlichkeiten", sagt Monika Schröttle. "Man erkennt sie nicht, und das ist nicht beruhigend." Was es durchaus gibt, sind Verhaltensmuster. Doch die zu erforschen, ist schwierig. "Gewalttäter orientieren sich oft an traditionellen Bildern von Männlichkeit", sagt die Soziologin."Viele sind narzisstisch. Aber das sind zum Beispiel auch viele Chefs."
Die Täter, halten die Forscher der EU-Untersuchung fest, sind in 98 Prozent der Fälle Männer. "Trotzdem: Es ist nicht richtig, alle Männer unter Generalverdacht zu stellen. Denn die Mehrheit wird ja nicht zum Täter", sagt Monika Schröttle.
6. Von sexueller Belästigung zu sexueller Gewalt ist es nicht weit
Am häufigsten kommen Übergriffe vor, die nicht strafrechtlich relevant sind. Jede zweite Frau wurde schon mindestens einmal sexuell belästigt. Das heißt: Ihr wiederholtes Nein zu einem Date wurde nicht akzeptiert, sie wurde mit anzüglichen Witzen bedacht, angestarrt, bekam ohne Aufforderung Nacktbilder geschickt oder wurde gegen ihren Willen angefasst. Die EU-Untersuchung ergab: In einer Gesellschaft mit vielen Fällen sexueller Belästigung gibt es auch viele Vergewaltigungen, in Schweden etwa sind beide Werte hoch. "Die Übergänge sind fließend", sagt Monika Schröttle, "im öffentlichen Raum, aber vor allem innerhalb von Paarbeziehungen."
In Gesellschaften, in denen obszöne, beleidigende Kommentare toleriert werden, kommt es also wahrscheinlich häufiger zu sexueller Gewalt. Andererseits könnte die Korrelation von Belästigung und Gewalt auch so zusammenhängen: Es ist einfacher, von schweren Übergriffen in einer Beziehung oder im Freundeskreis zu berichten, wenn in der Gesellschaft ohnehin bereits kritisch über das Thema Belästigung gesprochen wird.
Gabriele Liebig findet, dass sich einiges gebessert hat, seit sie Anfang 20 war, seit der Zeit also, als der Mann sie vergewaltigte, mit dem sie damals kurzzeitig zusammen war. Zwar wird sexuelle Gewalt immer noch tabuisiert. "Aber so massiv, wie wir das vor dreißig Jahren erlebt haben, ist es nicht mehr", sagt sie. "Damals waren die Männer noch deutlicher dem Zwang ausgesetzt, immer stark zu sein. Anmache und Abwertung waren üblich, und über Sexualität konnte man gar nicht sprechen oder nur anzüglich." Was ihr passierte, erzählte sie niemandem. "Das hätte sofort im gemeinsamen Freundeskreis die Runde gemacht." Liebig ist sich sicher, dass niemand sich auf ihre Seite gestellt hätte. Nicht einmal die Frauen.
7. Sexueller Missbrauch in der Kindheit erhöht die Wahrscheinlichkeit, wieder Opfer zu werden
Etwa ein Drittel der Frauen, die als Erwachsene in einer Beziehung zum Opfer sexueller Gewalt werden, haben auch als Kinder schon sexuelle Gewalt erlebt. So wie Gabriele Liebig. Gerade weil sie im Vorschulalter missbraucht wurde, war sie sich sicher, keinen Mann lange bei sich halten zu können. Sie sei in ihrer Partnerwahl "eingeschränkt" gewesen, sagt sie. Immer wieder scheiterten ihre Beziehungen, sie hatte das Gefühl, keine wirkliche Nähe zuzulassen, keine "Heimeligkeit" herstellen zu können. Dabei wollte sie unbedingt Kinder haben. Und zugleich wusste sie, dass sie aus gesundheitlichen Gründen weniger Zeit hatte als andere. "Weil ich so unter Druck stand, einen Partner zu finden, war ich weniger kritisch, als ich es heute wäre", sagt sie. Und man müsse es ja auch so sehen: Über so etwas wie Einvernehmlichkeit sprach man früher nicht, Gewalt in einer Beziehung war lange gesellschaftskonform.
"Frauen mit Gewalterfahrungen in der Kindheit haben im Erwachsenenalter dann meist Schwierigkeiten, Grenzen zu setzen", sagt Monika Schröttle, wobei klar sein müsse, dass die Frauen deshalb mitnichten selbst schuld sind. "Täter scheinen sich diese Frauen und ihre Unsicherheit geradezu auszusuchen."
ÜberLeben Desolate Jugend
Desolate Jugend
"Meine Geburt war verantwortungslos"
Die Jugend von Hanna Frey ist von Gewalt, Leid und Angst geprägt. Einen Ausweg findet sie erst, als sie selbst Mutter wird. Serie "ÜberLeben"
Nach und nach erfuhr Liebig, dass auch ihr Mann als Kind sexuell missbraucht wurde, von einer Frau. Für sie ist das der Grund, dass Sexualität mit ihm sich immer anfühlte wie eine Nötigung. Die Gesellschaft, sagt sie, müsse endlich begreifen, dass Männer auch Opfer sein können.
Betroffene sagen: Wer als kleiner Junge missbraucht oder misshandelt wird, der wird als Erwachsener eher zum Täter. Soziologin Monika Schröttle sagt: So genau wisse man das nicht. Es gebe zahlreiche Gegenbeispiele, und noch lange ist nicht alles erforscht. "Aber man sieht durchaus Tendenzen in der Sozialisation, die Jungen das Gefühl geben: Du darfst auf keinen Fall Opfer bleiben. Sonst bist du kein richtiger Mann."
Die Männer, die Nina Fuchs beim Weggehen überfielen, wurden nie gefunden. Die Männer, die Gabriele Liebig wieder und wieder Gewalt zufügten, wurden nie angezeigt. Beide können über ihre Erlebnisse heute reden. Aber sie sind nur zwei von vielen.
http://www.sueddeutsche.de/panorama/verg...ewalt-1.2937498
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
K.o.-Tropfen: Ein Opfer spricht über seinen Leidensweg
von Katrin Bohlmann
Das Klassentreffen in ihrer niedersächsischen Heimat vor 20 Jahren endete für Petra Glueck fast tödlich. Die heute 55-Jährige wurde mit K.o.-Tropfen betäubt, wehrlos gemacht und vergewaltigt. Zwei ehemalige Klassenkameraden waren es, davon ist sie überzeugt. "Wir hatten ein ganz tolles Klassentreffen, wir hatten ganz viel Spaß, wie das so üblich ist, wenn man sich nach zwei Jahrzehnten wiedersieht", erzählt Petra Glueck.
"Ich weiß noch genau: Ich hatte ein Glas in der Hand, habe daraus getrunken und es wieder abgesetzt. Das war ein Weinglas, davon habe ich nur sehr wenig getrunken. Sie schildert, dass sie sich anschließend mit einem Mitschüler unterhalten habe. "Der hat mir eine Frage gestellt - und dann habe ich irgendwie die Antwort schon gar nicht mehr mitbekommen."
"Ein furchtbares Gefühl"
Zwei Männer brachten Petra Glueck mit einem Taxi zur ihr nach Hause, kochten einen Tee, der offenbar mit K.o.-Tropfen versehen war. Die mutmaßlichen Täter sollen sie schließlich vergewaltigt haben, wie Petra Glueck später rekonstruiert. Genau daran erinnern kann sie sich nicht mehr. Die damals 35-Jährige wachte Stunden später langsam auf. "Mir war übel und ich hatte wahnsinnige Kopfschmerzen", berichtet sie.
"Ich war nicht mehr ich"
"Es war gleich ein ganz furchtbares Gefühl in mir, dass da etwas mit mir passiert ist, dass irgendetwas nicht mit mir stimmt", erinnert sie sich an die Situation. Sie konnte sich nicht artikulieren, nichts machen. "Ich war nicht mehr ich. Ich dachte, ich sterbe." Die Männer waren zu dem Zeitpunkt noch in Petra Gluecks Wohnung. Als sie verwirrt aufwachte, lag ihr Kopf an der Schulter des einen Mannes. Sie entschuldigte sich, dass sie eingeschlafen sei. Die Männer lächelten, verabschiedeten sich und gingen.
Filmriss – dann die erschütternde Erkenntnis
Petra Glueck schleppte sich mit letzter Kraft ins Badezimmer und blickte in den Spiegel. Sie sackte dabei immer wieder zusammen. "Ich sah meine Augen, das waren nicht meine Augen. Das war ich nicht, die mich da anguckte", erinnert sich die kleine, selbstbewusste Frau. "Meine Bluse war nicht richtig zugeknöpft. Und ich bin eine ganz ordentliche Person. Ich habe dann meine Strumpfhose ausgezogen, die hatte überall Löcher." Sie stellte dann plötzlich blaue Flecken an ihren Körper fest. "Ich habe meine Hose heruntergezogen - und die Hose war nass. Dann habe ich gemerkt, was ich überhaupt für Schmerzen habe. Aber dann kam die Erkenntnis, dass die mich vergewaltigt haben. Das hat mich weggepustet", sagt Petra Glueck, die seit 2016 mit dem Weißen Ring kooperiert.
Haut im heißen Wasser verbrannt
Daraufhin zeigte sie ein typisches Opferverhalten, wie es Experten in solchen Fällen beschreiben. Sie zog sich aus, legte sich in die heiße Badewanne. "Ich verbrannte mich dabei, so heiß war das Wasser." Sie erbrach, schlief ein. "Das ging über Stunden so. Irgendwann habe ich angefangen, mir die verbrannte Haut abzuschrubben. Da fühlte ich mich einfach besser", erzählt sie heute.
Typisches Opferverhalten: Scham- und Schuldgefühle
18 Jahre hat Petra Glueck geschwiegen - aus Scham. Sie vernichtete damals alle Beweismittel, schmiss die Klamotten weg, ging nicht zum Arzt, erstattete keine Anzeige. Der Tathergang blieb damit ungeklärt. Sie verließ ihre Familie, gab ihren als Job erfolgreiche Geschäftsfrau auf. Sie wurde krank. Psychisch und physisch. Sie hatte Selbstmordgedanken. "Ich habe alles versiegelt, alles gedeckelt. Von dem Tag an habe ich kein Leben mehr gehabt", erzählt sie. Als die Schmerzen im Laufe der Jahre immer schlimmer wurden, machte sie eine Therapie. Die Diagnose: Posttraumatische Belastungsstörung. In einer Klinik konnten Fachärzte ihr helfen. Dass Petra Glueck psychisch krank sein sollte, konnte sie zuerst überhaupt nicht verarbeiten. "Niemand hat von mir etwas erfahren." Außenstehenden erzählte sie, dass sie wegen eines Bandscheibenvorfalls in die Klinik müsse.
18 Jahre seelische und körperliche Schmerzen
Was sind K.o.-Tropfen?
Unter K.o.-Tropfen werden verschiedene Substanzen zusammengefasst, die anderen Personen unbemerkt verabreicht werden. Die Opfer werden damit wehrlos gemacht. K.o.-Tropfen haben eine narkotisierende Wirkung. Sie gelten als Partydroge und sind geruch- und farblos.
Sie lassen sich nur nach Einnahme bis zu sechs Stunden im Blut und bis zu zwölf Stunden im Urin nachweisen. Ihre heimliche Verabreichung ist strafbar. Der Straftatbestand: gefährliche Körperverletzung.
Petra Glueck ist ein K.o.-Tropfen-Opfer von vielen. Wie viele es tatsächlich sind, kann die Polizei nicht erfassen. "Das Thema ist aber nach wie vor in der kriminalpolizeilichen Arbeit aktuell", sagt Jana Maring, Pressesprecherin des Landeskriminalamtes in Kiel. "Es muss davon ausgegangen werden, dass eine Vielzahl von Taten auf Grund von Schamgefühlen nicht zur Anzeige gebracht werden."
Die Dunkelziffer sei enorm hoch, bestätigt Catharina Strutz-Hauch vom Frauennotruf Lübeck. Die Sozialtherapeutin hilft weiblichen Opfern seit zehn Jahren. "Für K.o.-Tropfen gilt, dass dieses Delikt im nahen sozialen Umfeld stattfindet. Das heißt, es wird von jemand ausgeübt, zu dem die Frauen Vertrauen haben, mit dem sie befreundet sind. Dieses Vertrauen wird missbraucht und die Situation dann ausgenutzt", erklärt Traumaberaterin Catharina Strutz-Hauch.
Frauen und Männer jeden Alters sind Opfer von K.o.-Tropfen
Längst sind K.o.-Tropfen nicht nur eine tödliche Gefahr für junge Mädchen in Diskotheken. Frauen und Männer jedes Alters werden immer wieder damit ausgeknockt, dann vergewaltigt oder ausgeraubt. Detlev Hardt vom Weißen Ring Lübeck sagt: "Wir ermuntern alle Opfer, auch wenn sie keine Opfer von K.o.-Tropfen sind, aber meinen, Opfer einer Straftat geworden zu sein, sich sehr schnell an die Polizei zu wenden, sehr schnell in die Klinik zu fahren und natürlich den Weißen Ring in Anspruch zu nehmen." Hardt appelliert, in Diskotheken und auf privaten Partys sehr vorsichtig und misstrauisch zu sein. Der Weiße Ring hilft Opfern von Straftaten, aber auch ihren Angehörigen finanziell, vermittelt Anwälte, Ärzte und Therapeuten.
Kieler Landesregierung hat "vertrauliche Spurensicherung" verbessert
Um den Opfern von K.o.-Tropfen zu helfen, hat die Landesregierung das kostenfreie Angebot der ärztlichen Sicherung von Tatspuren ohne Strafanzeige verbessert. "Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt können sich - ohne Strafanzeige bei der Polizei - bei den Instituten für Rechtsmedizin des UKSH und UKE melden, damit ihre Gewaltspuren vertraulich und gerichtsfest gesichert und asserviert werden", teilt das Schleswig-Holsteinische Sozialministerium mit. So können die Opfer auch später noch Anzeige erstatten.
Beteiligt bei der vertraulichen Spurensicherung sind:
das UKE Hamburg für das südliche Schleswig-Holstein (Kreise Dithmarschen, Steinburg, Pinneberg, Segeberg, Stormarn und Herzogtum-Lauenburg)
das UKSH für den Nordbereich (die kreisfreien Städte Kiel, Neumünster, Lübeck, Flensburg und an die Kreise Ostholstein, Plön, Rendsburg-Eckernförde, Nordfriesland und Schleswig-Flensburg)
Das Buch zur Geschichte von Petra Glück
Das Buch von Petra Glück. "K.O.-NO !!! Pass auf dich auf" © Lonniegraphie Fotograf:
Lonniegraphie Schonungslos offen berichtet Petra Glück in ihrem Buch über ihren Leidensweg.
Das K.o.-Tropfen-Opfer Petra Glueck fühlt sich heute gesund. Sie hat ein Buch über ihre Geschichte geschrieben. Die Schleswig-Holsteinerin will aufklären und andere warnen. Dieses Jahr - nach 40 Jahren - ist wieder ein Klassentreffen in der niedersächsischen Kleinstadt, deren Namen sie nicht nennen will. Petra Glueck geht hin. Ein mutmaßlicher Täter ist mittlerweile gestorben, weiß sie. Der andere könnte kommen. Sie will ihrem Peinigern in die Augen schauen – um ihm zu zeigen: "Ich weiß alles - Du bekommst mich nicht klein."
Anmerkung der Redaktion: NDR.de kann die Geschichte von Petra Glueck nicht verifizieren, weil es keine Zeugen, keine Beweise gibt. Sie hat ihr Leiden therapeutisch aufgearbeitet.
http://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-...serring186.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Beratungsstelle Frauennotruf Frankfurt
Jede Vergewaltigung ist ein Notfall
25.05.2016
Mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion macht die Beratungsstelle Frauennotruf auf ein oft tabuisiertes Thema aufmerksam: Vergewaltigungen. Plakate machen darauf aufmerksam, dass jede Vergewaltigung ein medizinischer Notfall ist – und das Opfer im Krankenhaus Hilfe erhält.
Von Freitag an hängen Plakate wie dieses hier in der Stadt. Sie sollen Opfern Mut machen, sofort ein Krankenhaus aufzusuchen. Von Freitag an hängen Plakate wie dieses hier in der Stadt. Sie sollen Opfern Mut machen, sofort ein Krankenhaus aufzusuchen.
Frankfurt.
Mit der Plakatkampagne „Jede Vergewaltigung ist ein medizinischer Notfall. Im Krankenhaus erhalten Sie Hilfe“ möchte die Beratungsstelle Frauennotruf Frankfurt im Zeitraum 27. Mai bis 6. Juni sowie 17. Juni bis 27. Juni erneut im Frankfurter Stadtgebiet für die Möglichkeit der medizinischen Hilfe nach einer Vergewaltigung in Frankfurter Kliniken sensibilisieren. Die Plakatkampagne wird durch Mittel des Frauenreferats der Stadt Frankfurt am Main realisiert.
Seit der Einführung des Modells „Soforthilfe nach Vergewaltigung“ im Jahr 2013 steht in Frankfurt eine medizinische Versorgungsstruktur zur Verfügung, die es erlaubt, in sieben Kliniken medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, ohne dass zuvor eine Anzeige bei der Polizei erfolgt ist. Bis Ende 2015 ließen sich insgesamt 92 Frauen in den teilnehmenden Frankfurter Kliniken akut versorgen. In 2016 nahmen bereits 13 weitere Frauen das Angebot in Anspruch.
„Unsere Plakate werben dafür, nach einer Vergewaltigung ins Krankenhaus zu gehen, um sich medizinisch versorgen zu lassen“, so Angela Wagner von der Beratungsstelle Frauennotruf. „Wichtig ist vor allem, dass die Frankfurter Öffentlichkeit die Versorgungsstruktur kennt und im Ernstfall betroffenen Frauen zu diesem Schritt raten können. Die Worte Vergewaltigung und Krankenhaus sollen sich einprägen. Deshalb müssen wir immer wieder auf die Initiative hinweisen und das Thema visualisieren.“
Ist ein Notfall gegeben, raten die angeschlossenen Kliniken dazu, telefonisch einen Termin mit der Frauenklinik zu vereinbaren. So wird gewährleistet, dass es nicht zu längeren Wartezeiten kommt. Wer ohne Termin in die Klinik geht, sollte in der Notaufnahme mit dem Satz „Ich brauche dringend einen Termin mit einer Gynäkologin“ auf sich aufmerksam machen. Das geschulte Personal weiß dann genau, warum die Frau in der Notaufnahme ist, und geleitet sie schnellstmöglich in die entsprechende Abteilung. Auf Wunsch der Frauen sichern die Kliniken Beweisspuren der Tat, die dann im Rechtsmedizinischen Institut für ein Jahr eingelagert werden. Entschließt sich eine Frau innerhalb von zwölf Monaten dazu, die Tat zur Anzeige zu bringen, steht das Material zur Verfügung.
Das Projekt stößt auch im Rhein- Main-Gebiet auf großes Interesse, Offenbach, Darmstadt, der Wetteraukreis, Hanau und der Main Kinzig Kreis haben das Modell übernommen, weitere Landkreise sind in der Planungsphase. Die Beratungsstelle „Frauennotruf Frankfurt“ hilft Frauen und Mädchen, die von sexualisierter oder körperlicher Gewalt bedroht oder betroffen sind. Sie bietet umfassende Beratung, Hilfe in der Krise und unterstützt bei der Klärung und Bewältigung.
Weitere Infos und wichtige Fragen zum Ablauf der medizinischen Soforthilfe nach einer Vergewaltigung sowie die Kontaktdaten liefert die Internetseite http://www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de
http://www.fnp.de/lokales/frankfurt/Jede...;art675,2026959
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
K.O.-Tropfen
Mitreißender Bericht: Frauen erzählen, wie sie eine Vergewaltigung verhindern konnten
Drei Freundinnen gehen essen und bemerken einen verdächtigen Mann. Was dann passiert, lässt einem beim Lesen die Haare zu Berge stehen.
Einschreiten: Diese Frauen haben es getan
Monika, Marla und Sonia: Drei Freundinnen, die sich auf ein paar Drinks verabredet haben, einfach einen netten Abend gemeinsam erleben möchten - und plötzlich mitten in ein abscheuliches Verbrechen gezogen wurden. Auf Facebook berichten die drei, was genau sich zugetragen hat - und ihre Zusammenfassung ist erschütternd.
Sonia berichtet, wie sie gerade eine lustige Bemerkung machte, als ihr auffiel, dass Monica plötzlich die Gesichtszüge beim Blick auf den Nebentisch entgleisten, von dem kurz zuvor eine Frau aufgestanden und auf Toilette gegangen war:
"Der Typ hat ihr gerade was ins Glas gepackt"
"Ich hielt inne. 'Was ist los?'. Nach ein paar Sekunden sagte sie: "Der Kerl hat ihr gerade was in den Drink gekippt".
Das "Fig" ist ein schönes Restaurant. Wir hatten eine Feinkostplatte und ein paar edle Käsestücke bestellt, diese Art von Laden. Die beiden hatten sich eine Flasche Wein geteilt, sie sahen aus, als ob sie auf ihrem zweiten oder dritten Date waren."
Die Beschreibung Monica lässt keinen Zweifel daran, was passiert ist:
"Er zog ihr Glas zu sich herüber und packte ein kleines schwarzes Fläschen aus. Er machte es auf, und kippte den Inhalt ins Glas. Danach tat er betont unauffällig so, als würde er auf sein Telefon gucken, während er dezent das Fläschchen in der Hand versteckte und heimlich zurück in die Tasche steckte."
Nach einem kurzen "Oh mein Gott, was machen wir jetzt?"-Moment stand ich auf, um sie auf der Toilette zu finden und es ihr zu sagen. Sie zu warnen. Ihr zu sagen, dass sie diesen widerlichen Typen sofort verlassen muss. Dass er es trinken soll. Irgendwas, halt.
"Hallo - das hier ist seltsam, aber wir haben da was gesehen ... "
"Nachdem ich bei den Waschbecken darauf gewartet hatte, dass sie aus der Kabine kam, ging ich auf sie zu: 'Hey! Das hier ist, ähm, etwas komisch, aber wir haben gesehen, dass der Kerl, mit dem du hier bist, dir was in den Drink getan hat.'
'Oh mein Gott' sagte sie schockiert und total vor den Kopf gestoßen, daher plapperte ich weiter: 'Ja, meine Freundin hat das beobachtet und wir mussten was sagen. (...) Wie gut kennst du den Typen?' Ich hatte damit gerechnet, dass sie ihn gerade kennengelernt hätte, aber ihre Antwort war:
'Das ist einer meiner besten Freunde.'
"Scheiße. Ja. Einer ihrer besten Freunde. Sie kannten sich schon seit über eineinhalb Jahren. Sie arbeiteten zusammen."
Sonia beschreibt, wie sie die verstörte Frau zurück an ihren Tisch begleitet, während ihre Freundin Monica diskret einen Kellner verständigt. Schnellt tauchte der Manager auf und informierte die Frauen, dass der Sicherheitsdienst verständigt war, er aber selbst nicht mehr tun konnte, weil er den Vorgang nicht mit eigenen Augen gesehen hatte.
"Die arme Frau musste noch 40 Minuten sitzenbleiben", beschreibt Sonia den weiteren Abend, "Gegenüber von 'einem ihrer besten Freunde', in dem Wissen, dass er sie unter Drogen setzen wollte. Marla konnte sehen, wie er immer wieder mit ihr anstoßen wollte, damit sie endlich was trinkt. Aber sie blieb cool, oder war einfach noch unter Schock. (...). Irgendwann waren sie fertig mit ihrem Essen.
Es gab eine Verzögerung mit ihrer Rechnung. 'Der Computer ist abgestürzt' sagte der Kellner immer wieder zu ihm - bis endlich die Polizei eintraf. Sie sagten 'Kommen sie mit' und er widersprach nicht einmal. Fragte nicht, wieso. Schien nicht einmal überrascht.
Der Chef des Sicherheitsdienstes kam an unserem Tisch vorbei und sagte, dass sie dank unseres Hinweises die Bilder der Überwachungskameras prüfen konnten, und sie ihn auf Video ertappt hatten. Sie hatten den Beweis, dass er diesem Mädchen Drogen einflössen wollte. Sie beschlagnahmten das Glas als Beweismittel. Sie holten sich von uns eine Zeugenaussage ein.
Wir fragten das Mädchen, ob sie eine Mitfahrgelegenheit nach Hause hätte. Ihre Antwort:
'Mein Auto ist bei ihm zu Hause. Wir sind zusammen hergekommen.'
Es war alles Teil seines Plans. Wir waren entsetzt, und sie stand noch unter Schock."
"Es ist auch mir passiert"
Doch damit war der Abend noch nicht vorbei: Sonia beschreibt, wie im Anschluss mehrere andere Restaurantgäste auf ihre Gruppe zugekommen und sich für den Einsatz bedankt hätten. Viele von ihnen waren entweder selbst Opfer von K.O.-Tropfen geworden, oder hatten eine ähnliche Geschichte in Familie oder Freundeskreis mitbekommen.
Daher haben die drei Freundinnen die Geschichte auf Facebook veröffentlicht - um wieder mehr Aufmerksamkeit auf das Thema K.O.-Tropfen zu lenken.
"Ja, du SOLLST etwas sagen" schließt Sonia ihren Text ab. "Auch, wenn es peinlich oder komisch ist, oder du nicht weißt, ob man wirklich einschreiten sollte."
Darum haben die drei Freundinnen ihren Beitrag mit einem etwas albernen Charlie's-Angels-Bild unterstützt - wohlwissend, dass alberne Fotos auf Facebook mehr Aufmerksamkeit bekommen.
In diesem Fall geht die Geschichte noch mal gut aus - achten wir alle mehr darauf, dass auch in Zukunft niemand mehr Opfer diese üblen Masche werden muss!
http://www.brigitte.de/frauen/gesellscha...tigung-1278924/
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
31.05.2016
AXA und Polizei Köln: App begleitet Frauen nach Hause
Mit der App „WayGuard“ von AXA können sich Frauen durch eine professionelle Leitstelle und private Freunde begleiten lassen. Testfeld mit rund 1.500 Nutzerinnen aus Köln gestartet.
Fast jede Frau hat das mulmige Gefühl schon einmal erlebt, wenn der Weg abends alleine nach Hause durch eine dunkle Straße oder einen menschenleeren Park führt. Der Versicherer AXA testet nun einen Service, mit dem sich Frauen bis zu ihrer Haustür begleiten lassen können.
Während des Weges ist die App „WayGuard“ als Begleiter im Hintergrund immer dabei und gibt das gute Gefühl, nicht allein zu sein. Denn sie erkennt die genaue Position der Nutzerin und übermittelt diese in Echtzeit verschlüsselt an eine ISO-zertifizierte Leitstelle, die im Fall der Fälle gezielt professionelle Hilfe organisiert. Wenn gewünscht, kann sich die Nutzerin über die App auch mit einem privaten Begleiter aus dem Freundes- oder Familienkreis verbinden, der den genauen Aufenthaltsort ebenfalls sieht. Mit ihm kann die Nutzerin zusätzlich chatten oder telefonieren. Ist sie am Ziel angekommen, werden alle Begleiter direkt darüber benachrichtigt.
Sollte es zu einem Notfall kommen, löst der WayGuard zudem ein entscheidendes Problem: „In Gesprächen mit der Polizei Köln haben wir erfahren, dass es vielen Menschen in Notsituationen schwerfällt zu schildern, wo sie sich genau befinden. Mit den GPS-Daten, die wir bei dem Notruf mit übermitteln, wollen wir eine schnellere Koordination der Hilfe unterstützen“, erläutert Michael Bongartz, Leiter Kundenmanagement bei der
AXA Konzern AG.
Die App enthält darüber hinaus spezifische Tipps für Frauen, wenn sie alleine unterwegs sind – zum Beispiel, wie sie ihren Heimweg richtig planen oder aufdringliche Personen abschrecken können. AXA und die Polizei Köln haben die Verhaltenstipps in enger Zusammenarbeit entwickelt. „Sowohl für die Polizei Köln als auch AXA ist Prävention ein äußerst wichtiges Thema – der WayGuard soll ebenso vorbeugend wirken, damit Frauen im Ernstfall richtig reagieren können“, so Wolfgang Baldes vom Kriminalkommissariat für Kriminalprävention und Opferschutz der Polizei Köln.
Testfeld gestartet
Den WayGuard von AXA testen in den nächsten Monaten rund 1.500 Personen aus Köln. Unter anderem bietet AXA Studentinnen der Universität zu Köln die Möglichkeit, am Testfeld teilzunehmen. Darüber hinaus können sich interessierte Frauen ? oder auch andere Interessenten wie Eltern oder Jugendliche ? auf http://www.wayguard.de informieren und sich in den E-Mail-Verteiler eintragen. Sie werden dann benachrichtigt, wenn das Testfeld ausgeweitet oder der WayGuard öffentlich zugänglich wird.
Transactional Business: Kundenlösungen für mehr Sicherheit
Nach smartPARKING von AXA, einer Lösung, die Kunden beim alltäglichen Parkproblem in Innenstädten hilft, ist der WayGuard von AXA der zweite Service aus dem Team Transactional Business. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, neue und innovative Lösungen zu entwickeln, die sich aus direkten Kundengesprächen bzw. Kundenproblemen ergeben und weit über das klassische Versicherungsgeschäft hinausgehen“, erläutert Albert Dahmen, Leiter Transactional Business, den Ansatz des Versicherers.
https://www.axa.de/presse/app-begleitet-frauen-nach-hause
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
4. Juni 2016 | 11.51 Uhr
"Rapeprotector"
Sicherheitsgürtel soll vor Vergewaltigung schützen
Wien. Zwei Jungunternehmer aus Österreich haben einen speziellen Gürtel entwickelt, der Frauen vor sexuellen Übergriffen schützen soll. Auslöser für die Idee seien die Vorkommnisse in der Silvesternacht in Köln gewesen. Experten beurteilen das "Sicherheitsprodukt" jedoch skeptisch. Von Marcel Romahn
Auf der Homepage des Unternehmens, das in Wien angesiedelt ist, wird der sogenannte "Rapeprotector" als widerstandsfähger Schutz für Notlagen in großen Menschenmengen beworben. Mit dem Gürtel sollen sich Frauen laut Produkttext wesentlich sicherer fühlen können.
Der Mechanismus ist simpel: Ein Stahlseil, das durch die Gürtelschlaufen sowie das Knopfloch der Hose gefädelt werden muss, mündet an beiden Enden in ein Verschlusssystem. Dieses könne nur durch Zusammendrücken und gleichzeitiges Herausziehen eines Verbindungsstückes geöffnet oder geschlossen werden. Angeblich sei dadurch das ungewollte Öffnen oder Herunterziehen der Hose umöglich.
"Falsche Sicherheit"
Im Onlineshop des Unternehmes wird das "Sicherheitsprodukt" wie ein modisches Accessoire in mehreren Farben zum Preis von knapp 20 Euro angeboten. Ob diese Investition Frauen jedoch tatsächlich effektiv vor Übergriffen schützen kann, bezweifeln die Experten.
"Von diesen Produkten ist grundsätzlich nicht viel zu halten", sagt Frank Scheulen, Sprecher des Landeskriminalamtes NRW. "Den Menschen wird damit eine falsche Sicherheit vorgegaukelt. Wir bezweifeln, dass so ein Gürtel tatsächlich in einer Notlage den Unterschied machen wird." Ähnlich wie Pfefferspray könnten solche Erfindungen sogar zur Eskalation beitragen, so der LKA-Sprecher.
Viel effektiver als diese angepriesenen Sicherheitsprodukte seien die Verhaltensregeln, die das LKA allen Bürgern auf seiner Homepage empfiehlt. "Dort erklären wir explizit, wie man sich in einer Notlage verhalten muss oder sie vielleicht sogar vermeiden kann", sagt Scheulen.
http://www.rp-online.de/panorama/deutsch...n-aid-1.6016999
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Sicherheit im Nahverkehr
Die eigenen Grenzen verteidigen
Nachts allein unterwegs zu sein, kann gefährlich werden. Viele Frauen sind schon einmal auf der Straße oder in der Bahn belästigt worden. Darauf richtig zu reagieren fällt schwer.
29.06.2016, von THERESA WEISS
Angst-Räume: Auch wenn das Risiko statistisch gesehen gering ist - abends fühlen sich vor allem Frauen an verwaisten Haltepunkten und in leeren Bahnen unbehaglich.
Es geht alles sehr schnell. Eben ist Sarah Neumann aus der S-Bahn gestiegen, hat sich von ihrer Freundin verabschiedet und will den Lokalbahnhof verlassen. Sie hat ein ungutes Gefühl: In der Bahn hat eine Männergruppe sie und ihre Freundin angesprochen. Ob sie ein Paar seien, ob sie sich nicht einmal küssen könnten. Die Freundinnen hatten versucht, die Sprüche zu ignorieren. Als Sarah Neumann um halb ein Uhr morgens an ihrer Station in Sachsenhausen aussteigt, verlassen auch die Männer den Zug. Schnell geht die Siebenundzwanzigjährige zur Rolltreppe. Die Männer folgen ihr.
Plötzlich greift eine Hand in ihre Haare. Ein junger Mann aus der Gruppe zerrt ihren Kopf nach hinten und raunt ihr „Baby, ich fick dich heut noch richtig durch!“ ins Ohr. Erst ist Sarah Neumann wie erstarrt. Dann reißt sie sich panisch los und rennt weg, die Rolltreppe hinauf und über die Straße. Ohne sich umzusehen stürmt sie in eine Kneipe. Dort kann sie erst einmal durchatmen. „Glück gehabt“, wird sie später sagen. Denn obwohl sie Angst hatte und sich vor dem Angreifer geekelt hat, ist ihr nichts Schlimmeres passiert. Das war vor zwei Wochen.
Wie sich Frauen wehren können
Was Sarah Neumann erlebt hat, ist kein Einzelfall. 2015 wurden der Bundespolizei 20 Vorfälle im Frankfurter Nahverkehr gemeldet, bei denen Frauen belästigt, sexuell genötigt, bedroht oder sogar verletzt wurden. Viele Frauen berichten, dass sie sich belästigt fühlten, auch wenn die Angriffe nicht so massiv wie bei Sarah Neumann sind. Beinahe jede Frau hat sich schon Pöbeleien anhören müssen, viele haben über die Jahre „Vermeide-Strategien“ entwickelt. „Im Nahverkehr wie auch auf der Straße nehmen sich Männer mehr raus“, sagt die Leiterin des Frauenvereins für Selbstverteidigung, Susanne Preuße.
Seit mehr als 30 Jahren bringt sie Frauen und Mädchen bei, wie sie sich verteidigen können. Wer sich wehrt, hat gute Chancen auf Erfolg. Viele Angreifer erwarten nicht, dass das Opfer sich zur Wehr setzt, und lassen überrascht ab. Auch für das Selbstwertgefühl sei es wichtig, sagt Preuße. Jeder hat persönliche Grenzen. Wenn ein Angriff oder eine Beleidigung diese Grenze überschreitet, fühlt es sich gut an, etwas entgegenzusetzen. Sich körperlich wehren zu können, ist eine Sache. Aber auch gegen dumme Sprüche etwas zu sagen, hilft, sich sicherer zu fühlen. Preuße sagt: „Frauen sollten sich nicht klein machen.“
Wer nachts allein in den Zügen des Nahverkehrs in Frankfurt unterwegs ist, dem kann es schon einmal mulmig werden. Auch in dieser Nacht wird es an den letzten U-Bahn-Stationen Richtung Norden nach Mitternacht ziemlich einsam. Eine junge Frau mit schwarzen Kringellocken erzählt in der U2, dass sie oft von Männern angemacht werde. „Die Kommentare sind schon echt unangenehm“, sagt sie. „Aber Angst habe ich eigentlich keine. Ich höre immer Musik oder tue so, als ob ich telefoniere, ich ignoriere das.“
Sicherheitskräfte fahren ab 21 Uhr mit
Auch Sarah Neumann, die eigentlich anders heißt, fährt trotz des Angriffs weiter mit Bus und Bahn. „Ich habe nicht mehr Angst als früher“, sagt sie. „Schon vorher mochte ich es nicht, eine große Männergruppe nachts im Nahverkehr zu treffen, ich habe schon immer Abstand gehalten.“ Durch den Vorfall ändert sie deshalb ihr Verhalten nicht. Sich verschreckt zu verkriechen kommt nicht in Frage. Auch ein Pfefferspray würde sie nie benutzen: „Schon allein deshalb nicht, weil es nach hinten losgehen kann.“
Wachleute der Verkehrsgesellschaft sollen das Sicherheitsgefühl verbessern.
Neumann hat auch nicht vor, einen Selbstverteidigungskurs zu besuchen. „Bei einer größeren Männergruppe hast du eh keine Chance“, sagt sie und zuckt mit den Schultern. Größere Gruppen von Betrunkenen seien die einzige echte Bedrohung. Das scheint zu stimmen: Die meisten, die nachts im Nahverkehr unterwegs sind, sehen unauffällig aus. Da ist ein Banker, der nach Hause fährt. Ein müde aussehender Mann mit Schirmmütze, der vielleicht von seiner Schicht kommt. Und ein junger Kerl mit Kopfhörern, der zum Takt der Musik mit dem Fuß wippt.
Die eigenen Grenzen verteidigen
Ein besseres Gefühl geben vielen Frauen die Sicherheitskräfte, die in S- und U-Bahnen nach 21 Uhr mitfahren. Die Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) lässt die U-Bahnen von je zwei Mitarbeiter stichprobenartig kontrollieren, in den Zügen der Deutschen Bahn fahren abends im ersten Abteil immer Sicherheitskräfte mit. Ein Mitarbeiter der VGF berichtet, dass er schon einige gefährliche Situationen beobachtet habe. „Meinungsverschiedenheiten“, wie er es nennt.
„Jedes Delikt anzeigen“
Speziell gegen Frauen richteten sich die Angriffe selten. „Aber man muss psychisch und physisch immer bereit sein“, fügt sein Kollege hinzu. Deswegen bekommen die Sicherheitskräfte eine spezielle Ausbildung. „Es macht einen großen Unterschied, wie man in eine Situation reingeht. Ist man aggressiv, kann es schnell aus dem Ruder laufen“, sagt der Mitarbeiter. Mit viel Fingerspitzengefühl versuchen die Sicherheitskräfte deswegen, Konflikte zu entschärfen. „Einmal hat ein Pärchen sich unglaublich gestritten, der Mann hat das Handy der Frau gegen die Wand geschleudert. Die Kollegen konnten aber schlichten“, erinnert sich der Sicherheitsmann.
Der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) rät, jedes Delikt anzuzeigen. Die Fahrzeuge würden alle mit Kameras überwacht, Täter könne man deshalb gut identifizieren. Den Schritt zur Polizei oder zur Beschwerdestelle des RMV muss die Betroffene jedoch selbst gehen. „Derzeit liegt keine einzige Meldung zu Übergriffen auf Frauen bei uns vor“, sagt eine Sprecherin des RMV.
Mit Rollenspielen richtig reagieren lernen
In den Bahnhöfen, U-Bahn-Stationen und Zügen scheint das Sicherheitskonzept der Verkehrsbetriebe zu greifen. „Im Zug habe ich nie Angst“, sagt eine Frau mit Sommersprossen und blondem Zopf. Sie sei oft nachts unterwegs, auf dem Heimweg von der Arbeit. „Bisher bin ich immer gut angekommen.“ Nur auf dem letzten Stück zu Fuß fühle sie sich unsicher. „Da telefoniere ich dann immer mit jemandem“, sagt sie. Der Fußweg durch dunkle Straßen zieht Angreifer eher an als die gut beleuchteten und bewachten Verkehrsmittel.
In Frankfurt engagiert sich seit 1996 der Präventionsrat gegen Gewalt im öffentlichen Raum. Es werden auch Kurse angeboten, in denen Frauen und Männer lernen können, in gefährlichen Situationen richtig zu reagieren. Mit Hilfe von Rollenspielen eignen sie sich Strategien an, wie sie Hilfe holen und Gefahr aus dem Weg gehen können. Klaus-Dieter Strittmatter, Geschäftsführer des Präventionsrats, glaubt nicht, dass im Nahverkehr mehr Straftaten geschehen als anderswo. Betroffene sollten trotzdem die Taten anzeigen und versuchen, Öffentlichkeit herzustellen, rät er.
„Pauschalisierungen sind unpassend“
Wenn eine Betroffene nach einem Angriff von Angst, Scham oder Wut überwältigt wird, kann eine Beratung helfen. Im „Zentrum für Frauen“ etwa können Opfer mit Psychologinnen über ihre Erlebnisse sprechen und sich Rat holen. Der Leiterin des Zentrums, Kirsten Langmaack, ist wichtig, niemandem etwas aufzuzwingen. „Pauschalisierungen sind unpassend. Nicht für jede Frau ist der Gang zur Polizei eine gute Idee, und nicht alle brauchen eine Beratung nach einem Übergriff.“
Sarah Neumann ärgert sich inzwischen, dass sie die Tat nicht angezeigt hat. „Dass ich in dem Moment nicht zurückgeschrien habe, dass ich einfach weggerannt bin, das ärgert mich“, sagt die Frankfurterin. Die eigene Ohnmacht und die Verletzung der Privatsphäre verunsichern und entrüsten. Trotzdem: Neumann fühlt sich noch immer sicher in Frankfurt und lässt sich nicht einschüchtern.
http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/is...t-14314181.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Elf Frauen lassen nach Vergewaltigung Spuren sichern
Wetteraukreis (bf). Für manche Frauen ist die Hemmschwelle groß, nach einer Vergewaltigung zur Polizei zu gehen – etwa wenn der Täter zur Familie gehört. Im Bad Nauheimer Hochwaldkrankenhaus können sich vergewaltigte Frauen seit Herbst 2015 vertraulich und kostenfrei medizinisch behandeln lassen.
Zwölf Frauen zwischen 15 und 55 Jahren haben das bislang getan. Elf ließen dabei Spuren sichern, die in möglichen Gerichtsverfahren wichtig werden könnten.
Ein interdisziplinär arbeitender Arbeitskreis hatte das Projekt »Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung« für den Wetteraukreis initiiert. Darin engagierten sich Vertreter des Kreises, der Polizei, einer Rechtsanwaltskanzlei und des Frauen-Notrufs, der das Projekt mittlerweile alleine betreut. Im Jahresbericht wurden nun die ersten Zahlen veröffentlicht. Demnach hatten sich bis auf eine Frau alle Betroffenen entschieden, Spuren der Vergewaltigung sichern zu lassen. Die Befunde werden nach dem Vorfall für ein Jahr lang in der Rechtsmedizin in Gießen aufbewahrt. In dieser Zeit können die Frauen Strafanzeige stellen, ohne dass sie auf wichtige Beweismittel verzichten müssen. In den sogenannten Kits-Kästen werden unter anderem Abstrichröhrchen und Plastiktüten sowie die Fragebögen aufbewahrt, die bei der Spurensicherung ausgefüllt werden. Für die Kosten kommen bislang Sponsoren auf.
Kaum Strafanzeigen
»Die Hemmschwelle, nach einer Vergewaltigung zur Polizei zu gehen, ist meistens groß«, hatte die Rechtsanwältin Dr. Maike Koch, Mitglied des Arbeitskreises, bei der Vorstellung im November in der WZ erklärt. Die nun vorgelegten Zahlen des Frauen-Notrufs sprechen dafür: Nur ein Drittel der Betroffenen hatte vor der Untersuchung im Krankenhaus Anzeige erstattet, ist im Bericht zu lesen.
Die meisten Opfer kannten ihren Vergewaltiger und der Tatort befand sich im privaten Umfeld, so die Erkenntnisse der Autoren. Meist sei der Täter ein Bekannter, der die Privatheit ausnutze. Ein Viertel der betroffenen Frauen sei kognitiv und/oder psychisch beeinträchtigt gewesen. Einen Migrationshintergrund hätten 17 Prozent der Frauen.
Die Situation geflüchteter Frauen und Mädchen bildet einen weiteren Schwerpunkt des Jahresberichts 2015 des Frauen-Notruf. Viele hätten ihr Heimatland wegen Unterdrückung und Verfolgung verlassen müssen, wegen Vergewaltigungen, Genitalverstümmelungen oder Witwenverbrennung, die in Nordindien bis heute vorkommt.
»Häufig finden sie an ihrem Zufluchtsort Bedingungen vor, die ihrem Bedürfnis nach Sicherheit nicht entsprechen«, heißt es in einer Mitteilung des Frauen-Notrufs. Auch in den meist überfüllten, von Frauen und Männern gemeinsam bewohnten Unterkünften, würden Frauen und Mädchen nicht selten erneut Gewalt erfahren.
Um den Bericht einer größeren Leserschaft verständlich zu machen, wurde er in vereinfachter Sprache geschrieben. Der Frauen-Notruf will, dass sein Beratungs- und Unterstützungsangebot auch von geflüchteten Frauen in Anspruch genommen werden kann. Außerdem macht sich der Verein gemeinsam mit anderen Fachkräften dafür stark, dass geflüchtete Frauen auch in Sammelunterkünften Schutz vor Gewalt erhalten. Den Flüchtlingshelfern wolle man kompetente Unterstützung bei allen Fragen zu aktuell oder in der Vergangenheit erlebter Gewalt gegen Frauen und Mädchen anbieten.
Ausführliche Informationen über die finanzielle Situation des Frauen-Notrufs, seine Beratungs-, Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Vernetzung und Kooperation mit anderen Facheinrichtungen und Institutionen sind ebenfalls im Jahresbericht nachzulesen. Zu finden ist er auf der Homepage http://www.frauen-notruf-wetterau.de.
Der Frauen-Notruf hat seine Beratungsstelle in Nidda, Hinter dem Brauhaus 9, und ist täglich von 9:00 – 13:00 Uhr sowie mittwochs von 15:00 – 19:00 Uhr erreichbar. Auf Absprache können Beratungen auch außerhalb der Öffnungszeiten und andernorts erfolgen. Kontakt: Tel: 06043-4471 oder info@frauennotruf-wetterau.de.
http://www.wetterauer-zeitung.de/Home/Kr..._pageid,80.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
So lernen Frauen, sich selbst zu verteidigen
Wie können sich Frauen sicherer fühlen? Und wie sich im Falle eines Angriffs erfolgreich wehren? stern TV hat drei junge Frauen in ein Selbstverteidigungs-Training geschickt. Doch zuvor mussten sie zeigen, wie sie bisher reagieren würden - ohne das sie das erwartet hatten.
STERN TV-BEITRAG VOM 17.08.2016
So können sich Frauen gegen Angreifer wehren
Video (10:37 Min.)
Der Verkauf von Pfeffersprays boomt, Selbstverteidigungskurse werden immer beliebter – und das nicht erst seit den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht. Viele Frauen fragen sich seit jeher: Wie kann ich mich im Falle eines Angriffs erfolgreich wehren? stern TV hat drei Frauen auf einen "Überfall-Parcours" durch die Stadt geschickt. Simone Marenzzi (51 Jahre) und ihre Tochter Gina (20 Jahre), sowie Svenja Theißen (19 Jahre) haben an dem Experiment freiwillig teilgenommen. Sie wollen lernen, sich selbst zu verteidigen und sich in potenziellen Angriffssituationen befreien zu können.
"Wenn ich alleine im Dunkeln unterwegs bin oder nachts in der Tiefgarage, dann fühle ich mich schon nicht so wohl", sagt Gina Marenzzi. Auch ihre Mutter kennt diese diffuse Angst – zum einen um ihre eigene Tochter, sie aber auch selbst vor einer Vergewaltigung: "Das hört man ja immer wieder. Und das ist das Schlimmste, was einem passieren kann, was man im Leben nie wieder vergessen könnte. Dagegen würde ich mich gerne schützen können."
Für den ersten Test, wie es um die bisherigen Fähigkeiten der drei Frauen bestellt ist, lauerten ihnen drei erfahrene Kampfkunstschüler an unbekannten Stellen der Stadt auf und simulierten typische Angriffssituationen: plötzliches Zupacken und Wegzerren von der Straße, ein Angriff per Würgegriff – und die klassische Vergewaltigungssituation, wenn ein Mann sich sein Opfer im Park schnappt und zu Boden wirft.
Die Frauen wehrten sich zwar engagiert, seien letztlich jedoch alle in der Defensive gewesen. Laut Kampfsport-Experte Oliver Tomic, der das Experiment begleitet und Simone, Gina und Svenja in Selbstverteidigung ausbilden soll, ist das Stehenbleiben beispielsweise der erste kapitale Fehler: "Wenn man stehen bleibt, wird man handlungsunfähig", so Tomic. "Sich heftig zu wehren, was die Frauen gemacht haben, ist schon mal gut. Auch laut auf sich aufmerksam machen, schreien, Beine und Arme einsetzen. Wichtig wäre noch, Finger und Körper gezielt einzusetzen, selbst schlagen – und zwar genau an die Schwachstellen des Menschen, sie so zu nutzen, dass man sich am Ende vielleicht doch noch befreien kann."
Fazit des Überfall-Parcours: In den neun simulierten Angriffssituationen hatten die Frauen fünf Mal absolut keine Chance, vier Mal zeigten sie zumindest gute Verteidigungsansätze. Aber am Ende behielten immer die Männer die Oberhand.
Tipps von Oliver Tomic: So wehren Sie sich richtig
Regel Nummer 1: Vermeiden!
Meiden Sie jede handgreifliche Konfliktsituation oder Gefahr. Wenn nötig, rennen Sie weg. Frauen sollten sich möglichst gar nicht erst auf einen Kampf mit einem Mann einlassen. Ein körperlicher Kampf sollte generell die allerletzte Möglichkeit sein.
Hemmungen gegenüber dem Angreifer ablegen und selbst gezielt attackieren
Im zweiten Schritt nehmen Simone und Gina Marenzzi und Svenja Theißen an einem professionellen Training von Oliver Tomic teil – acht Termine in acht Wochen.
Lektion 1: Wie befreie ich mich, wenn der Täter mich am Handgelenk packt? Tomic erklärt: "Die menschliche Hand hat einen Schwachpunkt, der Winkel zwischen Daumen und Zeigefinger. Dort angesetzt kann man sich mit Bewegung herausdrehen." Tatsächlich schaffen es die Frauen, nach dieser Übung mit einer Drehbewegung aus der Umklammerung frei zu kommen.
Zweite Lektion: "Handbefreiung – und Schlag", erklärt Sportwissenschaftler Tomic. "Mir geht es darum, dass die Abfolge zwischen Befreiung und Schlag möglichst zeitnah kommt." Die Frauen zeigen sich zaghaft. Laut Oliver Tomic ebenfalls ganz typisch für das schwache Geschlecht. Doch sie müssen ihre Hemmungen gegenüber einem Angreifer ablegen.
Lektion 3: Als nächstes sollen die Frauen den Täter an seiner empfindlichsten Stelle treffen: zwischen den Beinen, in der Kniekehle, Schienbein, Achillessehne. Man müsse konsequent handeln, so Tomic. Die Frauen müssen lernen, sich zu überwinden und fest und gezielt zuzutreten und zuzuschlagen. Nur das kann einen Angreifer sofort außer Gefecht setzen.
Lektion 4: Wie befreie ich mich aus einem Würgegriff? Im Testparcours waren alle drei ihrem Angreifer hilflos ausgeliefert, als der sie von hinten in die Zange nahm. In solchen Fällen sind Ellenbogen und Schulter die Dreh- und Angelpunkte. Und auch dann gilt: "Funktioniert das nicht, muss sie gezielt die wunden Punkte ihres Gegners treffen", sagt Oliver Tomic. Und tatsächlich:
Durch gezieltes Attackieren ihres Gegners kann sich Simone Marenzzi schon im ersten Training befreien. Doch wird sie das auch in echten Überfallsituationen beherzigen können? Laut Oliver Tomic sind weitere Einheiten und vor allem Wiederholungen ausschlaggebend, um das Gelernte in der Realität auch abrufen zu können – und das vor allem blitzschnell. In den folgenden Wochen haben die drei Frauen die Lektionen vertieft und werden anschließend noch einmal einen "Überfall-Marathon“ in der Stadt meistern müssen.
Wie das Experiment ausgeht, sehen Sie kommenden Mittwoch bei stern TV.
http://www.stern.de/tv/trainings-experim...source=standard
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
![]() | Xobor Forum Software Einfach ein eigenes Forum erstellen |