RE: Fragen und Antworten zum Thema Missbrauch

#1 von Christine , 17.08.2013 22:51

Was ist eigentlich normal, und wo beginnt sexueller Missbrauch?

Es gibt in der wissenschaftlichen Diskussion keine allgemeingültige oder verbindliche Definition von sexuellem Missbrauch. Wichtige Kriterien zur Einschätzung einer Handlung sind die Missachtung des kindlichen Willens, das subjektive Empfinden des Kindes, missbraucht zu werden, die Entwürdigung durch Blicke und Worte, der Altersunterschied zwischen Opfer und Täter sowie Zwang und Gewalt.

Einige Beispiele aus dem Alltag soll diese Grenze zwischen Normalität und Missbrauch verdeutlichen:
"So kann es durchaus vorkommen, dass z.B. die kleine Tochter beim morgendlichen Toben den erigierten Penis des Vaters anfasst. Diese Situation ist harmlos, bliebe es dabei. Wenn jedoch der Vater im Folgenden bewusst Gelegenheiten sucht, der Tochter ungestört und heimlich seinen Penis zu zeigen, und sie nötigt, diesen anzufassen, so ist das der Anfang des sexuellen Missbrauchs.....Sexueller Missbrauch bedeutet, dass der Täter das Vertrauen, die Abhängigkeit und die Sexualität des Mädchens missbraucht und kindliche Gefühle für seine Interessen benutzt. Sexuelle Übergriffe geschehen immer unter Ausnutzung der Macht und Autoritätsstellung seitens des Täters. In diesem Sinne ist sexueller Missbrauch immer Gewaltanwendung, auch dann, wenn keine körperliche Gewalt zur Durchsetzung der Interessen des Täters notwendig ist." (Steinhage, 1989, S.16f.)


Diese Definition gilt selbstverständlich auch für den Missbrauch an Jungen.

Die sogenannten "Doktorspiele" unter Kindern sind keinesfalls mit sexueller Gewalt gleichzusetzen. Sie sind völlig normal und gehören zur Persönlichkeitsentwicklung. Solange sie auf den Grundsäulen der Freiwilligkeit, Altersgleichheit und Gewaltlosigkeit beruhen, sind sie "normal". Erst wenn Gewalt und Drohungen ins Spiel kommen, ist von sexuellen Übergriffen zu sprechen. nach oben

Woran kann ich erkennen, ob ein Kind missbraucht wird?

Nach dem augenblicklichen Wissensstand gibt es keine spezifischen Symptome, die eindeutige Hinweise auf sexuellen Missbrauch sind. Die unverfälschte Erinnerung und die darauf basierende Aussage des Kindes ist das wichtigste Beweismittel.

Bei plötzlich auftretenden Verhaltensauffälligkeiten bzw. -veränderungen von Kindern sollte sexueller Missbrauch als eine potentielle Ursache in Betracht gezogen werden. Verhaltensauffälligkeiten von Kindern, für die sich keine plausiblen Erklärungen in den Lebensumständen des Kindes finden, können einen ersten vagen Verdacht auf sexuellen Missbrauch begründen. Fachleute sind sich derzeit dahingehend einig, dass altersunangemessenes sexuelles Verhalten als ernstzunehmender Hinweis zu bewerten ist. Aber auch hier ist zu berücksichtigen, dass es für die Unterscheidung, was altersangemessen und was altersunangemessen ist, guter entwicklungspsychologischer Kenntnisse bedarf.

Grundsätzlich sollten Äußerungen und Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen, die den Verdacht von sexuellem Missbrauch aufkommen lassen, immer ernstgenommen werden.

Jedes Mädchen/jeder Junge sendet entsprechend des persönlichen Entwicklungsstandes Hilferufe aus. Diese, oftmals als Verhaltensauffälligkeiten wahrgenommen Verhaltensweisen, sind für die Kinder lebensnotwendige Überlebensstrategien. Es ist die Aufgabe der Erwachsenen, diese ernst zu nehmen und Hilfe zu suchen. nach oben

Was tue ich, wenn ich sexuellen Missbrauch vermute?

Auch wenn es schwer fällt, die oberste Regel ist: Ruhe bewahren. Jedes übereilte Handeln schadet den betroffenen Kindern. Die Konfrontation mit sexuellem Missbrauch löst die unterschiedlichsten Gefühle aus. Das können Ohnmacht, Ekel, Trauer, Wut, Angst, Hilflosigkeit u.a. sein. Wichtig ist es, eine vertraute Person zu finden, mit der man über diese Gefühle und die eigenen Gedanken reden kann. Das eigene Handeln sollte immer vom Wohl des Kindes und niemals von den eigenen Bedürfnissen bestimmt sein.

Es ist ratsam, Kontakt zu einer Fachberatungsstelle aufzunehmen. In allen Großstädten, aber auch in vielen kleineren Städten, Gemeinden und Landkreisen gibt es mittlerweile Anlauf- und Beratungsstellen, die sich auf das Problem "Sexueller Missbrauch" spezialisiert haben. Die meisten Einrichtungen arbeiten vertraulich und auf Wunsch auch anonym. Auch die Mitarbeiterinnen von Dunkelziffer e.V. bieten diese Hilfe und helfen auch, Ansprechpartner vor Ort zu finden. Diese Fachberatungsstellen sind in den Gelben Seiten unter folgenden Stichworten zu finden oder auch im Internet (s. Links):

Beratungsstelle für Mädchen und Frauen
Deutscher Kinderschutzbund
Frauenhäuser
Jugendschutz
Kinderschutz
Kinderschutzzentrum
Kinderschutz-Ambulanz
Kindersorgentelefon
Mädchenhaus
Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen e.V.
Pro Familia
Viele der Erziehungs- und Familienberatungsstellen freier und öffentlicher Träger bieten ebenfalls Beratung bei sexuellem Missbrauch an. Oder fragen Sie in Ihrem Jugendamt/Allgemeinen Sozialdienst nach Adressen von speziellen Beratungsstellen. Oft können Sie auch in den Jugendämtern kompetente Ansprechpartner/-innen finden.

Wenn ein Verdacht auf sexuellen Missbrauch besteht, ist ein sehr sorgfältiger Abklärungsprozess vorzunehmen, der zumeist die Zusammenarbeit von Fachleuten erfordert.


Foren Moderatorin

 
Christine
Beiträge: 418
Registriert am: 15.08.2013


RE: Fragen und Antworten zum Thema Missbrauch

#2 von Christine , 17.08.2013 22:53

Was soll ich tun, wenn ich weiß, dass ein Kind sexuell missbraucht wird?

Jede Intervention bei sexuellem Missbrauch muss gründlich geplant und vorbereitet werden, um weiteren Schaden vom Kind abzuwenden. Eine Intervention besteht dabei aus mehreren Stufen:

In einem ersten Schritt geht es darum, sexuellen Missbrauch überhaupt wahrzunehmen und den Verdacht zu klären. Die zweite Phase, wenn ein erhärteter Verdacht bzw. Wissen über einen sexuellen Missbrauch vorliegt, bezieht sich auf Maßnahmen zum Schutz des Kindes und auf die Offenlegung gegenüber der Familie. In der dritten Phase stehen Hilfen bei der Bewältigung der Missbrauchserfahrung und weiterer Folgeprobleme im Mittelpunkt.

Ein Patentrezept für die "ideale Intervention" gibt es nicht. Welche Hilfen im Einzelfall die richtigen sind, hängt vom Alter des Kindes, von der Dauer und der Schwere des Missbrauchs ab, sowie von der Beziehung des Kindes zum Missbraucher und den übrigen Lebensumständen des Kindes. Auch die Reaktion des nicht missbrauchenden Elternteils hat Einfluss auf die Intervention.

Alle Maßnahmen der Intervention müssen das Ziel verfolgen, den Schutz des Mädchens/des Jungens sicherzustellen, was in der Regel nur durch die Trennung von Opfer und Täter gewährleistet ist. Maßnahmen zum Schutz des Kindes müssen von den Sozialen Diensten bzw. dem Jugendamt veranlasst werden und zum Wohl des Kindes in einer multiprofessionellen Kooperation in den sog. Fall- oder Helferkonferenzen entwickelt werden.

Die Grundlage professionellen Handelns stellt eine genaue Dokumentation aller Beobachtungen, Informationen und Äußerungen des Kindes dar, die deutlich differenziert zwischen objektiven Informationen und persönlichen Einschätzungen und Bewertungen. nach oben

Werden auch Jungen sexuell missbraucht?

Ja. Unter Berücksichtigung verschiedener in- und ausländischer Studien muss davon ausgegangen werden, dass etwa jedes vierte bis fünfte Mädchen und jeder neunte bis zwölfte Junge in Deutschland sexuellen Missbrauch erleben muss.

Jungen als Opfer werden leider noch viel zu oft verkannt. Ein Junge, der Opfer von sexueller Gewalt wird, passt nicht in das Bild des starken, selbstbewussten Jungen. Auch für die Jungen selber ist es oftmals schwieriger, Übergriffe als solche zu erkennen und zu benennen. Insbesondere wenn der Täter gleichgeschlechtlich ist, entsteht für die Jungen die Angst vor Homosexualität. Ein weitere Faktor, der das Reden über die erlebte Gewalt erschwert.

Der sexuelle Missbrauch von Jungen ist immer noch ein großes gesellschaftliches Tabu. Für betroffene Jungen, die dem Mut finden, sich zu äußern, bedeutet dies, oftmals nicht verstanden zu werden.

Mädchen werden häufig durch Männer missbraucht, die die Vaterrolle für sie übernommen haben oder durch Männer aus dem nahen sozialen Umfeld. Fremdtäter bilden eine Minderheit und erscheinen dann zumeist als Exhibitionisten. Die vorliegenden Dunkelfelduntersuchungen zeigen, dass Jungen am häufigsten durch Bekannte aus dem außerfamiliären Nahraum missbraucht werden (z.B. Nachbarn, Lehrer, Freunde der Familie, etc). Über die Zahl von Frauen als Täterinnen gibt es bislang noch keine verlässlichen Zahlen. Neuere Studien gehen davon aus, dass 10% der Missbrauchsfälle durch Frauen begangen werden.


Foren Moderatorin

 
Christine
Beiträge: 418
Registriert am: 15.08.2013


RE: Fragen und Antworten zum Thema Missbrauch

#3 von Christine , 17.08.2013 22:55

Gibt es besonders gefährdete Kinder?

Risikofaktoren für sexuellen Missbrauch sind das weibliche Geschlecht, ein Alter von unter 10 Jahren und Behinderung. Einige Untersuchungen stellen zudem einen Zusammenhang zwischen streng religiöser Erziehung und dem Vorkommen sexuellen Missbrauchs fest. Mädchen und Jungen, die aus Familien mit rigiden Sexualnormen stammen, scheinen signifikant häufiger Opfer sexueller Gewalt zu werden als Kinder, die eine emanzipatorische Sexualerziehung erhielten.

Ferner gelten Kinder, die besonders gehorsam und angepasst sind, als gefährdet, sexuell missbraucht zu werden. Aus der Täterarbeit ist bekannt, dass Pädosexuelle einen Blick dafür haben, welche Kinder für sie in Frage kommen. Sie konzentrieren sich zumeist auf Jungen und Mädchen, die unsicher, einsam oder vernachlässigt wirken. Sie erschleichen sich mit einer Mischung aus Zuneigung und Geschenken das Vertrauen der Kinder und nutzen die kindlichen Defizite an Wärme und Geborgenheit zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse aus. nach oben

Wer sind eigentlich die Täter?

Missbrauchende Männer stammen aus allen sozialen Schichten, leben hetero- oder homosexuell und unterscheiden sich durch kein äußeres Merkmal von nicht-missbrauchenden Männern. Sie haben in vielen Fällen die Vaterrolle für das Mädchen übernommen, während der Missbrauch von Jungen häufiger außerhalb der Familie durch bekannte Personen stattfindet. Nach den wenigen vorliegenden Untersuchungen aus dem Ausland liegt der Anteil von Frauen als Täterinnen bei ca. 10 Prozent. Da sexueller Missbrauch durch Frauen allerdings noch ein stark tabuisiertes Thema ist, ist zu vermuten, dass der statistische Anteil von Täterinnen steigen wird.

Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil jugendlicher Täter, er liegt in den meisten Untersuchungen bei etwa 30 - 50 %. Demnach liegt das Durchschnittsalter der Täter deutlich unter 30 Jahren. Bei den Tätern ist zu unterscheiden zwischen pädosexuellen Tätern, d.h., Menschen, die sich sexuell ausschließlich zu nicht geschlechtsreifen Kindern hingezogen fühlen, und denjenigen, deren sexuelle Orientierung sich zwar grundsätzlich auf Erwachsene richtet, die sich jedoch zum Beispiel aus Angst vor Versagen, in Überforderungssituationen und aus Macht- und Dominanzstreben auch an Kindern vergreifen. Sexueller Missbrauch ist keine einmalige Aktion, sondern hat für den Täter Suchtcharakter.

Täter haben in der Regel keine Einsicht in ihr schädigendes Verhalten, lasten die Verantwortung für ihre Gewalthandlungen den Opfern oder ihren Partnerinnen an.

Für die Entstehung des Täterverhaltens finden sich in der wissenschaftlichen Literatur unterschiedliche Erklärungsansätze. Die Gründe, warum Männer Kinder sexuell missbrauchen, liegen in komplexen Wechselwirkungen zwischen soziokulturellen und individuellen Faktoren. Auf der Ebene der individuellen Bedingungsfaktoren spielen eigene Gewalterfahrungen des Täters häufig eine Rolle. Der Täter will durch sein Verhalten, indem er von der Opfer- auf die Täterseite wechselt, frühere Ohnmachtsgefühle und -erlebnisse verarbeiten und sich stark und mächtig fühlen. Vor einem soziokulturellen Hintergrund ist sexueller Missbrauch als Folge männlich sozialisierter Verhaltensmuster und als Teil einer gesellschaftlichen Dominanzkultur zu interpretieren. Sexueller Missbrauch ist die Ausübung von Gewalt und Macht. Das gilt auch für Frauen als Täterinnen! nach oben

Warum schützen die Mütter ihre Kinder nicht?

Wenn über innerfamiliären Missbrauch gesprochen wird, gleitet der Blick schnell von den Tätern auf die Mütter: Warum schützen Mütter ihre Kinder nicht? Dabei werden den Müttern Unverständnis und Schuldzuweisungen zugesprochen bzw. Mittäterschaft- und/oder Mitwisserschaft angelastet. Ihnen wird die alleinige Verantwortung für den Schutz der Kinder vor jeglichen Gefahren auferlegt, die Mutter als omnipotente Beschützerin. Diese Verlagerung von Schuld und Verantwortung auf die Mutter verleugnet völlig, dass niemand anderes als der Täter die Verantwortung für sein Handeln zu tragen hat!

Eine Mutter, die erfährt, dass ihr Kind sexuell missbraucht wird, braucht Verständnis und Unterstützung, um diesen Schock zu überwinden und ihrem Kind bzw. ihren Kindern helfen zu können. Nicht selten geraten Mütter durch den Schock in einen Zustand von Handlungsunfähigkeit und Depression. Viele Mütter wurden selbst als Mädchen missbraucht und haben - ebenso wie die eigenen schmerzhaften Erinnerungen - den Missbrauch ihrer Tochter/ihres Sohnes verdrängt, haben die Hilferufe ihres Kindes nicht verstehen können. Sie brauchen Unterstützung, um ihre Gefühle und Erinnerungen verarbeiten und den Blick auf den Schutz ihrer Kinder richten zu können. Nach der Aufdeckung machen Mütter sich Vorwürfe, warum sie ihre Kinder nicht geschützt haben.

Für eine Frau, deren Lebenspartner ihr Kind sexuell missbraucht, bedeutet die Anerkennung der Taten und das Schützen des Kindes oftmals das Zusammenbrechen ihres gesamten Lebensplanes. Aus Angst davor und weil viele Frauen sich in finanzieller, materieller und emotionaler Abhängigkeit vom Täter befinden, fällt es manchen Müttern schwer, sich gegen den Täter auszusprechen. Darüber hinaus fürchten sie die Reaktionen der Umwelt (Freunde, Nachbarschaft, Familie, usw.) nach Bekannt werden des Missbrauchs.

Es gibt aber auch Mütter, die als Täterinnen ihre eigenen Kinder missbrauchen, den sexuellen Missbrauch durch andere billigen oder fördern. Sie sind eindeutig auch als Täterinnen zu behandeln, da sie durch ihr Handeln jegliches Recht auf Mutterschaft verwirkt haben.


Foren Moderatorin

 
Christine
Beiträge: 418
Registriert am: 15.08.2013


RE: Fragen und Antworten zum Thema Missbrauch

#4 von Christine , 17.08.2013 22:56

Kann ich Kinder vor sexuellem Missbrauch schützen?

Die Verantwortung dafür, dass sexueller Missbrauch verhindert wird, liegt bei den Erwachsenen. Präventionsprogramme, die sich mit dem Ziel der Aufklärung und Stärkung nur an Kinder richten, übertragen ihnen unzulässigerweise die Verantwortung für ihren Schutz. Frauen und Männer müssen in die fachliche und emotionale Auseinandersetzung mit der Problematik des sexuellen Missbrauchs treten, um als verantwortungs- und grenzbewusste Erwachsene gegen sexuelle Gewalt handeln zu können.

Verantwortungsbewusstes Handeln bedeutet auch, Mädchen und Jungen durch kindgerechte und sachgemäße Informationen aufzuklären, um so u.a. der auch durch Berichterstattung in den Medien hervorgerufenen Verunsicherung und Überforderung entgegenzuwirken. Kinder müssen wissen, dass insbesondere gute Bekannte und Vertraute ein Kind sexuell missbrauchen können.

Wichtig ist es eine kindgerechte Definition zu finden: z.B.: Sexueller Missbrauch bedeutet, dass jemand dich berührt oder dich dazu bringt, ihn zu berühren und dich damit ganz durcheinander bringt. Vielleicht möchte er dich an deiner Scheide/deinem Penis oder Po berühren und du möchtest das nicht."

Besonders Kinder im Kindergarten- und Vorschulalter benötigen einfache, in ihrem Bewusstsein vorstellbare Informationen. Beispielsweise führt die allseits bekannte Warnung vor dem fremden Mann, viel mehr zu diffusen Ängsten und Phantasiebilder als zum Schutz durch Erkennen von Gefahrensituationen. Darüber hinaus entspricht sie dem Klischeebild eines Sexualstraftäters und nicht den realen Gefährdungssituationen.

Leider ist sexuelle Gewalt gegen Kinder ein so weit verbreitetes Phänomen, dass Mädchen und Jungen genauso darüber aufgeklärt werden müssen wie z.B. über das Verhalten im Straßenverkehr. Bevor ein Kind jedoch über die Gefahren des sexuellen Missbrauchs informiert wird, sollte es Sexualität im Rahmen einer offenen und grenzbewussten Sexualaufklärung von ihrer positiven Seite kennen lernen. Ebenso wie Sexualerziehung ist Prävention sexuellen Missbrauchs kein einmaliges Unterfangen, sondern eine allgemeine, alltägliche Haltung, die Kinder als selbstbestimmte und schützenswerte Persönlichkeiten respektiert, ihre Grenzen achtet, ihr Selbstbewusstsein und ihre Autonomie fördert.

Um mit Kindern und Jugendlichen speziell über sexuellen Missbrauch ins Gespräch zu kommen, ist ein konkreter Anlass hilfreich. Dies kann ein Bilderbuch sein, ein Theaterstück oder eine Frage von Kinderseite.


Foren Moderatorin

 
Christine
Beiträge: 418
Registriert am: 15.08.2013


RE: Fragen und Antworten zum Thema Missbrauch

#5 von Christine , 17.08.2013 22:57

Wesentliche Themen für die präventive Arbeit mit Mädchen und Jungen sind:

1. Mein Körper gehört mir
Mädchen und Jungen müssen wissen, dass sie selber über ihren Körper bestimmen dürfen und das Recht haben, Berührungen anzunehmen und zurückzuweisen.

2. Berührungen - angenehme, unangenehme und komische Berührungen
Kinder merken sehr wohl, wenn aus Zärtlichkeiten plötzlich merkwürdige Berührungen werden. Sie sollen darin bestärkt werden, unterschiedliche Berührungen wahrzunehmen. Es ist wichtig, Mädchen und Jungen die Erlaubnis zu geben, unangenehme und komische Berührungen zurückzuweisen.

3. Intuition/Gefühle
Erwachsene versuchen häufig, Gefühle von Kindern zu banalisieren oder umzudeuten ("Der Pulli kratzt doch gar nicht"). Der Täter wird sagen: "Stell Dich nicht so an, das ist doch schön, das magst Du doch gerne". Mädchen und Jungen müssen das Recht haben, ihren Gefühlen trauen zu dürfen und danach zu handeln.

4. Nein-Sagen
Kinder dürfen und müssen in bestimmten Situationen Grenzen ziehen und "Nein" sagen. Sie haben dieses Recht auch gegenüber Erwachsenen.

5. Gute und schlechte Geheimnisse
Kinder haben einen ausgeprägten Ehrenkodex, was das "Petzen" anbelangt. Deshalb ist es für sie wichtig, zwischen guten und schlechten Geheimnissen zu unterscheiden und letztere weitererzählen zu dürfen.

6. Hilfe holen
Mädchen und Jungen müssen wissen, wem sie sich ohne Angst vor Schuldzuweisung und Strafe anvertrauen können. Dabei ist es sinnvoll, konkrete Ansprechpersonen zu benennen.

Spezielle Präventionsprogramme wurden bisher vor allem für Kinder im Vorschul- und Grundschulalter entwickelt. Die Programme, die überwiegend aus den USA kommen, basieren auf der Überlegung, dass sexueller Missbrauch häufig in diesem Alter beginnt und nicht von Fremden, sondern von dem Kind bekannten Personen begangen wird. Andere Konzepte richten sich an Lehrerinnen und Lehrer oder andere Professionelle, die mit Kindern arbeiten. Einige Bundesländer haben Prävention in die Richtlinien für die Sexualerziehung an Schulen aufgenommen (z.B. Hamburg seit 1996).

Dennoch sind isolierte Präventionsprogramme, die nicht in einen Gesamtprozess emanzipatorischer Erziehung eingebettet sind, wenig wirksam. Sinnvolle Präventionskonzepte richten sich primär an Erwachsene und befähigen diese, im Zusammenleben mit Kindern, im oben beschriebenen Sinn vorbeugend zu handeln, sexuellen Missbrauch zu erkennen und angemessen zu reagieren.

So richtet sich auch das Präventionsprojekt von Dunkelziffer e.V. "Little Lion" immer an Eltern, Pädagogen und Kinder.


Foren Moderatorin

 
Christine
Beiträge: 418
Registriert am: 15.08.2013


RE: Fragen und Antworten zum Thema Missbrauch

#6 von Christine , 17.08.2013 22:58

Was mache ich, wenn ich Kinderpornographie finde?

Kinderpornographie stellt eine spezielle Form der sexuellen Gewalt gegen Kinder dar, die in der öffentlichen Diskussion um sexuellen Missbrauch an Kindern bisher relativ wenig Beachtung gefunden hat.

Kinderpornographie umfasst alle pornographischen Schriften (§11 Abs.3 StGB), in denen sexuelle Handlungen von Kindern an sich selbst und/oder an anderen Kindern, von Erwachsenen an Kindern und von Kindern an Erwachsenen gezeigt oder geschildert werden. Hierzu gehören z.B. Videos, Filme, Bilder, Erzählungen, u.ä.. Als Kind gilt dabei, wer zur Tatzeit noch nicht 14 Jahre alt ist. Auch jede Handlung, die dazu dient, in den Besitz kinderpornographischer Produkte zu kommen, wie z.B. das Aufgeben eines Inserats ist strafbar.

Erst seit 1994 steht nicht nur die Herstellung und der Handel, sondern auch der Besitz kinderpornographischer Produkte unter Strafe. Die Konsumenten, die durch ihre Nachfrage den Kinderpornomarkt bestimmen, sind in vielen Fällen Pädosexuelle.

Die pornographisch ausgebeuteten Kinder sind durch die Existenz des hergestellten Materials in Form von Videos, Filmen, Photos einem besonderen Druck zur Geheimhaltung ausgesetzt, da dieses Material als Beweis für ihre scheinbar freiwillige Mitwirkung von den Missbrauchenden Erwachsenen eingesetzt wird. Sie leben mit dem Wissen, dass die Verbreitung des Materials bis weit in die Zukunft andauern kann und sie in keiner Weise Einfluss darauf nehmen können.

Kinderpornographie wird sowohl kommerziell als auch privat hergestellt und vertrieben. Die neuen Technologien der Medien erleichtern die Verbreitung und den weltweiten Handel.

Wenn Nutzer/innen des Internets auf Kinderpornographie stoßen, ist es wichtig die Inhalte den zuständigen Behörden mitzuteilen und Anzeige zu erstatten. Darüber hinaus sollte auch der Provider über die Verbreitung kinderpornographischen Inhaltes informiert werden.


http://www.dunkelziffer.de/information/w...brauch/faq.html


Foren Moderatorin

 
Christine
Beiträge: 418
Registriert am: 15.08.2013


   


Xobor Xobor Forum Software
Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz