RE: Missbrauch in der Kirche

#1 von Christine , 20.03.2016 08:22

12. November 2014 09:41
Bericht zu Missbrauchsaffäre in Regensburg
"Für unsere Seelen hätten wir uns etwas anderes erwartet"


Das Bistum Regensburg hat erstmals Zahlen zur Missbrauchsaffäre veröffentlicht: 158 500 Euro wurden bislang an Opfer sexuelle Übergriffe ausbezahlt. Doch vielen Betroffenen geht es gar nicht ums Geld.

Von Wolfgang Wittl, Regensburg

Zum ersten Mal im Zuge der Missbrauchsaffäre in der katholischen Kirche hat das Bistum Regensburg Zahlen veröffentlicht: In den Jahren 2011 bis 2014 seien 158 500 Euro an Opfer von sexuellen Übergriffen ausbezahlt worden, heißt es im Tätigkeitsbericht des neuen Missbrauchsbeauftragten Martin Linder. Die Summe sei an insgesamt 30 Antragsteller geflossen - auch an solche, deren Vorwürfe nicht mehr juristisch geklärt hätten werden können. Linder, der mehr als 20 Jahre lang die Kinder- und Jugendpsychiatrie am Bezirksklinikum Regensburg leitete, ist Nachfolger der 2013 gestorbenen Beauftragten Birgit Böhm. Opfer kritisieren den Bericht als nicht ausreichend.

Darin heißt es, von den etwa 2380 Geistlichen, die von 1945 an bis heute in der Diözese tätig waren, seien 13 wegen sexueller Straftaten an 77 Minderjährigen verurteilt worden, unter ihnen zwei wegen Besitzes von kinderpornografischem Material. In einem besonders schwerwiegenden Fall Anfang der Fünfziger seien sexuelle Straftaten an 25 Minderjährigen in zwei Pfarreien begangen worden. Von den 13 Geistlichen seien noch acht am Leben, zwei von ihnen wurden laisiert, also aus dem Klerikerstand entlassen. Die restlichen sechs Kirchenleute seien suspendiert worden. Lindner beruft sich auf Angaben des Regensburger Generalvikars Michael Fuchs.

Seine wichtigste Aufgabe sei es gewesen, den nach Böhms Tod abgerissenen Gesprächsfaden wiederzufinden und Opfer bei dem Antragsverfahren zu unterstützen, erklärt Linder. Die achtsame Begegnung im Gespräch werde von den Betroffenen oft als erste Form der Anerkennung des Leids empfunden. Ihm sei bewusst, dass sowohl Geldsumme als auch die Zahl der Antragsteller gering anmute. Dies zeige, wie schwer es Opfern falle, sich an die Diözese zu wenden. Dazu könne er jeden nur ermutigen, teilt Linder mit. Auch Bischof Rudolf Voderholzer stehe weiter für Gespräche zur Verfügung. Um künftigen Fällen vorzubeugen, seien im vergangenen Jahr etwa 1070 Mitarbeiter der Diözese Regensburg zur Prävention von sexualisierter Gewalt geschult worden.

Was fehlt ist eine Geste der Versöhnung

Alexander Probst hingegen sieht in dem Bericht eine wenig aussagekräftige Aneinanderreihung von Zahlen, mit dem das Bistum Druck aus der öffentlichen Diskussion nehmen wolle. Dies könne nur ein Anfang sein. "Für unsere Seelen und unsere Herzen hätten wir uns etwas anderes erwartet", sagt der 54-Jährige.

Probst zählt zu einer Gemeinschaft von fast hundert früheren Domspatzen, die über Jahrzehnte missbraucht worden sein sollen. Ihm selbst sei vor wenigen Wochen eine Entschädigung von 2500 Euro angeboten worden, die er ablehne. "Alle Betroffenen haben mehr verdient", vor allem eine Geste der Versöhnung.

Das Gespräch mit Linder will Probst nicht suchen, darin sehe er keinen Sinn. Im Sommer erst habe er an Papst Franziskus geschrieben, doch der Vatikan habe den Brief trotz einer Einschreibebestätigung angeblich nie erhalten. Das habe wohl damit zu tun, vermutet Probst, dass der frühere Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller auch als Präfekt der Glaubenskongregation kein Interesse an echter Aufarbeitung habe.

http://www.sueddeutsche.de/bayern/berich...artet-1.2215182


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RE: Missbrauch in der Kirche

#2 von Christine , 20.03.2016 08:23

Junge ehemalige Nonne über Manipulation und Missbrauch
Interview mit der Ex-Nonne Doris Wagner über sexuellen Missbrauch in einer katholischen „Gottesfamilie“

von Roland R. Ropers / Gastautor, Mittwoch, 12. November 2014 18:05

Die ehemalige Nonne Doris Wagner hat in ihrem Buch „Nicht mehr ich“ ihre wahre Geschichte als junge Ordensfrau veröffentlicht. In „Menschen bei Maischberger“ war sie am Dienstagabend zu sehen. In einem Interview mit Roland R. Ropers beantwortete sie seine Fragen für die Epoch Times.

Doris Wagner kam 1983 in Ansbach/Bayern zur Welt. Sie ist in einem protestantischen Elternhaus aufgewachsen. Im Mai 1999 wurde die Familie römisch-katholisch. Nach dem Abitur studierte sie in Rom, Freiburg und Erfurt Philosophie und katholische Theologie und war neben dem Studium unter anderem als Organistin und Fremdenführerin tätig. Sie wurde Mitglied einer aus Männer und Frauen bestehenden Ordensgemeinschaft „Die geistliche Familie Das Werk“ [FSO - Familia Spiritualis Opus – http://www.daswerk-fso.org] und erlebte während ihrer Zeit in Rom die dramatische Dynamik von Ideologie, Manipulation und Missbrauch. Die Hölle auf Erden. Am 18. Mai 2001 hatte der damalige Kurienkardinal Joseph Ratzinger im Vatikan seine Anweisung zur Geheimhaltung von sexuellem Missbrauch verfasst: „De Delictis Gravioribus"

Im Jahr 2011 verlässt sie den Orden, ist völlig mittellos und seelisch zerstört – 28 Jahre jung. Inzwischen ist sie glücklich verheiratet und promoviert in Münster im Fach Philosophie.

DAS INTERVIEW

Roland R. Ropers: Ihre Lebensgeschichte ist berührend und erschütternd. Herzliche Gratulation zu Ihrer mutigen Veröffentlichung! In einer Ordensgemeinschaft zusammen mit Nonnen und Patres haben Sie in Rom acht Jahre lang ein irdisches Höllenleben verbracht unter dem Deckmantel abgrundtiefer Verlogenheit. Welches konkrete (Vor-)Bild wurde Ihnen von Gott und seinem Sohn Jesus Christus vermittelt? Unter welchem Namen wird die von Ihnen beschriebene „Gottesfamilie“, deren Mitglied Sie waren offiziell geführt?

Doris Wagner: Ich habe mich entschlossen, den Namen der Gemeinschaft im Buch nicht zu nennen. Dabei werde ich bleiben, auch wenn er inzwischen längst öffentlich geworden ist, denn es geht mir nicht darum, nun einen Kampf gegen diese eine Gemeinschaft zu führen. In welcher Gemeinschaft mir das alles geschehen ist, ist im Grunde zweitrangig, denn es gibt etliche Gemeinschaften, in denen so mit Mitgliedern umgegangen wird. Sie alle müssen sich dringend ändern, wenn sie sich christlich nennen wollen.

Der Gott, den ich in dieser Gemeinschaft kennengelernt habe, war ein Gott, der unendlich unter der Gottlosigkeit unserer modernen Zeit leidet, und den wir deswegen durch unsere „Sühne“ trösten mussten. Durch unsere Opfer, unsere bedingungslose Hingabe bis über die Grenzen unserer Belastbarkeit sollten wir wieder gut machen, was ihm durch die Treulosigkeit vieler Priester und Gläubigen angetan wurde. Jesus, war in erster Linie der leidende Jesus, der sich aus Liebe hat kreuzigen lassen. Er war gehorsam bis zum Kreuz – angesichts eines solchen Vorbildes ist es praktisch unmöglich, sich in irgendeiner Weise zu schonen. Man traut sich nicht mehr, um eine halbe Stunde Mittagsschlaf oder ein paar Minuten an der frischen Luft zu bitten. Es gibt nur noch ein Gebot: bedingungslose Selbstlosigkeit.

Ropers: Ex-Papst Benedikt war offenbar schon in seiner Zeit als Kurienkardinal Joseph Ratzinger lange ein Freund dieser romtreuen neuen Gemeinschaft, die alles dafür tat, dass er sich wohl fühlte, wenn er auf Besuch kam: feierliche Liturgie, schöne Musik, gutes Essen und strahlende junge Menschen. Viermal im Jahr gingen Sie in den Apostolischen Palast, um ihm etwas vorzusingen: im Advent, zur Weihnachtszeit, zur Maiandacht und zum Sommerfest (in Castel Gandolfo).

Im Mai 2010, kurz vor dem Beginn der Maiandacht, spürten Sie auf der Terrasse des Palazzo Apostolico den Wunsch, sich von der Mauer und auf den Petersplatz hinunterzustürzen. Es war die Zeit, als in Deutschland die sexuellen Missbrauchshandlungen fast täglich in den Medien thematisiert wurden. Hatten Sie damals in Ihrer Gemeinschaft darüber gesprochen? Und wie wurde dieses Drama von Ihrer Leitung kommentiert?

Doris Wagner: Es wurden Sühneanbetungsstunden gehalten. Denn der Missbrauch an den Kindern war in den Augen der Gemeinschaft primär ein Leid, das Jesus zugefügt worden war und das wir durch die Anbetung ein Stück weit wieder gut machen konnten.

Außerdem hieß es, wir müssten nun hoffen, dass die Kirche in der Öffentlichkeit nicht ganz so schlimm angegriffen werden würde. Die Medien würden übertreiben und in Wirklichkeit sei die Zahl der Opfer vergleichsweise gering. Die Fälle lägen alle schon lange zurück und sie gingen zum großen Teil auf das Konto von Priestern, die sich durch die sexuelle Revolution hatten mitreißen lassen. Außerdem wären die meisten Fälle Übergriffe an Buben gewesen, das heißt die Täter waren homosexuell. Damit waren sie ohnehin diskreditiert und die Kirche war nicht für ihr Verhalten verantwortlich zu machen. Es waren alles nur bedauerliche Einzelfälle von untreuen Priestern.

Die Opfer und deren Leid waren kein Thema. Geschweige denn die Frage, ob und wie man ihnen helfen konnte. Das Opfer war nur die Kirche, die nun von den Medien angegriffen wurde. Mich hat das damals entsetzt, weil ich ja selbst schon zum Opfer sexueller Übergriffe in der Gemeinschaft geworden war. Die Tatsache, wie damit umgegangen wurde, machte mich dermaßen verzweifelt, dass der Selbstmord mir lange Zeit als tröstender Ausweg vor Augen stand.

Ropers: Sie wurden massiv missbraucht. Wie erklären Sie sich das Verhalten Ihrer weiblichen Vorgesetzten, die offenbar die männlichen Täter in Schutz genommen hatten und Ihnen aufgrund Ihrer Familienherkunft die Schuld zusprachen?

Doris Wagner: Ich kann mir das selbst nicht wirklich erklären. Aber es ist ja typisch für patriarchalische Gesellschaften, dass sie den Frauen die Verantwortung dafür zuschreiben, wenn Männer übergriffig werden. Ich habe vor kurzem einen Bericht über yezidische Frauen gehört, die von IS-Terroristen vergewaltigt worden waren. Als sie sich befreien konnten, wollten ihre Familien nichts mehr mit ihnen zu tun haben, weil sie „ihre Ehre“ verloren hatten. Einige von diesen Frauen haben sich daraufhin das Leben genommen. Das hat mich tief erschüttert.

Auch die Kirche ist nach wie vor ein patriarchalisches System. „In jeder von uns steckt eine Eva“ sagte man uns Schwestern in der Gemeinschaft. Und „Wir Frauen haben die größere Verantwortung dafür, dass nichts passiert“. Als ich meiner Oberin sagte, dass ein Mitbruder mir nachstellt, warf sie mir vor, ich sei eine Gefahr für ihn, anstatt mir zu helfen. Offenbar konnte oder wollte sie den tatsächlichen Sachverhalt nicht sehen.

In ihrem Weltbild konnte der Priester gar nicht der Täter sein. Ich musste irgendetwas getan haben, um ihn zu provozieren. Deswegen sagte man mir später auch, nachdem er mich missbraucht hatte, ich müsste beichten, was geschehen sei. Das habe ich ja sogar getan. Mehrmals. Auch deswegen habe ich lange gebraucht bis ich das Geschehene anzeigen konnte. Ich habe mich schuldig gefühlt.

Ropers: Warum wird in einer pseudo-religiösen Kommunität das natürliche sexuelle Bedürfnis so massiv unterdrückt? Worin besteht das Ziel der Persönlichkeitsentwicklung?

Doris Wagner: Das Ziel besteht in der völligen Selbstlosigkeit. Dafür müssen alle Bedürfnisse so weit wie möglich heruntergeschraubt werden. Das Ideal ist, dass man mit allem und jedem zufrieden und glücklich ist und keine Forderungen stellt. Dass man immer und ausnahmslos „gerne dient“ und für sich selbst möglichst wenig braucht, dass man wenn nötig auf alles verzichten kann, auch auf eigene Gedanken und Gefühle, vor allem auch auf Freundschaften und Beziehungen, sei es auch nur zur eigenen Familie.

Alles, was aus einem selbst kommt, wird als tendenziell sündhaft betrachtet. Erst wenn man sich selbst ganz aufgegeben hat, wenn man ganz selbstlos geworden ist, ist man ein „gefügiges Werkzeug“ in den Händen Gottes bzw. in den Händen der Oberen und erst dann kann Gott seinen Plan mit mir verwirklichen. Aus einem anderen Blickwinkel könnte man sagen: man muss eine Marionette werden, die alles mit sich machen lässt.

Ropers: Worin sehen Sie die Verlogenheit einer ideologisch geprägten Gottesfamilie, die sich ständig auf Jesus Christus beruft?

Doris Wagner: Ich würde nicht von Verlogenheit sprechen, weil ich glaube, dass die Verantwortlichen das, was sie sagen und tun, für völlig richtig halten. Sie glauben wirklich, dass Gott so ist und dass sie im Auftrag Jesu und nach seinem Willen handeln. Sie glauben vermutlich auch, dass sie den Menschen, die sie "formen" etwas Gutes tun, dass sie sie dadurch Gott näher bringen. Dennoch sind sie natürlich verantwortlich für das Unheil, das sie anrichten. Denn sie könnten über das nachdenken, was sie tun.

Sie müssen doch einsehen, dass sie Menschen systematisch brechen, wenn sie ihre äußere und innere Freiheit so sehr einschränken. Sie könnten ihr Gottes- und Menschenbild überdenken und einsehen lernen, dass Gott ein menschenfreundlicher Gott ist, dass die Menschen, die ihnen anvertraut sind, Respekt verdienen, dass sie Bedürfnisse haben und Rechte.

Ropers: Wie stellen Sie sich die optimale Heilung Ihrer verwundeten Seele vor? Haben Sie überhaupt noch Vertrauen in Priester und Ordensleute, die sich als autorisierte Vermittler Gottes präsentieren?

Doris Wagner: Ich glaube, wenn man so etwas erlebt hat wie ich, braucht man vor allem drei Dinge unbedingt:

1. man muss erfahren, dass es Menschen gibt, die anders denken und handeln als die Oberen, Menschen, die einem glauben und einen nicht für das eigene Schicksal verantwortlich machen.

2. Man braucht Erfolgserlebnisse, vor allem die Erfahrung, dass man aus der Passivität und Unmündigkeit herauskommt und wieder aktiv wird. Dass man es schafft, wenn auch mit Hilfe, das eigene Leben wieder in die Hand zu nehmen, Geld zu verdienen, Kontakte zu knüpfen usw.

3. Man braucht die Erfahrung geliebt zu werden. Ich glaube, dass das der schönste und wirksamste Weg der Heilung ist, wenn man einem Menschen begegnet, der einen wirklich liebt. Ich hatte das Glück alle drei Erfahrungen innerhalb relativ kurzer Zeit zu machen.

Dass es mir heute so gut geht, führe ich darauf zurück und nicht zuletzt ist das auch der Grund, warum ich immer noch an Gott glauben kann. Er hat mir geholfen, dass ich so wunderbare Heilung erleben durfte.

Wenn ich heute Priestern und Ordensleuten begegne, begegne ich ihnen instinktiv mit Misstrauen. Ganz anders als früher, da war es umgekehrt. Heute müssen sie sich mein Vertrauen erst verdienen. Und immer wieder gibt es auch einzelne Priester, die das schaffen. Aber es sind wenige.

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Ropers: Sehen Sie in Papst Franziskus für sich persönlich einen Hoffnungsträger?

Doris Wagner: Ich bin beeindruckt davon, wie souverän er sich der Etikette am Päpstlichen Hof entzogen hat und ich halte das für sehr wichtig. Auf diese Weise kann ein anderes Klima entstehen. Das halte ich für eine Voraussetzung dafür, dass die Kirche menschlicher werden kann. Aber ich wage es nicht, ernsthaft zu hoffen, dass sich eine solche Veränderung bis hinein in das Denken und die Praxis im Umgang mit den Menschen in der Kirche in absehbarer Zeit abzeichnet.


Foto: Cover edition a
Doris Wagner

http://www.epochtimes.de/Ex-Nonne-Doris-...e-a1196073.html


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RE: Missbrauch in der Kirche

#3 von Christine , 20.03.2016 08:24

Nonne missbraucht: Orden bedauert "Fehler"
"Grenzen fließend"
09.11.2014, 12:00

Nach dem Bekanntwerden jener dramatischen Leidensgeschichte rund um Isolation und sexuellen Missbrauch, die die ehemalige Ordensfrau Doris Wagner literarisch aufgearbeitet hat, liegt nun eine Stellungnahme der betreffenden Kirchengemeinschaft vor: Obwohl Wagner den Orden in ihrem Buch nicht namentlich nannte, hieß es nun seitens "Das Werk", dass man sehr bedauere, "dass sie in einer derartig negativen Weise auf die Jahre in unserer Gemeinschaft zurückblickt". Indes erheben nun weitere Aussteiger schwere Vorwürfe...

Zwar wurde "Das Werk" in dem Buch von Wagner, das sich die heute 30-Jährige - wie berichtet - von der Seele geschrieben hat, nicht explizit genannt, laut dem Regionalverantwortlichen der Gemeinschaft, Pater Georg Gantioler, sei aus dem Kontext aber leicht zu entnehmen, dass es sich um die geistliche Familie "Das Werk" handle, wie er gegenüber dem ORF erklärte.

"Das Werk" ist eine 1938 gegründete katholische Gemeinschaft, die seit 2001 vom Vatikan approbiert und als "Familie gottgeweihten Lebens" anerkannt ist. Der Hauptsitz des in zwölf Ländern aktiven Ordens ist seit 1978 das Bregenzer Kloster Thalbach. In Österreich gibt es Niederlassungen in Schoppernau im Bregenzerwald, in Feldkirch, Innsbruck und Wien.

"Positive Dinge" ausgeblendet

In der Stellungnahme heißt es: "Wir bedauern es sehr, dass sie (Anm. Doris Wagner) in einer derartig negativen Weise auf die Jahre in unserer Gemeinschaft zurückblickt und viele positive Dinge, die sie erlebt hat, ausblendet." Der Inhalt des Buches gebe subjektive Darstellungen und Empfindungen der Autorin wieder, Elemente des Gemeinschaftslebens und unserer Lebensordnung seien aus dem Kontext gerissen.

Die Gemeinschaft bedaure sehr, "dass ein Priester der Gemeinschaft eine kurze intime Beziehung mit der damals 24-Jährigen unterhalten hat". Eine diesbezügliche Anzeige wegen Vergewaltigung sei jedoch sowohl in Deutschland als auch in Österreich zurückgewiesen worden. "Der Priester war stets zu rechtlicher, kirchlicher und persönlicher Klärung des Vorfalls und zu persönlicher Buße bereit", so Gantioler. Weil der aber von einvernehmlichem Geschlechtsverkehr sprach, sei es zu keiner Anklage gekommen. Der Priester sei danach in der Kurie im Vatikan an eine zentrale Stelle versetzt worden, obwohl er intern den Missbrauch zugegeben haben soll.
"Das waren Entwicklungsschritte"

Zudem bestätigte Gantioler in der Stellungnahme, dass die Leitung früher persönliche Briefe noch vor dem Adressaten gelesen und abgefangen habe. Auch sei es vorgekommen, dass dem geistlichen Begleiter persönlich Anvertrautes weitererzählt worden sei. "Da sind die Grenzen manchmal fließend gewesen", sagte der "Das Werk"-Sprecher. Heute kämen solche Vorfälle in der geistlichen Familie nicht mehr vor. Explizit als Fehler bezeichnete der Geistliche die Praktiken etwa der Verletzung des Briefgeheimnisses aber nicht. "Man kann das jetzt Fehler nennen. Ich würde sagen, das waren Entwicklungsschritte", so der Geistliche. Diese hätten aus der "pubertären" Gemeinschaft eine "reife" Gemeinschaft gemacht, "auch durch schmerzliche Erfahrungen hindurch".

Der Regionalverantwortliche der Gemeinschaft räumte auch ein, dass es eine "Apostolische Visitation" durch den Vatikan zur Klärung der Vorwürfe gegeben habe. Der abschließende Bericht der Kongregation sei jedoch noch ausständig.

Weitere Ex-Ordensmitglieder erheben Vorwürfe
Zudem wurde nun bekannt, dass zwei weitere ehemalige Mitglieder der direkt dem Vatikan unterstellten katholischen Gemeinschaft schwere Vorwürfe gegen die geistliche Familie erheben. Einer der beiden Aussteiger, ein heute 35-jähriger Brite, lebte laut ORF ab seinem 18. Lebensjahr sechs Jahre lang in der Gemeinschaft in einem ehemaligen Dominikanerinnen-Kloster in Bregenz-Thalbach, in dem derzeit rund 100 Schwestern und 30 Brüder sowie Priester leben sollen. Er sagte, er sei sich zum Schluss vorgekommen wie in einer Sekte, ständig überwacht und sogar von seinem Beichtvater durchleuchtet.

Ein ehemaliger Werkpriester, der nicht namentlich genannt werden will, berichtete von gleich mehreren Missbrauchsfällen seiner ehemaligen Mitbrüder an "Werk"-Schwestern. Er bestätigte, dass Frauen, die Anschuldigungen erhoben, stets selbst als Verführerinnen dargestellt worden seien.

http://www.krone.at/Oesterreich/Nonne_mi...nd-Story-426764


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RE: Missbrauch in der Kirche

#4 von Christine , 20.03.2016 08:25

Was ist im Kloster passiert, Frau Wagner?
Missbrauchte Nonne
07.11.2014, 16:30

Acht Jahre dauerte ein Martyrium, mit dem eine ehemalige Ordensfrau jetzt an die Öffentlichkeit geht. Sie sei, so Doris Wagner, kein Einzelfall. Isolation, sexueller Missbrauch, ein Selbstmordversuch. Mit Conny Bischofberger sprach die Buchautorin, heute 30, im "Krone"-Interview über ihre erdrückende Geschichte.

Die Vorwürfe der deutschen Theologin wiegen schwer: Sie sei von einem Priester sexuell missbraucht worden, der (österreichische) Orden habe sie nicht geschützt, an dessen "sektenartigen Strukturen" sei sie schließlich fast zugrunde gegangen. Ein weiteres Puzzleteilchen im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche?

Telefoninterview mit Autorin Doris Wagner (nächste Woche stellt sie bei Stern-TV und Sandra Maischberger ihr Buch vor): Sie spricht eloquent und klingt sympathisch. Schwer vorstellbar, dass sie 2008 ohne Geld, ihres Selbstbewusstseins beraubt, missbraucht und psychisch gebrochen dastand.
Hier können Sie Audioausschnitte vom Interview mit Doris Wagner hören: Clip 1 (Doris Wagner über ihr Leben im Kloster), Clip 2 (über den Priester, der sie sexuell missbraucht hat), Clip 3 (Wagner über Kardinal Schönborn).

"Krone": Frau Wagner, wie schmerzvoll war es, dieses Buch zu schreiben?

Doris Wagner: Es ist natürlich keine schöne Geschichte. Ich musste die Seiten immer wieder weglegen, dann sind mir die Tränen über das Gesicht gelaufen. Letztendlich hat es aber gut getan, alles in Worte zu fassen und auf Papier zu bringen. Das jetzt in die Hände von Menschen zu geben, die ich gar nicht kenne, ist allerdings auch ein merkwürdiges Gefühl.

"Krone": Was erhoffen Sie sich von Ihrem Outing?

Wagner: Meine größte Hoffnung ist, Menschen zu erreichen, die auf einem ähnlichen Weg sind wie ich es war. Vielleicht können dadurch Geschichten wie meine in Zukunft verhindert werden. Vielleicht wächst sogar in der Kirche selber die Vorsicht vor solchen Gemeinschaften. Denn dort passieren Dinge, die niemand gutheißen kann.

"Krone": Sie nennen die Ordensgemeinschaft, der Sie 2003 beigetreten sind, im Buch nicht, obwohl Sie dort sexuell missbraucht wurden. Stellen Sie damit nicht alle österreichischen Klöster unter Generalverdacht?

Wagner: Das möchte ich nicht. Aber ehrlich gesagt ist es mir auch gar nicht so unrecht, denn man sollte generell vorsichtig sein, wenn man sich in die Obhut eines Klosters begibt. Mit 19 war das mein größter Wunsch, ich habe den Glauben zu Hause als etwas sehr Schönes erlebt, ich habe mich auf die Kirche verlassen... Mittlerweile bin ich mir nicht mehr sicher, ob es überhaupt so etwas wie ein gesundes Klosterleben geben kann.

"Krone": Was ist im Kloster passiert?

Wagner: Je länger ich dort war, desto mehr bin ich meiner Freiheit beraubt worden. Keiner kann sich vorstellen, was das mit einem macht, wenn man isoliert und kontrolliert wird, wenn man seine Freunde und Eltern nicht mehr sehen, keine Bücher mehr lesen darf, kein Fernsehen, kein Radio erlaubt ist... Irgendwann hört man auf zu denken. Da ist es irrelevant, wie intelligent oder begabt oder lebenslustig man war, man verliert alles.

"Krone": Auf Fotos von damals sehen Sie fast verängstigt aus. Welches Bild taucht auf, wenn Sie sie betrachten?

Wagner: Dieser geneigte Kopf... Das habe ich bei vielen Frauen festgestellt, die eingetreten sind: Schon nach kurzer Zeit geht man mit geneigtem Kopf, spricht mit leiser Stimme. Eine geduckte Existenz.

Krone": Wie ist Ihr Orden mit dem Thema Sexualität umgegangen?

Wagner: Das war einerseits ein großes Tabu, andererseits stand es permanent im Mittelpunkt. Wir mussten jeden Abend dieses Gebet mit der Bitte um Jungfräulichkeit und Keuschheit sprechen. Gleichzeitig wurde mir vermittelt: Nimm dich mehr zurück, du bist eine Gefahr für die Männer im Haus! Wir waren ein gemischter Orden. Ich musste mich grau kleiden, lange Röcke mit Unterrock tragen. Da verliert man ein Stück Identität.

"Krone": Die ersten Übergriffe sind durch Frauen geschehen...

Wagner: Ja, sie haben mich angefasst... Es stand immer im Raum: Da will jemand etwas von mir. Ich kann natürlich nicht sagen, wie weit sie noch gegangen wären. Inwieweit dieses Anfassen sexuell motiviert war, kann ich nicht sagen.

"Krone": Und später war es ein Priester, der Sie missbraucht hat. Wie ist es dazu gekommen?

Wagner: Solche Übergriffe, das ist mir heute klar, sind nur möglich, wenn auch Übergriffe auf die persönliche Freiheit und auf die Privatsphäre stattfinden. Ich war ohnmächtig, eine gebrochene Person, ohne jede Verbindung zu meinen Gefühlen. Erst zwei Jahre, nachdem das alles geschehen ist, habe ich mich meiner Vertrauensperson anvertraut, aber sie hat mich angebrüllt und mich mit Vorwürfen überschüttet.

"Krone": Was ist dann passiert?

Wagner: All meine Hoffnungen wurden zerstört. Ich hatte ein Leben in Geborgenheit, in einer Liebesbeziehung mit Gott gesucht. Zu Liebe gehört Freiheit, persönliche Entfaltung... All das wurde uns genommen. Die Oberen haben festgelegt, was Gott von uns will. Wir haben nicht wie Bräute Christi gelebt, sondern wie Prostituierte.

"Krone": Gestorben, vernichtet, gelähmt - mit so dramatischen Worten beschreiben Sie im Buch Ihre Empfindungen. Wie haben Sie es nach einem Selbstmordversuch geschafft, in ein normales Leben zurückzukehren?

Wagner: Ich lernte einen Menschen kennen, der mich stark gemacht hat. Der mir klar gemacht hat, dass ich ein Recht habe, so zu sein, wie ich bin. Der mich nach vielen Jahren als Erster wieder gefragt hat: Wie geht es dir? Der mir gesagt hat: Ich finde es super, dass du studierst! Ohne ihn hätte ich den Schritt hinaus nicht gehen können.

"Krone": Haben Sie den Mann, der Sie missbraucht hat und der im Buch "Pater Jodok" heißt, angezeigt?

Wagner: Natürlich, in Österreich und in Deutschland. Er hat angegeben, dass es einvernehmlich war. Es ist ihm nichts passiert. Er wurde versetzt, was aber de facto für ihn eine Beförderung war. Ich glaube, er ist mittlerweile wieder zurück in Österreich, zurück in der Gemeinschaft.

"Krone": Glauben Sie, wird er Ihr Buch lesen?
Wagner: Das ist eine spannende Frage. Ich weiß nicht einmal, ob ich hoffe, dass er es liest. Mir ist es eigentlich egal. Ich erwarte mir nicht, dass er auf einmal Reue empfindet.

"Krone": Sie haben 2008 auch den damaligen Papst kennengelernt. Glauben Sie, dass unter dem neuen Papst mit dem Thema Missbrauch anders umgegangen wird?

Wagner: Ich glaube, dass Papst Franziskus ein anderes Klima schafft, und das ist die Voraussetzung dafür, dass sich etwas ändert. Denn meine Geschichte ist kein Einzelfall. Gemeinschaften, die ihre Mitglieder missbrauchen, gibt es viele - und sie sind von der Kirche jahrzehntelang gefördert worden.

"Krone": Sie haben auch Kardinal Schönborn kennengelernt. Was wird er sich denken, wenn er das liest?

Wagner: Ich würde mir wünschen, dass er mein Buch liest. Und dass er meine Geschichte ernst nimmt. Denn Missbrauch hat in der Kirche System. Wann immer ich kirchliche Obere, Bischöfe, Kardinäle, auch Priester angesprochen habe, hatte ich das Gefühl, dass sie einfach überfordert sind mit dieser Tatsache. Sie sagen dann: "Ja, das ist traurig, was Ihnen passiert ist. Ich werde für Sie beten." Und das war es dann. Das reicht aber nicht! Sie müssen erkennen, dass es ein grundlegendes Problem in diesen Gemeinschaften gibt.

"Krone": Was soll der Titel Ihres Buches aussagen?

Wagner: "Nicht mehr ich" ist doppeldeutig. Einerseits war ich nicht mehr "ich", als ich 2011 ausgetreten bin. Andererseits kann mich so etwas nicht mehr treffen.

"Krone": Gar keine Angst, dass sich der Orden wehren wird?

Wagner: Doch, deshalb erwähne ich ihn auch nicht. Weil ich 100 Prozent sicher sein möchte, dass die nicht noch einmal die Hände nach mir ausstrecken und versuchen, mir vielleicht noch einen Strick zu drehen.

http://www.krone.at/Oesterreich/Was_ist_...ne-Story-426600


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RE: Missbrauch in der Kirche

#5 von Christine , 20.03.2016 08:26

Erste Hilfe nach Missbrauch in Kirche
"Unabhängige Ansprechstelle" in Elmshorn nimmt Arbeit auf Von Edgar S. Hasse


Worte wie "Scham" und "wir sind fassungslos" waren am Freitag in einem Travemünder Hotel häufiger zu hören. Dort traf sich das Parlament (Synode) der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Erneut mussten sich die Kirchenparlamentarier mit einem der größten kirchlichen Missbrauchsskandale befassen.

Es war Bischöfin Kirsten Fehrs, die am Vormittag ans Rednerpult schritt, um über Konsequenzen zu sprechen. Schließlich hatte die Unabhängige Expertenkommission unlängst ihren Abschlussbericht vorgelegt. Er dokumentiert 16 sexuelle Missbrauchsfälle, die sich in einem Zeitraum von 30 Jahren in einer Ahrensburger sowie weiteren Kirchengemeinden ereignet hatten. Die Expertenkommission gab 155 Empfehlungen. Die Kirche reagierte daraufhin mit einem Zehn-Punkte-Plan. Ein Vorhaben davon ist seit Freitag umgesetzt.

Konkret geht es um die "Unabhängige Ansprechstelle bei Fragen sexualisierter Gewalt und Grenzverletzungen" (UNA). Ab sofort können sich dort Opfer, ihre Angehörigen und Zeugen bei der Elmshorner Initiative Wendepunkt melden.

Der Verein ist seit 20 Jahren auf Interventionen bei sexualisierter Gewalt spezialisiert. Die Organisation mit ihren 34 Mitarbeitern übernimmt in den nächsten vier Jahren die Arbeit einer Ansprechstelle. Dafür erhält sie jährlich 25.000 Euro von der Nordkirche.

Wie Wendepunkt-Geschäftsführerin Ingrid Kohlschmitt sagte, gibt es nunmehr ein niedrigschwelliges und anonymes Angebot. Die Gespräche finden "unabhängig von der Kirche" statt.

Wer sich per Telefon oder Mail melde, werde über die weiteren Schritte beraten. "Wir prüfen die strafrechtliche Relevanz und geben eine erste Orientierung.

Therapeutische Hilfe leisten wir nicht", betonte Kohlschmitt. Bischöfin Fehrs zeigte sich vor der Synode erneut betroffen vom Ausmaß des "Systems Missbrauch" in der Kirche.

"Wir sind auch als Institution schuldig geworden", sagte sie. Ihren Angaben zufolge prüfe die Kirchenleitung ein Disziplinarverfahren gegen eine frühere Oberkirchenrätin wegen des Verdachts der Amtspflichtverletzung.

Allerdings, fügte Fehrs mit Hinweis auf das Expertengutachten hinzu, dürfte es sich damals nicht nur um eine einzige kirchenleitende Person gehandelt haben.

Die Unabhängige Ansprechstelle bei Wendepunkt ist unter der Rufnummer 0800-022 00 99 sowie per Mail (una@wendepunkt-ev.de) zu erreichen.

http://www.welt.de/print/die_welt/hambur...-in-Kirche.html


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RE: Missbrauch in der Kirche

#6 von Christine , 20.03.2016 08:27

KIRCHE Bericht zum Missbrauch soll ins Ahrensburger Stadtarchiv

Ahrensburg. Der Missbrauchsskandal in der evangelischen Kirchengemeinde wird nun auch ganz offiziell ein Kapitel in der Ahrensburger Stadtgeschichte. Ein gedrucktes Exemplar des 500-seitigen Untersuchungsberichts einer Expertenkommission, die im Auftrag der Nordkirche zwei Jahre lang die Vorfälle in der Gemeinde untersucht hat, soll im Stadtarchiv aufbewahrt werden. Der Bericht war am 14. Oktober der Öffentlichkeit vorgestellt worden, er ist komplett im Internet einsehbar.

Anselm Kohn von der Initiative Missbrauch in Ahrensburg hat das Konvolut von Format und Gewicht eines Großstadt-Telefonbuchs nun symbolisch an Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach übergeben. Sarach: "Wir werden es archivieren, um es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das halte ich für wichtig."

Der Verwaltungschef kann sich außerdem vorstellen, den Bericht scannen und ebenfalls online stellen zu lassen. Dafür bedarf es allerdings noch der Zustimmung der Expertenkommission: Die Initiative Missbrauch ist lediglich Überbringer, nicht jedoch Urheber des Papiers. Sarach will außerdem dafür sorgen, dass die Stadtverordneten Einblick in den Bericht nehmen können. Ahrensburgs Politik hat sich – zumindest offiziell – bislang nicht mit dem Missbrauchsskandal beschäftigt.

Was aus Sicht des Bürgermeisters bislang auch nicht nötig gewesen ist. "Das ist eine Angelegenheit der Kirche", sagt er. "Sie musste erst mal alles aufarbeiten. Wir können jetzt unsere Schlüsse daraus ziehen."

Zuallererst gehe es darum zu lernen, "dass es Missbrauch von Kindern in unserer Gesellschaft überall geben kann, dass wir aufmerksamer sind, dass wir nicht wieder erst später in die Situation kommen, aufarbeiten zu müssen". Ein Ahrensburger Pastor hatte gestanden, in der 1980er-Jahren in der Kirchengemeinde ihm anvertraute Kinder missbraucht zu haben.

http://www.abendblatt.de/region/stormarn...tadtarchiv.html


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RE: Missbrauch in der Kirche

#7 von Christine , 20.03.2016 08:27

Kinderpornoaffäre in Ellwangen
Pfarrer zahlt 4050 Euro und ist nicht vorbestraft
Von SIR/dpa 03. Dezember 2014 - 11:39 Uhr

Nach dem Fund von kinderpornografischem Material auf dem Rechner eines 40-jährigen Pfarrers aus Ellwangen hat der Mann mit der Zahlung von 4050 Euro den Strafbefehl angenommen. Der Geistliche muss sich nun einem kirchlichen Verfahren stellen.


Ellwangen - Ein Pfarrer aus Lauchheim (Ostalbkreis) hat den gegen ihn verhängten Strafbefehl wegen Besitzes von Kinderpornos angenommen. Mit der Zahlung von 4050 Euro gilt der katholische Geistliche als nicht vorbestraft, wie ein Sprecher des Amtsgerichts Ellwangen am Mittwoch mitteilte.


Auf dem Computer des 40-Jährigen waren bei einer Durchsuchung im April etliche Bilder und Videos gefunden worden, die auch sexuelle Handlungen an Kindern unter 14 Jahren zeigten. Der Pfarrer muss sich nun einem kirchlichen Verfahren stellen, bei dem auch geprüft werden kann, ob er wieder als Priester arbeiten darf. Er war nach Bekanntwerden der Affäre suspendiert worden.

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt...44596bee7b.html


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RE: Missbrauch in der Kirche

#8 von Christine , 20.03.2016 08:29

Kommentar: Kirche und Missbrauch - Kein Schlussstrich
Vor fünf Jahren wurde der vielfache sexuelle Missbrauch in der katholische Kirche in Deutschland bekannt. Die Kirche hat seither viel unternommen, doch vor ihr liegt noch ein weiter Weg, meint Christoph Strack.

Es war eine der bewegenden Szenen der Philippinen-Reise von Papst Franziskus: Da stand ihm die kleine Glyzelle Palomar gegenüber und sollte dem Gast berichten von ihrem früheren Leben - von Drogen, Prostitution, der Zeit als Straßenkind. Drogen, Prostitution… - zwölf ist das Kind! Und es wird wohl für sein Leben zu tragen haben. Bald brachen dem Mädchen unter Tränen die Worte weg, es kam nur noch ein "Warum lässt Gott das zu?" Tröstend nahm Franziskus sie in den Arm und ermutigte sie im Weinen. Ja, ein rührender Moment. Ein Bild auch für die Kameras.
Man kann durchaus an diese Szene denken, wenn in diesen Tagen die katholische Kirche in Deutschland auf das Bekanntwerden von hunderten und tausenden Missbrauchsfällen in Einrichtungen der Kirche zurückblickt. Hunderte Millionen, vielleicht Milliarden Menschen weltweit sahen in ihren Fernseh-Nachrichten diese Szene. Die ehrliche Anteilnahme des Papstes an einem unschuldigen Opfer, einem Kind. Bei der sexuellen Gewalt von Klerikern oder Kirchenmitarbeitern waren es vielfach auch Kinder, die zu Opfern wurden. Aber als sie endlich an die Öffentlichkeit gingen, waren es laute Erwachsene, die ihr Recht, die Anteilnahme einforderten, ihr Schicksal beklagten.

Bischof Ackermann: "Grauenhaft"

Fünf Jahre ist es her, dass der Berliner Jesuit Klaus Mertes mutig und eben seelsorgerlich vielfache Missbrauchsfälle in der von ihm geleiteten Ordensschule Canisius-Kolleg aufmerksam machte. Da hatten sich immer mehr Opfer - "Überlebende", wie sie selbst oft sagen - an ihn gewandt. Der Vorstoß und der Mut dieser Betroffenen und die immer neu bekanntwerdenden Fälle erschütterten die katholische Kirche in Deutschland in ihrem Mark. Es dauerte, bis die Bischöfe aus einem Abwehrmoment zu ehrlicher Aufarbeitung kamen. Wenn heute der Beauftragte im Kreis der Bischöfe, der Trierer Oberhirte Stephan Ackermann, von einzelnen Vorgängen spricht, kommen auch Worte wie "grauenhaft" oder "schrecklich" selbstverständlich über seine Lippen.

Das, was da bislang geschah, kann sich durchaus sehen lassen: Entschädigungen wurden und werden gezahlt, alle 27 katholischen Diözesen haben Missbrauchsbeauftragte, es gibt - zwischenzeitlich bereits überarbeitete - Leitlinien der Bischofskonferenz, Zigtausende kirchliche Mitarbeiter wurden geschult, fast jede kirchliche Einrichtung muss ein Schutzkonzept präsentieren. Informell sagen staatliche Vertreter, dass sich manche gesellschaftliche Großorganisation, beispielsweise im Bereich des Sports, mit dem Thema deutlich schwerer tue.

Umfassende Studie bis 2017
Das Thema Missbrauch im kirchlichen Kontext spielt in den Medien nicht mehr ständig eine Rolle. Einerseits mag das an dem nächsten Großskandal liegen, der Selbstherrlichkeit des Bischofs von Limburg bei einem Bauvorhaben. Andererseits leistet da auch die Ausstrahlung von Papst Franziskus ihren Beitrag: Er zeigt bei Begegnungen mit Opfern von Gewalt und Katastrophen tiefe Empathie, er mahnt und ermutigt, er fordert auch deutlich, wenn es um Aufklärung geht.

Und nach dem ärgerlichen Ende eines Forschungsprojekts durch den Hannoveraner Kriminologen Christian Pfeiffer, der im Streit seine Arbeit für die deutschen Bischöfe beendete, läuft längst ein neues Großvorhaben mit mehreren Universitäten. Sie interviewen Überlebende und Täter, nehmen Einsicht in die Personalakten und wollen bis 2017 Ergebnisse vorlegen. Man kann fest damit rechnen, dass aus den Akten mancher Vorgang bekannt wird, bei dem in früheren Jahrzehnten Verantwortliche - seien es Bischöfe oder Personalchefs - Beschuldigte oder Verdächtigte kurzerhand in eine andere Diözese versetzten. Und damit dem Täter neue Möglichkeiten zu sexueller Gewalt gaben.

Ein Prozess, der nie zu einem Ende kommt
Nachrichten aus der vergangenen Woche - rein zufällig zusammengestellt: In Aachen steht ein 56-jähriger Priester vor Gericht und schweigt - dabei sind die Taten erwiesen und seine Aussage würde den Prozess verkürzen und die Opfer erleichtern. Ein Benediktiner aus dem oberbayerischen Ettal steht ab Mittwoch in München vor Gericht wegen mehr als 20 Missbrauchsfällen in den Jahren 2001 bis 2005. Das Erzbistum Berlin verzeichnet in einer neuen Statistik weitere Verdachtsfälle auf sexuellen Missbrauch durch Kirchenmitarbeiter - Ausdruck zumindest der umfassenden Aufarbeitung.

Es geht weiter. Aber immerhin: Das Vertuschen und Verschieben scheint vorbei. "Die Arbeit ist nicht abgeschlossen", sagte Bischof Ackermann am Montag. "Wir können unter dieses Thema keinen Schlussstrich ziehen." Der Blick auf die katholische Kirche in Deutschland ist ein anderer geworden seit dem Januar 2010. Ja, sie tut viel zur Aufarbeitung. Aber es mag ein Weg zu mehr Sensibilität und zur Offenheit sein, der nie zu einem Abschluss kommen kann.

http://www.dw.de/kommentar-kirche-und-mi...rich/a-18200349


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RE: Missbrauch in der Kirche

#9 von Christine , 20.03.2016 08:29

Sexueller Missbrauch – Trierer Bischof zieht Bilanz


TRIER. Fünf Jahre ist es inzwischen her, dass die Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern auch in der katholischen Kirche in breitem Rahmen bekannt wurden. Der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann, der von der Deutschen Bischofskonferenz mit der Aufarbeitung und Betreuung dieses Themas beauftragt wurde, zog in einem Pressegespräch eine Bilanz.


Die Missbrauchsfälle der Katholischen Kirche werden laut Bischof Dr. Stephan Ackermann, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen sexuellen Missbrauchs, noch lange ein Thema sein. „Die Arbeit ist nicht abgeschlossen, der Weg geht weiter“, sagte der Bischof bei einem Pressegespräch am 19. Januar in Trier. „Wir können unter dieses Thema keinen Schlussstrich ziehen.“ Anlass des Pressegespräches war, dass vor fünf Jahren, im Januar 2010, zahlreiche Missbrauchsfälle in der Kirche bekannt geworden waren.

114 Betroffene haben sich in Trier gemeldet

Bischof Ackermann und Dr. Andreas Zimmer, Leiter des Arbeitsbereichs Beratungsdienste im Bistum Trier, gaben bei dem Gespräch eine Bestandsaufnahme. Die erste Phase habe aus Auswertung und Aufarbeitung bestanden, erklärte der Bischof. Dabei seien Betroffene ermutigt worden, sich zu melden – etwa durch eine eigens eingerichtete Hotline. Beschuldigte seien konfrontiert worden. Zudem seien kirchliche Strafverfahren eingeleitet worden. Für das Bistum Trier bedeute dies in Zahlen (Stand 31. Dezember 2014): 114 Betroffene haben sich in den letzen fünf Jahren gemeldet. Beschuldigt wurden 37 bereits verstorbene Priester, sowie 30 noch lebende. 21 dieser Verfahren wurden zum Abschluss gebracht, neun sind noch offen. 83 Anträge auf finanzielle Entschädigung wurden gestellt, 79 bewilligt. Insgesamt erhielten die Betroffenen bisher rund 400.000 Euro, die nicht aus der Kirchensteuer stammen. 2010 hat die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) zudem „Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger“ vorgestellt, 2013 noch einmal überarbeitet.

Kultur der Achtsamkeit

Mit der Aufarbeitung habe auch die Phase der Prävention begonnen. „Dabei geht es nicht um etwas, das man abschließen kann“, erklärte Zimmer. Routinen müssten entwickelt werden, die regelmäßig überprüft würden. Seit dem Jahr 2011 sind im Bistum Trier 2.276 Mitarbeiter geschult worden. Jede Einrichtung muss zudem ein auf sie zugeschnittenes Schutzkonzept entwerfen und zertifizieren lassen. Neben dem Qualiätsmanagement müsse eine „Kultur der Achtsamkeit“ entwickelt werden – nicht nur im kirchlichen Bereich. „Ziel ist es, dass die Mitarbeitenden selbst Kinder- und Jugendschützer sein können“, erklärte Zimmer, in allen Bereichen des Lebens. Denn Kinder- und Jugendschutz sowie die Stärkung von Kinderrechten, sagte Ackermann, „gehören zu einem wichtigen Raum von Kirche“.

Mehr Wissen ergibt mehr Fragen

Fünf Jahre nachdem der Jesuitenpater Klaus Mertes mit einem Brief an ehemalige Schüler des Berliner Canisius-Kollegs den Anstoß gab, sei „Missbrauch“ ein etabliertes Standardthema geworden, sagte Zimmer. Dies sei ein „wesentlicher Gewinn“. Mit mehr Wissen gebe es aber mehr Fragen. Daher gehe es nun darum, zu evaluieren, sich weiter zu vernetzen, und auch einen Blick auf neue Gefahren zu haben, wie sie sich etwa durch das Internet entwickelten. Bischof Ackermann wies zudem auf das Forschungsprojekt der DBK hin zum Thema „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen“. Darin sollen einheitliche Kriterien entwickelt werden, um die Datenlage zu vergleichen. Interviews mit Betroffenen und Tätern werden ausgewertet, Institutionen verglichen, sowie Präventionsaspekte aufgeführt. Zudem werden Personalakten ausgewertet und Berichte aus anderen Ländern eingebracht. Das Forschungsprojekt soll Ende 2017 seinen Abschluss finden.

http://lokalo.de/artikel/82624/sexueller-missbrauch-trierer


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RE: Missbrauch in der Kirche

#10 von Christine , 20.03.2016 08:30

Pater vor Gericht

Missbrauch in Kloster Ettal: Der letzte Prozess
Aktualisiert: 20.01.2015 - 10:45

München/Ettal - Ab Donnerstag steht der letzte wegen Missbrauchs angeklagte Pater des Kloster Ettal vor Gericht. Damit ist dieses dunkle Kapitel des Benediktinerklosters zum Abschluss - zumindest juristisch gesehen. Ein Rückblick.

Von Beruf Priester, beschäftigt als Erzieher: Er war eine Vertrauensperson - und soll dies bei Kindern schamlos ausgenützt haben. Ein Pater im altehrwürdigen oberbayerischen Kloster Ettal hat sich jahrelang sexuell an Internatsschülern vergangen, so die Anklage. Die Fälle liegen zehn Jahre und länger zurück. Jetzt muss der 44-Jährige vor Gericht.


Fünf Jahre nach Bekanntwerden der Gewaltexzesse in dem Benediktinerkloster muss sich ein Mönch von diesem Donnerstag (22. Januar) an vor dem Münchner Landgericht verantworten. Die Anklagebehörde wirft dem inzwischen 44-Jährigen vor, sich zwischen 2001 und 2005 an zwei Buben vergangen zu haben und es in zwei weiteren Fällen versucht zu haben.

Viele Fälle sind verjährt

Die Aufdeckung einer ganzen Serie von Missbrauchsskandalen und Misshandlungen in Internatsschulen löste Anfang 2000 eine bis heute andauernde Diskussion über die Erziehungsmethoden in Heimen aus. Erst vor knapp zwei Wochen befasste sich eine ARD-Dokumentation mit Missbrauchsfällen bei den weltberühmten Regensburger Domspatzen. Für das Kloster Ettal arbeitete ein Sonderermittler die jahrzehntelangen Demütigungen von Schülern auf. Die meisten Fälle waren aber bereits verjährt, die wenigen strafrechtlich noch relevanten Fälle von sexuellem Missbrauch nahm sich die Münchner Staatsanwaltschaft vor.

So landeten auch die Vorwürfe gegen den 44-Jährigen auf dem Schreibtisch der Behörde. Der Mann war 1995 ins Kloster eingetreten. Seit dem Schuljahr 2001/2002 beschäftigte ihn die Ordensgemeinschaft als Präfekt, wie die Erzieher in Internaten auch heißen. „Die Präfekten sind jedem Schüler Ansprechpartner und Begleiter auf seinem Weg durch das Schuljahr“, heißt es auf der Internetseite des Klosters. Sie seien auch „Anlaufstelle bei persönlichen Problemen“.

Vertrauensposition ausgenützt

Diese besondere Vertrauensposition nutzte der Pater schamlos aus, so die Anklage. In seinem Präfektenzimmer und im Schlafraum einer Berghütte soll er einen 13-Jährigen im Herbst 2001 laut Anklage minutenlang unter der Unterhose gestreichelt haben. Das verängstigte Opfer stellte sich schlafend.

Im Schuljahr 2004/2005 soll der Angeklagte das freundschaftliche Verhältnis zu einem Schüler der 7. Klasse ausgenutzt haben, um sich mindestens 20 Mal an dem 14-Jährigen zu vergreifen. Der Ordensmann zog den Jugendlichen unter dem Vorwand, Bilder auf dem Computer anzuschauen, auf seinen Schoß. Nach den Ermittlungen befummelte er auch dieses Opfer jeweils minutenlang unter der Unterhose und erregte sich dabei sexuell - das Ganze immer in der Mönchskutte. Mehrmals die Woche soll er den Schüler auf diese Weise sexuell gepeinigt haben.

Auch zwei weiteren Schülern - einer gerade einmal zwölf Jahre alt - kam der Pater wohl zu nahe. Als seine Hand auch bei ihnen Richtung Unterhose wanderte, wehrten sich die Schüler jedoch, der Geistliche ließ laut Anklage von ihnen ab. Die Staatsanwaltschaft spricht von sexuell motivierten Übergriffen, sieht in den beiden Fällen aber nur versuchten sexuellen Missbrauch.

Jahrzehntelange Misshandlungen

Die dem Ordenspriester zur Last gelegten Fälle sind schlimm genug, sollten sie im Prozess erwiesen werden. Doch tischte Sonderermittler Thomas Pfister vor fünf Jahren noch weitaus brutalere sexuelle Übergriffe und Misshandlungen auf. Auf 180 Seiten beschrieb der vom Erzbistum München-Freising eingesetzte Rechtsanwalt jahrzehntelange Misshandlungen und sexuellen Missbrauch von rund 15 Mönchen an mehr als 100 Klosterschülern. Selbst ein früherer Abt soll Schutzbefohlene geschlagen und seelisch gequält haben. Laut Pfister zwang der Klostervorsteher einen Schüler, eine lebende Nacktschnecke zu essen.

Schläge waren an der Tagesordnung

Das Kloster räumte ein, dass Schläge im Internat bis in die 1990er Jahre an der Tagesordnung waren. „Es herrschte damals der absolute Terror“, schrieb ein Schüler dem Sonderermittler. Kinder mussten sich auf Befehl von Mönchen gegenseitig schlagen. Andere wurden zur Strafe auf den Gang gestellt oder in den Keller geschickt. Ein Opfer berichtete, es sei von einem Pater so lange mit einem Bambusstock geschlagen worden, bis es auf die Krankenstation kam.

Zwei Ordensleute kamen mit Bewährungsstrafen davon. Ein weiterer inzwischen gestorbener Pater bekannte in einer Art Testament, Schüler seien regelmäßig nachts bei ihm gewesen und hätten Sex mit ihm gehabt. Das Kloster entschädigte inzwischen 70 Opfer mit insgesamt 700.000 Euro. Der Mindestbetrag lag bei 5000 Euro, in Einzelfällen wurden bis zu 20.000 Euro gezahlt.

Für den Prozess vor der Jugendschutzkammer des Landgerichts München II sind sieben Tage vorgesehen. Es werden zahlreiche Zeugen und Sachverständige gehört. Das Urteil soll Ende März verkündet werden.

dpa

http://www.tz.de/bayern/missbrauch-klost...html?cmp=defrss


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RE: Missbrauch in der Kirche

#11 von Christine , 20.03.2016 08:31

Prozess um Missbrauch in Ettal

"Alle mir zur Last gelegten Vorwürfe sind unzutreffend"

Im Prozess um sexuellen Missbrauch von Schülern im Kloster Ettal hat der angeklagte Mönch seine Unschuld beteuert und lediglich eingeräumt, zu wenig Distanz zu den Kindern gehabt zu haben. Laut Anklage soll er sich jahrelang an Minderjährigen vergangen haben.

Stand: 22.01.2015


Zu Beginn des ersten Verhandlungstages am Münchner Landgericht gab der 44 Jahre alte Angeklagte, der mit Anzug und Krawatte erschienen war, eine umfangreiche Erklärung ab. Darin schilderte der Ordensmann den Tagesablauf in Schule und Internat, zudem erläuterte er seine Aufgaben als Präfekt und Religionslehrer.

Pater weist Vorwürfe zurück
Der Benediktiner ging außerdem darauf ein, inwieweit er für die Schüler verfügbar gewesen sei - auch auf seinem Zimmer. Der Pater beteuerte dabei seine Unschuld:

"Alle mir zur Last gelegten Vorwürfe sind unzutreffend."
Der Angeklagte
Der 44-Jährige räumte vor der Jugendkammer lediglich ein, Schüler an Bauch und Rücken gestreichelt zu haben. Diese Distanzlosigkeit sei pädagogisch unprofessionell gewesen, sagte der Angeklagte:

"Ich habe es in vielen Fällen an der notwendigen Distanz zu Schülern fehlen lassen. (...) Zu keinem Zeitpunkt aber habe ich mich Schülern in sexuell motivierter Absicht genähert. (...) Ich war in dieser Zeit Vater- und Mutterersatz."
Der Angeklagte
Sachverständige prüfen Glaubwürdigkeit


Bereits im November 2010 hatte die Münchner Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Lehrer des Ettaler Gymnasiums Klage eingereicht. Die Anklagebehörde wirft dem Pater vor, sich zwischen 2001 und 2005 in insgesamt 24 Fällen an zwei Buben vergangen zu haben und es in zwei weiteren Fällen versucht zu haben. Beim Prozess sind vier Sachverständige anwesend. Sie sollen die Glaubwürdigkeit der Zeugen und des Angeklagten begutachten.


Der Mann war 1995 ins Kloster eingetreten. Seit dem Schuljahr 2001/2002 beschäftigte ihn die Ordensgemeinschaft als Präfekt, wie die Erzieher in Internaten auch heißen. "Die Präfekten sind jedem Schüler Ansprechpartner und Begleiter auf seinem Weg durch das Schuljahr", heißt es auf der Internetseite des Klosters.


Diese besondere Vertrauensposition nutzte der Pater schamlos aus, so die Anklage. Zu den sexuellen Übergriffen soll es bei Ausflügen zum Klettern und auf Berghütten gekommen sein. Bisher bestreitet der Pater die Vorwürfe. Der Mann ist vorerst der letzte Fall der skandalösen Vorgänge hinter den Ettaler Klostermauern, der gerichtlich aufgearbeitet werden kann. Zahlreiche zusätzliche Vernehmungen, ein Gutachten über die Glaubwürdigkeit eines Schülers, der behauptet, missbraucht worden zu sein, sowie eine chronische Überlastung der Gerichte sind die Hauptursachen dafür, dass der Prozess gegen den ehemaligen Präfekten erst viereinhalb Jahre nach der Anklageerhebung beginnt.


Im Kloster Ettal und seinem Gymnasium sind Jahrzehnte lang Schüler von Benediktiner-Patern sexuell missbraucht worden. Ein Sonderermittler arbeitete die Demütigungen von Schülern auf. Die meisten Fälle waren aber bereits verjährt, die wenigen strafrechtlich noch relevanten Fälle von sexuellem Missbrauch nahm sich die Münchner Staatsanwaltschaft vor.

Das Kloster entschädigte inzwischen 70 Opfer mit insgesamt 700.000 Euro. Der Mindestbetrag lag bei 5.000 Euro, in Einzelfällen wurden bis zu 20.000 Euro gezahlt. Die Folgen für das ehemalige Eliteinternat sind seit Bekanntwerden der Vorfälle gravierend. In diesem Schuljahr ist kein einziger Schüler angemeldet worden. Nun soll ein "Ort des Gedenkens" für Missbrauchsopfer geschaffen werden. Erste Entwürfe liegen bereits vor.

http://www.br.de/nachrichten/oberbayern/...rozess-100.html


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RE: Missbrauch in der Kirche

#12 von Christine , 20.03.2016 08:35

2. Januar 2015, 19:15
Missbrauch im Kloster
Auf der dunklen Seite



Zwischen 2001 und 2005 soll der frühere Präfekt des Internats im Kloster Ettal zwei Schüler sexuell missbraucht haben.

Er spricht nur von Streicheleinheiten und elterlicher Nähe.

Der Prozess ist Abschluss eines jahrzehntelangen Missbrauchsskandals im Kloster.
Von Heiner Effern

Ein büßender Mönch auf der Anklagebank sieht anders aus. Im dunkelgrauen Anzug, mit weißem Hemd und blau-gestreifter Krawatte ist Pater Georg ins Landgericht München II gekommen. Aufrecht, den Kopf erhoben, nimmt er vor seinen Verteidigern Platz. Mitgebracht hat er zum Prozessauftakt ein dickes Konvolut, aus dem er gleich nach dem Vortrag der Anklage vorliest. Mit vielen Worten zeichnet er mehr als zweieinhalb Stunden lang das Bild eines Menschen. Einfühlsam, manchmal unglücklich, konfliktscheu, oft überfordert. Er beschreibt sich als einen Mann, der sich verirrt hat. Doch nicht auf die Abwege, die ihm die Staatsanwältin vorwirft. Niemals habe er sich den ihm anvertrauten Schülern als Präfekt des Internats in Kloster Ettal sexuell genähert, sagt der 44-jährige Pater Georg. Er ist nicht als Büßer gekommen, sondern um seine Unschuld zu beweisen.

Zwischen den Jahren 2001 und 2005 soll er zwei Schüler sexuell missbraucht haben. Er soll sie mit der Hand am Genital berührt und auch gestreichelt haben. Bei zweien ist er des Versuchs angeklagt, sie sollen rechtzeitig gegangen sein. Pater Georg soll seine Position als Vertrauensperson der Kinder dafür schamlos ausgenutzt haben. So steht es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft. "Falsch", sagt Pater Georg. "Alle mir zur Last gelegten Vorwürfe sind unzutreffend."

Eine pädagogische Ausbildung hatte der Mönch nie
Seinem damaligen Verteidiger hatte Pater Georg bei Bekanntwerden der Vorwürfe im Jahr 2010 zwar noch eine Art Geständnis unterschrieben, so wird beim Prozess bekannt. Der Pater bezeichnet dies aber heute als Fehler, er habe deshalb den Anwalt gewechselt. Die Unterschrift sei ihm mehr oder weniger abgenötigt worden, um ins Gespräch zu kommen mit der Staatsanwaltschaft.



Was er heute eingesteht, sind lediglich Berührungen und Streicheleinheiten, die strafrechtlich nicht relevant sind. Er habe zu viel körperliche Nähe zugelassen, sagt er, weil er sich "als Vater- und Mutterersatz" für die Buben gefühlt habe. Noch in der siebten Klasse saßen diese regelmäßig auf seinem Schoß, auch längere Zeit. Wenn sie Kummer hatten, tröstete er sie, "wie es meine Mutter bei mir gemacht hat". Er habe sie am Bauch und am Rücken gestreichelt und gekrault, sagt er. Seine vermeintliche Elternrolle habe ihm "geschmeichelt". Dass ihm die nötige Distanz zu den Kindern fehlte, habe er damals nicht reflektiert. "Das tut mir leid, das war ein entscheidender Fehler in meiner Arbeit." Den Grund dafür sieht der Mönch in seiner mangelnden pädagogischen Ausbildung. Eine solche habe er nie erhalten.


Untersuchung zu Missbrauch im Kloster Ettal
Ein mutiger Schritt
Die Institution stand im Mittelpunkt, nicht der Mensch: Im Kloster Ettal zeigte sich der Narzissmus der katholischen Kirche. Der unabhängige Bericht über den Missbrauchsskandal ist nun ein mutiger Schritt zu dessen Überwindung - selbst wenn es immer noch uneinsichtige Täter gibt.

Ohnehin führte sein Weg anfangs in eine andere Richtung. In Frankfurt als Jürgen R. geboren und aufgewachsen, absolvierte er erfolgreich eine Banklehre. In einer Einrichtung der Karmeliter holte er anschließend das Abitur nach. Dort habe er "überzeugende Menschen" kennengelernt, sagt er. Jürgen R. beschloss, in einen Orden einzutreten. Er wählte die Benediktiner, weil Mönche dort nicht ständig den Wohnort wechseln müssen. Der bergbegeisterte Novize suchte sich Kloster Ettal aus. 1996 wurde er als Mönch endgültig aufgenommen, danach studierte er in München Theologie. Nach Abschluss des Studiums 2001 übernahm er im Klosterinternat einen festen Posten.

Um die Buben in den Griff zu bekommen, so beschreibt er es vor Gericht, bastelte er sich selbst eine Art pädagogisches Konzept. Das basierte auf vielen Ausflügen zum Wandern, Klettern und Skifahren, um aus der Klasse eine Einheit zu formen. Bei Bedarf gab es Zuwendung, wie er sie von seiner Mutter erlebt hatte.

Zwischen 1960 und 1990 wurden in dem Internat viele Schüler missbraucht
Vier junge Männer berichteten den Ermittlern 2010 aber von einer Art Zuwendung, die weit darüber hinaus ging. Ständiges Ziel von Pater Georg war es laut Anklage, mit seiner Hand in deren Hose zu kommen. Einen 13 Jahre alten Buben soll der Angeklagte unter seinen Boxer-Shorts gestreichelt haben, als er eines Abends bei ihm im Zimmer auf einer Couch eingeschlafen war. Dazu soll es zu einem weiteren, ähnlichen Vorfall auf einer Berghütte gekommen sein, auf der Pater Georg mit Schülern übernachtete. Der Bub soll sich aus Scham schlafend gestellt haben. Einen 14-Jährigen soll er mindestens 20-mal in die Hose gefasst haben, als sie gemeinsam im Zimmer des Präfekten vor dem Computer saßen. Teilweise minutenlang. Der Mann saß mit seiner Kutte spürbar erregt auf dem Stuhl, der Bub auf seinem Schoß. Zwei andere Schüler sollen sich davongemacht haben, als die Hand des Priesters in ihre Hose zu kommen versuchte.

Die Vorwürfe gegen einen Priester und Präfekten, der als Vertrauensperson für eine Altersstufe in einem Klosterinternat verantwortlich ist, sind schwerwiegend. Eine besondere Wucht erhalten sie dadurch, dass in diesem Haus der Benediktiner über Jahrzehnte hinweg Patres ihren Zöglingen noch viel Schlimmeres angetan haben. 15 Mönche haben zwischen 1960 und 1990 hinter den Klostermauern unbehelligt mindestens hundert Schüler misshandelt und missbraucht. So steht es im Bericht eines Anwalts, der als Sonderermittler im Auftrag des Münchner Kardinals Reinhard Marx die Vorfälle aufklären sollte. Er beschrieb ein Terrorregime in Ettal, in dem die Schwächeren Opfer von Gewalt und sexuellen Attacken wurden.

Ein Gutachten über den Mönch brachte kein Ergebnis
Als ehemalige Schüler Anfang 2010 mit ihrem Leid an die Öffentlichkeit gingen, brach ein Sturm über dem Kloster los. Abt und Prior wurden kurzzeitig entmachtet, Patres wurden vernommen, und der Ruf des einstigen Elite-Internats war zerstört. Im Rahmen dieser Ermittlungen, die sich im Wesentlichen auf die Zeit vor 1990 bezogen, wurden auch Vorwürfe gegen Pater Georg erhoben. Bereits im Jahr 2005 war er seines Amtes als Präfekt des Internats enthoben worden, weil sich Schüler über ihn beschwert hatten. Damals sollen allerdings nicht Vorwürfe in der jetzt angeklagten Form vorgebracht worden sein. Gleichwohl sah sich das Kloster veranlasst, mit Einverständnis von Pater Georg ein Gutachten zu seinen sexuellen Neigungen erstellen zu lassen, um pädophiles Verhalten auszuschließen. Das fiel so neutral aus, dass das Kloster dem Mönch nach seiner Versetzung nach Wechselburg in Ostdeutschland wieder den Umgang mit Jugendlichen erlaubte. Bis zum Jahr 2010.

Fast alle Straftaten der Mönche waren verjährt, doch das Kloster erkannte nach einigen inneren Kämpfen seine Schuld an. Ettal zahlte den Opfern freiwillig Entschädigungen und Therapien in Höhe von insgesamt 700 000 Euro. Zwei Patres erhielten Bewährungsstrafen, der Prozess von Pater Georg bildet den Abschluss der rechtlichen Aufarbeitung der Vorfälle im Kloster Ettal. Sieben Verhandlungstermine sind angesetzt, das Urteil wird am 26. März erwartet.

http://www.sueddeutsche.de/bayern/missbr...seite-1.2316292


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RE: Missbrauch in der Kirche

#13 von Christine , 20.03.2016 08:36

Schwere Vorwürfe

Ettal-Prozess: Mönch streitet alles ab
Aktualisiert: 23.01.2015 - 09:44

München - Es sind schlimme Vorwürfe gegen den Geistlichen. Pater Georg der jahrelang als Präfekt im Kloster Ettal arbeitete, muss sich wegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen verantworten.

Verwerfliche Taten, die die katholische Kirche erschüttern, wenn sie tatsächlich wahr sind. Vor dem Landgericht München II begann gestern der Prozess gegen Pater Georg (44), der jahrelang als Präfekt im Kloster Ettal arbeite. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen vor. Angeklagt sind vier Tatkomplexe, die sich in den Jahren 2001 bis 2005 ereignet haben sollen. Der Priester bestreitet sie! Sein Kutte legte er ab, vor Gericht erschien er gestern im grauen Anzug als Privatmann Jürgen R. Und verlas mehr als drei Stunden lang eine persönliche Erklärung. Wie er im Kloster lebte, welche Beziehung er zu den Schülern hatte und was er zu den Vorwürfen sagt.


Ja, er habe Buben auf seinen Schoß gesetzt. Sie umarmt, an Rücken und Bauch gestreichelt. Und sie nah an sich gelehnt, während er seinen heiligen Habit trug. „Aber diese Handlungen waren nie sexuell motiviert. Ich habe immer nur getröstet“, sagt Pater Georg. Er streitet alle Vorwürfe ab. Vier Schüler des Ettaler Klosterinternats soll er laut Anklage sexuell missbraucht haben. „Das stimmt alles nicht. Ich habe zu keinem Zeitpunkt versucht, in die Hose eines Schülers zu greifen.“

Als die Anklage gegen ihn verlesen wird, faltet der Mönch die Hände wie zum Gebet. Patrick P., damals 14 Jahre alt, soll er zu Beginn des Schuljahres 2001 am Penis gestreichelt haben, als der Bub – nur mit Bademantel und Boxershort bekleidet – in seinem Präfektenzimmer eingeschlafen war. Monate später soll sich ein ähnlicher Vorfall beim Ausflug auf eine Hütte wiederholt haben. „Ich schlief in einem Hochbett – aber allein“, sagt der Priester. Er hat über die Jahre genaue Aufzeichnungen angefertigt, was er mit seinen Schülern unternommen hat und will so seine Unschuld beweisen. Fakt ist aber auch: Sein Vorgesetzter wies Pater Georg schon zu Beginn seiner Klosterzeit streng darauf hin, keine Kinder auf den Schoß zu nehmen, als er ihn so sah. „Ich habe leider zu wenig Distanz gewahrt. Das war ein entscheidender Fehler in meiner Arbeit“, räumt der Priester ein.

Häusliche Konflikte der Schüler seien oft auf ihn übertragen worden. Wie im Fall von Sebastian S., damals 14, der ohne Vater aufwuchs. Laut Anklage besuchte er den Pater im Schuljahr 2004/05 nahezu täglich im Präfektenzimmer, suchte Nähe und Vertrauen. „Wir haben zusammen Bilder am Computer sortiert.“ Dabei soll der Geistliche den Bub begrapscht haben – laut Anklage mindestens 20 Mal. „Er hatte Probleme, war aggressiv. Und ich wusste, wie man sich als Versager in der Schule fühlt. Da habe ich ihn auf meinen Schoß genommen und gestreichelt – so wie meine Mutter es mit mir früher tat. Ich empfand diese Geste als wohltuend und schützend.“ Der Bub fühlte sich belästigt, zeigte ihn an.

So auch Andreas M., damals 13 Jahre alt. Auch ihn soll der Pater sexuell missbraucht haben, als beide zusammen am Computer saßen. Laut Anklage wehrte er sich, worauf Jürgen R. von ihm abließ. Adrian S. war sogar erst 12 Jahre alt. „Er rannte mir im Gang hinterher und umarmte mich“, sagt der Pater. Auch ihm soll er in die Hose gefasst haben.

Im Schuljahr 2004/05 eskaliert die Lage im Kloster. „Ich galt als zu streng. Meine Schüler traten in den Hungerstreik“, sagt der Pater. „Dem schwelenden Konflikt ging ich aus dem Weg. Ich fühlte mich menschlich gescheitert.“ Sebastian S., den den Missbrauch wohl am schlimmsten traf, soll die Klasse gegen den Pater aufgebracht haben, sagt er. Aus Rache? Das bleibt ungeklärt. Vielleicht aber nur bis zum 11. Februar, dann müssen die Schüler aussagen.

Dann wird sich auch zeigen, ob Pater Georgs ellenlange Erklärung vor Gericht standhält. Bei einer Verurteilung droht dem Priester jahrelange Haft.

Von Andreas Thieme

Die Chronik des Missbrauchs-Skandals:

Seit 2010 erschüttert die Aufdeckung zahlreicher Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern die Katholische Kirche. Auch in anderen Einrichtungen wie etwa an deutschen Schulen des Jesuitenordens oder bei den Regensburger Domspatzen wurden Fälle bekannt. Im Fokus stand vor allem Kloster Ettal:

22. Februar 2010: Ehemalige Schüler erheben Missbrauchsvorwürfe gegen diverse Patres.
24. Februar 2010: Abt Barnabas Bögle tritt auf Druck der Bistumsleitung zurück.
25. Februar 2010: Die Staatsanwaltschaft nimmt Untersuchungen auf und stellt sie zum Großteil wegen Verjährung wieder ein.
26. Februar 2010: Pater Maurus tritt als Schulleiter des Gymnasiums zurück.
2. März 2010: Die Staatanwaltschaft München führt in Ettal eine Razzia durch.
15. bis 24. März 2010: Der Vatikan führt eine Apostolische Visitation durch.
19. März 2010: Kloster Ettal sagt Opfern „individuelle und kompetente Hilfe“ zu.
12. April 2010: Sonderermittler Thomas Pfister legt seinen Abschlussbericht vor. Er kommt zum Ergebnis, dass über Jahrzehnte hinweg Heranwachsende „brutal misshandelt, sadistisch gequält und auch sexuell missbraucht wurden“. Die Vorwürfe richten sich gegen insgesamt 15 Patres. Die Zahl der Opfer soll weit über 100 liegen.
11. Juli 2010: Die päpstlichen Visitatoren haben die zurückgetretene Klosterleitung entlastet. Daraufhin wählt der Konvent Bögle erneut zum Abt.

http://www.tz.de/bayern/ettal-prozess-mo...html?cmp=defrss


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RE: Missbrauch in der Kirche

#14 von Christine , 20.03.2016 08:37

PRÄVENTION Die Nordkirche setzt ein Zeichen gegen Missbrauch
Die Nordkirche, die 13 Kirchenkreise von Sylt bis Usedom umfasst, verstärkt Präventionsarbeit. Wendepunkt Elmshorn übernimmt Beratung für Menschen, die in der Nordkirche sexuelle Übergriffe erlebt haben.
Von Anne Dewitz


Die Nordkirche will ihre Abwehr gegen den sexuellen Missbrauch in den eigenen Reihen verstärken und hat deshalb die UNA ins Leben gerufen. Träger ist der Wendepunkt. Geschäftsführerin Ingrid Kohlschmitt und Propst Thomas Drope arbeiten eng zusammen.
Die Nordkirche will ihre Abwehr gegen den sexuellen Missbrauch in den eigenen Reihen verstärken und hat deshalb die UNA ins Leben gerufen. Träger ist der Wendepunkt. Geschäftsführerin Ingrid Kohlschmitt und Propst Thomas Drope arbeiten eng zusammen.

Elmshorn. Die Nordkirche möchte keinen Raum für Missbrauch bieten, so die Botschaft auf dem Plakat. Mit diesem soll für die neue Einrichtung UNA –Unabhängige Ansprechstelle für Menschen, die in der Nordkirche sexuelle Übergriffe erlebt oder davon erfahren haben – in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern geworben werden. Angesiedelt ist die Anlaufstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs beim Wendepunkt in Elmshorn. Die 30 Mitarbeiter dort blicken auf 23 Jahre Erfahrung in diesem Bereich zurück. Die gewaltpräventive Einrichtung bietet im Kreis Pinneberg und in Hamburg eine Vielzahl an Maßnahmen und Angeboten, um körperliche, psychische und sexuelle Grenzverletzungen früh zu erkennen, kompetent einzugreifen und für die Zukunft verhindern zu helfen.

"Die evangelisch-lutherische Kirche in Norddeutschland hat uns beauftragt, für sie als unabhängige Ansprechstelle tätig zu werden", sagt die Geschäftsführerin des Wendepunktes, Ingrid Kohlschmitt. Der Vertrag wurde zunächst für vier Jahre geschlossen. "Junge wie ältere Menschen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, sollen frei von der Institution Kirche, wo sie eine schlimme Erfahrung gemacht haben, so schnell wie möglich Klärung und weiterführende Hilfe bekommen."

Zielgruppe sind auch Kinder und Jugendliche, die beispielsweise auf Ferienfreizeiten von anderen Kindern und Jugendlichen missbraucht wurden, aber auch Zeugen, Angehörige und Mitarbeiter können sich an die UNA wenden. Gerade aus letzterem Bereich habe es erste Anfragen gegeben. "Kita-Erzieher wollten wissen, was sie konzeptionell tun können, um Missbrauch von vornherein zu verhindern", so Kohlschmitt. Beschuldigte vermittelt UNA an geeignete Stellen in deren Umgebung weiter. So werden Täter-Opfer-Überschneidungen ausgeschlossen.

"Wir können nicht die Augen davor verschließen, dass es auch in kirchlichen Einrichtungen sexuelle Übergriffe gegeben hat und gibt", sagt Propst Thomas Drope. Die Nordkirche, die 13 Kirchenkreise von Sylt bis Usedom umfasst und 2,25 Millionen Mitglieder, 24 Schulen sowie 824 Kindertagesstätten hat, setzt verstärkt auf Präventionsarbeit.

Wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen auch, müsse man damit rechnen, dass es Menschen gibt, die zu Tätern werden. "Umso wichtiger ist dann konsequentes Handeln und vor allem möglichst schnelle Hilfe für Betroffene, damit sie selbst wieder handlungsfähig werden", sagt Drope. "Der Kirche werden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene anvertraut, die vor sexueller Gewalt und Grenzverletzungen geschützt werden müssen."

In den vergangenen Jahren hatten Missbrauchsskandale auch die Nordkirche erschüttert. So wurde 2010 bekannt, dass der Ahrensburger Pastor Dieter K. sich jahrzehntelang an Jugendlichen vergriffen hatte. Diese hatten sich zum Teil anderen Seelsorgern anvertraut, die aber unter dem Deckmantel der Schweigepflicht die Vorfälle verschwiegen. Zudem kam es in einer evangelischen Kita in Hamburg-Schnelsen zwischen September 2012 und Februar 2013 zu Übergriffen auf Kinder. Ein Erzieher hatte kinderpornografische Fotos von seinen Opfern gemacht. Im Oktober 2014 präsentierte eine unabhängige Expertenkommission einen Zehn-Punkte-Plan gegen Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen. Ein Punkt sah die Schaffung einer unabhängigen Beratungsstelle vor. Nun wird diese in Elmshorn in die Tat umgesetzt. Vier Beratungsstunden pro Woche finanziert die Nordkirche. Bei Bedarf kann die Stundenanzahl ausgeweitet werden.

Der UNA komme vor allem eine Lotsenfunktion zu, betont Kohlschmitt. Eine längere Beratung oder gar eine Therapie könne die Ansprechstelle selbst nicht bieten. "Es geht uns um einen unvoreingenommenen, unabhängigen ersten Kontakt. Wir hören Betroffenen und ihrem Umfeld zu." Gemeinsam werden weitere Handlungsschritte erarbeitet. "Wir vermitteln an kompetente Stellen im Umfeld." So hätten einige Kirchenkreise bereits einen Krisenstab und externe Beratungsstellen vor Ort eingerichtet. "Dort, wo das noch nicht der Fall ist, bietet künftig der Wendepunkt seine Hilfe an", sagt Kohlschmitt.

Auf Wunsch bleibt die Beratung anonym. Die Schweigepflicht wird allerdings aufgehoben, wenn Kinder und Jugendliche oder auch Erwachsene unmittelbar gefährdet sind. Das wird im Einzelnen besprochen. "Unsere Beratungen sind kostenfrei. Das gilt auch für den Anruf bei uns", sagt Kohlschmitt. "Außerdem informieren wir und veranstalten Fortbildungen, damit betroffene junge Menschen wahrgenommen werden und Handlungskompetenzen wachsen können."

Die UNA-Mitarbeiter Diplompsychologe Dirk Jacobsen und Diplompädagogin Michaela Klann – beide haben Zusatzausbildungen in der Traumatherapie absolviert – sind montags von 9 bis 11 Uhr und mittwochs von 15 bis 17 Uhr zu erreichen über die kostenfreie Telefonnummer 0800/0220099 und per Mail an una@wendepunkt-ev.de.

http://www.abendblatt.de/region/pinneber...Missbrauch.html


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RE: Missbrauch in der Kirche

#15 von Christine , 20.03.2016 08:38

Sexueller Missbrauch in katholischer Kirche
Aufarbeitung einer großen Schande

Vor fünf Jahren hat ein ungeahnter Missbrauchsskandal die katholische Kirche erschüttert. Wie weit ist es mit der versprochenen Aufarbeitung? Die Kirche zieht eine Zwischenbilanz. Die Pressekonferenz ab 10 Uhr hier im Livestream.

Stand: 26.01.2015


Im Januar 2010 macht Pater Klaus Mertes aus St. Blasien den Missbrauchsskandal öffentlich: In einem Gespräch mit drei Männern, die 1980 am Canisius-Kolleg Abitur gemacht hatten, hatte er erfahren, was im Geheimen passiert war. Allein bei einem Pater kann er auf 100 Opfer schließen. Er erkennt das System der sexuellen Gewalt und wendet sich an die betroffenen Jahrgänge, um die Wahrheit zu erfahren. Immer mehr Betroffene offenbaren sich.

Auf diese Weise werden erste Missbrauchsfälle in kirchlichen und weltlichen Schulen bekannt. Sie lösen in Deutschland einen Sturm der Entrüstung aus. Schnell folgt ein Diskussion über bessere Prävention.

Katholische Kirche: Lernen und zuhören

Der Skandal löst einen Reformprozess in der katholischen Kirche aus. Dieser intensive Lern- und Entwicklungsprozess sei bis heute nicht abgeschlossen, sagt der Trierer Bischof Stephan Ackermann, Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz. Es habe viele positive Fortschritte wie neue Leitlinien gegeben, aber auch Rückschläge. Seit fünf Jahren gehe es darum, einschlägigen Hinweisen sorgfältig nachzugehen und Vorwürfe gewissenhaft zu prüfen. Ziel sei es, zu einer Kultur der Achtsamkeit durch Präventionsarbeit auf allen Ebenen zu gelangen.

"Ein schönes Beispiel ist Papst Franziskus: Die beste Weise, die Sprachlosigkeit zu überwinden, ist es, Menschen Raum zu geben, von ihren eigenen Erfahrungen zu erzählen. (...) Das löst Bewegung aus."
Pater Klaus Mertes, der den Missbrauchsskandal öffentlich machte

In Deutschland werden Schätzungen zufolge 100.000 Mädchen und Jungen pro Jahr sexuell missbraucht. Als Haupttatort gilt die Familie, zu geschätzten bis zu 20 Prozent sind aber auch Institutionen betroffen.

Bundesweit laufen Gerichtsverfahren. So begann am Donnerstag ein Prozess wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern gegen einen Pater des oberbayerischen Klosters Ettal. Der 44-Jährige wies vor dem Landgericht München sämtliche Vorwürfe gegen ihn als "unzutreffend" zurück. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Ordensgeistlichen den Missbrauch von zwei Internatsschülern und versuchten Missbrauch von zwei weiteren Jungen vor. Er soll zwischen 2001 und 2005 wiederholt Schülern in die Unterhose gefasst haben.

"Die katholische Kirche muss die systemische Dimension des sexuellen Missbrauchs ernst nehmen. Sie muss an ihre Strukturen herangehen. Wie wird Macht in der Kirche verteilt? Wie wird über Sexualität gesprochen? Sprechverbote müssen aufgelöst werden. Das ist dringend nötig, um die Opfer zu schützen und Vorsorge zu leisten."
Pater Mertes

http://www.br.de/nachrichten/kirche-sexu...brauch-100.html


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RE: Missbrauch in der Kirche

#16 von Christine , 20.03.2016 08:39

Kirche und sexueller Missbrauch
Würzburger Beauftragter zieht Bilanz

Das Bistum Würzburg hat in den letzten Jahren viele Fälle von sexuellem Missbrauch aufgeklärt, doch es könnten mehr sein. Oft ist die Verjährung ein Hindernis. Der Missbrauchsbeauftragte fordert nun eine Aufhebung der Verjährung.

Stand: 27.01.2015
Klaus Laubenthal, der Missbrauchsbeauftrager des Bistums Würzburg | Bild: Diözese Würzburg
Das Bistum Würzburg hat in den vergangenen fünf Jahren nach Ansicht des dortigen Ansprechpartners für die Opfer sexueller Gewalt viele Vorwürfe aufgeklärt. Allerdings sagt dieser Ansprechpartner, der Würzburger Strafrechtsprofessor Klaus Laubenthal, dass die Täter der schwerwiegenden Fälle vielfach verstorben oder ihre Taten verjährt waren.

Anlässlich eines Rückblicks auf seine fünfjährige Amtszeit (27.01.15), fordert der Strafrechtler, die Verjährung bei sexuellem Missbrauch komplett aufzuheben:

"Nur so sind die Taten auch nach Jahrzehnten noch aufklärbar. Außerdem würden Täter abgeschreckt, weil sie bis ans Lebensende für ihre Taten verfolgt werden könnten. Vor allem im ersten Jahr der Aufarbeitung war einiges nachzuholen."
Klaus Laubenthal, Missbrauchsbeauftragter des Bistums Würzburg

93 Vorwürfe wurden an den Würzburger Missbrauchsbeauftragten herangetragen, davon allein 62 im ersten Amtsjahr. Dazu zählten auch innerfamiliäre Missbrauchsfälle, Vorwürfe gegen Priester anderer Bistümer und Falschbeschuldigungen. Insgesamt sind 33 Priester der Diözese Würzburg betroffen, von denen 16 zum Zeitpunkt der Anschuldigungen bereits gestorben waren. Nur ein kirchlicher Mitarbeiter wurde von einem Gericht strafrechtlich verurteilt, eben auch, weil ein erheblicher Teil der Taten bereits verjährt waren.

Verjährung von sexuellem Missbrauch
Im Falle des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen sieht das Strafgesetzbuch Verjährungsfristen zwischen fünf und dreißig Jahren vor. In der überwiegenden Zahl der Fälle verjährt die Tat bereits nach zehn oder 20 Jahren. Die Verjährung beginnt mit Beendigung der Tat zu laufen, ruht jedoch seit einer Gesetzesänderung 2013 häufig bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Opfers. Das heißt erst ab diesem Zeitpunkt beginnen die Verjährungsfristen zu laufen, weil das Opfer eventuell auch dann erst die Stabilität hat, sich mit der Tat auseinanderzusetzen. Es gibt Forderungen auch auf Bundesebene, dass die Regelung noch weiter ausgeweitet wird: Die Verjährung solle erst ab dem 30. Lebensjahr beginnen. Da die Verjährung sexuellen Missbrauchs außerdem auch durch Ereignisse wie die erste Vernehmung des Beschuldigten unterbrochen werden kann, kann die Verjährungsfrist von sexuellem Missbrauch immer nur bezogen auf den konkreten Einzelfall ermittelt werden.

Bistum leistet Entschädigungszahlungen

Fünf Priestern im Bistum Würzburg wurden Grenzverletzungen unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit zur Last gelegt. Dazu zählt etwa der Versuch, zu Kindern über das Internet mit sexueller Motivation Kontakt aufzunehmen, erklärt der Würzburger Strafrechtler. Nach Angaben des Bistums wurden elf der Opfer finanziell entschädigt, mit insgesamt 50.000 Euro, die nicht aus Kirchensteuermitteln entnommen wurden. Die einzelnen gezahlten Summen lagen dabei zwischen 1.000 und 8.000 Euro.

"Natürlich kann das allenfalls eine symbolische Anerkennung des Leids sein, es kann das Erlittene nicht mehr wett machen."
Klaus Laubenthal, Missbrauchsbeauftragter des Bistums Würzburg

Ein Regelsatz von 5.000 Euro komme ihm persönlich angesichts des Leids der Opfer recht gering vor.

http://www.br.de/nachrichten/unterfranke...bilanz-100.html


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RE: Missbrauch in der Kirche

#17 von Christine , 20.03.2016 08:39

28.01.2015

Ehemaliger Schüler über Missbrauch an erzbischöflichem Konvikt
"Weil ein Priester prinzipiell so etwas nicht tut"

Jahrzehntelang hat Werner Becker für sich behalten, was ihm während seiner Internatszeit angetan wurde. Im Zuge des Missbrauchsskandals wendet er sich 2010 ans Erzbistum Köln. Nun hilft er dabei, die Missstände aufzuarbeiten.

domradio.de: Kardinal Woelki hat sich bei Ihnen entschuldigt, eine neu gegründete Kommission soll die Übergriffe von damals aufarbeiten - was bedeutet das für Sie und die anderen Betroffenen?

Prof. Dr. Werner Becker (Vertreter von fünf Missbrauchsopfern des ehemaligen erzbischöflichen Collegium Josephinum in Bad Münstereifel): Zunächst einmal hat bisher immer eine Verneinung dieser ganzen Dinge stattgefunden, besonders vom Vorgänger des jetzigen Kardinals. Ich finde es eine ganz große Geste, dass der neue Kardinal diese Dinge zu einer Chefsache gemacht hat und sich entschuldigt. Das ist für uns, die wir betroffen sind, von dieser ganzen Sache eine große große Geste.

domradio.de: Damit wir wissen, von was wir überhaupt sprechen: Was ist Ihnen damals als Schüler passiert?

Becker: Das Problem war, dass wir übergriffig behandelt wurden, und zwar hat der damalige Leiter des Konviktes sich herausgenommen, Schüler immer wieder persönlich anzufassen, anzupacken, zu kneifen, zu pitschen, teilweise sogar mit der Hand versucht, deren Geschlechtsteile zu ergreifen. Das sind Dinge gewesen, die in der laufenden Zeit des damaligen Internatslebens gang und gäbe waren.

domradio.de: Mit Ihren Eltern über diese Annäherungen des Kirchenmannes zu sprechen - das kam damals für Sie nicht in Frage?

Becker: Das war ein absolutes No-Go. Sie müssen sich die Zeit vergegenwärtigen. Damals war es so, dass ein Priester prinzipiell die höchste Instanz für Ethik und Moral war und somit natürlich außerhalb jedweder Kritik stand. Wäre ich da an meine Eltern herangetreten, um sie zu bitten, in dieser Sache tätig zu werden, Abhilfe zu schaffen - das wäre ein Geschehen gewesen, absolut undenkbar. Ich wäre mit Sicherheit körperlicher Züchtigung unterzogen worden, weil ein Priester prinzipiell so etwas ja nicht tut.

domradio.de: Jahrzehntelang haben Sie die verstörenden Erlebnisse für sich behalten, Sie sind ein wahrer "Verdrängungskünstler" geworden, so haben Sie das selbst gesagt. War das eine Überlebensstrategie?

Becker: Das war mit Sicherheit eine Überlebensstrategie insofern, als dass jedwede Nähe oder Näherungsversuch von außen, von fremden Personen immer mit sehr großer Distanz wahrgenommen worden ist und man prinzipiell versuchte- zumindest galt das für mich - sich aus diesen Dingen herauszulösen und nicht Nähe zu bekommen, weil man nicht wusste, wie man reagieren würde. Das hat sich bei mir dann im Grunde genommen das Leben lang durchgezogen, so dass ich nie in der Lage war, diese nahen Kontakte zuzulassen und damit natürlich eine gewisse Form der Unnahbarkeit hatte.

domradio.de: Damit haben Sie schon auf die nächste Frage geantwortet, nämlich der, nach den Folgen dieses Missbrauchs auf ihr späteres Leben, auf ihre Beziehungen.

Becker: Ich vermute mal, da ich auch ein Scheidungsgeschädigter bin, dass ein Großteil dieser Dinge aus den Tiefen meiner Seele kam und eine Bindungsfähigkeit nicht so zuließen, wie es für eine Partnerschaft hätte sein müssen.

domradio.de: Jahrzehnte nach den Geschehnissen von damals haben Sie durch einen absoluten Zufall einen anderen ehemaligen Josephinum-Schüler getroffen, und Sie haben sich gemeinsam ans Erzbistum gewandt.

Becker: Da ich nicht an Zufälle glaube, muss das in irgendeiner Form Fügung gewesen sein. Ich hatte einen Unfall, lag im Krankenhaus, habe in diesem Krankenhaus nach einem Geistlichen verlangt. Es war keine lebensgefährliche Situation für mich, aber ich wollte einfach ein Gespräch haben. Dieser Priester, der sich dann zu mir ans Krankenbett begab, war, wie es sich in einem längeren Gespräch herausstellte, ebenfalls ein Missbrauchter an dem gleichen Konvikt.

domradio.de: 2010 haben Sie sich zum ersten Mal ans Erzbistum gewandt, jetzt also endlich die Kommission - was erhoffen Sie sich von dieser Aufarbeitung?

Becker: An dieser Stelle möchte ich ganz besonders herzlich dem künftigen Bischof von Hamburg danken, der sich dieser Sache mit großem persönlichem Engagement angenommen hat. Generalvikar Dr. Heße hat in vielen, teilweise stundenlangen Gesprächen mit uns Betroffenen die Sache aufbereitet, so dass sie dann letztlich zu dieser Kommission führten.

domradio.de: Und was erhoffen Sie sich von der Kommission?

Becker: Ich erhoffe mir davon, dass noch weitere in der Tiefe schlummernde Verletzungen dadurch ausheilen können, gelöst werden können und dass vor allen Dingen für die Zukunft etwas erarbeitet werden kann, damit solche Dinge nie mehr passieren oder zumindest schnell aufgedeckt werden können, wenn sie denn passieren.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

(dr)

http://www.domradio.de/nachrichten/2015-...flichem-konvikt


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RE: Missbrauch in der Kirche

#18 von Christine , 20.03.2016 08:40

Mittwoch, 28. Januar 2015
Missbrauch an 14-Jährigem
Zehn spanische Priester angeklagt

Im November 2014 schreibt ein Mann an Papst Franziskus. Er sei als Jugendlicher von mehreren Priestern missbraucht worden. Der Papst handelt umgehend und leitet Ermittlungen ein. Nun müssen sich zehn Priester vor Gericht verantworten.

Zehn spanische katholische Priester sowie zwei Laien müssen sich in Granada wegen Kindesmissbrauchs vor Gericht verantworten. Wie aus der veröffentlichten Anklageschrift hervorgeht, sollen sie sich vor rund zehn Jahren mehrfach an einem minderjährigen Messdiener sexuell vergangen haben oder den Missbrauch gedeckt haben. Die Affäre war im November bekannt geworden, nachdem das Missbrauchsopfer an Papst Franziskus geschrieben hatte.

Der junge Mann, der im Januar 25 Jahre alt wurde, war nach eigenen Angaben Mitglied von Opus Dei und seit seinem siebten Lebensjahr Messdiener einer Pfarrgemeinde in Granada. Sein Martyrium begann demnach im Jahr 2004, als er 14 Jahre alt war, und dauerte bis 2007. Er wurde von dem Haupttäter, dem Vorsteher der Pfarrgemeinde, in eine Villa mit Schwimmbecken eingeladen und zunächst zu Massagen gezwungen, später dann wurde er von dem Priester und mindestens zwei weiteren Mitgliedern der Gruppe sexuell missbraucht - so die Anklage.

Wenn er sich weigerte, wurde ihm demnach mit Verstoß gedroht. Der Pfarrer soll dem Jungen nach dessen Angaben eine brillante Karriere als Priester vorhergesagt und ihn damit gelockt haben, dass er wie ein Vater zu ihm sei. Laut Gericht leidet der junge Mann bis heute unter Angstzuständen und ist in psychologischer Betreuung.

Brief an den Papst brachte Fass ins Rollen

Rund zehn Jahre später vertraute sich das Opfer in einem Brief Papst Franziskus an. Darin schilderte es detailliert die sexuellen Praktiken und nannte Namen von Tätern und Mitwissern. Mit seinem Brief wolle er verhindern, dass weitere junge Menschen zu Opfern würden, schrieb der Mann. Der Papst berichtete, er selbst habe daraufhin kirchliche Ermittlungen angeordnet.

Laut dem Chef der Nachrichtenseite "Religion Digital", die als erste über den Skandal berichtete, bildete die Gruppe eine Art "Sekte innerhalb der Kirche". "Das war kein Einzeltäter, das war eine organisierte Bande mit finanziellen Mitteln und Macht", sagte José Manuel Vidal. Offenbar war der 25-Jährige nicht das einzige Opfer: Seit Bekanntwerden seines Falls meldete sich mindestens ein weiterer, inzwischen 44-jähriger Mann und warf einem der Priester vor, ihn Anfang der 1990er Jahre sexuell missbraucht zu haben.

Der britische Opferverband SNAP forderte den Papst am Mittwoch auf, noch einen Schritt weiter zu gehen als bisher und Granadas Erzbischof Francisco Javier Martinez sofort seines Amts zu entheben.

http://www.n-tv.de/panorama/Zehn-spanisc...le14411051.html


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RE: Missbrauch in der Kirche

#19 von Christine , 20.03.2016 08:42

Sexueller Missbrauch
Erzbistum Bamberg zieht Bilanz und will vorbeugen

26 Missbrauchsopfer, 15 Priester unter begründetem Verdacht – das ist die erste Bilanz des Erzbistums Bamberg zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche. Ein Präventionsprojekt soll nun sexualisierte Gewalt verhindern.

Stand: 30.01.2015
Erzbistum Bamberg zieht Bilanz zum Missbrauchsskandal | Bild: BR-Studio Franken/Rika Dechant
Vor fünf Jahren erschütterte der Missbrauchsskandal die katholische Kirche. Seither haben sich dem Erzbistum zufolge 26 Opfer sexuellen Missbrauchs in Bamberg gemeldet. Es handelt sich dabei um Fälle aus der Zeit von 1949 bis 1986, erklärte die Missbrauchsbeauftragte des Bistums, Eva Hastenteufel-Knörr. Der Rechtsanwältin zufolge wurden 15 Priester der Diözese ermittelt, bei denen "der begründete Tatverdacht des sexuellen Missbrauchs vorliegt". Außerdem wurde ein Ehrenamtlicher des sexuellen Missbrauchs beschuldigt.

Taten verjährt, Täter tot
Zur Verantwortung gezogen werden können aber nur noch wenige Täter: Mehrere der beschuldigten Geistlichen sind bereits gestorben. Ein Priester, der den Angaben zufolge nur vorübergehend im Bamberger Erzbistum tätig war, wurde inzwischen strafrechtlich verurteilt. In anderen Fällen waren die Taten bereits verjährt oder es fehlten ausreichende Beweise für ein Strafverfahren. Ein weiterer Geistlicher ist laut Bistum kirchenrechtlich suspendiert und in einem Strafverfahren als schuldunfähig angesehen worden. Zuletzt sei ein Priester 2012 bei einem kirchenrechtlichen Verfahren in den Ruhestand versetzt worden, berichtete Hastenteufel-Knörr. Ein weiteres kirchenrechtliches Verfahren laufe noch. Erzbischof Ludwig Schick betonte bei der Bilanz, die Kirche stelle sich der Verantwortung für das Leid, das den Opfern angetan wurde.

"Ob wir alles richtig gemacht haben, weiß ich nicht. Aber wir haben uns immer bemüht, alles richtig zu machen."
Ludwig Schick, Bamberger Erzbischof

Entschädigungszahlungen wurden insgesamt 16 Opfern zugesprochen. Sie bekamen zwischen 1.000 und 20.000 Euro, so das Erzbistum – insgesamt 92.000 Euro. Die anderen Missbrauchsopfer hatten den Angaben zufolge keine Anträge für Entschädigungszahlungen gestellt. Bei verstorbenen Tätern oder wenn die Geistlichen die Zahlungen nicht erbringen konnten, sei das Erzbistum eingesprungen. Noch lebende Täter hätten das Geld selbst zahlen müssen, erläuterte die Missbrauchsbeauftragte.

Verpflichtende Schulungen
Künftig will das Erzbistum sexuelle Übergriffe mit einem Präventionsprojekt verhindern. Es soll eine "Kultur der Achtsamkeit schaffen", erklärten die Verantwortlichen. "Wir bleiben bei unserem doppelten Auftrag: Fälle aufklären und ahnden – und in der Prävention weiterkommen", so Erzbischof Schick. Ziel sei es, mögliche Opfer zu schützen, Tätern Übergriffe zu erschweren und die Mitarbeiter zu sensibilisieren. Im Rahmen des Projekts sind nun 7.000 Mitarbeiter zu einer Schulung verpflichtet. Teilnehmen müssen alle Beschäftigten in Einrichtungen des Erzbistums, die mit Kindern, Jugendlichen oder erwachsenen Schutzbefohlenen in Kontakt stehen – vom Priester bis zur Mitarbeiterin im Kindergarten.

"Sexualisierte Gewalt beginnt deutlich vor der Grenze der juristischen Strafbarkeit."
Monika Rudolf, Präventionsbeauftragte des Erzbistums Bamberg
Die Schulungen haben einen Umfang von drei bis zwölf Stunden. Der Schwerpunkt liege nicht nur bei sexuellem Missbrauch im strafrechtlichen Sinne, sondern auch beim Thema Nähe und Distanz sowie Grenzüberschreitungen, sagte die Präventionsbeauftragte des Erzbistums, Monika Rudolf.

http://www.br.de/nachrichten/oberfranken...amberg-100.html


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RE: Missbrauch in der Kirche

#20 von Christine , 20.03.2016 08:42

Sexueller Missbrauch: Was wussten die Kirchen-Oberen?

VON ANDREAS FINK
TÜBINGEN/WANNWEIL. So recht kann immer noch niemand begreifen, wie es passieren konnte. Was den jetzt 24-Jährigen dazu getrieben hat, sieben Buben zwischen 2012 und 2014 schwer sexuell zu missbrauchen, in 34 Fällen. Und wie es sein konnte, dass er dies so lange tun konnte, ohne dass es jemand bemerkt hat, ohne dass jemand etwas getan hat. Seit dem gestrigen Prozesstag am Tübinger Landgericht, dem fünften, stellt man sich diese Frage noch viel bohrender.


Im Zeugenstand mehrere Vertreter der Royal Rangers, der christlichen Pfadfindergruppe, bei der alles passierte, und des Christlichen Zentrums Reutlingen, der Freikirche, zu der die Royal Rangers gehören. Man erfuhr viel über die Organisationsstrukturen und engen verwandtschaftlichen Verflechtungen innerhalb der Royal Rangers und des Christlichen Zentrums.

Der Täter fungierte in der Pfadfindergruppe als Stammwart. Im Christlichen Zentrum war er schon länger in der Jugendarbeit engagiert, teilweise predigte er dort, wie ein Pfadfinder-Kollege berichtete. Gemeinsam mit seinem Cousin leitete er die Pfadfinder-Gruppe. Ihm sei nie etwas aufgefallen, so der Cousin. Bei den Übernachtungen – hier war es vor allem zu den Übergriffen gekommen – war er nicht dabei. Die Gerüchte um gewisse Vorfälle mit sexuellem Hintergrund, die damals schon die Runde gemacht haben sollen? Langes Schweigen. »Könnte sein«, sagt der Mann immer wieder, er wisse es aber nicht oder nicht mehr.

»Ich hatte den Eindruck, dass andere etwas wissen, was sie nicht sagen wollen«
Bei der polizeilichen Vernehmung hatte er zu den Gerüchten noch gesagt: »Niemand ist offen damit umgegangen.« Er habe den Eindruck gehabt, etwas solle verschwiegen werden. Jetzt sagt er dazu: »Ich hatte den Eindruck, dass andere etwas wissen, was sie nicht sagen wollen.«

Ein Jahr, bevor seine Taten aufflogen, hatte sich der Täter einem Vertrauten gegenüber geöffnet – wenn auch in »verschlüsselter« Form. Dem Vikar des Christliches Zentrums hatte er – »aus heiterem Himmel«, wie sich der erinnert – erzählt, er sei bei einer Übernachtung mit den Jungs von Geräuschen aufgewacht, sei daraufhin in ihr Zimmer gegangen, wo er sie beim Verkehr gesehen habe. Er sei aus allen Wolken gefallen und habe sie zur Rede gestellt. Die Jungs hätten ihm erklärt, sie wollten nur für später »üben« – für ihre Freundinnen. Wie beim vierten Verhandlungstag deutlich wurde, hatte der Täter die Buben mit genau diesem Angebot, sie beim Üben anzuleiten, geködert.

Die Eltern wolle er nicht gleich einschalten, um ihre Söhne nicht zu blamieren, hatte er zu dem Vikar gesagt. Er werde mit ihnen reden, man könne die Sache so klären. »Ich habe ihm völlig vertraut«, sagt der frühere Vikar, der jetzt Pastor ist, »ich hatte den Eindruck, er hatte es im Griff und stellt das ab.« Was er gehört hatte, verunsicherte ihn aber derart, dass er das Gespräch mit dem Hauptpastor suchte. Gestern war der Leiter des Christlichen Zentrums Reutlingen im Zeugenstand.


»Sie müssen nach dem Gespräch aus allen Wolken gefallen sein«, sagt Richter Martin Streicher. Er habe mit dem Vikar mehrere Gespräche geführt, antwortet der Pastor, lächelnd, »an diese Geschichte kann ich mich aber nicht mehr entsinnen.« Hätte er damals registriert, was ihm sein Vikar tatsächlich berichtet hatte, »hätte ich schon was gemacht«, sagt er, »man hätte die Eltern informieren müssen«. Weil er den Inhalt des Gesprächs aber wohl nicht so aufgefasst habe, habe er nichts getan. Rund ein Jahr vor der Verhaftung des Täters.


»An diese Geschichte kann ich mich aber nicht mehr entsinnen«
»Sind bei Ihnen nicht alle Alarmglocken angesprungen?«, lässt der Richter nicht locker. »Ich kann’s nicht mehr nachvollziehen«, entgegnet der Pastor, »bei mir kam’s nicht so an. Ich kann aber nicht sagen, dass er’s nicht gesagt hätte.« Schlussfrage des Richters: Wie ist die Stimmung? »Betroffenheit und Trauer«, sagt der Hauptpastor, »man fragt sich, wie das sein kann – das ist ein Verstoß gegen unsere Werte.«

Die Wannweiler Pfadfinder gibt’s nicht mehr. »Der Pfadfinderstamm ist momentan inaktiv«, sagt ein früherer Stammwart. Einer der missbrauchten Jugendlichen ist, nachdem alles vorbei ist und vor Gericht aufgearbeitet wird, nachdem der Täter gestanden hat, nachdem klar ist, dass die Opfer deshalb nicht aussagen müssen, in ein so tiefes Loch gefallen, dass er sich jetzt in der Psychiatrie helfen lassen muss. (GEA)

http://www.gea.de/region+reutlingen/neck...en+.4095204.htm


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RE: Missbrauch in der Kirche

#21 von Christine , 20.03.2016 08:43

Angeklagter nutzte seine Macht aus

Landgericht: Sexueller Missbrauch in freikirchlicher Rangergruppe

Im Prozess gegen den Jugendleiter, der jugendliche Pfadfinder teilweise schwer sexuell missbraucht hat, beschrieb der psychiatrische Gutachter den Angeklagten als unsichere Persönlichkeit mit einer sexuellen Präferenz für pubertierende Jungen.

DOROTHEE HERMANN

Tübingen / Kreis Reutlingen. Der Angeklagte soll zwischen 2012 und 2014 in einer Reutlinger Kreisgemeinde teilweise schwere sexuelle Übergriffe an damals Zwölf- bis 14-Jährigen der von ihm geleiteten „Royal Rangers“-Gruppe begangen oder angestiftet haben (wir berichteten). Diese Pfadfinder gehören zum Bund freikirchlicher Pfingstgemeinden.

Der psychiatrische Gutachter Dr. Stephan Bork beschrieb den Angeklagten als „persönlich unreif“. Im Gespräch wirke der 24-Jährige eloquent und reflektiert, doch in seiner Lebensgestaltung sei vor der Inhaftierung des Mannes Mitte Juni 2014 alles offen gewesen. „Er experimentierte – mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr und Praktika.“ Diese Unentschiedenheit könne aber auch als Reaktion auf die rigide Lebenswelt der Volksmission entschiedener Christen aufgefasst werden, in der der Angeklagte aufgewachsen ist, als eine Art sanfter Widerstand, sagte Bork.

Unsicherheit und Minderwertigkeitsgefühle habe der Angeklagte durch Lügengeschichten kompensiert, so der Gutachter. Der Jugendleiter soll versucht haben, die Zwölf- bis 14-Jährigen beispielsweise mit angeblichen Kontakten zu einer Rockergruppe einzuschüchtern. „Er prahlte mit Fähigkeiten und Beziehungen, die nicht der Realität entsprachen, und zeigte dabei manipulatives Geschick.“ Das zeigten die Chatprotokolle der Handykontakte zwischen dem Angeklagten und den Jugendlichen. Dem Mann sei dabei immer bewusst gewesen, dass er nur etwas vortäuschte.

Er ist nicht gezielt Jugendleiter geworden
Der Altersvorsprung des Angeklagten und das Machtgefälle in der Gruppe machten für ihn die Kontaktaufnahme zu den Jugendlichen einfacher als zu Gleichaltrigen, sagte Bork. Dass der 24-Jährige bei den sexuellen Übergriffen auch zum Orgasmus kam, habe sein Interesse an pubertären Jungen weiter verstärkt. Diese sexuelle Präferenz werde als Ephebophilie bezeichnet, nach dem altgriechischen Wort (Ephebe) für Jüngling. Pädophil sei der Angeklagte nicht, denn pädophile sexuelle Wünsche richteten sich auf den kindlichen Körper vor der Pubertät.

Obwohl sich das Tatgeschehen zwei Jahre lang hinzog, handelte es sich nach Auffassung des Gutachters vor allem um „ein gruppendynamisches Geschehen“. Damit wolle er die Verantwortlichkeit des Angeklagten nicht schmälern. „Er war aktiv beteiligt.“ Aber: „Er musste keine wesentlichen Widerstände überwinden.“ Staatsanwältin Rotraud Hölscher hatte es so formuliert: Der Angeklagte habe die pubertätsbedingte Neugier der Jugendlichen ausgenutzt.

Der 24-Jährige habe – wenn auch unzureichende – Hilfsappelle an die zuständige Gemeinde der Volksmission gerichtet. „Weil er einsah, dass er es aus eigenem Antrieb nicht auf die Reihe kriegte“, sagte Bork. Zumindest partiell habe der Mann gewusst, „dass das keine sinnvolle Pfadfinderarbeit war“. Andererseits sei der Angeklagte nicht gezielt Jugendleiter geworden. „Er war halt Pfadfinder, und dann hat sich das ergeben.“

Der Psychiater empfahl eine ambulante Psychotherapie, in der der Angeklagte die eigene Biografie und das eigene Selbstverständnis klären könne: „Was wurde von den rigiden Vorstellungen der Freikirche übernommen? Was ist seine eigene Position dazu?“ Im Anschluss solle sich der Mann mit seiner Sexualität auseinandersetzen. Sollte sich „eine stabile ephebophile Orientierung“ herausstellen, müsse er lernen, damit so umzugehen, dass Dritte nicht geschädigt werden. Die Voraussetzungen dafür habe der Angeklagte: „Er hat eine prosoziale Grundhaltung.“

Der Mann ist voll schuldfähig. Der Gutachter konnte keine schwerwiegende oder chronische psychiatrische Erkrankung oder Suchtabhängigkeit feststellen. Am morgigen Mittwoch wird der Prozess fortgesetzt.

09.02.2015 - 20:30 Uhr | geändert: 10.02.2015 - 08:10 Uhr

http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/...rid,290724.html


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RE: Missbrauch in der Kirche

#22 von Christine , 20.03.2016 08:44

„SEXUELLE GRENZVERLETZUNGEN“
Erftstädter Pfarrer wehrt sich gegen Anschuldigungen

ERSTELLT 11.02.2015

Der Erftstädter Pfarrer Winfried Jansen im Jahr 2013 Foto: Komuth
Die Anschuldigungen gegen den Erftstädter Pfarrer Winfried Jansen wiegen schwer.

Es geht um „sexuelle Grenzverletzungen“ gegenüber einem neun Jahre alten Mädchen. Ein Vertrauensmann schildert nun Jansens Sicht der Dinge.

Von Joachim Frank

Köln.
Der Erftstädter Pfarrer Winfried Jansen wehrt sich entschieden gegen die Anschuldigung, in den 70er Jahren gegenüber einem damals etwa neun Jahre alten Mädchen sexuell übergriffig geworden zu sein. Dies sagte sein Vertrauensmann, der pensionierte Kölner Oberstaatsanwalt Rainer Wolf, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Jansen selbst, der Anfang des Monats vom Erzbistum Köln bis auf Weiteres vom priesterlichen Dienst entpflichtet wurde, will sich derzeit nicht öffentlich äußern. Er hat die Gemeinde verlassen und hält sich im Ausland auf.

In Jansens Namen bestreitet Wolf den Vorwurf, es sei zu „sexuell motivierten Körperkontakten und Berührungen mit der Belastungszeugin“ gekommen. Insbesondere habe es keine „Zungenküsse“ und Griffe unter das T-Shirt gegeben. Von Nacktfotos der Zeugin sei Jansen ebenso nichts bekannt, „wer auch immer solche angefertigt haben sollte“. Berührungen im Genitalbereich werden selbst von der Zeugin nicht erwähnt.

Der Ex-Ermittler wirft dem Erzbistum vor, es spreche von erheblichen Verdachtsmomenten bis hin zu überprüften Vorwürfen gegen Jansen, „ohne dass die angeblichen sexuellen Verfehlungen auch nur ansatzweise konkretisiert“ worden seien. „Dies lässt freien Raum für grenzenlose Spekulationen in der Öffentlichkeit.“ Angesichts unsicherer Beweislage, klar bestrittener Vorwürfe und nicht ungenutzter Ermessensspielräume bezeichnet Wolf das „massive kirchenamtliche Vorgehen“ gegen den Pfarrer als „doch recht kühn“.

Wolf war beim Staatsschutz für politische Verbrechen und Terrorismus zuständig und wurde als Ermittler beim Nagelbombenattentat in der Keupstraße bekannt. Mit Jansen ist der 68-Jährige persönlich eng verbunden. Die Verbindung reicht bis in Jansens Kölner Kaplanszeit zurück, in der es nach Aussage der Betroffenen auch zu den sexuellen Übergriffen des Geistlichen gekommen sein soll.

MEHR DAZU
Der Fall in Erftstadt lässt die Diskussion um die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Kirche erneut aufleben.

Wolf schildert die Vorkommnisse im Haus einer mit Jansen befreundeten Familie im Rahmen eines „freundschaftlichen, schon eher familiären Kontakts“.

Jansen sei häufig zu Gast gewesen und habe Umgang mit allen Familienmitgliedern gehabt, darunter auch die heutige Belastungszeugin und deren ältere Schwester. „Es wurde gemeinsam gegessen, über interessante Themen gesprochen.“

Jansen hielt sich bisweilen auch im Kinderzimmer auf, wo die Tochter der Familie ihm Bilderbücher und ähnliches gezeigt habe. Einziges Sitzmöbel in dem engen Raum sei eine Schlafcouch gewesen, auf der beide gelegentlich nebeneinander Platz genommen hätten.

Vor Verlassen des Kinderzimmers, etwa nach dem Zubettbringen, „wurde der Kopf der Zeugin gestreichelt, das Kind sicher auch gedrückt, es gab auch ein Küsschen auf die Wange und Wünsche für eine gute Nacht“, so Wolf weiter.

„Den unbeschwerten Umgang von Pfarrer Jansen mit Kindern in den vielen Jahren seiner priesterlichen Tätigkeit können viele Menschen bezeugen. Ob ein solches, von Pfarrer Jansen spontan im Generalvikariat bestätigtes Verhalten bereits eine sexuelle Grenzverletzung darstellt, erscheint doch sehr zweifelhaft“, folgert Wolf.

Der ehemalige Ermittler sieht bei den gegen Jansen erhobenen Vorwürfen noch großen Klärungsbedarf. So wäre es „von erheblicher Bedeutung, wie die Familie den Kontakt zwischen der Zeugin und dem Beschuldigten in ihrem Haus erlebt hat, und was möglicherweise die Zeugin im Kreis der Familie dazu gesagt hat“.

Bislang ist nicht bekannt, ob das Erzbistum, das in der ersten Hälfte des Jahres 2014 vom externen Ansprechpartner für Opfer sexuellen Missbrauchs und mit Einverständnis der Betroffenen Kenntnis von den Aussagen erhielt, inzwischen mit der Familie gesprochen hat.

Umfeld der Betroffenen spricht von erheblicher Belastung

Das Erzbistum begründet seine zurückhaltende Kommunikation in die Öffentlichkeit mit Rücksichtnahme auf die Betroffene. Aus deren Umfeld verlautet, sie sei erheblich belastet durch das öffentliche Interesse, die Solidarisierung der Pfarrgemeinden mit Jansen und durch Vorwürfe, denen sie sich wegen ihrer Angaben beim Erzbistum ausgesetzt sieht.

Wolf bezeichnete es als selbstverständliche Pflicht der Kirche, den Sachverhalt vorbehaltlos mit Sorgfalt und Augenmaß aufzuklären, aber unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten. Gegen den Pfarrer hätten nach den Leitlinien der Bischofskonferenz für den Umgang mit Fällen von sexuellem Missbrauch auch mildere Maßnahmen ergriffen werden können. Die völlige Entpflichtung von allen priesterlichen Tätigkeiten sei „keineswegs alternativlos“ gewesen.

http://www.ksta.de/erftstadt/-sexuelle-g...2,29829162.html


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RE: Missbrauch in der Kirche

#23 von Christine , 20.03.2016 08:45

MISSBRAUCHS-VORWURF
Ex-Staatsanwalt verteidigt Pfarrer Jansen

Erstellt 12.02.2015


Im Fall des Erftstädter Pfarrers Winfried Jansen, der wegen eines Missbrauchs-Vorwurfs vom Dienst beurlaubt ist, geht sein Vertrauensmann in die Offensive gegen das Erzbistum Köln. Jansen wehrt sich entschieden gegen die Anschuldigung.

Köln.
Der pensionierte Kölner Oberstaatsanwalt Rainer Wolf verbindet detaillierte Angaben zu den Vorfällen in den 1970er Jahren, deren der heute 73 Jahre alte Jansen bezichtigt wird, mit scharfer Kritik am Verhalten der Kirche. Sie habe es an Sorgfalt und Augenmaß fehlen lassen, so Wolf zu dieser Zeitung. Damit habe das Bistum Jansen und seine Pfarrgemeinden in einen "unerträglichen Zustand" gebracht, der nicht bis zum Abschluss der kircheninternen Prüfung nach Monaten oder Jahren hingenommen werden könne.

Jansen wehrt sich nach Wolfs Worten entschieden gegen die Anschuldigung, in den 70er Jahren gegenüber einem damals etwa neun Jahre alten Mädchen sexuell übergriffig geworden zu sein. Der Pfarrer selbst will sich derzeit nicht öffentlich äußern. Er hat die Gemeinde verlassen und hält sich im Ausland auf. In Jansens Namen bestreitet Wolf, dass es zu "sexuell motivierte Körperkontakten und Berührungen mit der Belastungszeugin" gekommen sei. Insbesondere habe es keine "Zungenküsse" und Griffe unter das T-Shirt gegeben. Von Nacktfotos der Zeugin sei Jansen ebenso nichts bekannt, "wer auch immer solche angefertigt haben sollte". Dies seien die gegen Jansen erhobenen Vorwürfe.

Der ehemalige Ermittler wirft dem Erzbistum vor, es spreche von erheblichen Verdachtsmomenten bis hin zu überprüften Vorwürfen gegen Jansen, "ohne dass die angeblichen sexuellen Verfehlungen auch nur ansatzweise konkretisiert" worden seien. "Dies lässt freien Raum für grenzenlose Spekulationen in der Öffentlichkeit." Angesichts unsicherer Beweislage, klar bestrittener Vorwürfe und ungenutzter Ermessensspielräume bezeichnet Wolf das "massive kirchenamtliche Vorgehen" gegen den Pfarrer als "doch recht kühn".

Wolf war beim Staatsschutz für politische Verbrechen und Terrorismus zuständig. Er schildert die Vorkommnisse im Haus einer mit Jansen befreundeten Familie im Rahmen eines "freundschaftlichen, schon eher familiären Kontakts". Jansen sei häufig dort zu Gast gewesen und habe Umgang mit allen Familienmitgliedern gehabt, so auch mit der heutigen Belastungszeugin. (jf)

http://www.rundschau-online.de/rhein-erf...0,29833700.html


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RE: Missbrauch in der Kirche

#24 von Christine , 20.03.2016 08:46

Prozess um Missbrauch in Ettal
Muss zweites Opfer heute öffentlich aussagen?
Im Ettaler Missbrauchsprozess wird heute das zweite Opfer vernommen. Ob die Öffentlichkeit wie am vergangenen Mittwoch wieder von der Verhandlung ausgeschlossen bleibt, ist noch unklar.

Stand: 13.02.2015

Laut einer Sprecherin des Münchener Landgerichts hat der 44-jährige Pater, der wegen sexuellen Missbrauchs vor Gericht steht, die Anschuldigungen des ehemaligen Schülers aus den Jahren zwischen 2001 bis 2005 zurückgewiesen.

Opfer musste nicht öffentlich aussagen
Zu Verhandlungsbeginn am zweiten Verhandlungstag hatte die Nebenklage beantragt, für die Dauer der Zeugenvernehmung die Öffentlichkeit vom Prozess auszuschließen. Die Anwälte des Angeklagten hatten sich nach kurzer Beratung deutlich gegen diesen Antrag ausgesprochen.

"Der Sachverhalt bringe es mit sich, dass auch über Details aus dem Sexualleben des damals minderjährigen Zeugen gesprochen werden muss. Wir haben es aber heute mit einem erwachsenen Mann zu tun, und aus unserer Sicht überwiegt das öffentliche Interesse an dessen Darstellungen."
Verteidiger Rüdiger Deckers

Das Gericht gab dem Antrag der Nebenanklage statt, die Persönlichkeitsrechte des damals minderjährigen Opfers zu schützen.

Einer der Hauptbelastungszeugen wird vernommen
Der junge Mann war das erste Opfer. Der Anfang 20-Jährige gilt als einer der beiden Hauptbelastungszeugen. Von seiner Glaubwürdigkeit hängt sehr viel für den weiteren Prozessverlauf ab. Dem 44-Jährigen ehemaligen Ettaler Präfekten und Religionslehrer wird sexueller Missbrauch von Schülern in mindestens 22 Fällen vorgeworfen.


Am ersten Verhandlungstag vor gut drei Wochen hatte der angeklagte Benediktiner-Pater eine detailliert ausgearbeitete Erklärung vorgelesen und sich ausführlich zu seiner Vergangenheit am Kloster und den täglichen Abläufen mit seinen Schülern geäußert.

Selbstbewusst und strukturiert hatte der Pater dabei gewirkt. Lediglich die Nachfragen eines Gerichtsgutachters, beispielsweise nach seinen Eltern, hatten den 44-Jährigen spürbar verunsichert. Als er sich zu seiner sexuellen Orientierung erklären sollte, wurde auf Antrag der Verteidigung kurzfristig die Öffentlichkeit vom Prozess ausgeschlossen.

Pater weist Vorwürfe zurück
Der Benediktiner ging darauf ein, inwieweit er für die Schüler verfügbar gewesen sei - auch auf seinem Zimmer. Der Pater beteuerte dabei seine Unschuld:

"Alle mir zur Last gelegten Vorwürfe sind unzutreffend."
Der Angeklagte

Der 44-Jährige räumte vor der Jugendkammer lediglich ein, Schüler an Bauch und Rücken gestreichelt zu haben. Sein Verhalten sei pädagogisch unprofessionell gewesen, sagte der Angeklagte:

"Ich habe es in vielen Fällen an der notwendigen Distanz zu Schülern fehlen lassen. (...) Zu keinem Zeitpunkt aber habe ich mich Schülern in sexuell motivierter Absicht genähert. (...) Ich war in dieser Zeit Vater- und Mutterersatz."
Der Angeklagte

Am Nachmittag wurde bekannt, dass der Angeklagte 2010, als der Skandal ans Licht kam, seinem damaligen Verteidiger eine Art Geständnis unterschrieben hatte. Dies sei ihm mehr oder weniger abgenötigt worden, um mit der Staatsanwaltschaft ins Gespräch zu kommen, sagte der Pater. Die Unterschrift sei ein Fehler gewesen, er habe daraufhin den Anwalt gewechselt.



Bereits im November 2010 hatte die Münchner Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Lehrer des Ettaler Gymnasiums Klage eingereicht. Die Anklagebehörde wirft dem Pater vor, sich zwischen 2001 und 2005 in insgesamt 24 Fällen an zwei Buben vergangen zu haben und es in zwei weiteren Fällen versucht zu haben. Beim Prozess sind vier Sachverständige anwesend. Sie sollen die Glaubwürdigkeit der Zeugen und des Angeklagten begutachten.

Nutzte der Pater Vertrauensposition aus?

Der Mann war 1995 ins Kloster eingetreten. Seit dem Schuljahr 2001/2002 beschäftigte ihn die Ordensgemeinschaft als Präfekt, wie die Erzieher in Internaten auch heißen. "Die Präfekten sind jedem Schüler Ansprechpartner und Begleiter auf seinem Weg durch das Schuljahr", heißt es auf der Internetseite des Klosters.


Diese besondere Vertrauensposition nutzte der Pater schamlos aus, so die Anklage. Zu den sexuellen Übergriffen soll es bei Ausflügen zum Klettern und auf Berghütten gekommen sein. Der Mann ist vorerst der letzte Fall der skandalösen Vorgänge hinter den Ettaler Klostermauern, der gerichtlich aufgearbeitet werden kann. Zahlreiche zusätzliche Vernehmungen, ein Gutachten über die Glaubwürdigkeit eines Schülers, der behauptet, missbraucht worden zu sein, sowie eine chronische Überlastung der Gerichte sind die Hauptursachen dafür, dass der Prozess gegen den ehemaligen Präfekten erst viereinhalb Jahre nach der Anklageerhebung beginnt.

Im Kloster Ettal und seinem Gymnasium sind Jahrzehnte lang Schüler von Benediktiner-Patern sexuell missbraucht worden. Ein Sonderermittler arbeitete die Demütigungen von Schülern auf. Die meisten Fälle waren aber bereits verjährt, die wenigen strafrechtlich noch relevanten Fälle von sexuellem Missbrauch nahm sich die Münchner Staatsanwaltschaft vor.

Das Kloster entschädigte inzwischen 70 Opfer mit insgesamt 700.000 Euro. Der Mindestbetrag lag bei 5.000 Euro, in Einzelfällen wurden bis zu 20.000 Euro gezahlt. Die Folgen für das ehemalige Eliteinternat sind seit Bekanntwerden der Vorfälle gravierend. In diesem Schuljahr ist kein einziger Schüler für das Internat angemeldet worden, zwei fünfte Klassen wurden mit Heimfahrkindern gebildet. Nun soll ein "Ort des Gedenkens" für Missbrauchsopfer geschaffen werden. Erste Entwürfe liegen bereits vor.

http://www.br.de/nachrichten/oberbayern/...rozess-100.html


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RE: Missbrauch in der Kirche

#25 von Christine , 20.03.2016 08:47

17. Februar 2015, 07:17
Sexualstraftaten
Kirche entschädigt Missbrauchs-Opfer

Die beiden externen Missbrauchsbeauftragten der Kirche legen ihren ersten Zwischenbericht vor.
Seit April 2011 hat das katholische Erzbistum München und Freising insgesamt 147 000 Euro an 29 Opfer sexuellen Missbrauchs gezahlt, deren juristische Ansprüche verjährt sind.

Die meisten Anträge auf Geldzahlungen bezogen sich auf Fälle aus den Fünfziger- bis Achtzigerjahren, der jüngste ereignete sich Anfang der Neunzigerjahre.

Von Jakob Wetzel

Das katholische Erzbistum München und Freising hat seit April 2011 insgesamt 147 000 Euro an 29 Opfer sexuellen Missbrauchs gezahlt, deren juristische Ansprüche auf Schmerzensgeld oder Entschädigung verjährt sind. Das geht aus dem ersten Zwischenbericht der beiden externen Missbrauchsbeauftragten der Kirche hervor, der jetzt veröffentlicht worden ist.

Demnach erhielten die Betroffenen "generell" einen von der Deutschen Bischofskonferenz 2011 festgelegten Höchstbetrag von jeweils 5000 Euro. Elf von ihnen habe die Kirche zusätzlich eine Psychotherapie bezahlt. Die Beauftragten gingen zudem mehreren Hinweisen auf aktuelle Fälle nach; drei kirchliche Mitarbeiter wurden im Berichtszeitraum wegen Sexualstraftaten verurteilt.

"In Anerkennung des Leids"
Die Rechtsanwälte Ute Dirkmann und Martin Miebach prüfen seit April 2011 im Auftrag der Erzdiözese Verdachtsfälle auf sexuellen Missbrauch durch kirchliche Mitarbeiter. Dazu gehören aktuelle Vorwürfe ebenso wie strafrechtlich verjährte Fälle, in denen die Kirche den Opfern dennoch "in Anerkennung des Leids" Geld bezahlt.

Hier führen die Anwälte persönliche Gespräche mit den Opfern und helfen beim Ausfüllen der Anträge. Sie hatten von Beginn an viel zu tun: Schon bei ihren Vorgängern seien seit 2010 Hinweise auf etwa 200 Missbrauchsfälle eingegangen, schreiben sie in ihrem Bericht. Nicht in allen Fällen empfahlen sie der Kirche am Ende, zu bezahlen. Wenn doch, ist das Geld in den genannten 147 000 Euro enthalten.

Anzügliche Kurznachrichten
Die meisten Anträge auf Geldzahlungen bezogen sich dem Zwischenbericht zufolge auf Fälle aus den Fünfziger- bis Achtzigerjahren, der jüngste ereignete sich Anfang der Neunzigerjahre. Einige Täter seien bereits strafrechtlich verurteilt worden, darunter Priester ebenso wie andere kirchliche Mitarbeiter.

Im Gegensatz dazu seien viele der aktuellen Fälle strafrechtlich nicht relevant gewesen, heißt es in dem Bericht: Das "Schwergewicht" habe vielmehr bei sexuellen Grenzverletzungen gelegen. Beispielsweise habe ein Priester Kinder bei einer Ministrantenfreizeit in Badekleidung fotografiert, oder ein kirchlicher Mitarbeiter habe Mädchen anzügliche Kurznachrichten geschrieben. Die Beauftragten gingen auch solchen Hinweisen nach; zwar wurde die Staatsanwaltschaft nur bei konkretem Verdacht auf eine Straftat eingeschaltet, aber die Kirche reagierte mit "im jeweiligen Einzelfall erforderlichen Maßnahmen".

Acht Verdachtsfälle auf Sexualstraftaten
Die Rede ist außerdem von acht konkreten Verdachtsfällen auf Sexualstraftaten. Demnach sind seit April 2011 zwei hauptamtliche und ein ehrenamtlicher Mitarbeiter wegen entsprechender Vorwürfe verurteilt worden. Sie hätten ihre Taten zwar außerhalb des kirchlichen Bereichs begangen, hätten aber dienstlich Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gehabt, heißt es im Bericht. Die Kirche habe den beiden Angestellten gekündigt und dem Ehrenamtlichen bei seiner Tätigkeit jeden Kontakt zu Minderjährigen untersagt.

In drei weiteren Fällen erhärtete sich der Verdacht auf eine Sexualstraftat nicht, die Kirche zog aber disziplinarrechtliche Konsequenzen wegen "pflichtwidrigen" Verhaltens. Einmal habe es sich etwa "mutmaßlich um eine sexualbezogene Beleidigung" gehandelt, heißt es im Bericht. In einem siebten Verdachtsfall stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen geringer Schuld und Fehlens von öffentlichem Interesse an der Verfolgung ein.

In einem achten Fall wiederum habe es womöglich ebenfalls eine "sexualbezogene Beleidigung" durch zwei Ehrenamtliche gegeben. Weil der mutmaßlich Beleidigte minderjährig sei, müssten die Erziehungsberechtigten aber erst einen Strafantrag stellen. In weiteren Fällen seien die Täter keine Mitarbeiter der Kirche gewesen, sondern etwa Väter von Kindern in einem katholischen Kindergarten. Dann verwiesen die beiden Missbrauchsbeauftragten die Hinweisgeber an die zuständigen Stellen.

http://www.sueddeutsche.de/muenchen/sexu...opfer-1.2353955


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