Rechtsmedizinische Untersuchung in Heidelberg
Gewaltambulanz hat großen Zulauf
Ob nach Schlägen, sexuellem Missbrauch oder einer Vergewaltigung: Immer mehr Menschen suchen rund um die Uhr Hilfe bei der landesweit einzigen Gewaltambulanz in Heidelberg. Auch mutmaßliche Täter.
Die Gewaltambulanz in Heidelberg ist landesweit einmalig. Die Fallzahlen seien in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, sagte die Ärztliche Direktorin am Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin am Uniklinikum Heidelberg, Kathrin Yen. "Während wir 2013 noch 228 Fälle bearbeiteten, haben wir schon im ersten Halbjahr 2016 etwa 200 Fälle zu verzeichnen." Yen gründete die Gewaltambulanz 2013.
Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt können sich in der Gewaltambulanz einer rechtsmedizinischen Untersuchung unterziehen. Dabei werden Verletzungen und Spuren untersucht und dann gerichtsfest dokumentiert.
Spurensuche am Körper
Zu den Aufgaben der 24 Stunden-Ambulanz gehört die Spurensuche am menschlichen Körper. "Ob es um Gewalt in der Familie, sexuellen Missbrauch oder versuchte Tötungsdelikte geht - wir dokumentieren Verletzungen und sonstige Spuren so, dass sie vor Gericht Bestand haben", sagte Yen. Mögliche Opfer werden etwa von Kliniken oder Behörden an die Ambulanz überwiesen. Opfer kommen aber auch aus eigenem Antrieb.
Die Spuren werden kostenlos gesichert. Nach Angaben der Landesregierung wurde die Gewaltambulanz 2015 und 2016 mit jährlich 150.000 Euro vom Land unterstützt.
Anlaufstelle auch für mutmaßliche Täter
Auch mutmaßliche Täter können sich dort untersuchen lassen, etwa um unbegründete Tatvorwürfe auszuschließen. Allerdings sei es entscheidend, Spuren so schnell wie möglich sichern zu lassen, sagte Yen. Manche Substanzen im Blut - etwa Inhaltsstoffe sogenannter K.o.-Tropfen - sind nur begrenzte Zeit nachweisbar. Sind Spuren von Gewalttaten dokumentiert, gelten sie auch zu einem späteren Zeitpunkt als Beweismittel.
Weißer Ring lobt Konzept
Der Direktor der Mannheimer Frauenklinik, Marc Sütterlin, sagte, gerade mit Blick auf Vergewaltigungen und Gewalt in der Beziehung sei das niedrigschwellige Angebot in Heidelberg eine Bereicherung. Auch die Opferorganisation "Weißer Ring" lobte das Konzept. "Eine solche Ambulanz nimmt Gewaltopfern viel Druck", sagte der stellvertretende Landesvorsitzende Thomas Franz.
Opfer können in Ruhe nachdenken
Da der Besuch in der Gewaltambulanz zunächst folgenlos bleibe, könnten sich etwa Vergewaltigungsopfer in Ruhe überlegen, ob sie tatsächlich Anzeige erstatten wollten. Anders als beim Gang zur Polizei führe die Untersuchung in der Ambulanz nicht automatisch zur Anzeige. Gerade Täter aus dem familiären Umfeld spekulierten oft erfolgreich darauf, dass sich Opfer schwer mit einer Anzeige täten. "Wenn aber Beweise gesichert sind, können Täter nicht mehr auf die Angst des Opfers setzen", sagte Franz. "Nach reiflicher Überlegung können sie später immer noch die Ermittlungsbehörden einschalten."
Die Heidelberger Gewaltambulanz ist über die Notfallnummer 0152/54648393 rund um die Uhr erreichbar.
http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw...kq78/index.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Mit diesem Handgriff kannst du sofort eine Vergewaltigung abwehren!
Diesen Griff sollte jede Frau kennen - mit einer schnellen Bewegung machst du deinen Angreifer sofort wehrlos!
Eine Vergewaltigung ist so ziemlich das abscheulichste Verbrechen, das es gibt - und eine Bedrohung, die fast jeder Frau im Hinterkopf bewusst ist, sobald sie alleine unterwegs ist. Im Ernstfall kann dich dieser Handgriff der Selbstverteidigungs-Coaches Rener und Eve Gracie eventuell retten. Eve erklärt Schritt für Schritt, wie du deinen Angreifer überwältigst, selbst wenn er größer und kräftiger ist:
Was diesen Handgriff so effektiv macht, ist dass er von einer vermeintlich "schwachen" Position aus startet - die Frau liegt am Boden, der Angreifer ist zwischen ihren Beinen positioniert und glaubt, sie völlig überwältigt zu haben. In diesem Moment rechnet er am wenigsten mit Gegenwehr - und kann so schnell mit dem Würgegriff abgewehrt werden.
http://www.brigitte.de/aktuell/buzz/dies...0.html?ga_noo=1
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Sind Sie selbst betroffen? Hier finden Sie Hilfe.
Weißer Ring – Tipps zum Schutz vor sexuellem Missbrauch
http://weisser-ring.de/praevention/tipps...ller-missbrauch
Verein Zartbitter e.V.
http://www.zartbitter.de/gegen_sexuellen...l/100_index.php
Hilfeportal Sexueller Missbrauch des Familienministeriums
https://www.hilfeportal-missbrauch.de/startseite.html
Stibb – Kinder schützen, Opfern helfen
http://www.stibbev.de/praevention/modern...jIFkaAuy58P8HAQ
gegen-missbrauch e.V., Verein für Betroffene
http://www.gegen-missbrauch.de/presse.html
Kostenfreies Hilfetelefon bei sexuellem Missbrauch: 0800 - 2255 530
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Glabeck, Bottrop: Anonyme Spurensicherung nach Vergewaltigung
In Gladbeck und Bottrop können Frauen, die vergewaltigt wurden, anonym Spuren sichern lassen. Das Angebot gibt es seit über drei Jahren, es wird aber viel zu wenig genutzt. Andreas Flocke erklärt, wie wichtig diese Möglichkeit ist.
Eigentlich sollten Frauen, die vergewaltigt wurden, sofort Anzeige bei der Polizei erstatten. Viele trauen sich das aber nicht, zum Beispiel weil der Übergriff aus der Familie kam.
.
In Gladbeck und Bottrop können die Frauen trotzdem anonym Spuren einer Vergewaltigung sichern lassen. Die gehen dann zur Gerichtsmedizin nach Essen und bleiben für zehn Jahre dort liegen.
So lange kann die Frau dann entscheiden, ob sie nicht doch noch Anzeige erstatten will oder nicht - die Spuren sind so lange auch vor Gericht nutzbar. Angeboten wird die Initiative in Gladbeck von der Frauenberatungsstelle und dem Barbara-Hospital, in Bottrop vom Frauenzentrum Courage und dem Marienhospital.
Wer Spuren sichern lassen möchte, sollte sich vorher nicht waschen oder duschen und auch die Anziehsachen des Vorfalls mitbringen.
Andreas Flocke für Radio Emscher Lippe
http://www.radioemscherlippe.de/emscher-...cddd32211d.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Mit diesem Handgriff kannst du sofort eine Vergewaltigung abwehren!
Diesen Griff sollte jede Frau kennen - mit einer schnellen Bewegung machst du deinen Angreifer sofort wehrlos!
Eine Vergewaltigung ist so ziemlich das abscheulichste Verbrechen, das es gibt - und eine Bedrohung, die fast jeder Frau im Hinterkopf bewusst ist, sobald sie alleine unterwegs ist. Im Ernstfall kann dich dieser Handgriff der Selbstverteidigungs-Coaches Rener und Eve Gracie eventuell retten. Eve erklärt Schritt für Schritt, wie du deinen Angreifer überwältigst, selbst wenn er größer und kräftiger ist:
Was diesen Handgriff so effektiv macht, ist dass er von einer vermeintlich "schwachen" Position aus startet - die Frau liegt am Boden, der Angreifer ist zwischen ihren Beinen positioniert und glaubt, sie völlig überwältigt zu haben. In diesem Moment rechnet er am wenigsten mit Gegenwehr - und kann so schnell mit dem Würgegriff abgewehrt werden.
http://www.brigitte.de/aktuell/buzz/dies...0.html?ga_noo=1
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Mithu Sanyal: "Vergewaltigung - Aspekte eines Verbrechens"
Wie wir über Vergewaltigung sprechen
Von Pieke Biermann
Die Autorin Mithu Sanyal seziert in ihrem neuen Buch die gesellschaftliche Diskussion über Vergewaltigungen. Es geht bei ihr ans Eingemachte, intelligent und faktensatt entlarvt sie die Debatte als genderfeindlich - und das nicht nur den Frauen gegenüber.
Seit "Köln, Silvester 2015" wird wieder über sexuelle Gewalt debattiert, heftig bis hysterisch. Seltsam unisono, quer durch alle politischen Lager, ertönt der Ruf nach schärferen Gesetzen zum Schutz von Frauen.
Richtig schrill klingt er, wenn ausgerechnet Männer, die sonst am lautesten gegen "Genderwahn" als Ausgeburt der Moderne pöbeln, plötzlich just im Namen "unserer westlichen Werte" auf andere Männer losgehen, die angeblich direkt aus einem fiktiven finsteren Mittelalter kommen und "unsere Frauen" für Beutestücke halten.
"Unsere Frauen sind gefälligst unsere Beute"
Frauen vor dem Opferwerden zu schützen geht anders. Das dröhnt doch geradezu nach: "Unsere Frauen sind gefälligst unsere Beute, nicht eure!" Warum schreit da eigentlich nicht die komplette Restrepublik auf?
Antworten auf derlei Fragen bietet Mithu Sanyal in ihrem neuen Buch. Die polnisch-indisch-deutsche Spezialistin für kulturelle Leerstellen mit fatalen Folgen fürs Geschlechterwohl legte 2009 mit "Vulva" eine fulminante Studie über die ungleiche soziale Repräsentation der männlichen und weiblichen Genitalien vor. Auch in "Vergewaltigung" geht es wieder ans Eingemachte, um unsere Kultur des sexuellen Analphabetismus samt ihren Geschlechterklischees.
Und da kennen bei aller Aufgeklärtheit leider auch feministische Veteraninnen nur noch "zwei Geschlechter: Täter und Opfer. Wer Vergewaltigung sagt, denkt an aggressive Männer und ängstliche Frauen, an Penisse als Waffen und Vaginen als ungeschützte Einfallstore in ebenso ungeschützte Körper", notiert Sanyal.
Willkommen in der Gender-Falle
Willkommen in der Gender-Falle. Ja, die Verhältnisse sind vertrackt, mit Gewalt und ohne, da hilft nur ein beherzter polyperspektivischer Zugriff.
Sanyal mischt Verkleistertes auf und denkt Getrenntes zusammen, rekapituliert politische, juristische, historische Veränderungen und Forschung, bürstet bekannte Fälle gegen den Strich und rekonstruiert, wie Angst vor Gewalt erzeugt wird und als "sozialer Virus" wirkt: durch Wörter wie "entehrt" – als sitze bei Frauen die ganze Ehre zwischen den Beinen – oder Charakterisierungen wie "schlimmer als der Tod", mit denen kleinen Mädchen eingetrichtet wird, ihre ganze Existenz sei dauergefährdet.
Lohfink und Kampusch bleiben nicht im Opferkäfig
Und wehe, es passiert ihnen tatsächlich was und sie bleiben dann nicht im Opferkäfig – wie Natascha Kampusch, die darauf besteht, mehr als jene acht Jahre Keller zu sein, oder Gina-Lisa Lohfink, die ihr Geld mit öffentlichem Sexysein verdient und prompt das Huren-Stigma aufgetackert bekommt, oder Samantha Geimer, die immer wieder erklärt, dass die Jahrzehnte Medienhatz traumatischer seien als Polanskis K.o.-Tropfen-Penetration.
Mithu Sanyal schreibt so souverän beschwingt, dass das Lesen gleichzeitig Spaß und klug macht. Vor allem enthysterisiert sie die Debatte, indem sie die Tat entmystifiziert und die Täter auf Menschenmaß stutzt.
Plädoyer gegen die Selbstsabotage
Ihr kompaktes, faktensattes Buch ent-panik-t, räumt auf mit der Angst vor dem angeblich Übermächtigen, das zur Selbstsabotage führt, und schafft Raum für die kühle Ruhe, mit der man aus Gefahren herauskommen und sie überleben kann.
http://www.deutschlandradiokultur.de/mit...ticle_id=365172
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Vergewaltigung Nur jedes zehnte Opfer geht zur Polizei - Anzeigen bis 2015 rückläufig
Von
Tobias Christ
Hendrik Geisler
07.09.16, 17:51 Uhr
Köln -
Die beiden Männer, die am vergangenen Samstag in einem Park am Hansaring eine 25 Jahre alte Frau vergewaltigt haben, sind weiterhin auf der Flucht. Allerdings sind bis Mittwochnachmittag eine große Zahl von Hinweisen aus der Bevölkerung eingegangen. Die Ermittlungen dauern an.
213 Fälle im Jahr 2015
Insgesamt hat sich die Zahl der Vergewaltigungen laut Polizei in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verändert. „Pro Jahr werden in Köln zwischen 200 und 250 Vergewaltigungen zur Anzeige gebracht“, so eine Polizeisprecherin. Inbegriffen seien auch Beziehungstaten im häuslichen Umfeld. 2005 waren es 243 Anzeigen, fünf Jahre später 246. Im Jahr 2015 wurden 213 Fälle zur Anzeige gebracht. Die Tat auf dem Hansaplatz fällt in die Kategorie „überfallartige Vergewaltigung beziehungsweise sexuelle Nötigung durch Gruppen“.
Noch keine Bilanz für 2016
2010 gab es noch zehn Anzeigen in diesem Bereich, anschließend ging die Anzahl stetig zurück. 2015 gab es nur eine Anzeige. Die jährlichen Zahlen werden von der Polizei in der Kriminalitätsstatistik ausgewertet, die Bilanz für das laufende Jahr gibt es erst im nächsten Frühjahr. Die Polizei konnte zu aktuellen Zahlen daher keine Angaben machen.
Nach den Übergriffen an Silvester gingen insgesamt 506 Anzeigen zu Sexualdelikten ein, diese reichen von Beleidigung über sexuelle Nötigung, versuchte Vergewaltigung bis zu Vergewaltigung. 27 Ermittlungsverfahren wegen Vergewaltigung, hier der Penetration mit einem Finger, laufen noch. Ob die Täter in Gruppen vorgegangen sind, lassen die Zahlen nicht erkennen.
Opferschutz geht von hoher Dunkelziffer aus
Die Dunkelziffer bei Vergewaltigungen dürfte laut Marianne Weich von der Opferschutz-Organisation Weißer Ring aber über den offiziellen Daten liegen. „Die Zahl der Anzeigen ist gering“, sagt sie. Statistisch gehe nur jedes zehnte Opfer zur Polizei. Ein Grund sei, dass viele Frauen sich schämten und davon überzeugt seien, dass die Täter nicht gefasst werden. „Viele Opfer leiden still vor sich hin und erzählen selbst Angehörigen nicht davon“, so Weich. Das sei ein Fehler: „Ich rate dazu, jede Vergewaltigung anzuzeigen, denn Vergewaltiger sind meistens Wiederholungstäter.“
Mit Hilfe von DNA-Material sei es zudem möglich, Täter auch Jahre nach der Tat zu überführen. Nicht zuletzt würden Opfer bei der Polizei psychologisch betreut oder an Experten vermittelt: „Die Kölner Polizei ist sehr sensibel mit Vergewaltigungs-Opfern“, sagt Weich.
– Quelle: http://www.ksta.de/24702560 ©2016
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Vergewaltigung Nur jedes zehnte Opfer geht zur Polizei - Anzeigen bis 2015 rückläufig
Von
Tobias Christ
Hendrik Geisler
07.09.16, 17:51 Uhr
Köln -
Die beiden Männer, die am vergangenen Samstag in einem Park am Hansaring eine 25 Jahre alte Frau vergewaltigt haben, sind weiterhin auf der Flucht. Allerdings sind bis Mittwochnachmittag eine große Zahl von Hinweisen aus der Bevölkerung eingegangen. Die Ermittlungen dauern an.
213 Fälle im Jahr 2015
Insgesamt hat sich die Zahl der Vergewaltigungen laut Polizei in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verändert. „Pro Jahr werden in Köln zwischen 200 und 250 Vergewaltigungen zur Anzeige gebracht“, so eine Polizeisprecherin. Inbegriffen seien auch Beziehungstaten im häuslichen Umfeld. 2005 waren es 243 Anzeigen, fünf Jahre später 246. Im Jahr 2015 wurden 213 Fälle zur Anzeige gebracht. Die Tat auf dem Hansaplatz fällt in die Kategorie „überfallartige Vergewaltigung beziehungsweise sexuelle Nötigung durch Gruppen“.
Noch keine Bilanz für 2016
2010 gab es noch zehn Anzeigen in diesem Bereich, anschließend ging die Anzahl stetig zurück. 2015 gab es nur eine Anzeige. Die jährlichen Zahlen werden von der Polizei in der Kriminalitätsstatistik ausgewertet, die Bilanz für das laufende Jahr gibt es erst im nächsten Frühjahr. Die Polizei konnte zu aktuellen Zahlen daher keine Angaben machen.
Nach den Übergriffen an Silvester gingen insgesamt 506 Anzeigen zu Sexualdelikten ein, diese reichen von Beleidigung über sexuelle Nötigung, versuchte Vergewaltigung bis zu Vergewaltigung. 27 Ermittlungsverfahren wegen Vergewaltigung, hier der Penetration mit einem Finger, laufen noch. Ob die Täter in Gruppen vorgegangen sind, lassen die Zahlen nicht erkennen.
Opferschutz geht von hoher Dunkelziffer aus
Die Dunkelziffer bei Vergewaltigungen dürfte laut Marianne Weich von der Opferschutz-Organisation Weißer Ring aber über den offiziellen Daten liegen. „Die Zahl der Anzeigen ist gering“, sagt sie. Statistisch gehe nur jedes zehnte Opfer zur Polizei. Ein Grund sei, dass viele Frauen sich schämten und davon überzeugt seien, dass die Täter nicht gefasst werden. „Viele Opfer leiden still vor sich hin und erzählen selbst Angehörigen nicht davon“, so Weich. Das sei ein Fehler: „Ich rate dazu, jede Vergewaltigung anzuzeigen, denn Vergewaltiger sind meistens Wiederholungstäter.“
Mit Hilfe von DNA-Material sei es zudem möglich, Täter auch Jahre nach der Tat zu überführen. Nicht zuletzt würden Opfer bei der Polizei psychologisch betreut oder an Experten vermittelt: „Die Kölner Polizei ist sehr sensibel mit Vergewaltigungs-Opfern“, sagt Weich.
– Quelle: http://www.ksta.de/24702560 ©2016
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Autorin Sanyal über Vergewaltigung
„Opfer müssen gut und rein sein“
Mithu Sanyal forscht zur Vulva und zur Kulturgeschichte der Vergewaltigung. Sie hat Gina-Lisa Lohfink unterstützt, beklagt aber fehlende Empathie für Männer.
taz.am wochenende: Frau Sanyal, vergangene Woche wurde Gina-Lisa Lohfink wegen falscher Verdächtigung verurteilt. Sie haben sich vorher als Teil des #TeamGinaLisa solidarisch mit ihr gezeigt. Wie gehen Sie nun damit um, eine potenzielle Lügnerin zu unterstützen?
Mithu Sanyal: Ich finde die Verurteilung von Gina-Lisa Lohfink nach wie vor sehr merkwürdig. In den Berichten ging es ja immer darum, dass jetzt noch einmal geklärt worden sei, ob sie denn nun vergewaltigt worden sei. Dabei ging es gar nicht darum, sondern, ob sie eine bewusste Falschaussage gemacht hat. Das ist aber nach allem, was wir als Öffentlichkeit erfahren haben, eben nicht wirklich verhandelt worden, und darum finde ich es richtig, dass sie Berufung einlegt. Gleichzeitig finde ich es aber auch wirklich wichtig, dass wir die Existenz von Falschaussagen anerkennen. Es gibt sie. Und sie haben massive negative Auswirkungen auf das Leben derjenigen, die wegen falschen Verdachts beschuldigt werden.
Wie es Männern nach einer Falschbeschuldigung geht, davon hören wir eher wenig.
Es gab einen besonders tragischen Fall um den Lehrer Horst Arnold in Hessen. Er wurde von seiner Kollegin wegen Vergewaltigung angezeigt, saß fünf Jahre im Gefängnis. Danach kam heraus, dass er unschuldig war und sie nur seinen Job wollte. Wenig später starb er an Herzversagen. Eine Falschbeschuldigung, wenn sie öffentlich verhandelt wird, bleibt immer an den verdächtigten Männern hängen. Die Öffentlichkeit muss anders mit vermeintlichen Tätern umgehen, damit Falschbeschuldigungen weniger hysterisch verhandelt werden.
Wir scheinen auch keinen gesunden Umgang mit denjenigen zu haben, die falsch beschuldigen. Warum tun sie das überhaupt?
Diese Menschen haben häufig gute Gründe dafür. Es ist nicht unbedingt die rachsüchtige Ehefrau, die die Eigentumswohnung haben möchte. Manchmal sind es Jugendliche, die nicht sagen dürfen, warum sie die letzte Nacht nicht nach Hause gekommen sind. Manchmal Menschen, bei denen es ein Missbrauchsverhältnis auf einer andere Ebene gibt, aber eine Vergewaltigung das ist, was man rechtsgültig formulieren kann.
MITHU M. SANYAL
Die Person: Sanyal, 45, ist Kulturwissenschaftlerin, Journalistin und Autorin. 2009 erschien ihr vielbeachtetes Buch „Vulva. Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts“. Darin zeichnet sie die Kulturgeschichte des weiblichen Geschlechtsorgans nach.
Das Buch: Gerade ist Sanyals neues Buch „Vergewaltigung“ erschienen (Edition Nautilus), eine kulturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Sanyals These: Unser Sprechen über Vergewaltigung wird bestimmt von unseren Vorstellungen über Geschlecht und Sexualität.
Viele meinten, sie könnten bei dem Fall Lohfink mitreden, weil sie Ausschnitte aus einem Video der Nacht gesehen haben. War deshalb die Verlockung besonders groß, selbst ein Urteil zu fällen?
1999 gab es in Florida einen ähnlichen Fall: Die Stripperin Lisa Gier King zeigte eine Vergewaltigung an, als Beweis hatte sie eine Videoaufnahme.
Mit Erlaubnis von King wurde aus der Aufnahme der Dokumentarfilm „Raw Deal“. Du schaust dir den an und bist immer wieder hin- und hergerissen. Am Ende hatte ich das Gefühl, dass wirklich beide von ihren Sichtweisen völlig überzeugt waren. Sie fühlte sich vergewaltigt, er empfand das als einvernehmlichen Sex. Das ist der Punkt, an dem wir ansetzen müssten. Recht ist eine sehr große Etikette. Manches ist rechtlich nicht strafbar, aber es ist trotzdem falsch.
Viele kritisieren, dass heutzutage oft versucht wird, eine bessere Gesellschaft per Gesetzesänderung zu schaffen. Wie wirkmächtig kann ein Paragraf sein?
Als 1997 Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe gestellt wurde, änderten sich auch die Texte darüber. Vorher gab es in den Medien große Angst vor Falschanzeigen. Dann sprachen alle selbstverständlich vom Schutz der sexuellen Freiheit anstatt vom Schutz der Familie. Das stellt heute niemand mehr infrage.
Rechtlich scheint die große Auswirkung ausgeblieben zu sein. Vor 20 Jahren wurden etwa 21 Prozent der angeklagten Täter_innen verurteilt, mittlerweile sind es nur 8 Prozent.
Die absoluten Zahlen sehen ein wenig anders aus. Seit der Änderung 1997 können insgesamt mehr Personen überhaupt klagen, deshalb ist die Zahl insgesamt höher. Aber ja, Vergewaltigung ist ein Verbrechen, das einfach schwierig zu beweisen ist. Gerade die Vergewaltigung in der Ehe.
Interessant wird jetzt natürlich, wie sich die neue Gesetzgebung auf die Zahlen auswirkt. Mit dem Grundsatz „Nein heißt Nein“ wird rechtlich anerkannt, dass einer Person etwas zugestoßen ist, was wir als Gesellschaft ablehnen. Das ist ein wichtiges Zeichen, ein neuer Staatsvertrag sozusagen.
Für das „Nein heißt Nein“ haben Feminist_innen seit Jahrzehnten gekämpft. Was glauben Sie: Wie muss es von hier aus weitergehen?
Die Veränderung des Sexualstrafrechts kann zu einer Veränderung führen, wie wir als Gesellschaft mit Vergewaltigungen umgehen. Man muss dafür aber auch bestimmte Debatten führen. 1997 wurde nicht nur Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe gestellt, sondern auch Männer als Opfer von Vergewaltigungen ermöglicht. Vorher brauchte man als Täter einen Penis, um eine Frau, mit der man nicht verheiratet war, gewaltsam zu penetrieren. Bis heute fragen wir aber vor allem: Warum tun Männer das Frauen an? Diese Debatte müssen wir noch immer erweitern.
Welche Fragen sollte solch eine Debatte beinhalten?
Ich möchte über Geschlechtervorstellungen sprechen. Bis 1974 hat etwa die sexuelle Vergangenheit der Frauen vor Gericht eine Rolle gespielt. Da ging es um Ehrenraub, und wenn die Frau vorher schon keine Ehre hatte, weil sie etwa Prostituierte ist, dann konnte ihr die Ehre nicht mehr geraubt werden. Diese Logik auszuhebeln war ein Geniestreich der feministischen Bewegung damals.
Halten Sie die aktuelle Gesetzesänderung für genial?
Manche sagen, das sei ein großer Schritt für unsere Geschlechterverhältnisse, aber das ist es noch gar nicht. Wir schauen uns noch immer nur Frauen an und verhandeln entlang ganz bestimmter Vorstellungen. Ein Beispiel: Viele denken, Männer könnten nicht vergewaltigt werden, weil sie unter Zwang keinen hochkriegen würden. Dabei wissen wir aus Studien, dass alle Menschen Zeichen körperlicher Erregung zeigen können, ohne ein psychisches Äquivalent dazu. Es gibt auch Vergewaltigungen von Frauen, bei denen die Frau zum Orgasmus gekommen ist. Das Schlimme ist dann für die Betroffenen, dass sie sich von ihrem eigenen Körper betrogen fühlen. Oder die gesamte Situation in Frage stellen. Wir denken grundsätzlich aber immer die Frau als sexualisiert und den Mann als Aggressor. Wenn Männer sich nackt in der Öffentlichkeit zeigen, sind sie Exhibitionisten und ein Ärgernis, wenn Frauen das tun, freuen sich – vermeintlich – alle und es ist nicht strafbar in Deutschland.
Wie bringt uns dieses Umdenken von Geschlechterbildern weiter, wenn es um den Tatbestand der Vergewaltigung geht?
In meinen Recherchen hat sich gezeigt, dass je egalitärer eine Gesellschaft ist, desto seltener passieren Grenzüberschreitungen jeglicher Art, auch sexueller. Das ist einerseits nicht zufriedenstellend, weil es das Problem auf eine ganz hohe Ebene zieht, aber es heißt eben auch, dass jeder kleine Schritt hilft, der unsere Gesellschaft gleichberechtigter macht.
Ihr Fokus auf die männlichen Opfer von Vergewaltigungen ist spannend. Diesen Blick nehmen sonst nur Männerrechtler ein.
Ich finde manche Punkte, die Männerrechtler ansprechen, gar nicht so falsch. Etwa, dass Männer an vielen Stellen in der Gesellschaft benachteiligt werden und wir nicht darüber reden. Es ist schwieriger für Männer an staatliche Gelder heranzukommen, gerade was Vergewaltigungsopfer und -prävention angeht. Das stimmt. Aber deshalb auf Feministinnen einzubrüllen ist nicht zielführend. Denn letztlich ist Patriarchat ja auch nicht gut für Männer.
Das sagt man immer so. Aber was heißt das?
Hierarchische Gesellschaften sind nicht zu einer Hälfte nett und die andere ist unterdrückt. Männlichkeit bringt viele Nachteile mit sich. Männer werden in Kriegen verheizt, werden insgesamt öfter Opfer von Gewalttaten und sterben im Schnitt fünf Jahre früher. Letzteres hat nichts mit Genen zu tun, sondern damit, dass Männer nicht lernen, mit physischen und psychischen Problemen vernünftig umzugehen. Sie lernen: Stell dich nicht so an. Alles andere wäre weiblich. Diese Genderisierung von Gefühlen ist beeindruckend und bedrückend.
Über „toxic masculinity“ wurde nach den letzten Anschlägen, Amokläufen und Attentaten wieder häufiger geschrieben. Schließlich waren alle Täter männlich. Was halten Sie von dem Begriff?
Viel, aber leider wird er häufig missverstanden. Der Begriff kommt aus den Masculinity Studies, also von Männern, die sich kritisch-emanzipatorisch mit Männlichkeit auseinandersetzen. Da geht es in erster Linie darum: Was macht Männlichkeit mit mir? Also nicht: Wie gehe ich toxisch mit der Welt um, sondern wie wirkt Männlichkeit toxisch auf mich als Mann? Und dann erst im zweiten Schritt auch auf die Umgebung. Männlichkeit wird genauso erlernt, muss genauso performt werden und Männer erfahren genauso Druck, wenn sie nicht richtig performen. Deshalb verstehe ich das Gefühl der Machtlosigkeit vieler Männerrechtler.
Nach Hannah Arendt ist Gewalt eine Form von Machtlosigkeit. Kann uns diese These beim Thema Vergewaltigung helfen?
Wir kommen ja aus einer Generation der Überpsychologisierung und denken ohnehin immer schon mit: Der hat jetzt gerade so heftig reagiert, weil er früher geschlagen wurde. Aber das ist nicht dein Job. Wenn ich Opfer bin, muss ich kein Mitgefühl für den Täter haben. Als Opfer ist es erst einmal wichtig, die eigenen Gefühle wahrzunehmen. Als Gesellschaft oder als Therapeutin muss ich dagegen Menschen durchaus verstehen können. Arendts These ist dafür eine Hilfestellung.
Sie schreiben in Ihrem Buch, dass 15 Prozent der Tätern während der Vergewaltigung Potenzprobleme hatten, 16 Prozent Ejakulationsprobleme. Was sagt uns das in Bezug auf Macht?
Die Theorie früher war ja, dass Männer vergewaltigen, um Macht über eine Frau zu haben. Deshalb werde vergewaltigt. Dabei scheint der Körper hier zu sagen: Das will ich nicht. Man muss über viele Grenzen gehen und auch der Körper sagt stopp. Das macht auf eine Art Mut und erweitert den Blick.
Weil der Umgang mit Grenzüberschreitungen ein Punkt ist, an dem wir schon früher ansetzen können?
Natürlich. Männer lernen, über ganz viele Grenzen bei sich hinwegzugehen. Oft sagen sie: Ich beschwere mich doch auch nicht darüber. Anstatt anzuerkennen, dass Beschweren und das Formulieren von Wünschen etwas Gutes ist, wird es als anstrengend gelabelt. Wir müssen erst unsere eigenen Grenzen respektieren, um dann auch die anderer anzuerkennen.
Das klingt alles sehr versöhnlich und so wenig verurteilend. Welche Rolle spielt Empathie bei Vergewaltigungen?
Vergewaltigung hat viel mit fehlender Empathie zu tun. Wir können bestimmte Grenzen nur überschreiten, wenn wir keine Empathie für unser Gegenüber haben. Bei Empathie- und Konsenstrainings lernen wir das und erweitern so unsere Handlungsmöglichkeiten. Menschen gehen aus diesen Trainings gestärkt heraus und können etwa über sexuelle Vorlieben besser sprechen. Unser Umgang mit vermeintlichen Tätern ist allerdings völlig empathielos. Und wir können nicht von Menschen erwarten, dass sie sich für Empathie öffnen, wenn wir sie ihnen – als Gesellschaft – verwehren. Als Opfer brauche ich selbstverständlich keine Empathie haben. Mich interessiert als Kulturwissenschaftlerin immer die Möglichkeit der gesellschaftlichen Veränderung.
Eine ältere These von Ihnen ist: Vergewaltigung gibt es nicht. Das müssen Sie erklären.
Das hatte ich damals sehr bedauert. Was ich eigentlich damit meinte, war, es gibt nicht eine Vergewaltigung. Vergewaltigungen sind unterschiedlich und die Formen, sie zu verarbeiten, sind unterschiedlich. Ich möchte das Label „Opfer“ öffnen. Einerseits dahingehend, dass unter diesem Begriff nicht nur Frauen gedacht werden. Andererseits möchte ich die Vorstellungen dahingehend aufbrechen, dass wir uns ein Vergewaltigungsopfer nicht ausschließlich als extrem traumatisiert vorstellen. Opfer dürfen unserem Bild nach auch nie selbst etwas Grenzüberschreitendes gemacht haben. Opfer müssen gut und rein und hilflos bleiben, sonst bist du kein echtes Opfer. Das ist für eine Heilung auch nicht hilfreich, weil es statisch ist und dich entmächtigt. Wenn eine Frau sich so fühlt, hat sie jegliches Recht dazu. Aber es ist problematisch, wenn eine Gesellschaft dir sagt, dass du dich so fühlen musst.
Wir sagen Mädchen und Frauen immer wieder, dass sie aufpassen müssen, als ob eine Vergewaltigung ein integraler Bestandteil des Frauseins wäre. Ist die Vergewaltigung selbst dann eine Art selbsterfüllende Prophezeiung?
Zumindest als ich groß geworden bin, war das so. Ständig dieses: Pass auf! Wenn Freundinnen ein Mädchen bekommen, betonen sie immer, dass man sich um die ja mehr Sorgen machen müsse. Aber ich mache mir auch Sorgen um meinen Sohn. Schließlich wissen wir, dass Jungs und Männern Gewalt im öffentlichen Raum viel häufiger widerfährt als Mädchen. Aber warum sagen wir nur Mädchen, dass die Welt für sie ein gefährlicher Ort ist?
Die Botschaft an Mädchen dabei ist: Du bist dieser Form von Gewalt ausgeliefert, weil du schwach bist.
In der „King Kong Theorie“ scheibt Virginie Despentes, dass sie während ihrer Vergewaltigung immer dachte, sie könne nichts machen. Hätten die Männer aber versucht, ihre Jacke zu klauen, hätte sie sehr wohl darum gekämpft, diese zu behalten. Sie sei in dieser Situation aber pauschal davon ausgegangen, dass ihre Angreifer stärker seien. Wir müssen lernen, mit Aggressionen umzugehen.
Haben Sie schon mal einen Selbstverteidigungskurs gemacht?
Ich habe Wendo gemacht und das hat mein Leben verändert. Das war das erste Mal, dass ich mich mit Vergewaltigung auseinandergesetzt habe und ich dabei nicht als Opfer wahrgenommen wurde. Nach einem Wochenende war mein komplettes Auftreten anders und niemand hat mir mehr ständig den Platz im öffentlichen Raum weggenommen. Da lernst du, wie du damit umgehst, wenn dich jemand blöd anspricht. Wenn jemand zu viel Platz in der U-Bahn einnimmt. Aber eben auch, wie du damit umgehst, wenn dich jemand körperlich angreift. So ein Umgang mit Grenzüberschreitungen sollte an Schulen angeboten werden.
Ich könnte mir vorstellen, dass einige das ein bisschen zu Oldschool finden.
Junge Mädchen haben heute eine ganz andere Körperlichkeit als ich damals. Gerade mache ich einen Kurs im Pole Dancing. Da bin ich mit Abstand die Älteste. Jedenfalls ist bei den jungen Frauen dieser Gedanke, dass sie was mit ihrem Körper auch machen können, aktiv machen können, sehr präsent. Das ist gut. Da ist natürlich gleichzeitig auch der Wunsch, hübsch auszusehen. Aber das eine muss das andere ja nicht ausschließen.
http://www.taz.de/!5332956/
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Sprechen über Vergewaltigungen
Es gibt nur Huren oder Heilige
Mithu Sanyal zeigt in ihrem Buch "Vergewaltigung", warum wir zu jahrhundertalten Geschlechterstereotypen neigen, wenn wir über sexualisierte Gewalt sprechen - sie bringt Aufklärung in einen irrationalen Diskurs.
Von Eva Thöne
Montag, 12.09.2016 10:21 Uhr Drucken NutzungsrechteFeedback
Fangen wir zur Abwechslung mal nicht mit Gina-Lisa Lohfink an. Roman Polanski konnte 2003 nicht zur Oscarverleihung reisen, weil er in den USA verhaftet worden wäre: Der Regisseur hatte 1977 die damals 13-jährige Samantha Geimer vergewaltigt. Larry King, gefeierter US-Moderator, lud Greimer deshalb in seine Talk-Show ein, um sie zu der Tat zu befragen: "Waren Sie noch Jungfrau?", fragte King. Sie antwortete: "Ich habe gerade nachgerechnet: Nein."
King war verblüfft, fragte mehrfach nach ("Sie hatten also schon vorher Sex?"). Für ihn war die Vorstellung einer sexuell aktiven Pubertierenden nicht vereinbar mit einem jungen Mädchen, das von einem 30 Jahre älteren Mann vergewaltigt wurde. Am Ende fragte er: "Aber Sie hatten schreckliche Schmerzen, nicht wahr?" Und Greimer antwortete: "Nein, die Situation war völlig anders."
Gibt es ein Thema, bei dem Menschen weniger Ambivalenz ertragen können als Vergewaltigung? Sobald Frauen sich nicht glatt einfügen in das Schema zwischen Heiliger und Hure, und Männer in das zwischen Monster und Unschuldsengel, sorgen sie für Irritation. Warum aber ist der Wunsch nach moralischer Eindeutigkeit und klarer Opfer- und Täterschreibung bei sexualisierter Gewalt so groß? Und was sagt es über unsere Geschlechterbilder aus, dass es so wenige Spielräume gibt?
Roman Polanski 2015 in Polen mit seinem Anwalt
"Kaum reden wir über Vergewaltigung, ist es 1955", sagt Mithu Sanyal. Die Kulturwissenschaftlerin zeichnet in ihrem Buch "Vergewaltigung" faktenreich, objektiv und plausibel nach, wie nicht nur Ideen aus der Nachkriegszeit, sondern gar jahrtausendealte Vorstellungen über männliche und weibliche Geschlechterrollen unterbewusst weiterwirken, sobald wir über sexualisierte Gewalt sprechen.
Bereits Aristoteles ging von einer größeren inneren Hitze des Mannes aus, während die Frau für ihn in stets einem unfertigen Stadium blieb - intellektuell, aber auch sexuell. Ein Gedanke, der etwa bis ins 19. Jahrhundert fortwirkte in der Idee des galanten Gentlemans, der die Frau umwirbt, letztlich aber überwältigt. Und einer, der noch heute etwa in Frauenmagazinen zu finden ist, wenn diese ihren Leserinnen als Flirttechnik anraten, sich rar zu machen, um bloß nicht zu sexuell interessiert zu wirken.
In diesem Denkrahmen bedeutet Nein nicht Nein. Nein bedeutet Ja - wenn es der Mann nur lange genug probiert. Im Vergewaltigungsdiskurs schlug sich diese Idee noch bis in die Siebziger im deutschen Strafrecht nieder: Bei einem Strafprozess, so Sanyal, wurde nicht nur die sexuelle Vorgeschichte eines Opfers unter die Lupe genommen, sondern auch der Nachweis erwartet, dass die Frau sich gewehrt und den Widerstand die ganze Zeit aufrecht gehalten hatte - ihre Erregung hätte ja später noch einsetzen können.
Gleichsam schwang hier auch stets der Gedanke mit, der Frau werde durch die Vergewaltigung das Wichtigste überhaupt geraubt: Ihre Ehre, die sie deshalb selbstverständlich mit Leib und Leben zu verteidigen hatte. Weil das Ansehen der Männer stets im öffentlichen Raum verhandelt wurde, die der Frau aber über ihren Körper im Privaten, war sie es, die bei einer Vergewaltigung etwas zu verlieren hatte.
Und weil der Mann halt plötzlich irrational wurde, sobald seine Triebe mit ihm durchgingen, war auch die Frau es, die die Verantwortung für diesen Verlust trug; sich etwa zu aufreizend kleidete und so den Mann erregte. Nach der Tat war ihre Ehre meist zerstört oder konnte nur durch Keuschheit wiederhergestellt werden. Im Christentum werden noch heute Frauen als Märtyrerinnen verehrt, die im Kampf gegen einen Vergewaltiger umkamen oder nach einer Vergewaltigung als Nonne lebten.
Aus "Nein heißt Ja" wird "Nein heißt Nein"
Gleichzeitig - gottseidank - existiert diese Sichtweise heute nicht mehr alleine, sondern wird massiv infrage gestellt: Als Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker nach den Übergriffen an Silvester Frauen riet, eine Armlänge Abstand zu Fremden zu halten - die Verantwortung also abermals bei den Frauen verortete - erntete sie eine Welle von Empörung.
Proteste nach den Übergriffen der Silvesternacht
Eingebracht wurde diese neue Haltung durch die Frauenbewegung der Sechziger und Siebziger, die aus dem "Nein heißt Ja" das bekannte "Nein heißt Nein" machte. Das Stigma wurde so umgekehrt. Die Wendung "Alle Männer sind potenzielle Vergewaltiger " brachte die neue Schuldverteilung auf den Punkt.
Die überraschende, jedoch absolut plausible Pointe, die Sanyal aber hier identifiziert: Auch in der feministischen Bewegung wirkt die Formel der asexuellen, verletzlichen Frau und des dominanten Mannes weiter - nur soll der Mann halt seine Triebe nun mal bitte besser kontrollieren. Gerade weil die Situation zuvor verheerend gewesen war, schlug das Pendel jetzt umso heftiger zurück. Das führte zu dem Widerspruch, dass die Rechte der Frauen gestärkt werden sollten, indem ihr Opferstatus besonders vehement betont wurde - und häufig als unantastbar galt, es etwa zum Tabu wurde, Falschbeschuldigungen überhaupt in Betracht zu ziehen.
Für einen Mann, der einmal als Täter identifiziert wurde, war ein soziales Leben innerhalb der Gesellschaft kaum mehr möglich - so groß wurde das Stigma. Die Erwartungen an eine vergewaltigte Frau veränderten sich so, starr blieben sie aber dennoch: Von Vergewaltigten wird häufig nicht nur erwartet, das Geschehene zu kommunizieren, um es so zu verarbeiten - sondern auch, sich beschmutzt zu fühlen, sich sexuell zurückzuziehen, Kontakt zu meiden - alles Verhaltensweisen, die an die christlichen Märtyerinnen erinnern.
Auch hier, merkt Sanyal an, wirkt der uralte Gedanke des Ehrverlusts ausgerechnet in der Emanzipationsbewegung noch weiter, er wird nur anders verpackt. "Wir akzeptieren auch heute nur den totalen Zusammenbruch", sagt Sanyal. "Vergewaltigte Frauen in Therapien erzählen zudem immer wieder, dass vom Umfeld jedes Problem, jede psychische Disposition automatisch auf die eine Tat zurückgeführt wird." Unabhängig davon, ob hier ein Zusammenhang besteht - wäre es nicht ein Zeichen größerer Selbstbestimmtheit, wenn die Frau individuell über den Einfluss des Verbrechens auf sich selbst entscheiden könnte?
Gerade bei Vergewaltigungsopfern, deren Fall in der Öffentlichkeit verhandelt wird, bekomme das Wiedererlangen der Autonomie so häufig einen Doppelcharakter: Natascha Kampusch rechnet in ihrem neuen Buch, indem sie die Zeit nach der Befreiung verhandelt, auch mit den Medien und Psychologen ab. Schon vorher hatte sie immer auf ihrer Privatsphäre beharrt, nicht über den sexuellen Missbrauch durch ihren Entführer gesprochen - ein Verhalten, das die Öffentlichkeit nicht einordnen konnte.
Sanyals Buch ist vor allem eine differenzierte Bestandsaufnahme - die eine große Alternative, wie ein besserer Umgang mit Vergewaltigung aussehen könnte, formuliert sie nicht. Aber sie hinterfragt unsere Wahrnehmung und befreit den verstellten Blick, indem sie präzise nachzeichnet, wann wir Annahmen mit Tatsachen gleichsetzen und so unser Handeln von Stereotypen lenken lassen.
Und ist es nicht eben dieser Ballast, der auch daran hindert, aktiv zu gestalten? Allein, mit der erstarrten Annahme des männlichen Täters und weiblichen Opfers zu brechen, würde den Diskurs schon erweitern: Vergewaltigung von Transmenschen etwa kommen in der öffentlichen Diskussion kaum vor - ebenso selten die Idee, dass auch Männer Opfer sein können. Aber liegt nicht gerade in dem Gedanken, dass auch ein Mann Opfer sexualisierter Gewalt sein kann, emanzipatorisches Potenzial, eben weil er am Konzept von dominierender Männlichkeit rührt?
Wie wenig diese Option derzeit noch ernst genommen wird, merkt man etwa daran, dass sie einzige ist, über die gelacht werden kann. Als Atze Schröder sich im Juni in einem Werbeclip für den Geflügelproduzenten Wiesenhof über Gina-Lisa Lohfink, Wurst- und Penislängen lustig machte, war die Empörung groß. Ein anderer Vergewaltigungswitz ist aber seit Jahren ein Renner in jedem Film und jeder Sitcom, die im Männergefängnis spielt. Er geht ganz einfach: Don't drop the soap.
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaf...-a-1111426.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Vergewaltigung: Was können Opfer tun?
14.09.2016 | 14:06
Vergewaltigung
Vergewaltigung: Oft schweigen die Opfer aus Scham.
Gegen die Vergewaltigung wehren
Die Tat: Zweifache Vergewaltigung, schwerer Raub und gefährliche Körperverletzung. Schauspieler Sebastian M., bekannt durch Rollen in "Die Camper", "Die Manns" oder "IT-Crowd" steht im Verdacht, der Täter zu sein. Am Freitag wurde er in Wiesbaden direkt nach einer Theateraufführung festgenommen. DNS-Spuren deuten darauf hin, dass er zwei Frauen sexuell missbraucht haben könnte.
Von Ursula Willimsky
Bei den Opfern soll es sich um Mutter und Tochter handeln. Zwei Opfer, die ein Mann erniedrigen und demütigen wollte. Die der Macht eines anderen ausgeliefert waren. Die nicht nur körperlich, sondern auch seelisch verletzt wurden. Zwei von vielen Opfern. Rund 15 000 Fälle von Vergewaltigung und sexueller Nötigung werden Jahr für Jahr in Deutschland angezeigt - wie hoch die Dunkelziffer ist, darüber gibt es nur Schätzungen. Wobei das Bild vom fremden Mann, der eine Frau überfällt, eher die Ausnahme sei. Sigrid Bürner vom Notruf für Frauen in Kiel: "Etwa zwei Drittel aller sexuellen Übergriffe finden im näheren sozialen Umfeld der Frau statt." Eine Vergewaltigung bleibe eine Vergewaltigung, auch wenn das Opfer den Täter sehr gut kenne.
"Nein" bedeutet "Nein"
Veit Schiemann von der Opferschutz-Organisation "Weißen Ring" sagt ganz deutlich: "Machen Sie sich frei von Schuld! Die Verantwortung für die Tat liegt ganz allein beim Vergewaltiger - egal, was der Tat voranging." Ein "Nein" bedeute "Nein".
Die Opferschutzorganisation rät dazu, sich als Opfer nicht unter Druck setzen zu lassen - niemand könne einem vorschreiben, wie man sich zu fühlen habe und wie man mit der Tat umgehe. Dazu gehöre auch, dass manche Frauen sich dazu entscheiden, die Tat erst spät oder gar nicht anzuzeigen. Auch wenn dies die Chancen, den Täter zu fassen, schmälere. Doch - so Schiemann - für manche Opfer sei es sehr schwer, sich bei der Polizei und später bei der Verhandlung wieder mit der Tat zu konfrontieren. "Manche Frauen wollen dem Täter nicht noch einmal begegnen müssen. Oder es spielt die große Angst eine Rolle, sich den Fragen des Täter-Anwalts stellen zu müssen."
Beweise sichern
Vergewaltigung
Andererseits kann nur durch eine Anzeige der Täter gefasst werden - und vielleicht Folgetaten verhindert werden. Eine betroffene Frau sollte, so die Polizei, einige Punkte beachten – auch wenn die psychische Belastung gerade kurz nach der Tat sehr groß ist.
Die Polizei rät:
- Vernichten Sie keine Beweismittel; bewahren Sie zum Beispiel Bekleidung, Wäsche, Bettlaken oder andere Gegenstände auf, mit denen der Täter in Berührung gekommen ist oder Ihrer Meinung nach sein könnte!
- Wenn möglich, waschen Sie sich nicht, bevor Sie ärztlich untersucht worden sind!
- Gehen Sie möglichst schnell zur ärztlichen Untersuchung!
- Reinigen Sie nicht Ihre Kleidung, die Sie zur Tatzeit getragen haben und werfen Sie auch zerrissene Kleidungsstücke und Unterwäsche nicht fort. Es könnten wichtige Spurenträger sein!
- Verändern Sie den Tatort nicht!
- Versuchen Sie, den Tathergang in Form eines Gedächtnisprotokolls schriftlich festzuhalten. Das kann für die späteren Vernehmungen und das Verfahren sehr wichtig werden!
Jede Frau hat das Recht auf einen Anwalt
Und: Man sollte in dieser schweren Situation nicht allein bleiben. Die beste Freundin, eine Vertraute, aber auch die Mitarbeiterin einer Hilfsorganisation oder eine Anwältin können dem Opfer von Anfang an zur Seite stehen und es stärken. Jede vergewaltigte Frau hat das Recht auf einen Opferanwalt - die Kosten trägt immer der Staat. Mit seiner Hilfe, so Schiemann, kann das Opfer auch als Nebenklägerin auftreten. Verzichtet die Frau auf diese Möglichkeit, ist sie im Prozess "nur" Zeugin - und darf zum Beispiel der Verhandlung nicht beiwohnen, wenn die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Und nur als Nebenklägerin darf das Opfer unsachliche Fragen ablehnen oder Stellungnahmen abgeben.
Wie kann ich mich schützen?
Nein gegen sexuelle Gewalt
Vor einer Vergewaltigung, vor sexualisierter Gewalt, gibt es keinen hundertprozentigen Schutz. Doch man könne sich als Frau zumindest auf mögliche Gefahrensituationen einstellen, so der Experte vom Weißen Ring. Nicht nur seine Organisation rät zu Selbstverteidigungskursen. Außerdem gibt er den Tipp, sich mental auf Gefahrensituationen vorzubereiten - wenn man zum Beispiel weiß, dass man um drei diese eine Straße allein entlang laufen muss: "Überlegen Sie sich vorher, wo Sie im Fall der Fälle hinlaufen würden. Dass Sie immer ins Licht laufen. Wo Sie klingeln. Und: Dass Sie laut um Hilfe rufen werden."
Selbstbewusstes Auftreten könne potenzielle Täter eventuell abschrecken. "Siezen Sie einen Angreifer", so Schiemann, "das baut eine Mauer zwischen ihm und Ihnen auf und sorgt für geistigen Abstand."
Waffen zur Selbstverteidigung sehen die Experten der Opferorganisation dagegen mit gemischten Gefühlen: Groß sei die Gefahr, dass ein Angreifer einem die Waffe entwinde - und gegen das Opfer richte. "Außerdem", so der Experte, "bringt ein Gas-Fläschchen in den Tiefen einer Damenhandtasche wenig. Im Notfall ist es nicht griffbereit. Wer Reizgas, einen Schlüssel oder ähnliches zu seiner Verteidigung gebrauchen will, sollte es griffbereit haben: In der Hand, die in der Jackentasche steckt, zum Beispiel." Weitere Tipps für Opfer gibt der Weiße Ring in dem Flyer "Vergewaltigung – was tun?"
Nicht nur diese Organisation steht betroffenen Frauen hilfreich zur Seite. Nach einem sexualisierten Übergriff kann man u.a. Hilfe finden bei Notruf-Einrichtungen, hier findet sich auch eine Suchmaschine für Hilfseinrichtungen vor Ort, bei Frauenhäusern, den Opferschutzbeauftragten der Polizei und bei jeder Polizeidienststelle, besonders den Fachdienststellen der Kriminalpolizei.
http://www.frauenzimmer.de/cms/vergewalt...un-2868679.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Neuer Nagellack soll vor Vergewaltigung schützen
,
Nagellack schützt vor K.O.-Tropfen
Vergewaltigungsdrogen sind eine unheimliche Bedrohung für Frauen. Die Idee von vier Studenten aus den USA könnte sie in Zukunft schützen: Sie entwickelten einen Nagellack, der Vergewaltigungsdrogen in Drinks aufspürt.
,
Es klingt wie eine Erfindung aus einem "James Bond"-Film: Vier Studenten der N.C. State University tüfteln derzeit an einem ganz besonderen Nagellack. Er soll in der Lage sein, Vergewaltigungsdrogen wie Rohypnol, GHB und Ketamin zu erkennen. Diese Substanzen, auch K.O.-Tropfen genannt, sind eine tückische Gefahr für Frauen, die abends ausgehen. Immer wieder füllen Männer die geschmacksneutralen Drogen in die Gläser ihrer Opfer und machen sie so bewusstlos, um sie später zu vergewaltigen oder auszurauben.
Mit dem Nagellack, den Ankesh Madan, Stephen Gray, Tasso Von Windheim und Tyler Confrey-Maloney derzeit entwickeln, könnten sich Frauen künftig besonders unauffällig schützen. Die Studenten haben mit ihrer Idee bereits einen Nachwuchswettbewerb gewonnen und ein Startup namens "Undercover Colors" gegründet.
"Undercover Colors" sind aber nicht die einzigen, die an einer Waffe gegen Vergewaltigungsdrogen arbeiten. Die Firma DrinkSavvy kündigte im letzten Jahr an, Strohhalme und Gläser zu entwickeln, die sich ebenfalls bei Kontakt mit K.O.-Tropfen verfärben. Hier verraten die Gründer jedoch nicht, wie genau das Produkt eigentlich funktioniert.
So funktioniert der neue Nagellack:
Die Funktionsweise des Nagellacks ist dagegen bereits bekannt. Sobald dieser mit der Flüssigkeit im Glas in Kontakt kommt, soll sich der Lack verfärben und so die Trägerin warnen. Dafür muss man nur einen lackierten Fingernagel in seinen Drink halten, um zu überprüfen, ob sich darin eine gefährliche Substanz befindet.
Wo ist der Nagellack erhältlich?
Die Idee von Undercover Colors, einen Nagellack zu erfinden, der Frauen vor Überfallen schützt, ist schon 2015, nach vielen Jahren der Entwicklung, endlich Realität geworden. Angeblich soll der Nagellack noch in diesem Jahr in den Handel kommen. Wo man ihn kaufen kann, werden wir dann an dieser Stelle berichten. Zum Preis gibt es noch keine weiteren Infos.
Wir drücken jedenfalls die Daumen, dass wir in Deutschland darauf nicht mehr allzu lange warten müssen - lackiert oder unlackiert.
http://www.brigitte.de/aktuell/gesellsch...8.html?ga_noo=1
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Soforthilfe-Programm nach einer Vergewaltigung
Von Marcus Althaus am 26. September 2016 | Kategorie(n): LokalesWaldeck-Frankenberg
In Waldeck-Frankenberg wurden im vergangenen Jahr 24 Vergewaltigungen zur Anzeige gebracht, 2014 waren es 44 Vergewaltigungen. Die Dunkelziffer sei jedoch vermutlich höher, wissen die Frauenbeauftragte Beate Friedrich und Monika Lacher vom Runden Tisch „Gemeinsam gegen häusliche Gewalt“. Vor drei Monaten begann das Programm „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung“. Jetzt ist im Kreiskrankenhaus Frankenberg eine erste Bilanz dazu gezogen worden.
Da jede Vergewaltigung auch ein medizinischer Notfall ist, erhalten im Kreiskrankenhaus Frauen vertraulich und unbürokratisch Hilfe. Diese reicht von der medizinischen Akutversorgung über die „Pille danach“ bis zur Sicherung von Spuren.
Dr. med. Volker Aßmann, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, stellt klar: „Die ganzheitliche medizinische Versorgung der Frauen steht im Mittelpunkt, nicht nur die Spurensicherung.“
Spuren werden gesichert
Gleichwohl stärke das Programm die traumatisierten Frauen durch das Angebot der Spurensicherung, etwa von DNA-Material. „Sie können zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden, ob sie rechtliche Schritte einleiten wollen.“
Entscheidet sich die Frau im Kreiskrankenhaus in Frankenberg für eine Spurensicherung, werden diese ein Jahr lang im Institut für Rechtsmedizin in Gießen verwahrt. Im Sommer hatte das Kreiskrankenhaus die Mitarbeiter der Aufnahme sowie der Gynäkologischen Ambulanz mit der „Medizinischen Soforthilfe nach Vergewaltigungen“ und dem standardisierten Spurensicherungsverfahren vertraut gemacht. Seitdem wandten sich vergewaltigte Frauen zur medizinischen Versorgung und Spurensicherung an das Kreiskrankenhaus.
„Unsere Mitarbeiter treten den Frauen, denen sexuelle Gewalt angetan wurde, mit höchster Sensibilität und Vertraulichkeit entgegen. Denn häufig fällt es ihnen schwer, überhaupt Hilfe zu suchen“, sagt Fachärztin Kathrin Mika, die das Programm im Kreiskrankenhaus koordiniert. Ausführliche Informationen zum Programm „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung“ stehen auf http://www.krankenhaus-frankenberg.de und http://www.landkreis-waldeck-frankenberg.de bereit.
http://lokalo24.de/news/soforthilfe-prog...ltigung/710394/
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Besser spät als nie
29.09.2016 | 18:29 Uhr
Wenn Frauen eine Vergewaltigung nach der Tat anzeigen möchten, kommt noch einmal eine große Belastung auf sie zu, die viele scheuen.
Aufgrund der traumatischen Erfahrung sind einige Opfer auch gar nicht in der Lage, schnell eine Entscheidung zu treffen, ob sie Anzeige erstatten möchten oder nicht. Da der Großteil des sexuellen Missbrauchs im Verwandten- und Bekanntenkreis passiert, scheint die Hemmschwelle noch einmal größer. Um Spuren der Taten zu sichern, ist Zeit jedoch das Letzte, was Opfer haben.
Es ist daher gut, dass es in Gelsenkirchen nun die Möglichkeit der Anonymen Spurensicherung gibt. Nachdem die Spuren gesichert sind, bleibt Zeit für die Verarbeitung der Geschehnisse und die Gedanken über eine mögliche Anzeige.
Allerdings wurde es auch Zeit, dieses Verfahren in Gelsenkirchen endlich einzuführen. Andere Städte haben ein solches System zum Teil schon vor Jahren etabliert. Dazu zählen nicht nur Vorreiter wie Frankfurt oder Bonn. Auch Gelsenkirchens Nachbarstädte Bottrop, Herne oder Bochum bieten beispielsweise bereits seit einigen Jahren die Anonyme Spurensicherung nach sexueller Gewalt an.
http://www.derwesten.de/staedte/gelsenki...id12238349.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Sexualverbrechen
Anonyme Spurensicherung hilft Frauen in Gelsenkirchen
29.09.2016 | 18:27 Uhr
Anonyme Spurensicherung hilft Frauen in Gelsenkirchen
Gelsenkirchen. Stadt, Ärzte und Institutionen starten ein System, bei dem nach einer Vergewaltigung oder sexuellem Missbrauch Spuren anonym gesichert werden können.
Frauen, die vergewaltigt oder sexuell missbraucht wurden, soll in Gelsenkirchen mit einem neuen System nun besser geholfen werden können . Mittels des Verfahrens der Anonymen Spurensicherung (ASS) bieten Krankenhäuser die Möglichkeit, sofort nach einer Tat Spuren zu sichern. Der Druck, möglichst zeitnah eine Anzeige zu erstatten, entfällt dabei.
Ziel ist es, Frauen die Möglichkeit zu geben, sich die Zeit zu nehmen, die sie brauchen, um so zu einem späteren Zeitpunkt eine Strafanzeige zu stellen. Bislang gab es diese Möglichkeit in Gelsenkirchen nicht. Opfer konnten die Straftat entweder direkt bei der Polizei melden oder mussten auf eine Anzeige verzichten.
Täter aus dem Bekannten-, Verwandten- oder Freundeskreis
Stadt, Ärzte und Institutionen, die mit Frauen zusammenarbeiten, haben das Modell der Anonymen Spurensicherung nach dem Vorbild anderer Städte gemeinsam entwickelt. „Uns war es wichtig, das Konzept von der Basis aus zu erarbeiten“, sagt Brid Selting von der ebenfalls involvierten Frauenberatungsstelle. Alle Krankenhäuser, denen eine Gynäkologie angeschlossen ist, beteiligen sich daran.
Dazu zählen neben den Evangelischen Kliniken das Marienhospital Buer und Ückendorf. Die Ärzte nehmen dort Abstriche, die neben Dokumentationsbögen oder beschmutzten Kleidungsstücken in einer Box aufbewahrt werden. Diese gesicherten Spuren werden dann für zehn Jahre im Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Essen unter einer Chiffrenummer gelagert.
„Nach einer Tat ist eine Frau erst einmal emotional sehr aufgewühlt. Bei der Überlegung, ob sie diese anzeigen möchte, geht viel wertvolle Zeit verloren“, sagt Michael Krämer, niedergelassener Gynäkologe und Mitglied im Berufsverband der Frauenärzte, der an der Entwicklung des Verfahrens in Gelsenkirchen beteiligt war. Hinzu kommt: In der Mehrzahl der Fälle stamme der Täter aus dem Bekannten-, Verwandten- oder Freundeskreis. Vorbehalte, eine Anzeige zu erstatten, seien da zum Teil umso größer.
Je früher, desto besser
Je frühzeitiger die Untersuchung nach einer Tat erfolgt, desto besser für die Spurensicherung. Die Frauenberatungsstelle sei immer wieder mit Frauen konfrontiert, die die Tat nicht direkt anzeigen wollten oder nicht dazu in der Lage waren. „Ich schätze, dass das Verfahren der Anonymen Spurensicherung rund zehn Frauen pro Jahr helfen wird“, sagt Brid Selting.
An der Etablierung eines ähnlichen Verfahrens für Männer werde gearbeitet. „Aber irgendwo muss man ja anfangen“, sagt Krämer.
Tabea Beissert
http://www.derwesten.de/staedte/gelsenki...id12238341.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
30. September 2016, 16:16 Uhr
Rape Culture
"Wir entmündigen vergewaltigte Frauen"
Frauen sind Opfer, Männer Triebtäter: Wenn es um Vergewaltigung geht, kommen überholte Geschlechterbilder hoch, wird die Debatte undifferenziert. Die Autorin Mithu Sanyal ergründet, warum.
Interview von Tanja Mokosch
Kulturwissenschaftlerin, Journalistin und Autorin Mithu Melanie Sanyal sucht in ihrem gerade erschienenen Buch "Vergewaltigung - Aspekte eines Verbrechens" nach Gründen, warum wir über Vergewaltigung so emotional und undifferenziert sprechen wie bei keinem anderen Verbrechen. Wie kann man Vergewaltigungen verhindern? Diese Frage steht im Mittelpunkt ihres Buches.
SZ.de: Frau Sanyal, in Ihrem neuen Buch kritisieren Sie, wie wir mit weiblichen Opfern von Vergewaltigung umgehen. Warum?
Mithu Sanyal: Wir entmündigen die Frauen zu sehr. Sie müssen Opfer sein und für den Rest ihres Lebens Opfer bleiben. Das hat sich in den siebziger Jahren so entwickelt, um zu beweisen, dass das Thema Vergewaltigung ernst zu nehmen ist. Die Botschaft ist: Es gibt keine Rettung. Therapeuten wissen, dass das nicht der Fall ist. Aber die Gesellschaft und das Umfeld der Opfer wissen das oft nicht.
Ein gutes Beispiel ist vielleicht der Fall Natascha Kampusch. Warum hat ihre reflektierte Art, über das zu sprechen, was ihr widerfahren ist, die Öffentlichkeit so verstört?
Das geht gegen alles, was wir gelernt haben. Es erscheint unfassbar, dass jemand mit Vergewaltigung über Jahre hinweg so abgeklärt umgehen kann. Deshalb glauben wir, dass da etwas nicht stimmen kann. Bei Kampusch hat die Klatschpresse über eine Liebesbeziehung spekuliert. Also Entschuldigung, sie war ein zehnjähriges Mädchen. Selbst wenn sich da etwas entwickelt haben sollte, war es sicher alles andere als freiwillig. Allerdings ist alles nicht schwarz-weiß. Wir können uns Vergewaltiger nur als absolute Monster vorstellen. Dass Natascha Kampusch in ihrem Entführer auch menschliche Züge erkannt hat, lehnen wir ab.
Wie müssen wir dann mit Opfern umgehen?
Therapeutinnen sagen: "Es ist wichtig, das Ereignis selbst zu verarbeiten, es ist aber auch wichtig, wie es danach weitergeht." Dazu gehört auch, wie mein Umfeld mich wahrnimmt. Bin ich jetzt für immer das Vergewaltigungsopfer? Ich glaube, wir müssen anfangen, die Geschichten aller Betroffenen zu akzeptieren: jene, die ausweglos klingen genauso wie die Fälle, in denen das Erlebnis gut überwunden wurde, außerdem alles dazwischen.
Sie kritisieren, dass auch über das Geschlecht der Opfer zu undifferenziert gesprochen wird.
Wenn wir über Vergewaltigung reden, tauchen alle Geschlechterstereotype wieder auf, bei denen wir uns sonst auf die Zunge beißen würden: ausgelieferte Frauen als Opfer und Männer, die sich nehmen, was sie wollen. Die Vergewaltigung ist die letzte Bastion, der wahre Geschlechterunterschied. Das finde ich sehr entmutigend. Es gibt Männer, die vergewaltigen. Es gibt Männer, die vergewaltigt werden. In Deutschland wurde 1997 die Vergewaltigung in der Ehe per Gesetz als Straftat anerkannt. Das wurde in der Öffentlichkeit akzeptiert und befürwortet. In derselben Reform wurden aber auch Täter und Opfer geschlechtsneutral formuliert. Darüber wird kaum gesprochen. Männer und auch Transgender kommen in der Debatte als Opfer nicht vor. Es gibt keine verlässlichen Zahlen, wie viele Männer vergewaltigt wurden. Sie wurden in der Vergangenheit nie gefragt. Als Forscher damit angefangen haben, haben überraschend viele angegeben, sexuelle Gewalt erlebt zu haben.
Das lässt sich mit unserem Geschlechterbild nur schwer vereinbaren.
Es galt lange als natürliche Definition von Sexualität, dass der galante Mann die zunächst widerständige Frau überwältigen muss. Eine zivilisierte Frau konnte keinen Sex wollen. So wird es heute noch in Beziehungsratgebern kolportiert. Da steht dann: "Wenn Sie einen Mann kennenlernen, rufen Sie ihn nicht an. Warten Sie, bis er sich meldet. Sonst denkt er, Sie sind leicht zu haben und verliert das Interesse." Das ist tragisch. Wir lernen eine Sexualkultur, die alte Muster wiederholt. Der Mann muss den ersten Schritt machen, aber genau erkennen, was die Frau will und was nicht. Daran scheitern genau die reflektieren, empathischen Männer und denken sich vielleicht: Dann mache ich besser gar nichts.
Was bedeutet dieses Bild vom Mann als triebgesteuertem "Überwältiger" für Frauen?
Wir leben mit dem Gefühl einer potenziell ständig lauernden Bedrohung. Mir wurde als Mädchen immer gesagt: Pass auf! Und ich wusste gar nicht, wie ich das machen soll. Das hat mich nicht - in einem positiven Sinn - vorsichtig gemacht, sondern nur unsicher. Das wirkt bis heute nach. So beschreibt es ja zum Beispiel auch Margarete Stokowski in ihrem neuen Buch, obwohl sie 15 Jahre jünger ist als ich.
Früher war es der Unbekannte, der nachts mit einem Messer aus dem Gebüsch springt und eine Frau überfällt. Seit der Silvesternacht Köln ist es der Mythos vom "nordafrikanisch aussehenden Mann", der nach Deutschland kommt, um "unsere" Frauen zu vergewaltigen. Die Debatte strotzt vor Vorurteilen und Annahmen, die mit den meisten echten Fälle nichts zu tun haben. Warum?
Weil wir bei diesem schlimmen Verbrechen nicht glaube können, dass Menschen aus unserem Umfeld dazu im Stande sind. Deutsche Vergewaltiger, das sind individuell Verrückte. Sind die Vergewaltiger jedoch Fremde, dann sehen wir es als kulturelle Handlung, als charakteristisch für diese Gruppe. Es ist aber statistisch nicht belegbar, dass Ausländer oder Flüchtlinge mehr Verbrechen begehen als gebürtige Deutsche - ausgenommen Delikte, bei denen es um unerlaubten Aufenthaltsstatus geht. Wir müssen stärker hinterfragen, warum wir die Dinge so wahrnehmen, wie wir es tun.
Nein heißt Nein - und jetzt?
Feedback
Seit Kurzem gilt nach deutschem Recht der feministische Grundsatz "Nein heißt Nein". Eine Errungenschaft?
Juristisch finde ich das richtig und sinnvoll. Das Problem am Grundsatz liegt eher abseits der Rechtsprechung: Mädchen lernen in der Schule Nein zu sagen und Jungs lernen, ein Nein zu akzeptieren. Wir sollten alle beides lernen. Und natürlich zuerst einmal überhaupt herausfinden, was wir überhaupt wollen und wie wir das kommunizieren.
Welche Rolle spielt das Urteil im Fall Gina-Lisa Lohfink in der Debatte?
Da heißt es jetzt im Nachhinein, es wurde bewiesen, dass sie gelogen hat. Aber bewiesen ist gar nichts. Es musste eben jemand eine Entscheidung treffen, so ist das in Prozessen. Richter sind keine Hellseher, sie versuchen herauszufinden, was nachweisbar ist. Ein Urteil sagt nichts über Wahrheit und Unwahrheit aus.
Befürworten Sie eine Konsensregelung, wie sie etwa in Großbritannien proklamiert wird?
Dort gilt der Slogan " Ja heißt Ja". Das ist emotional erst einmal schön als Botschaft. Da sich aber die Geschlechtervorstellungen nicht verändert haben, heißt das in der Praxis in England: Wenn zwei Betrunkene miteinander Sex haben und es danach zu einer Anzeige kommt, kann der Mann verurteilt werden, weil er immer die Kontrolle über seine Sexualität haben und erkennen müsse, dass sie keine "informierte Einwilligung" geben konnte. Das finde ich schwierig.
Wie können wir Vergewaltigungen dann verhindern?
Die feministische Forderung ist: Man soll nicht Menschen beibringen, nicht vergewaltigt zu werden, man soll Menschen beibringen nicht zu vergewaltigen. Wir alle sollten also lernen, besser zu kommunizieren und nicht einfach - so wie es mir eingeimpft wurde - einzufrieren und den Kontakt abzubrechen, wenn eine Grenze überschritten wurde. Wenn wir mit richtiger Sexualbildung anfangen würden, könnte sich viel ändern. Das müssen Experten übernehmen, die in die Schulen gehen, nicht immer die armen Lehrer, sondern zum Beispiel Konsens-Trainer, es gibt für sowas ja ganze Ausbildungen.
Im Buch beschreiben Sie auch kulturelle Faktoren, die Vergewaltigung fördern können.
Es gibt Studien, die das belegen. Hierarchische Strukturen gehören dazu, und ein Umfeld, in dem Empathie nicht so wichtig erscheint - wie zum Beispiel beim Militär. Alles, was unsere Gesellschaft egalitärer macht, ist ein Schritt zur Vergewaltigungsprävention.
Das klingt utopisch.
Was ich damit sagen will: Vergewaltigung kann nicht aus dem gesellschaftlichen Kontext herausgeschnitten werden. Es ist alles miteinander verbunden.
Der Begriff "Rape Culture", den einige Feministinnen häufig verwenden, hat also seine Berechtigung?
Ja, es gibt Faktoren, die auch in Deutschland Vergewaltigung fördern. Aber im Vergleich zu anderen Ländern stehen wir gar nicht so schlecht da. Wir haben keine absoluten Zahlen, aber es haben sich schon Dinge verbessert - zum Beispiel im Umgang von Gerichten oder der Polizei mit den Opfern. Außer in Fällen wie Gina-Lisa Lohfinks. Die Veränderung des Vergewaltigungsparagraphen, dass jetzt Nein heißt Nein gilt, ist ein ganz großer Schritt. Das heißt nicht, dass alles prima geworden ist. Aber es bewegt sich was.
http://www.sueddeutsche.de/leben/rape-cu...rauen-1.3183107
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Sexuelle Gewalt
Aktionsbündnis hilft allen Missbrauchsopfern
Von Ralf Recklies 05. Oktober 2016 - 07:00 Uhr
Die Gemeinschaft „Kein Raum für Missbrauch“ setzt auf Kontinuität statt auf Einmalaktionen ohne erkennbare Nachhaltigkeit.
Böblingen - Das Thema „bietet keinen Anlass, fröhlich zu sein“, sagte der Böblinger Landrat Roland Bernhard beim jüngsten Treffen des Aktionsbündnisses „Kein Raum für Missbrauch“. Die Gründung vor drei Jahren sei nicht wegen der öffentlich gewordenen Missbrauchsfälle wichtig gewesen, sondern auch, weil „es einen Missbrauch von Schutzbefohlenen in einer erschreckend hohen Anzahl von Fällen gibt“, so Bernhard. Erfreulich sei, dass es den 17 Organisationen und Vereinen, die unter dem Dach des Aktionsbündnisses aktiv seien, gelungen sei, für das Thema umfassend zu sensibilisieren. „Wir haben etwas draus gemacht“, sagt Monika Becker, die Leiterin der Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt Thamar.
Den Erfolg der Arbeit sei schwer messbar, die Zahl der Beratungen sei aber seit Gründung des Aktionsbündnisses und nach dem Inkrafttreten des neuen Kinderschutzgesetzes gestiegen. Bis zu 230 Beratungen wegen sexueller Übergriffe gebe es jährlich. Die Dunkelziffer sei aber wohl deutlich höher. Dass die Beratungszahl gestiegen sei, liege nicht zuletzt daran, dass mit der Gründung des Aktionsbündnisses „ein Impuls gegeben wurde, der vorher so nicht da war“, sagte Becker. Früher habe man weit seltener Hilfe gesucht.
Dauereinrichtung statt Trommelwirbel
Für Becker wie Bernhard, aber auch die übrigen Mitstreiter steht außer Frage, dass es richtig war, nach der Gründung nicht „nur einmal groß Wirbel zu machen“, sondern ein dauerhaftes Angebot aufzubauen. „Denn es ist wichtig, das Tabu weiter zu brechen“, so Bernhard – in Vereinen, staatlichen Organisationen, kommunalen und kirchlichen Einrichtungen, Familien.
Seit der Gründung findet jährlich im November eine Fachtagung statt, die zur Freude Wolfgang Tredes, dem Leiter des Jugendamts der Kreisverwaltung, sowie der Gleichstellungsbeauftragten Melitta Thies gut angenommen wird. Jeweils mehr als 100 Fachkräfte und Multiplikatoren kamen zu den Tagungen. Mit einer ähnlichen Beteiligung rechnen die Verantwortlichen auch beim vierten Fachtag zum Schutzkonzept „Kein Raum für Missbrauch“ am 23.?November in der Aula der Gottlieb-Daimler-Schule 2 in Sindelfingen.
Das Aktionsbündnis hat sich in erster Linie auf die Fahnen geschrieben, dem Missbrauch von Schutzbefohlenen entgegenzuwirken. Dennoch stehe man allen Hilfesuchenden zur Seite, betonten Becker und Thies. Erfreulich sei, dass die Zusammenarbeit Beteiligter hervorragend klappe. Zentrale Aufgabe sei und bleibe die Erarbeitung und Umsetzung von Schutzkonzepten. Auch für Flüchtlinge würden Konzepte entwickelt, denn auch hier gelte es, Missbrauch zu thematisieren.
Cybermobbing unter Schülern nimmt zu
Während Angela Huber, die Leiterin des Staatlichen Schulamts Böblingen darauf verwies, dass sich einiges verändert habe und Schüler heute auch zunehmend Cybermobbing ausgesetzt seien, machten der Dekan Bernd Liebendörfer vom evangelischen Kirchenbezirk Böblingen wie auch Andrea Doll, die Jugendreferentin des katholischen Dekanats Böblingen deutlich, dass sich auch in den kirchlichen Einrichtungen viel getan habe, die Mitarbeiter zusätzlich ausgebildet würden.
Zur Überraschung von Daniel Lorch vom Polizeipräsidium ist das Aktionsbündnis in seiner Art in der Region einmalig. Erfreulich für ihn: man habe nicht nur schlaue Papiere erarbeitet, sondern für eine gute Vernetzung gesorgt, „daher sei man „im Kreis nun richtig gut aufgestellt sind“. Dass auch die Kommunen und Sportvereine gefordert sind und ihre Verantwortung kennen, davon ist Ekkehardt Fauth, der Vorsitzende des Sportkreises überzeugt, auch wenn er weiß, „dass es ein Thema ist, dass uns leider ständig weiter begleiten wird“.
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt...710d456646.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Diese Fotogeschichte soll Vergewaltigungen verhindern!
"Das habe ich getragen, als ich Opfer von sexueller Gewalt wurde"
Selbstbestimmung: Unser Leben, unsere Entscheidungen!
23 BILDER
Gerade in Indien ist Vergewaltigung ein Verbrechen, das gerne totgeschwiegen wird. Der Fotograf Ganesh Toasty will mit einer Fotoserie zeigen, warum man nicht den Frauen die Schuld geben darf.
Eine Frau ist allein unterwegs. Plötzlich wird sie von einer Gruppe Männer gestoppt und brutal überfallen. Eine Gefahr, die wohl jeder Frau im Hinterkopf herumspukt, wenn sie unbegleitet von einer Männergruppe angesprochen wird - und ein Verbrechen, das gerade in Indien in den letzten Jahren immer wieder für Schlagzeilen gesorgt hat.
"Vergewaltigung kann jedem passieren"
Der Fotograf Ganesh Toasty möchte, dass sich etwas ändert in seinem Land. Mit einer Fotoserie möchte er Aufmerksamkeit auf das Problem lenken - und vor allem zeigen, dass die Frauen nicht "selbst schuld" sind, wie ihnen immer noch oft unterstellt wird. "Vergewaltigung kann jedem widerfahren, und von jedem ausgeübt werden", so der Fotograf. "Die Entscheidung, jemanden zu vergewaltigen wird nicht nur von Menschen mit krimineller Vergangenheit getroffen. Das ist eine Impulshandlung, die der Täter oft nicht plant, bis es plötzlich passiert.(...) Außerdem soll diese Fotoserie zeigen, dass die Art, wie eine Frau sich kleidet, nichts mit dem Verbrechen der Vergewaltigung zu tun hat."
Männer in der Verantwortung
Toasty stellt in seiner Fotogeschichte eine versuchte Vergewaltigung nach und rückt dabei die Männer in den Fokus, die sich einerseits schuldig machen, und andererseits Schlimmeres verhindern können. Die Täter sind gebildete Bürger der Mittelschicht, die von einem Augenblick auf den anderen zu Verbrechern werden. In letzter Sekunde besinnt sich einer von ihnen und hält den Rest der Gruppe davon ab, die junge Frau sexuell zu missbrauchen.
Es ist nie zu spät, etwas zu tun!
Das ist nicht unbedingt eine Heldentat, nachdem die Frau bereits blutig geprügelt wurde. Aber genau darum geht es dem Fotografen: Die Botschaft, dass es nie zu spät zum Aufhören ist.
http://www.brigitte.de/aktuell/gesellsch...8.html?ga_noo=1
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Kann man Vergewaltigungen wirklich aufbauschen?
Von Wiebke Hollersen | Stand: 12:36 Uhr | Lesedauer: 3 Minuten
Mithu Sanyal Mithu Sanyal
„Vulva“-Autorin Mithu Sanyal hat ein provokantes Buch über Vergewaltigung geschrieben. Demnach neigen wir dazu, Sex-Verbrechen zu dramatisieren. Von den Opfern werde Traumatisierung erwartet – lebenslang.
Mithu Melanie Sanyal hat ihrem neuen Buch kein Vorwort vorangestellt, sondern eine „Triggerwarnung“. So ist das in der Szene üblich, in der sie sich bewegt. Sanyal ist Kulturwissenschaftlerin, Referentin für Genderfragen und begeisterte Feministin. Wer beim Lesen ihres Buchs an den Sternchen in ihrer Sprache hängen bleibt („Veranstalter*innnen“), der ist vermutlich selbst schuld oder eben noch nicht so weit.
Eine Triggerwarnung jedenfalls ist ein Hinweis auf möglicherweise zu anstrengende oder belastende Inhalte in einem Text. Erwachsene warnen andere Erwachsene vor dem Lesen. Es geht um Traumata, von denen man annimmt, sie könnten durch eine Lektüre wieder aufbrechen. Nun ja, schreibt Sanyal, von „Vergewaltigung“ handele ihr Buch nun mal.
Kein Wohlfühlbuch
Es sei kein Wohlfühlbuch wie ihr erstes, das „Vulva“ hieß und die Kulturgeschichte des weiblichen Geschlechts nachzeichnete, sie habe aber versucht, das Ganze dennoch zu einem „befreienden Leseerlebnis“ zu machen. Das Buch liest sich teilweise so anstrengend, wie das alles klingt. Und teilweise sehr erhellend.
Es ist ein kleines, vollgestopftes Buch, nur 176 Seiten Text (auf die fast 60 Seiten Fußnoten folgen), in dem unter anderem der Fall Gina-Lisa Lohfink, die Silvesternacht von Köln, Roman Polanski, Julian Assange, „Nein heißt Nein“-Kampagnen und der Begriff „Rape Culture“ verhandelt werden.
Niemand darf sich davon erholen
Erhellend wird es, wenn Sanyal beginnt, Begriffe und Konzepte infrage zu stellen, den Blick zu weiten, der vor Entsetzen festfährt, wenn von sexueller Gewalt die Rede ist. Vergewaltigung ist ein Verbrechen, von dem sich niemand erholen darf – weil wir annehmen, dass sich niemand von ihm erholen kann.
Von den Opfern, oder wie es inzwischen oft heißt: den Überlebenden, wird eine Traumatisierung erwartet, die lebenslang anhält. Sanyal zitiert die Mitarbeiterin einer Beratungsstelle, die von Frauen berichtet, die sexuelle Gewalt erlebt haben und sich hinterher „Vorwürfe machen, dass sie nicht die angemessene Zerrüttung an den Tag legen“.
Das Beispiel eines Fußballers
Die Täter sind ohnehin nicht rehabilitierbar. „Der Entmündigung der Opfer steht die Entmenschlichung der Täter gegenüber“, schreibt Sanyal und erzählt von einem Profifußballer aus Wales. Er war 20, als er mit einer 19-Jährigen Sex hatte, die zu betrunken war, um sich zu wehren oder zuzustimmen. Der Fußballer wurde wegen guter Führung vorzeitig aus der Haft entlassen, doch er fand nie wieder einen Verein, 150.000 Menschen unterschrieben eine Petition gegen seine Verpflichtung.
Überraschendes Urteil sorgt für Tumulte
Es klingt wie eine Story aus einem Mafia-Film. Der Besitzer eines Restaurants in Hamburg erschießt seinen Schutzgelderpresser und betoniert die Leiche im Fußboden ein. Jetzt fiel das Urteil.
Quelle: Die Welt
„Was ist Vergewaltigung?“, fragt Sanyal noch im letzten Kapitel ihres Buchs. Es gebe Menschen, die andere klar durch sexuelle Gewalt erniedrigen und schwer verletzen. Es gebe Menschen, „die sexuelle Kommunikation nicht oder falsch verstehen“. Und alles dazwischen. Wie kommen wir da raus? Tja, Triggerwarnung: Die Autorin weiß es auch noch nicht wirklich.
Mithu Sanyal: „Vergewaltigung. Aspekte eines Verbrechens“. Edition Nautilus. 240 S., 16 €.
https://www.welt.de/kultur/literarischew...ufbauschen.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Göppingerin schreibt Frauenratgeber
Trillerpfeifen und gezielte Schläge
Von Corinna Meinke 05. Oktober 2016 - 08:00 Uhr
Weil Gewalt gegen Frauen überall passieren kann, hat eine Göppingerin einen praktischen Ratgeber für die Handtasche geschrieben. Er ist voll gepackt mit Tipps und Tricks für den Frauenalltag.
Göppingen - Einen Ratgeber für Frauen, der in jede Handtasche passt, hat Barbara Reik geschrieben. Die Tai-Chi-Lehrerin, Wellnesstrainerin und Initiatorin des Netzwerks Bewegungswelt Tai Chi aus Göppingen-Bartenbach hat darin Tipps und Tricks zusammengetragen, mit denen es Frauen gelingen soll, sich vor Übergriffen zu schützen. Reik widmet sich ausführlich der Prävention durch Selbstsicherheit, gibt Empfehlungen für Hilfsmittel und zeigt wenige, aber effektive Abwehrtechniken.
Gewalt erleiden Frauen nicht nur in Köln
Damit der Ratgeber zu Beginn der dunklen Jahreszeit erscheinen kann, hat Reik im vergangenen Januar mit dem Schreiben begonnen. Die massenhaften Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln habe sie dabei natürlich auch im Hinterkopf gehabt, sagt die Göppingerin.
„Ich muss aber nicht erst nach Köln reisen, damit mir so etwas passiert“, erklärt die kampfkunsterfahrene Frau und beschreibt, wie sie selbst erst vor kurzem am hellen Mittag in Göppingen von einem Mann angegriffen worden sei: „Er wollte mich umwerfen und zu Boden stoßen“, aber ich konnte zum Glück ausweichen, er hat mich nur etwas an der Schulter erwischt.“ Als Reik bei der Polizei Anzeige erstattete, erfuhr sie, dass der Angreifer noch weitere Frauen angegangen hatte.
Frauen können mit Freundinnen üben
„Mir hat geholfen, dass ich aufmerksam war und gemerkt habe, was in dem Moment gerade passiert“, sagt die Autorin, die ihren Leserinnen deshalb rät, wieder mal das gute alte „Memory“ zu spielen, weil es die Merkfähigkeit schule. Auch ein Besuch im Straßencafé zusammen mit einer Freundin ist unter Reiks Tipps zu finden, die darauf abzielen, Frauen nicht die Lebensfreude zu nehmen, sondern ihnen alltagstaugliche Abwehr- und Vorsorgestrategien wie den richtigen Platz in öffentlichen Verkehrsmitteln aufzuzeigen. Im Café beispielsweise könnten die beiden Freundinnen üben, Personen zu beschreiben, was im Ernstfall bei der Anzeigenaufnahme bei der Polizei sehr hilfreich sei. Auch lautes Schreien und der richtige Einsatz von Hilfsmitteln wie der Trillerpfeife sollten Frauen gemeinsam ausprobieren, rät Reik.
Dass geistige und körperliche Präsenz extrem wichtig sind, um gefährliche Situationen früh zu erkennen und darauf zu reagieren, hat die Autorin auch schon vor dem Angriff in Göppingen gewusst, wie sie erklärt. Deshalb widmet Reik dem Thema Prävention auch mehr als die Hälfte des insgesamt 127 Seiten starken Ratgebers. „Frauen sind Männern in der Regel körperlich unterlegen“, sagt Reik und rät dazu, den direkten Kampf möglichst zu vermeiden. „Ich empfehle Frauen, joggen und laufen zu trainieren“, denn Gewalt aus dem Weg zu gehen, sie nicht zuzulassen, sei die beste Gegenwehr.
Ein sicherer Stand ist das A und O
Dazu gehöre auch, das Frauen keine Opferhaltung einnehmen sollten. Barbara Reik rät in dieser Hinsicht, eine gebeugte Haltung beim Gehen und Stehen und den gesenkten Blick zu vermeiden. Stattdessen sei Selbstsicherheit ein wichtiges Rüstzeug und der richtige Umgang mit der eigenen Angst. Auch dafür zeigt die Autorin, die im Alter von 40?Jahren mit Judo begonnen hat und seit 1998 Tai Chi praktiziert, eine Reihe von Übungen, von denen viele auf ihrer Erfahrung als Tai-Chi-Coach fußen. Für den notwendigen sicheren Stand sorgen eben auch ruhiges Atmen und Anti-Stress-Übungen.
Praktische Abwehr- und Schlagtechniken in Wort und Tat runden den Ratgeber ab, der im letzten Kapitel zudem wichtige Adressen versammelt, die Hilfen anbieten, wenn Frauen tatsächlich Opfer von Gewalt geworden sind.
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt...d57f75f1bc.html
http://www.taichi-reik.de
https://www.mankau-verlag.de/buecher/all...ompakt-ratgeber
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Von Psychoterror bis Vergewaltigung
Wenn Männer Opfer häuslicher Gewalt werden
Von Catalina Schröder
20 Prozent der Opfer von häuslicher Gewalt sind - nach Schätzungen - Männer. Doch viele Hilfsangebote kümmern sich ausschließlich um weibliche Opfer. Dürfen Männer in unserer Gesellschaft keine Opfer sein? Und wie kommt es überhaupt zu weiblicher Gewalt gegen Männer?
René Pickhardt:
"Ich hab drei Jahre lang in 'ner Beziehung gelebt, in der ich häusliche Gewalt erlebt hab. Das war also psychische Gewalt, körperliche Gewalt und nach der Trennung auch 'n sexueller Übergriff. Ja, durch diese Gewalterfahrung bin ich an 'ner posttraumatischen Belastungsstörung erkrankt, die ich seit zwei Jahren behandele."
René Pickhardt ist 31 Jahre alt und 1,88 Meter groß. Ein durchtrainierter Mann mit kräftigem Händedruck und offenem Blick. Die blonden Haare hat er zu einem Zopf am Hinterkopf zusammengeknotet. Pickhardt promoviert an der Uni Koblenz im Fachbereich Informatik über Sprachverarbeitung in Computern.
Pickhardt hat gründlich darüber nachgedacht, ob er diesem Interview zustimmen soll, denn er will über etwas reden, über das man (bzw. Mann) eigentlich nicht spricht: über Männer, die von ihren Frauen geschlagen, gedemütigt, sexuell belästigt oder sogar vergewaltigt werden. René Pickhardt will seine eigene Geschichte erzählen.
Über Männer, die Gewalt von Frauen erfahren, gibt es viele Vorurteile: Viele Menschen bezweifeln, dass sie überhaupt dieser Art von Gewalt ausgesetzt sind. Männer, so die gängige Annahme, können sich im Unterschied zu vielen weiblichen Gewaltopfern schließlich wehren. Sie sind meist größer und vor allem stärker als Frauen. Kein Mann muss sich Gewalt durch eine Frau gefallen lassen.
Zwei Jahre ist es her, dass René Pickhardt mit einer Frau zusammen ist, die den Drang hat, ihn zu kontrollieren. Er erlebt, wie seine Partnerin Grenzen immer weiter verschiebt: Anfangs versucht sie ihm vorzuschreiben, mit wem er Kontakt haben darf. Später schubst oder kneift sie ihn, gibt ihm auch mal eine Ohrfeige. Die Anlässe für diese Handgreiflichkeiten sind oft Meinungsverschiedenheiten. Seinem Körper fügen sie nie mehr als ein paar blaue Flecken zu. Seine Seele aber nimmt ganz langsam einen Schaden, der sich viel später als mutmaßlich unheilbar herausstellen wird. Warum wehrt er sich damals nicht?
"Ja, vielleicht hatte ich diesen Reflex, mich zu wehren, aber ich bin halt hauptsächlich in eine Schockstarre gefallen, also das heißt, ich konnte mich da gar nicht wehren. Ich bin einfach, ja, verstummt sozusagen im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn ich dann außerhalb der Beziehung war, oder wenn ich alleine war, habe ich oft gemerkt, dass mir diese Beziehung nicht gut tut, dass ich mich davon abgrenzen möchte, dass ich mich eigentlich gerne wehren möchte. Aber sobald wir wieder, ich sag mal: im Innenverhältnis waren, ist mir das nicht gelungen."
Dabei macht René Pickhardt nicht den Eindruck, dass es ihm an Selbstbewusstsein mangelt. Er ist freundlich, vertritt aber auch ganz klar seinen Standpunkt. Wie kann es sein, dass dieser Mann Gewalt von einer Frau erduldet hat?
Hilfe nur für weibliche Gewaltopfer
In Hamburg lebt der Psychologe Thomas Krieg. Pro Jahr betreut er etwa fünf bis sechs männliche Gewaltopfer. Er kann erklären, unter welchen Umständen Männer Opfer von häuslicher oder sexueller Gewalt werden.
"Das ist jetzt nicht so, dass der typische Mann irgendwie klein ist und geschlagen wird, sich nicht wehren kann. Das sind Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, aus allen Bildungsschichten. Es sind irgendwo Menschen wie du und ich. Also, es ist jeder. Es sind Männer, die eigentlich sehr selbstbewusst sind, die gut im Beruf und im Leben irgendwo klarkommen und die dann vielleicht manchmal denken, sie dürften sich nicht wehren, wenn die Partnerin das irgendwie macht. Es sind Männer, die manchmal abhängig sind von Partnerinnen. Es sind Männer, die sich manchmal 'ne Partnerin gesucht haben, die ähnliche Muster wiederholen, wie es vielleicht früher in der Herkunftsfamilie passiert ist. Das sind ganz unterschiedliche Menschen."
Ihre körperliche Überlegenheit hilft vielen Männern deshalb bei häuslicher und sexueller Gewalt meist nicht weiter. Dazu kommt, dass Gewalt, die von Frauen ausgeht, häufig gar nicht körperlich ausgeübt wird.
"Also Frauen, würde ich sagen, tendieren im Allgemeinen mehr zu psychischer Gewalt. Also eher noch zu Psychoterror, aber psychische und physische Gewalt – also manchmal ist es schwer auseinander zu dividieren."
Warum aber neigen manche Frauen in einer Beziehung überhaupt zu Gewalt?
"Du bist nie für deinen Sohn da, du kümmerst dich nie. Oder: Du lässt mich immer irgendwo allein. Oder: Ich muss immer alles machen und bin immer alleine. Du erkennst mich nicht wirklich an. Also da gibt's ganz, also vom Kleinsten bis ins Größte. Häufig eher so der psychosoziale Feinstaub, irgendwo in ner Beziehung, der dann irgendwo so niedernieselt. Manchmal ganz große Themen, wenn der Partner plötzlich arbeitslos ist und sich die Beziehung verändert oder wenn die Partnerschaft in die nächste Phase geht, wenn man sich verlobt oder wenn man geheiratet hat, oder wenn auf einmal irgendwie nen Kind da ist und sich dann ja irgendwie das Verhältnis zueinander ja irgendwo auch verändert nochmal und man auch anders miteinander umgehen kann."
Über Gewalt in der Beziehung zu sprechen, fällt jedem Menschen schwer. Thomas Krieg erlebt aber, dass Männer damit noch ein viel größeres Problem haben als Frauen.
Sich selbst einzugestehen, dass sie in so einer Situation Hilfe brauchen, empfinden viele Männer als Schwäche. Sie passt nicht ins gesellschaftliche Bild des Ernährers und des starken Mannes, der niemals weint, das viele Jungen schon von klein auf lernen.
René Pickhardt gehört damals zu den Männern, die gerne Hilfe annehmen würden. Pickhardt wendet sich in Koblenz an einen Verein für Opfer von häuslicher Gewalt. Die Antwort: Man kümmere sich nur um weibliche Gewaltopfer.
"Ich habe gefragt: Habt ihr vielleicht irgendwie eine andere Adresse und dann habeb sie gesagt: Ja, probier es mal bei der Lebenshilfe von der Caritas und dann hab ich dort angerufen und hab das Gleiche erfahren. "
"Die Ärztin wusste nicht, was sie mit mir machen soll"
Irgendwann hält René Pickhardt es nicht mehr aus und stellt seiner Partnerin ein Ultimatum: Sollte sie ihm gegenüber noch einmal gewalttätig werden, wird er sich von ihr trennen. Eine nachvollziehbare, aber unrealistische Forderung. Es dauert nur wenige Tage, bis es zum nächsten Übergriff kommt und Pickhardt seine Ankündigung wahr macht.
Eine Woche später trifft er sich wieder mit seiner Ex-Freundin in ihrer Wohnung – sie will noch einmal mit ihm reden. Warum er dem Treffen damals zugestimmt hat, ist Pickhardt heute selbst nicht mehr ganz klar. Es ist der Tag, an dem seine Ex-Freundin ihn vergewaltigen wird.
Über die Details und den genauen Ablauf der Tat möchte Pickhardt nicht sprechen, wohl aber darüber, was ihm in den darauffolgenden Stunden, Tagen, Wochen und Monaten wiederfahren ist. Für Pickhardt war das, was auf die Tat folgte, fast noch schlimmer als die Tat selbst.
"Nachdem es dann zu diesem sexuellen Übergriff kam, konnte ich Menschen nicht mehr angucken, konnte nicht mehr sprechen und dann bin ich zu meinem besten Freund gegangen - und ja, die haben einen Rettungswagen geholt. Und ich erinnere mich, ich war erstmal ewig unter der Dusche, also bestimmt eine Dreiviertelstunde, weil ich mich so eklig fand, und dann kamen irgendwann die Sanis und die haben mich gesehen und das erste, was die gesagt haben: Ganz klar, nehmen wir mit.
Dann sind wir runter in den Rettungswagen gegangen und dann ging es irgendwie nicht weiter. Und ich hab nur gesehen, wie die Ärztin draußen die ganze Zeit mit dem Handy telefoniert hat. Irgendwann hab ich dann erfahren, dass es keinen Prozess in Deutschland gibt für männliche Vergewaltigungsopfer. Also, eine Frau würde man halt zum Gynäkologen bringen, das passiert beim Mann wohl nicht. Und Krankenhäuser wollten mich nicht aufnehmen im Umkreis und die Ärztin wusste halt nicht, was sie mit mir machen soll. Dann wurde mir dazu geraten, dass ich unterschreibe, dass ich auf eigene Verantwortung den Rettungswagen von seiner Hilfspflicht entlasse."
Für vergewaltigte Männer gibt es keine Hilfsstrukturen in Deutschland. (dpa/picture-alliance/Holger Hollemann)Für vergewaltigte Männer gibt es keine Hilfsstrukturen in Deutschland. (dpa/picture-alliance/Holger Hollemann)
Ist Deutschland auf männliche Gewaltopfer wie René Pickhardt also gar nicht vorbereitet? Ein Blick in die Zahlen scheint genau das zu belegen: Die meisten Beratungsstellen richten sich ausschließlich an Frauen. In psychiatrischen Kliniken gibt es Stationen für weibliche, aber nie für männliche Gewaltopfer. Mehr als 430 Frauenhäusern stehen gerade einmal drei Männerhäuser gegenüber.
Nur eine Studie über Gewalt gegen Männer
Aber wie häufig werden Männer in Deutschland tatsächlich Opfer von sexueller Gewalt? Experten sind sich darüber nicht ganz einig. Einige vermuten, dass jedes fünfte häusliche Gewaltopfer ein Mann ist. Andere gehen davon aus, dass Männer und Frauen gleichermaßen Opfer werden. Verlässliche Zahlen gibt es nicht.
Während es in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten diverse Studien über Gewalt gegen Frauen gab, gibt es über Gewalt gegen Männer genau eine einzige. Ihre Situation ist also nicht besonders gut erforscht. Die Studie stammt aus dem Jahr 2004 und wurde damals vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegeben. Weil mit 488 Männern die Zahl der Befragten recht klein und wenig repräsentativ war, wurde die Studie oft kritisiert.
Ergebnis der Befragung war, dass Männer in ihrer Freizeit und in der Öffentlichkeit am meisten körperliche Gewalt erfahren – beispielsweise durch Prügeleien. Jeder vierte befragte Mann gab aber auch an, in seiner Partnerschaft schon einmal Gewalt erlebt zu haben. Das entspricht genau der Anzahl Frauen, die in Befragungen angeben, Gewalt zu erleben. Der Diplom-Pädagoge Ralf Puchert war damals an der Konzeption der Männer-Studie beteiligt. Ich will von ihm wissen, welche Auswirkungen sie hatte.
Puchert:
"Nee, es ist wirklich sehr wenig damit passiert insgesamt. Also ich denke es hat sich ein bisschen was im öffentlichen Diskurs verschoben. Insgesamt so die Optionen, die Möglichkeiten, dass Männern Gewalt widerfährt und selbst im häuslichen und auch sexuellen Bereich, ist nicht mehr völlig absurd, wie es damals zum Teil war."
Mehr Hilfsangebote speziell für Männer wurden nach der Studie nicht ins Leben gerufen.
Dabei hättet René Pickhardt so etwas gut gebrauchen können. Als der Krankenwagen ihn am Tag der Vergewaltigung durch seine damalige Partnerin nicht mitnimmt, weil keine Klinik sich um ein männliches Vergewaltigungsopfer kümmern will, besteht sein bester Freund darauf, dass die Notärztin wenigstens für den nächsten Tag einen Termin bei einem Psychiater vereinbart. Der Psychiater, den er am nächsten Morgen trifft, bietet Pickhardt die Aufnahme in die stationäre Psychiatrie an. Eine Woche dauert es, bis er sich dort soweit erholt hat, dass er mit den Ärzten und Schwestern reden kann.
Es geht darum, als Opfer anerkannt zu werden
René Pickhardt wird Ende Oktober 2014 nach 30 Tagen in der Psychiatrie entlassen. Er erzählt, dass er sich damals so gut fühlt wie selten zuvor. Die Therapeuten haben es geschafft, sein Selbstbewusstsein zu stärken. Er ist wieder in der Lage, mit anderen Menschen zu sprechen. Doch er merkt schnell, dass der Alltag nicht ganz so einfach ist, wie er zunächst geglaubt hatte. Immer wieder erlebt er die Vergewaltigung in Flashbacks aufs Neue. Er sucht sich deshalb ambulante Hilfe bei einem Therapeuten, bei dem er bis heute in Behandlung ist. Anfang dieses Jahres geht er noch einmal für sechs Wochen zur Reha in eine Klinik für posttraumatische Belastungsstörungen. Heute fühlt er sich deutlich stabiler, aber…
"Ich merk schon noch, wie mich das in meinem täglichen Leben belastet. Also mein Job fällt mir nicht mehr so leicht, seit ich das erlebt habe. Meine Stressregulation funktioniert nicht mehr so gut und dadurch klappen halt bestimmte Tätigkeiten nicht mehr so gut."
Pickhardt leidet häufig unter starken Kopfschmerzen. Fast täglich nimmt er sich Zeit für Meditationsübungen, die er in der Klinik gelernt hat. Er spielt mit dem Gedanken, eine Selbsthilfegruppe zu gründen, damit andere Männer die Hilfe bekommen, die er selbst gebraucht hätte.
Trotz der Gewalt, die er erfahren hat, lebt René Pickhardt heute wieder in einer Beziehung mit einer Frau. Wie gelingt ihm das? Haben die Gewalttaten, die ihm von seiner ehemaligen Partnerin angetan wurden, nicht auch sein Frauenbild verändert?
"Ich glaube, das hat mein Menschenbild verändert, aber nicht mein Frauenbild an sich. Ich glaube, es gibt einfach Menschen, die aggressiv sind und die ihre Aggressionen nicht gut regulieren können - und ich glaube, das kann Männern wie Frauen passieren."
Obwohl René Pickhardt den Ablauf der Tat noch am Abend des Vorfalls aufgeschrieben und von der Täterin sogar eine Bestätigung darüber hat, dass sie wirklich so passiert ist, hat er die Frau bis heute nicht angezeigt. Er hat sich noch nicht entschieden, ob er das eines Tages nachholen wird.
"Ich glaube halt nicht an unser System mit: jemanden ins Gefängnis stecken oder jemandem eine Haftstrafe geben. Das find ich halt… - das produziert keine Gerechtigkeit und auch ein Schmerzensgeld ändert da nichts, ja? Das heißt, wenn ich diese Anzeige stelle, ging es mir eigentlich nur darum, dass – ja, ich anerkannt bin als Opfer."
http://www.deutschlandradiokultur.de/von...ticle_id=367876
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Ihre Story, Ihre Informationen, Ihr Hinweis? feedback@20minuten.ch Story
SVPlerin teilt aus10. Oktober 2016 20:20; Akt: 10.10.2016 20:21 Print
«Naive Frauen mitschuldig an Vergewaltigung»
Andrea Geissbühler (SVP) findet es in Ordnung, dass Vergewaltiger nur bedingte Strafen erhalten, wenn sich die Frauen «naiv» verhalten hatten. Das stösst auf massive Kritik.
Ein Drittel der verurteilten Vergewaltiger muss in der Schweiz nicht ins Gefängnis: Sie kommen mit bedingten Strafen davon. Das kritisierten am Sonntag auf TeleBärn sowohl Strafrechtsprofessor Martin Killias wie auch die Berner SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler scharf.
Doch dann relativiert Geissbühler ihre Aussage und findet, dass bedingte Strafen – die in ihren Augen eigentlich keine Strafen sind – gerechtfertigt sind, wenn die Frau an ihrer Vergewaltigung «mitschuldig» sei.
«Naive Frauen, die fremde Männer nach dem Ausgang mit nach Hause nehmen und dann ein bisschen mitmachen, aber dann plötzlich dennoch nicht wollen, tragen ja auch ein wenig eine Mitschuld. Da sind die bedingten Strafen vielleicht gerechtfertigt», sagt die ehemalige Berner Kantonspolizistin im Fernsehbeitrag.
Experten widersprechen vehement
SVP-Nationalrätin Natalie Rickli, die sich seit langem für härtere Strafen für Sexualstraftäter einsetzt, widerspricht: «Natürlich ist Vorsicht geboten und jede Frau ist auch für sich selber verantwortlich, aber eine Vergewaltigung oder Strafmilderung lassen sich dadurch nicht rechtfertigen.»
SP-Nationalrätin Mattea Meyer geht noch weiter: «Eine solche Aussage ist absolut unhaltbar. Ein Opfer ist nie Schuld an der Tat, denn Nein heisst Nein.» Opfern eine Mitschuld zu geben, führe dazu, dass diese sich nicht mehr getrauen, Anzeige zu erstatten. «Geissbühler, die ja Polizistin ist, schadet damit der polizeilichen Arbeit und Glaubwürdigkeit. Denn die Polizei muss Opfer in jedem Fall ernst nehmen. Was Geissbühler hier betreibt, ist Täterschutz.»
Auch Experten sind entsetzt: «Keine Frau, die Opfer einer Vergewaltigung wird, trägt die Schuld oder Mitschuld für die erlittene sexuelle Gewalt», sagt Linda Borner, Beraterin bei Lantana, der Berner Fachstelle Opferhilfe bei sexueller Gewalt. «Die Stiftung gegen Gewalt an Frauen und Kindern vertritt in dieser Hinsicht eine Nulltoleranz-Linie.»
Auch Brigitte Gschwend von der Opferhilfe Bern sagt: «Diese Aussage, dass die Frauen eine Teilschuld trifft, weil sie mitgehen oder jemanden mit nach Hause nehmen, halte ich für nicht adäquat. Dass eine Frau einem Mann erlaubt, sich mit ihm in privaten Räumlichkeiten aufzuhalten, gibt ihm noch keinen Freibrief, sexuelle Aktivitäten zu erzwingen.»
Wenn Frau A sagt, muss sie dann auch B sagen?
«Sie hat nun eben die Haltung, dass jemand, der sich einer Gefahr aussetzt, automatisch auch mitschuldig ist», so Gschwend weiter. «Es geht auch um das uralte Thema, ob eine Frau, die A sagt, auch B sagen muss. Diese Argumentation ist sehr gefährlich. Denn das hiesse ja, dass der arme Mann nicht mehr fähig ist, das B zu respektieren. Aber das muss man ganz klar von jedem Mann in jedem Alter verlangen können.»
Geissbühler steht auf Anfrage nach wie vor zu ihrer Aussage. Den Vorwurf, Täterschutz zu betreiben, weist sie zurück: «Ich habe klar gesagt, dass ich es verurteile, dass ein Drittel der Vergewaltiger mit einer bedingten Strafe davon kommt. Der Anteil ist klar zu hoch.» Sie halte generell nichts von bedingten Strafen. Aber als Polizistin habe sie eine differenzierte Sichtweise: «Ich habe bei Befragungen gesehen, dass es Frauen gibt, die lange mitspielen.» Sie appelliere deshalb auch an den gesunden Menschenverstand der Frauen.
http://www.20min.ch/schweiz/bern/story/20556767
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Vergewaltigungs-Opfer über Geissbühler entsetzt
Die Aussage von SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler, Frauen würden sich durch naives Verhalten an Vergewaltigungen mitschuldig machen, löste einen Shitstorm aus.
«Ich war 14 und hatte meine Haarbürste in der Umkleidekabine des Hallenbades vergessen. Dort ist es passiert», schildert eine 20-Minuten-Leserin sexuellen Missbrauch. Leserin Rockabella, wie sie sich nennt, wurde sogar noch ein zweites Mal Opfer sexueller Gewalt. «Anfang 20 hat ein Typ mein Nein nicht akzeptiert», erzählt sie. Heute könne sie keine Männer mehr kennen lernen, ohne in Panik zu geraten, wenn es ernster wird.
Umfrage
Weil Andrea Geissbühler gewissen Frauen eine Mitschuld an deren Vergewaltigungen gibt, fühlen sich viele Opfer vor den Kopf gestossen. Sie haben einen Shitstorm losgetreten. SP-Nationalrat Cédric Wermuth bezeichnet Geissbühler als weiblichen Donald Trump.
Auf Facebook fordert eine Gruppe gar den Rücktritt der Berner Nationalrätin. Sie bezeichnet die Aussagen Geissbühlers als «victim blaming».
Opfer fühlen sich verhöhnt
Weil sie sich angeschuldigt glauben, fühlen sich Opfer sexueller Gewalt ob den Aussagen von Geissbühler massiv gekränkt. «War ich auch mitschuldig, als mir mein Ex das angetan hat, weil ich ihm vertraut habe, dass er nur reden wollte?», fragt Zoe. Sie findet, dass sich Geissbühler für ihre Aussage schämen sollte.
«Viele betroffene Frauen getrauen sich heute noch nicht darüber zu sprechen, die Schamgefühle sind enorm», erzählt Babs. Sie wurde mit 12 Jahren Opfer von sexuellen Übergriffen. «Diese Menschen haben keine Ahnung was da in der Seele alles kaputt geht.» Mike D. erzählt: «Meine Freundin wurde als 9-Jährige von ihrem Onkel missbraucht. Wenn sie sowas hier liest, bricht sie in Tränen aus.»
Ein Drittel ist Geissbühlers Meinung
Doch trotz des Shitstorms gibt es auch Leser, die sich der Meinung Geissbühlers anschliessen oder diese zumindest nachvollziehen können. 33 Prozent von über 15'000Umfrage-Teilnehmern finden, dass die Frau ein wenig Recht hat.
Marita meint etwa: «Wenn ich in eine Bar gehe, dort mit meinem Monatslohn herumwedle und mit wildfremden Typen saufe und irgendwann niedergeschlagen und ausgeraubt werde, dann ist dies ganz klar ein Verbrechen und die Täter müssen mit der vollen Härte bestraft werden. Trotzdem bin ich mitverantwortlich.»
«Viele Leute bekamen den Satz in den falschen Hals»
Unterdessen krebst Andrea Geissbühler etwas zurück. In einem Interview im «Bund» sagt sie: «Die Aussage so war ein Fehler. Das würde ich nicht mehr so sagen. Viele Leute bekamen den Satz in den falschen Hals.» Es gebe Leute, die glaubten, sie würde ihnen die Schuld am erlebten Missbrauch geben. «Das ist nicht so», stellt Geissbühler klar.
Sie habe lediglich auf die Gefahren aufmerksam machen wollen. «Täter bleibt Täter, und nein heisst nein. Aber Frauen müssen sich bewusst sein, was es bedeutet, wenn sie einen fremden Mann nach dem Ausgang mit nach Hause nehmen und was sie damit kommunizieren – und dass davon auch eine Gefahr ausgehen kann.»
http://www.20min.ch/schweiz/bern/story/19535686
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Die Nacht, in der ich vergewaltigt wurde
Veröffentlicht: 26/10/2016 19:55 CEST Aktualisiert: 27/10/2016 10:35 CEST MOLLY HILLERY
Ich war 16 Jahre alt. Ich war auf einer Party bei Freunden, wir haben getrunken (ja, illegales Trinken). Ich trank so viel, dass ich kurz vor einer Alkoholvergiftung stand. Und ich flirtete mit einem Jungen, den ich noch aus der 6. Klasse kannte. Wir küssten uns. Er machte oft Probleme, rauchte Haschisch und war nicht gut in der Schule. Aber er war sehr lieb zu mir und ich genoss seine Gesellschaft.
Nachdem wir uns ein paar Minuten lang geküsst hatten, ging er mit mir zur Treppe, die ins Obergeschoss zu den Schlafzimmern führte. Er schlug vor, noch hinaufzugehen. Ich wusste, was das zu bedeuten hatte, zumindest glaubte ich das in meiner Naivität. Ich wusste, dass ich noch nicht bereit für Sex war, schon gar nicht unter diesen Umständen. Und was noch dazu kam: Wir waren allein. Ich hatte ein schlechtes Gefühl dabei und war ängstlich. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich nicht nachgeben müsse. Ich sah eine Couch im Wohnzimmer rechts von uns, sie schien genau der richtige Ort zu sein, um ein bisschen abzuhängen. Keiner war im Zimmer, und dennoch würden wir nicht alleine sein. Ich könnte aufstehen und gehen, wenn mir alles zu viel werden würde.
„Lass uns dort rübergehen", schlug ich vor.
„Nein."
Es wäre schon OK, beruhigte er mich. Wenn ich Angst bekäme, könnte ich es ihm sagen und er würde sofort aufhören. Er lächelte. Er schien es ehrlich zu meinen. Es war, als würde er meine Angst spüren und genau wissen, wie er darauf zu reagieren hatte. Widerwillig folgte ich ihm nach oben und schob meine lächerlichen kindischen Ängste weit weg. Ich hatte getrunken, meine Ängste waren also sowieso eher geistig als körperlich.
Der Weg von unschuldig und spielerisch zu beängstigend und verwirrend war nicht weit. Und es ging sehr schnell. Als er die Tür hinter sich schloss, veränderte sich sein Wesen. Es war, als befände er sich plötzlich auf einer Mission. Es war klar, dass er bereits entschieden hatte, dass wir Sex haben würden. Und dass ich zugestimmt hatte, mit ihm nach oben zu gehen, war Einverständnis genug für ihn.
Er ignorierte meine Panik. Es war, als liefe sein Körper auf Autopilot. Als wäre ich nicht mehr im Zimmer. Binnen weniger Minuten war ich für ihn zum Objekt geworden. Ich war kein lebender und atmender Mensch mehr.
Ich befahl ihm aufzuhören
Ich sagte Nein. Er reagierte nicht und ich bettelte verzweifelt. Ich jammerte, begann sogar ein wenig zu weinen. Schließlich gab ich mich geschlagen und schaltete geistig ab. Ich erinnere mich immer noch an die Farbe und die Textur der Zimmerdecke an dem Tag.
Er war stark und aggressiv und so betrunken, dass ich nicht weiß, ob er überhaupt wusste, wie sehr er mir an dem Tag wehtat. Eine der beängstigendsten Dinge war, dass er absolut still war, und kein Wort sagte, abgesehen von seinem schweren Atmen und Stöhnen. Diese Geräusche suchen mich bis heute in meinen Träumen heim. Ich war nur noch ein Lustobjekt ohne Wesen. Ich wartete darauf, dass er auf mich einging, etwas sagte. Aber das Letzte, das er zu mir sagte, waren die Worte unten an der Treppe gewesen.
Er war fertig und kam wieder zur Besinnung. Endlich bemerkte er, dass ich weinte und er rannte nach unten. Ich blieb noch einige Minuten sitzen, verzweifelt und verwirrt. Warum hatte er nicht auf mich gehört? Warum hatte er mich angelogen? Was sollte ich jetzt tun? Ich spürte, dass ich keine andere Chance hatte, als mich der Party wieder anzuschließen. Ganz locker, als wäre nichts gewesen. Ich hielt den Atem an und ging die Treppe hinunter. Da fand ich ihn mit einigen anderen Jungs, sie schrien sich an und prügelten sich. Kurz bevor ich das Zimmer betrat, hatte er der ganzen Party verkündet, dass „Molly geweint hat, als ich es mit ihr getrieben habe!".
...Also hatte er gewusst, dass ich es nicht wollte. Wie kann das kein Zeichen für ihn gewesen sein, aufzuhören? Er wurde rausgeschmissen, was eine willkommene Erleichterung für mich war. Ich rief meine Mutter an und fragte, ob ich die Nacht über bleiben könne. Überraschenderweise erlaubte sie es.
Schließlich erzählte ich allen auf der Party, dass eigentlich gar nichts passiert sei. Ich befand mich im Überlebensmodus. Wenn ich gute Miene zum bösen Spiel machen musste, dann tat ich es. Ich wollte einfach nur so sehr, dass irgendjemandem auffiel, wie schlecht es mir tatsächlich ging. Aber das war wohl zu viel verlangt von meinen Freunden.
Den Rest der Nacht rauchte und trank ich. Ich versuchte zu vergessen und mich so normal wie möglich zu verhalten. Die deutlichste Erinnerung, die ich vom weiteren Verlauf der Party habe, ist, dass ich mich so abschoss, auf dem Sofa lag und einfach nur die Decke anstarrte. Die letzte Stunde lang lief der Song „Fuck The Pain Away" von Peaches in Dauerschleife.
Ich war also high und betrunken, lag auf der Couch und hörte den Refrain "fuck the pain away, fuck the pain away, fuck the pain away" immer und immer wieder in voller Lautstärke. Ich weiß noch, dass einige der Jungs, die den Typen rausgeschmissen hatten, mich zum Spaß festhielten und so taten, als würden sie mich vergewaltigen.
Alle auf der Party lachten. Das hat mich wirklich erschreckt und meine Gefühle unheimlich verletzt, da ich die ganze Zeit angenommen hatte, sie wären auf meiner Seite.
Am Montag in der Schule kam er auf mich zu. Er bat mich um Verzeihung und meine instinktive Reaktion war:
„Wofür?"
„Freitag... Ich erinnere mich nicht mehr. Paul hat mir gesagt, was passiert ist."
Irgendwie erinnere ich mich noch, dass ich zu ihm sagte „Es ist schon in Ordnung. Du warst echt betrunken. Es ist nichts Schlimmes passiert."
... Aber es war nicht in Ordnung.
Als diese Worte gesprochen waren, konnte ich sie nicht mehr zurücknehmen.
Gerüchte machten in der Schule die Runde. Einige meiner Lehrer bekamen von der Sache Wind und eine Lehrerin, mit der ich mich gut verstand und der ich vertraute, sprach mich direkt darauf an - ich brach sofort in Tränen aus und erzählte ihr alles. Seit Tagen hatte ich das zurückgehalten und war so erleichtert, dass endlich eine erwachsene Person davon wusste. Sie war mir eine große Unterstützung und versprach, es für sich zu behalten.
Für den Rest der Woche erlaubte sie mir, ihre Stunden ausfallen zu lassen und früher nach Hause zu gehen. Ich weinte jeden Tag. Am Freitag war sie besorgt. Am Nachmittag um 16.30 Uhr rief der Direktor meiner Schule bei uns Zuhause an. Ich ging auf eine ziemlich große öffentliche Schule, ich hatte diesen Mann tatsächlich noch nie kennengelernt. Sein Ton war sehr sachlich. Er kam direkt zum Punkt und sagte, dass ein Lehrer ihn darüber informiert habe, was geschehen sei. Ich war noch minderjährig, Lehrer müssen so einen Vorfall melden.
Mir wurde schlecht und schwindelig. Mein Gesicht wurde ganz heiß. Melden? Jeder an meiner Schule tratschte sowieso schon über mich. Ich geriet in Panik und wollte einfach nur, dass das alles aufhörte. Ich äußerte ihm gegenüber meine Ängste, aber ich traf nur auf Teilnahmslosigkeit und Ernst.
Ich hatte keine Wahl. Genau wie am Wochenende zuvor. Ich hatte keine Wahl. Ich hatte nie eine Wahl gehabt. Er sagte mir, dass ich zumindest meine Eltern informieren müsse, bevor die Sache weitergeleitet würde.
„Du kannst ihnen selbst erzählen, was passiert ist, oder du erzählst es mir und ich rufe sie an und berichte ihnen alles. Du hast bis 20 Uhr heute Abend Zeit, danach werde ich noch einmal anrufen um sicherzugehen, dass Du alles mit deinen Eltern besprochen hast."
Als er aufgelegt hatte, begann mein Herz zu rasen. Wie zum Teufel sollte ich das tun? Zu dem Zeitpunkt hätte ich das, was mir passiert war, noch nicht einmal als Vergewaltigung bezeichnet. Ich war betrunken und bin aus freien Stücken mit ihm nach oben gegangen. Jeder, meine Klassenkameraden miteingeschlossen, meine Lehrer und jetzt auch meine Eltern würden wissen, was für ein Flittchen ich war.
Er hatte mir nur drei Stunden Zeit gegeben, um eine der schwersten Aufgaben meines bisherigen Lebens zu bewältigen.
Meine Mutter, mein Vater und ich aßen an dem Tag zusammen zu Abend. Zum Glück waren meine Brüder bereits ausgezogen. Mitten in ihrer Unterhaltung unterbrach ich sie, überreichte ihnen einen Brief und rannte in mein Zimmer. Ich konnte die Worte nicht aussprechen. Ich schrieb sie stattdessen auf.
In dem Brief schrieb ich, dass Gerüchte herumgingen über eine Sache, die auf der Party vorgefallen war, dass aber nichts passiert sei und dass sie heute Abend noch meine Lehrerin anrufen müssten, um die Sache aufzuklären.
Fünf Minuten später klopfte es an meiner Tür. Meine Mutter kniete neben meinem Bett, während mein Vater im Türrahmen stehenblieb und es vermied, mir in die Augen zu sehen. Ich fühlte mich so widerlich bei der Vorstellung, dass sie sich das alles womöglich grade ausmalten. Meine Mutter stellte mir demütigende, peinliche Fragen.
„Hast du an dem Abend getrunken?" Nein. Gut, vielleicht ein bisschen (ich sagte ihnen nicht, wieviel ich tatsächlich getrunken hatte).
„Ist er steif geworden?" Keine Ahnung. (Natürlich ist er steif geworden, meine Güte Mama).
„Ist er in dich eingedrungen?" Nein! (Ja... und es tat weh... sehr.)
Während dieser Unterhaltung habe ich das meiste ausgeblendet. In dem Moment wollte ich mich einfach nur in Luft auflösen. Mein eigener VATER, der zuhört, wie ich den Penis eines Mitschülers beschrieb... peinlich beschreibt es nicht einmal ansatzweise.
Meine Mutter rief die Lehrerin an und „klärte alles auf". Am nächsten Tag hatte ich einen Termin bei der Beratungslehrerin der Schule, so schreibt es das Protokoll vor, aber sie zeigte wenig Anteilnahme.
Ich war vor ein paar Monaten schon einmal auf einer Party beim Trinken erwischt worden und war von der Leichtathletikgruppe suspendiert worden. Meine Leistungen waren nicht einwandfrei. Sie sagte, sie würde die Meldung weitergeben, aber die Polizei nicht hinzuziehen. Sie würde die Sache so behandeln, als sei nichts geschehen.
Zu der Zeit hatte ich wirklich das Gefühl, das Lügen sei meine einzige Chance. Ich hatte noch eineinhalb Jahre Schule vor mir. Ich musste ihn noch jeden Tag sehen. Wenn ich ihn anzeigen würde, dann würde sich die Sache nie in Luft auflösen, wie es mein Wunsch war.
Jeder würde mich schief ansehen, niemand würde mir glauben, weil sich jeder schon eine eigene Meinung zu der ganzen Sache gebildet hatte. Es waren bereits einige Tage vergangen, es gab keinen Beweis mehr. Mein Schuldirektor und die Beratungslehrerin waren sehr kühl mir gegenüber und meine Eltern überschritten persönliche Grenzen, da schien es einfacher, die ganze Sache einfach hinter mir zu lassen und so weiterzumachen wie bisher.
Für eine kurze Zeit redete ich mir sogar selbst ein, dass tatsächlich nichts geschehen war. Ich war stets gut darin gewesen, mich immer wieder selber aus dem Dreck zu ziehen und zu lächeln - in dem Jahr wurde ich zum Profi.
Er ließ mich monatelang nicht in Ruhe. Er rief an, textete mir, hinterließ betrunken Nachrichten auf dem Anrufbeantworter. In der Schule legte er den Arm um mich, auf Partys suchte er meine Gesellschaft.
Ihn zu ignorieren war keine Lösung. Schließlich war ja auch nichts passiert, also musste ich ja auch keine Angst vor ihm haben, richtig? Für ihn wurde er in der Nacht einfach flachgelegt, so einfach war das.
Was tat ich also? Ich spielte das Spiel mit. Ich stieg zu ihm ins Auto, rauchte Hasch mit ihm, saß auf dem Rücksitz und sah meinen eigenen Tod vor Augen, während er betrunken mit 100 Sachen über die Landstraßen raste.
Auf Partys trank ich Shots mit ihm und tat so, als sei alles in Ordnung. Er wollte wieder Sex. Er fragte mich, weshalb ich meinen Lehrern erzählt hätte, er hätte mich vergewaltigt und lachte dabei. Er freundete sich mit meinem neuen Freund an. Ich konnte nichts gegen ihn tun, also ließ ich es zu. Wenn ich nur die Kontrolle hatte, war alles andere egal.
Lange ging es mir nicht gut. Nichts von dem, was in diesen Monaten geschah, war gut.
Die Tatsache, dass er mich in dem Glauben gelassen hatte, ich könne ihm vertrauen, wenn eigentlich das Gegenteil der Fall war.
Die Tatsache, dass er mich ausgenutzt und allen davon erzählt hatte.
Die Tatsache, dass er sich halbherzig entschuldigt hatte und alle in der Schule Zeuge davon geworden waren.
Die Tatsache, dass meine Lehrerin mir versprochen hatte, alles für sich zu behalten, und es dann doch nicht getan hatte. Ich verstehe, warum sie so gehandelt hatte, aber es fühlte sich trotzdem wie ein Verrat an.
Die Tatsache, dass mein Schuldirektor sich so hart verhielt. Die Tatsache, dass ich gezwungen war, es meinen Eltern zu erzählen und sich das nur wie ein weiteres Verbrechen anfühlte. Die Tatsache, dass ich in dem Jahr lügen musste, um das Schuljahr zu überstehen.
Die Tatsache, dass nur einen Monat später der Monat zum Bewusstsein und zur Prävention von Sexueller Gewalt war und ich eine Woche lang jeden Morgen Statistiken zu sexuellen Übergriffen über den Schullautsprecher hören musste.
Die Tatsache, dass jedes Jahr die Zahl der Opfer von sexueller Gewalt durch blaue Post-Its in genau dieser Zahl an wahllosen Schließfächern dargestellt wird.
Die Tatsache, dass ich das Gefühl hatte, das Wort „Vergewaltigungsopfer" würde groß auf meiner Stirn stehen.
Die Tatsache, dass er jederzeit zu mir kommen konnte, wann immer er wollte, und ich mich zu hilflos und zu gefangen fühlte, um etwas dagegen zu tun.
Die Tatsache, dass ich noch Jungfrau gewesen war. Die Tatsache, dass er vor dieser ganzen Sache mein Freund gewesen war.
Die Tatsache, dass ich das Gefühl hatte, ich müsste ständig so tun, als würde ich die Gesellschaft meines Vergewaltigers genießen - etwas, von dem ich hoffe, dass es nie irgendjemand sonst wird durchmachen müssen.
Ich sagte, es sei in Ordnung, aber das war es nicht. Es war nicht im Geringsten in Ordnung. Es war nicht in Ordnung, dass mein Kumpel mich betrunken gemacht und mich gezwungen hatte, mich auszuziehen als ich ihn bereits gebeten hatte, aufzuhören. Er mich dann in ein anderes Zimmer geführt hatte, um Sex zu haben, während ein anderer Typ uns beobachten konnte (das war bevor ich vergewaltigt wurde, und ich kam sicher aus der Sache heraus).
Ich sagte es sei in Ordnung, aber das war es nicht. Nicht im Geringsten.
Es war nicht in Ordnung, dass ich ein Jahr nach diesem Vorfall versuchte, nichts zu trinken, nüchtern auf eine Party ging und sexuell belästigt wurde, als ich einen betrunkenen Freund nach Hause fuhr. Ich wollte nur nett sein und ihn sicher nach Hause bringen, stattdessen fummelte er an mir herum, versuchte, auf mich zu klettern und küsste mich überall, während ich mit über 100 km/h auf der Autobahn unterwegs war.
Er weigerte sich, mir zu sagen, wo er wohnte und als ich endlich sein Haus gefunden hatte, da entschuldigte ich mich auch noch dafür, dass ich ihm die falschen Signale vermittelt hatte. Er sagte, es sei kein Problem, ich wäre einfach ein Flittchen. Er schlug die Tür zu und ging.
Am nächsten Tag stellte ich ihn zur Rede und er sagte, er könne sich nicht einmal daran erinnern, dass ich ihn nach Hause gefahren habe, es täte ihm leid, aber könne ich bitte meinen Mund halten? Ich fragte ihn, ob es nicht besser wäre, dass so etwas nicht noch einmal geschieht. Seine Antwort? „Irgendwie schon."
Es ist nicht in Ordnung, dass ich so lange nachdem ich vergewaltigt wurde, begann, wahllos mit irgendwelchen Typen zu schlafen, weil ich nur so das Gefühl hatte, meine Sexualität kontrollieren zu können.
Es gab einen Jungen, mit dem ich ständig Sex hatte, auf rein freundschaftlicher Basis. Eines Nachts war ich so betrunken, dass ich mich nur noch bruchstückhaft daran erinnern kann, wie er mich in verschiedene Zimmer seines Hauses führte und überall Sex mit mir hatte. Als ich aufwachte, waren meine Unterwäsche und mein Shirt voller Blut und drei Tage später erkrankte ich an einer Harnwegsinfektion.
Warum er so grob war, werde ich nie verstehen. Und es war nicht in Ordnung, dass ich von seinem Freund von seiner HIV-Erkrankung erfuhr und nicht von ihm selbst und es war auch nicht in Ordnung, dass er an einer Überdosis Heroin starb, bevor ich ihn darauf ansprechen konnte.
Es ist nicht in Ordnung, dass, obwohl er mich wie eine Prostituierte behandelte, wie ein Stück Fleisch und er mich benutzte, um seinen Frust irgendwo abzuladen, ich dennoch auf eine kranke Art und Weise Gefühle für ihn entwickelte. Weil ich glaubte, nichts Besseres zu verdienen.
Es ist nicht in Ordnung, dass ein Junge am College Analsex mit mir wollte und mir nichts davon sagte. Ich war so geschockt, dass er ohne meine Einwilligung damit begann, dass ich außer einigen unbehaglichen, schmerzlichen Stöhnlauten nichts weiter über die Lippen brachte. Er reagierte auf meine Schmerzen mit Schweigen und machte einfach weiter.
Es ist nicht in Ordnung, dass mein Freund in meiner Zeit am College einfach meinen Kopf auf seinen Schwanz drückte. Man kann das, was man begehrt, auch anders bekommen (einfach danach fragen zum Beispiel).
Es ist nicht in Ordnung, dass ich eines Abends, als ich betrunken in einer Bar saß und kaum noch bei Bewusstsein war, plötzlich eine Hand zwischen meinen Schenkeln spürte, die einem Mann gehörte, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Wahrscheinlich war das nichts das einzige Mal, dass so etwas passierte.
Es ist nicht in Ordnung, dass ich selbst bei meinem Ehemann, dem liebsten und ehrlichsten Mann, dem ich je begegnet bin, an den meisten Tagen keine Nähe und keine Berührungen zulasse. Das hat nichts mit ihm und alles mit anderen Männern und ihren Entscheidungen zu tun.
Nichts von alldem ist verdammt nochmal in Ordnung. Ein sexuelles Trauma und das Trauma, das von einem sexuellen Übergriff zurückbleibt, haben über ein Jahrzehnt lang mein Leben bestimmt. Jeden Aspekt meines Denkens und meiner Beziehungen. In dem einen Jahr habe ich viel verloren. Vieles davon habe ich nie zurückbekommen. Nie werde ich morgens aufwachen und kein Vergewaltigungsopfer mehr sein. Nie werde ich vergessen, was mir damals widerfahren ist. Nie werde ich die Dinge wieder vergessen, die ich im Laufe dieser Ereignisse über die menschliche Natur gelernt habe.
Es ist sehr schwer, alle diese Dinge zu akzeptieren und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Was mich aber am meisten schmerzt ist, dass meine Geschichte kein Einzelfall ist. Überhaupt nicht. Es machen sich immer noch Menschen jeden Tag über diese Themen lustig.
Die Menschen sagen immer noch Dinge wie „Oh, jetzt zieht sie wieder die Vergewaltigungskarte!" Die Menschen gründen ihre Meinung zu Vergewaltigungen immer noch auf falsche Anschuldigungen statt auf wirkliche Fälle von Vergewaltigungen. Viele Opfer sexueller Gewalt haben Selbstmordgedanken und viele setzen diese Gedanken auch in die Tat um. Viele Vergewaltiger bleiben weiter im Dunkeln, während ihre Opfer öffentlich zur Schau gestellt werden.
Vielleicht liest jemand diesen Artikel und denkt sich „Na ja, vieles davon ist passiert, als sie betrunken war, hätte sie es nicht besser wissen müssen?" Es ist kein Geheimnis, dass ich in dieser Zeit viel getrunken habe.
Ich wurde abhängig. Ich wollte einfach nur alles vergessen, was ich durchgemacht hatte. Ich wollte keine Angst mehr haben. Es sollte mir einfach alles egal sein. Ich übernehme die Verantwortung dafür, dass ich mich auf unsicheres Gelände begeben habe. Aber eines will ich klarstellen: Betrunken oder nüchtern, ich habe es nicht verdient, dass mir auf diese Weise Gewalt angetan wurde. Niemand hat das verdient.
Manche Menschen brauchen mehr als nur unsere Worte, um zu erkennen, dass diese Dinge der Wahrheit entsprechen und uns widerfahren sind. Bis bewiesen wird, dass wir die Wahrheit sagen, sind wir Lügner.
Das muss aufhören.
Je mehr Machtlosigkeit ich verspüre, desto mehr will ich darüber schreiben. Je mehr ich glaube, keine Stimme zu besitzen, desto öfter werde ich meine Geschichte erzählen. Je angewiderter und wütender ich bin, desto stärker werde ich den frauenfeindlichen Arschlöchern im Internet entgegentreten. Ich konnte mir selbst nicht beistehen, als ich es gebraucht hätte. Jetzt bin ich erwachsen, jetzt kann ich entscheiden, wie ich die verlorene Zeit wieder gutmachen kann. Wenn deine Geschichte der Meinen auch nur ein wenig ähnelt, dann sei dir bitte darüber im Klaren, dass du nie alleine bist. Es ist auch nicht zu spät, die verlorene Zeit wieder gutzumachen.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Huffington Post USA und wurde von Cornelia Lüttmann aus dem Englischen übersetzt.
http://www.huffingtonpost.de/molly-hille...b_12659286.html
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
Schonungsloser Kurzfilm: HTWG-Projekt klärt über Vergewaltigung auf
Studierende der HTWG haben ein Aufklärungsvideo gedreht, das jetzt Premiere im Konstanzer Cinestar hatte. Der Kinospot zeigt ungeschönt eine Vergewaltigung.
Der Regisseur Samuel Fuller sagte einmal, der einzige Weg, den Zuschauern die Erfahrung von Krieg und Gewalt näherzubringen, sei, mit einem Maschinengewehr aus der Leinwand über deren Köpfe zu schießen. Unter diesem Motto haben die Studenten den kurzen Film mit dem Titel „Stop Rape“ (Vergewaltigung stoppen) produziert: Eine junge Frau lädt den netten Nachbarn auf eine Tasse Kaffee ein. Er kommt ihr zu nahe, drückt sie nach unten auf den Tisch, vergewaltigt sie.
Währenddessen blickt man direkt in das Gesicht der Frau, das auf dem Tisch liegt. Ihr läuft still eine Träne über die Wange. Der Aufklärungsfilm dauert nur 40 Sekunden, dann ist die Leinwand schwarz. Einen Augenblick lang ist es völlig still im Kinosaal des Cinestar, erst dann klatschen die Zuschauer.
Die Studenten erklären anschließend, dass es ein wichtiges Kriterium gewesen sei, keine Klischee-Vergewaltigung zu zeigen. Deshalb hätten sie lange an den Persönlichkeiten der Figuren gefeilt und die beiden Schauspieler Alltagspersonen darstellen lassen. Die Tat passiert außerdem nicht nachts in einem dunklen Park, sondern tagsüber in der eigenen Küche, denn sie sei ein Ort, den jeder kennt und an dem sich jeder wohlfühlt. Gerade deshalb gelingt es den Studenten, die Zuschauer emotional zu treffen. Besonders junge Zuschauer sollen durch das Video zu der Einsicht kommen, dass man das einem anderen Menschen nicht antun will. „Ich habe nur gedacht: Hoffentlich passiert das doch nicht, obwohl man ja weiß, um was es geht. Aber die Zwei wirken so sympathisch“, so die Reaktion einer Frau im Publikum, als der Kinospot nochmals gezeigt wird.
Die Idee zu der Aufklärungskampagne kam Veronika Wäscher-Göggerle, Familien- und Frauenbeauftragte des Bodenseekreises. In ihrer Begrüßungsrede spricht sie von unglaublich hohen Dunkelziffern: Im Durchschnitt werde alle drei Minuten eine Frau in Deutschland vergewaltigt, aber nur fünf Prozent der Opfer stellten danach auch eine Anzeige. Im Landkreis Konstanz wurden im vergangenen Jahr 26 Anzeigen wegen Vergewaltigung erstattet, zehn davon in Konstanz, teilte das Polizeipräsidium Konstanz auf Anfrage des SÜDKURIER mit.
Wäscher-Göggerle hat dann zusammen mit Christa Albrecht, Leiterin der Chancengleichheitsstelle der Stadt Konstanz, die Umsetzung des Projekts an die HTWG weitergegeben. Im Sommersemester dieses Jahres meldeten sich 13 Studenten für das Projekt „Kino gegen Gewalt“ unter Leitung ihres Professors Andreas Bechthold. „Ich habe mich dafür interessiert, weil es ein Realprojekt war. Wir waren von Anfang an beim kompletten Prozess dabei“, erzählt Nicolai Hillius, dessen Aufgabe später im Projekt der Schnitt war. „Wir hatten die Aufgabe, einen Kinospot zu drehen, und haben alles selbst gemacht, vom Drehbuch bis zum Schnitt.“ Nach ersten Recherchen war den Studenten schnell klar, dass sie keine verharmlosenden Szenen drehen wollen, sagt Hillius. „Wir haben gemerkt, dass andere Kampagnen dem Kern der Erfahrung ausweichen“, erklärt Bechthold.
Doch wie war es für das Team, diese emotionalen Szenen zu drehen? „Wir hatten zwei Drehtage. Während der Gewaltszene am zweiten Tag war es sehr ruhig. Die Schauspielerin hat sich in einem anderen Raum vorbereitet, da konnte sie die Emotionen manchmal nicht mehr halten. Wir waren alle gefesselt von diesem Erlebnis“, berichtet Hillius. Bechthold erinnert sich vor allem an die Stille: „Alle waren sehr konzentriert und haben irgendwann nur noch geflüstert, obwohl beim Dreh sonst sehr viel und laut geredet wird. Hinterher mussten wir erst mal eine Pause machen. Aber auch wenn es komisch klingt: Es war ein gutes Gefühl, dass es uns so emotional beeindruckt hat. Denn das war eine erste Rückmeldung für uns, dass auch beim Publikum Emotionen ankommen werden.“
Die Kinos in Baden-Württemberg zeigen den Aufklärungsspot ab sofort, ohne dafür Geld zu verlangen. Über die Alterfreigabe ab 16 Jahren werde nochmals diskutiert, so Christa Albrecht. „Möglich wäre es, den Kinospot auch in Filmen mit einer Freigabe ab 12 Jahren zu zeigen, aber erst nach 20 Uhr. Um diese Uhrzeit darf man nur noch mit 14 Jahren ins Kino. Dann erreichen wir auch die Jüngeren.“
Die Kampagne
Mit der Premiere des Kinospots läuft die Kampagne gegen sexuelle Nötigung und Gewalt der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten jetzt an. Die Kampagne findet vor allem in dem sozialen Netzwerk Facebook statt, um jüngere Menschen zu erreichen. Auf der Facebook-Seite kann man die Kampagne weiterverfolgen und zusätzliche Informationen finden, zum Beispiel Interviews mit den Studenten.
http://www.suedkurier.de/region/kreis-ko...t372448,8972686
Foren Moderatorin
Beiträge: | 418 |
Registriert am: | 15.08.2013 |
![]() | Xobor Forum Software Einfach ein eigenes Forum erstellen |