RE: Schärferes Vorgehen gegen sexuelle Gewalt und Belästigung

#1 von Christine , 12.03.2016 09:48

Mainz (dpa/lrs) -

Die rheinland-pfälzische Frauenministerin Irene Alt (Grüne) setzt sich für eine bessere Verfolgung von sexueller Belästigung und Gewalt ein. Jede siebte Frau in Deutschland sei davon betroffen, teilte Alt am Montag nach einem Besuch des Frauennotrufs Mainz im Rahmen einer Sommertour mit. Nur ein Bruchteil der Taten werde aber angezeigt.

Die wenigsten Täter würden verurteilt. Sie unterstütze deshalb das Anliegen des Frauennotrufs, den Paragrafen 177 im Strafgesetzbuch zu reformieren. «Damit soll jede Form nicht einverständlicher sexueller Handlungen unter Strafe gestellt und verfolgt werden können», erklärte sie.


http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/reg...laestigung.html


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RE: Schärferes Vorgehen gegen sexuelle Gewalt und Belästigung

#2 von Christine , 12.03.2016 09:49

SEXUALSTRAFRECHT
"Nein" soll künftig reichen
Von TOBIAS PETER UND JÖRG WIMALASENA


Die Große Koalition will das Strafrecht verschärfen und Vergewaltigungen strenger ahnden. Staatsministerin Özoguz warnt zugleich vor einem Generalverdacht gegenüber Flüchtlingen.


Vergewaltigung und sexuelle Nötigung sollen künftig einfacher bestraft werden können. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erklärte, es müsse alles getan werden, um Frauen besser vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Dafür müssten Lücken im Sexualstrafrecht geschlossen werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf sei in der Abstimmung mit den Verbänden.

Die Staatsministerin für Integration, Aydan Özoguz (SPD), warnte davor, nach den Vorfällen in Köln, Flüchtlinge und Asylsuchende unter Generalverdacht zu stellen. Es müsse aber vieles getan werden, damit sich solche Vorfälle nicht wiederholten. Bislang gilt der Straftatbestand der Vergewaltigung nur dann als erfüllt, wenn das Opfer, um den Beischlaf zu erzwingen, geschlagen oder mit Gewalt bedroht worden ist – oder aber sich in einer komplett schutzlosen Lage befand.

Künftig soll der sexuelle Übergriff auch dann als Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung gelten können, wenn der Täter einen Überraschungsmoment nutzt. Gleiches gilt, wenn das Opfer nicht mit Gewalt bedroht wurde, sondern auf andere Art und Weise massiv unter Druck gesetzt wurde, beispielsweise von einem Vorgesetzten oder vom Vermieter.

Vorschlagseifer der Union
Auch die CDU macht jetzt Druck, was die Verschärfung des Sexualstrafrechts angeht. Die Partei wolle „das Sexualstrafrecht reformieren und auch sexuelle Belästigungen wie Grapschen, die unterhalb der Schwelle sexueller Nötigung liegen, unter Strafe stellen“, heißt es in der gerade verabschiedeten Mainzer Erklärung der CDU. Bei der SPD zeigte man sich überrascht über den neuen Vorschlagseifer der Union – und wollte sich dazu zunächst nicht näher äußern.

Pikant ist nämlich Folgendes: Laut mehreren übereinstimmenden Presseberichten war es das Bundeskanzleramt selbst, welches den Gesetzentwurf des Justizministeriums – der bereits seit Mitte 2015 vorliegt – in der Ressortabstimmung blockiert hat. Erst Mitte Dezember soll das Kanzleramt seine Meinung geändert haben. Jetzt sind erst einmal bis Mitte Februar die Verbände am Zug, um ihre Stellungnahmen abzugeben. Erfahrungsgemäß dürfte es also schwierig werden, das Gesetz noch vor der Sommerpause durch den gesamten parlamentarischen Prozess zu bringen.

Die Opposition dringt auf schnelles Handeln. „Für die Strafbarkeit muss es künftig ausreichen, dass die Frauen Nein gesagt haben“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der FR. Die Bundesregierung müsse die Istanbul-Konvention des Europarats zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen endlich umsetzen, fügte sie hinzu. Das forderten die Grünen seit langem und hätten dazu auch einen Gesetzentwurf eingebracht. „Die einzig konsequente Umsetzung lautet: Nein heißt Nein“, sagte Göring- Eckardt.

http://www.fr-online.de/politik/sexualst...6,33492550.html


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RE: Schärferes Vorgehen gegen sexuelle Gewalt und Belästigung

#3 von Christine , 12.03.2016 09:51

Schwesig will Kampf gegen Kindesmissbrauch verschärfen

Berlin (AFP) - Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will den Kampf gegen Kindesmissbrauch verschärfen. Schwesig legte in Berlin ein Gesamtkonzept vor, das neben Strafrechtsverschärfungen auch eine Reform bei Opferrechten vorsieht. "Für mich als Kinderministerin gibt es keine wichtigere Aufgabe als den Schutz von Kindern und Jugendlichen", erklärte die Ministerin.

Bereits in der vergangenen Woche hatte Justizminister Heiko Maas schärfere rechtliche Bestimmungen vorgeschlagen, um besser gegen Kinderpornografie vorgehen zu können. Dies begrüßte Schwesig als "einen wichtigen Schritt".

Schwesig will darüber hinaus die psychosoziale Prozessbegleitung für Opfer von Kindesmissbrauch ausbauen. Zudem soll die Prävention ausgebaut werden, unter anderem durch einen uneingeschränkten Beratungsanspruch für Kinder auch ohne Kenntnis der Eltern im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe.

Die Vorschläge sind mit dem Ende März eingesetzten Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, abgestimmt. Rörig erklärte in Berlin, er freue sich, dass sich nach vielen Enttäuschungen nun die große Koalition "mit neuem Schwung für den besseren Schutz der Jungen und Mädchen vor sexueller Gewalt und bessere Hilfen und Beratungsangebote einsetzt".

http://www.dtoday.de/startseite/politik_...rid,375891.html


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RE: Schärferes Vorgehen gegen sexuelle Gewalt und Belästigung

#4 von Christine , 12.03.2016 09:52

Kampf gegen Kindesmissbrauch
Schwesig: „Die Zahl der Missbrauchsfälle steigt drastisch“


von Hans Monath

SPD-Familienministerin Manuela Schwesig will, dass der Handel mit Nacktbildern von Kindern künftig strafbar ist. Das Familienministerium hat ein Gesamtkonzept zum Schutz vor sexueller Gewalt erarbeitet. Ein Interview.

Frau Schwesig, hat die Empörung über den Fall des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy den Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern vorangebracht?

Der Fall hat uns deutlich gemacht, dass wir eine Lücke im Strafrecht hatten. Deshalb hat der Justizminister reagiert und wir verabschieden am heutigen Mittwoch im Kabinett die Reform des Sexualstrafrechts. Wir müssen viel konsequenter gegen sexuelle Gewalt an Kindern vorgehen.

Wir werden es nicht mehr hinnehmen, dass Nacktbilder von Kindern gehandelt werden, um auf ihrem Rücken schmutzige Geschäfte zu machen. Das wird künftig strafbar sein. Damit werden die Ermittlungsmöglichkeiten gegen Kinderpornografie ebenfalls verbessert

Warum ist die Ausweitung der Verjährungsfristen notwendig?

Ich unterstütze die Änderungen, die Heiko Maas nun einbringt, sehr. Denn damit wird für die Betroffenen sexueller Gewalt, die heute im mittleren Lebensalter sind, überhaupt erst eine Aufarbeitung ihrer traumatischen Erfahrung möglich. Viele brauchen sehr lange, um darüber überhaupt sprechen zu können. Bisher hieß es dann häufig, der Fall sei schon längst verjährt. Das empfanden die Betroffenen häufig wie eine Wiederholung des Missbrauchs. Sie hatten endlich den Mut, die Tat anzusprechen, aber der Staat wies sie zurück. Deshalb werden künftig schwerste Sexualstraftaten an Kindern nicht mehr vor Vollendung des 50. Lebensjahres der Betroffenen verjähren.

Helfen schärfere Gesetze, solange es zum Beispiel im Bundeskriminalamt und in Landeskriminalämtern nicht genügend Ermittler gibt, die Händler oder Konsumenten von Kinderpornografie verfolgen?

Ein noch so gutes Gesetz greift nicht, wenn es nicht angewendet wird. Wir haben ein Vollzugsproblem. Kriminalbeamte aus Bund und Ländern haben mir erklärt, dass nicht genügend Experten für diesen hochsensiblen Bereich abgestellt werden. Es ist nicht akzeptabel, dass Fälle von Kinderpornografie liegen bleiben, weil nicht genügend Personal da ist.

Wie könnte das sichergestellt werden?

Wenn wir jetzt das Sexualstrafrecht verschärfen, sollten Bund und Länder prüfen, ob genügend Personal zur Verfolgung der Taten zur Verfügung steht. Die Zahl der Fälle steigt drastisch an, darauf müssen wir reagieren. Diese Arbeit ist für die Beamten sehr belastend, es ist auch notwendig, dass sie jederzeit Zugang zu Supervision und Beratung haben.

Was ist der Beitrag der Familienministerin zum Kampf gegen sexuelle Gewalt?

Ein Gesamtkonzept zum Schutz vor sexueller Gewalt, das ich zum Jahresempfang des unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs kommende Woche vorstelle. Darin wird neben dem Strafrecht vor allem auch die Prävention gestärkt, damit es möglichst gar nicht erst zu solchen Übergriffen gegen Kinder kommt. An drei Stellen setzen wir an. Wir werden durch eine gesetzliche Verpflichtung sicherstellen, dass Ermittlungsbehörden und Jugendämter besser zusammenarbeiten, zum Beispiel wenn bei Durchsuchungen wegen Kinderpornografie festgestellt wird, dass Kinder im Haushalt des Verdächtigen leben.

Wir wollen Kinder aufklären und stark machen, damit sie besser geschützt sind. Wir haben dazu unter dem Titel „Trau dich“ ein Theaterprojekt an Schulen ins Leben gerufen, das wir auch in den nächsten Jahren in verschiedenen Bundesländern anbieten werden. Und wir wollen mit Tätertherapien die Opfer schützen. Deshalb weiten wir das Projekt „Kein Täter werden“ an der Berliner Charité auf Jugendliche aus. Wir wollen Menschen mit pädophilen Neigungen möglichst frühzeitig helfen.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt haben die SPD kürzlich gewarnt: Nach Mindestlohn und Frauenquote werde die Union nichts mehr mitmachen, was die Wirtschaft belaste, was nicht im Koalitionsvertrag steht. Heißt das, Ihr Lieblingsprojekt der Familienarbeitszeit ist für die ganze Legislaturperiode auf Eis gelegt?

Nein, am Projekt der Familienarbeitszeit halte ich fest. Das ElterngeldPlus steht im Koalitionsvertrag und das Gesetz ist nächste Woche in erster Lesung im Bundestag. Es ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg hin zur Familienarbeitszeit. Es ist meine Aufgabe als Familienministerin, wichtige gesellschaftliche Debatten anzustoßen. Die Frage der Vereinbarkeit ist auch ein zentrales Thema in der Regierungskommission „Gut leben“. Ich arbeite daran, mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften Lösungen zu finden, damit junge Väter und Mütter, die Teilzeit arbeiten, weil sie sich um Kinder oder pflegebedürftige Angehörige kümmern, im Betrieb keine Nachteile erleiden.

Sie haben vergangene Woche den Entwurf für das Gesetz zur Frauenquote verschickt. Gestrichen wurde eine Klausel, die bei etlichen Unternehmen faktisch einen Frauenanteil von 30 Prozent an der Spitze erzwungen hätte. Sind Sie vor der Wirtschaftslobby eingeknickt?

Nein, natürlich nicht. Es kommt alles so, wie es im Koalitionsvertrag steht: die starre Quote für große Unternehmen von 30 Prozent und die Selbstverpflichtung für kleine und mittlere Unternehmen. Zusätzlich hatten wir eine Regel vorgeschlagen, die kleineren Unternehmen strengere Vorgaben gemacht hätte als großen. Das Projekt Frauenquote ist nicht gefährdet. Im Gegenteil: Die Quote von 30 Prozent gilt.

http://www.tagesspiegel.de/politik/kampf...h/10710648.html


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RE: Schärferes Vorgehen gegen sexuelle Gewalt und Belästigung

#5 von Christine , 12.03.2016 09:53

Vergewaltigung
Im Dunkeln

Der Vergewaltigungsparagraph soll verschärft werden. Die Justizminister sind sich einig. Aber gibt es wirklich Schutzlücken?

08.11.2014, von REINHARD MÜLLER

Das ist in der Tat eine Aufgabe der Justizminister: Schutzlücken schließen. Wenn der Straftatbestand der Vergewaltigung Frauen also nicht ausreichend schützt, dann hätte er längst geändert werden müssen. Stellen hier die Gerichte zu hohe Anforderungen?

Zu bedenken ist, dass es sich um ein Verbrechen handelt, das eine Gefängnisstrafe nach sich zieht. Unbeteiligte Zeugen gibt es in der Regel keine. Es steht Aussage gegen Aussage, weitere Indizien müssen sorgsam ausgewertet werden.

Viel bleibt im Dunkeln gerade im häuslichen Umfeld, das den Staat auch nicht ohne weiteres etwas angeht. Unter die Dunkelziffer fallen auch falsche Verdächtigungen. All das muss bei einer Verschärfung des Vergewaltigungsparagraphen bedacht werden.

Schon die jetzige Rechtslage lässt Raum für eine Bestrafung auch von Tätern, denen kein körperlicher Widerstand entgegengesetzt wurde. Gut, wenn sich die Justizminister in einer so wichtigen Frage einig sind. Es bleibt abzuwarten, ob das auch für die Fachleute gilt, die jetzt an der Reihe sind.

http://www.faz.net/aktuell/politik/verge...n-13252108.html


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RE: Schärferes Vorgehen gegen sexuelle Gewalt und Belästigung

#6 von Christine , 12.03.2016 09:54

24.11.2014 (Aktualisiert 12:31 Uhr)
Härtere Strafen für Vergewaltigung gefordert
Frauenberatungsstellen und Kriminalbeamte sind sich einig: Sexualstrafrecht muss verschärft werden


Ravensburg sz
Der Tatbestand der Vergewaltigung ist im Sexualstrafrecht zu eng beschrieben. Wenn sich Frauen nicht massiv zur Wehr setzen, geht der Täter oft straffrei aus. Die Erklärung von Bundesjustizminister Heiko Maas, entsprechende Lücken im Strafrecht müssten geschlossen werden (SZ vom 7. November), stieß in Ravensburg auf positive Resonanz. Fachberaterinnen sowie Experten von Polizei und Weißem Ring fordern: „Vergewaltigung verurteilen!“

Der 25. November ist laut UN-Deklaration der „Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen“. Diesen Jahrestag wollten Roswitha Elben-Zwirner und Waltraut Mielke Ruckh vom Ravensburger Verein „Hilfe für Frauen mit Kindern in Not“ nicht spurlos vorüberziehen lassen. Zusammen mit Evelyn Lang, der in Ravensburg für Sexualdelikte zuständigen Kriminalbeamtin, und Kriminaldirektor Josef Hiller, Vorsitzender des Opferschutzvereins Weißer Ring in der Region, setzen sie sich für eine entsprechende Strafverschärfung (Paragraf 177 Strafgesetzbuch) ein.

„In Deutschland erlebt jede siebte Frau schwere sexualisierte Gewalt. Nur ein Bruchteil der Taten wird angezeigt. Die wenigsten Täter werden verurteilt“: Mit Postkarten und Plakaten wirbt der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (BFF) derzeit für eine Reform des Sexualstrafrechts.

Denn, wie auch eine Fallanalyse der BFF belegt, komme es meist nur bei massiver Gegenwehr zu einem Strafverfahren und einer Verurteilung. Waltraut Mielke Ruckh von der Ravensburger Frauenberatungsstelle erläutert: Reagiere eine Frau beispielsweise bei einer überraschenden Attacke eines Vergewaltigers mit Schockstarre oder wehre sich wegen subtiler Drohungen („Dann passiert Deinen Kindern was Schlimmes“) nicht, dann habe sie wenig Chancen, rechtlich Gehör zu finden.

Evelyn Lang, die bei der Ravensburger Kripo bei Sexualdelikten ermittelt, hat eine heikle Aufgabe. Einerseits versucht sie, mit Opfern einer Sexualstraftat – und das sind meistens Frauen oder Kinder – äußerst sensibel umzugehen. Der Schock kurz nach der Tat oder auch eine Retraumatisierung bei der konkreten Erinnerung an länger zurückliegende Erlebnisse gebieten das. Andererseits benötigt sie klare Aussagen und eine spurentechnische Untersuchung. Lang: „Für die Opfer ist das teilweise sehr entwürdigend. Um das zu verkraften, muss man sehr gefestigt sein.“ Wichtig sei es, in solchen Belastungssituation an Beratungsstellen und Therapeuten verweisen zu können. Sie ist ebenso wie Josef Hiller froh, dass es in Ravensburg und der Region ein entsprechendes Netzwerk gibt.

Die Beratungsstelle und die schnelle Intervention des Frauenhaus-Vereins sowie von „Brennessel“ (Hilfe bei sexueller Gewalt) sieht Hiller, der sich als Kripomann ehrenamtlich als Vorsitzender des Weißen Rings für den Opferschutz einsetzt, als äußerst wichtig an. Hiller: „Ungefähr ein Drittel der von uns betreuten Opfer sind Frauen, denen Gewalt angetan wurde.“ Und diese Opfer müssten entsprechende Anlaufstellen haben und rasche, oft lang anhaltende Hilfe erfahren. Der Haken ist: Weil es an eindeutiger Bundes- und Landesgesetzgebung fehlt, mangelt es im Hilfe-Netzwerk an ausreichender, gesicherter Finanzierung. Auch deshalb richtet sich die Hoffnung der Experten vor Ort auf die aktuelle Kampagne mit der Forderung „Vergewaltigung verurteilen!“

Am Dienstag, 25. November, hängen Fahnen von Terre des Femmes mit der Aufschrift „Nein zu Gewalt gegen Frauen“ an der Stadtbücherei Ravensburg und am Rathaus Weingarten. Der Verein „Hilfe für Frauen mit Kindern in Not“ zeigt außerdem in Kooperation mit dem Kino „Linse“ in Weingarten den Film „Still“ (28., 29., 30. November um 18 Uhr, 1., 2., 3. Dezember um 20.15 Uhr).

http://www.schwaebische.de/region_artike...9_toid,535.html


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RE: Schärferes Vorgehen gegen sexuelle Gewalt und Belästigung

#7 von Christine , 12.03.2016 09:56

Heiko Maas will Vergewaltigung härter bestrafen - Experten dagegen

01.02.2015 18:03 Uhr
von Jost Müller-Neuhof


Bundesjustizminister Heiko Maas will Vergewaltigung härter bestrafen – obwohl er offenbar skeptisch ist Experten sagen, die bestehenden Gesetze reichen aus, aber Frauengruppen machen Druck.


Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will den Straftatbestand der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung verschärfen. Ein umstrittenes Vorhaben, weil viele Richter und Staatsanwälte die Reform für sinnlos halten; Frauen würden ausreichend geschützt, meinen sie. Maas jedoch spricht von „Schutzlücken“ im geltenden Recht und will noch im ersten Halbjahr 2015 einen Referentenentwurf vorlegen. Im September hatte das Ministerium die Länder gebeten, „konkrete Beispiele aus der strafrechtlichen Praxis“ zu benennen, um die Notwendigkeit des Vorhabens zu belegen.

Wie sich nun zeigt, gibt es nur wenige solcher Beispiele.


Lediglich Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben insgesamt fünf einzelne Fälle benannt, die allerdings nicht einmal ein Aktenzeichen tragen, teilte das Ministerium jetzt dem Tagesspiegel mit. Ansonsten seien nur abstrakt „Fallgruppen“ genannt worden, die laut Ministerium aber „auf Schutzlücken im geltenden Recht hindeuten“ sollen. Die Informationen rückte das Ministerium erst nach Androhung einer Auskunftsklage heraus – zuvor hatte es geheißen, dass „der Entscheidungsfindungsprozess innerhalb der Bundesregierung nicht abgeschlossen“ sei.

Ein "Nein" reicht bisher nicht für eine Verurteilung
Maas hält den Paragraf 177 des Strafgesetzbuchs in seiner bisherigen Form für zu eng. Er meint, es sei unklar, wie viel Widerstand eine Frau leisten müsse, damit es sich um Vergewaltigung handele. Tatsächlich wird nur bestraft, wer sein Opfer durch Gewalt, Drohung oder Ausnutzen einer schutzlosen Lage zu sexuellen Handlungen oder dazu zwingt, diese an sich geschehen zu lassen. Vergewaltigung, ein Eindringen in den Körper, gilt als besonders schwerer Fall der Nötigung.

Ein bloßes „Nein“, ein klar entgegenstehender Wille reicht bisher nicht, um den Tatbestand zu verwirklichen. Justiz und Anwaltschaft sind skeptisch. Man fürchtet noch größere Beweisnöte, als es ohnehin schon gibt. Wenn Aussage gegen Aussage steht, wird die Schuldfeststellung schnell zur Glaubensfrage. Zudem solle es eine hohe Dunkelziffer falscher Verdächtigungen geben, die mit der Reform noch steigen könnte. Manche Frau überlege es sich auch erst im Nachhinein, Opfer einer Vergewaltigung geworden zu sein, sagen Experten. Der Richter am Bundesgerichtshof (BGH) und Strafrechtskommentator Thomas Fischer sieht das Projekt kritisch. Ein „Nein“ müsse stets überwunden werden, und zwar mit jenen Nötigungsmitteln, die das Gesetz ausdrücklich benenne. Damit seien alle Fälle hinreichend erfasst. Er beklagt eine „Kampagne“ der Politik. „Die Annahme, dass bloßes ,Grabschen‘ in Büro oder Straßenbahn mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis 15 Jahre geahndet werden müsse, erscheint mir, der ich nicht in Saudi-Arabien lebe, albern und überzogen“, schrieb Fischer unlängst in der „Zeit“.

Genau das aber scheint die Regierung zu wollen. Eine der fünf „Schutzlücken“-Fälle spielte in einem „vollen Bus“, wenn der Täter einer Frau „völlig überraschend fest an die Brust fasst“. Ein weiteres Beispiel betrifft einen Mann, der einen Jungen beim Urinieren an den Penis fasste, aber ihn sonst weder bedrohte noch am Verlassen der Toilette hinderte; der Vorbestrafte sei nur wegen gerichtlichen Weisungsverstößen im Rahmen der Führungsaufsicht verurteilt worden. Derzeit sei der Fall zur Revision beim BGH. Ein dritter Fall betrifft einen Psychiatrie-Insassen, der einen anderen Mann penetrierte, als dieser sich in der Dusche bückt. Weiter zählt das Ministerium einen Fall dazu, bei dem sich ein Mann an einer Frau im Zeltlager verging, die sich erschreckt und alkoholisiert nicht wehrte. Schließlich geht es um eine Beziehungstat in einer Laubenkolonie, bei der das Opfer aus Angst vor Übergriffen nicht weglief. Als Musterfall einer Schutzlücke im Gesetz galt bisher ein BGH-Beschluss vom März 2012, mit dem ein Vergewaltigungsurteil aufgehoben wurde. Ein Mann hatte eine Frau zum Analverkehr gedrängt, obwohl sie dies ablehnte, aber aus Angst, die Kinder könnten aufwachen, geschehen ließ. BGH-Richter Fischer sieht dies als Fehlentscheidung, weil die Frau genötigt worden sei. Dass der Gesetzgeber handeln müsse, ließe sich daraus nicht ableiten. Zudem kann ein Täter auch wegen anderer Tatbestände verurteilt werden, wenn Paragraf 177 nicht greift.

Manuela Schwesig ist für eine Reform des Gesetzes
Trotz der „Schutzlücken“-Argumentation dürften die Motive für das Vorhaben auch angesichts der wenigen Beispielsfälle daher woanders liegen. Medienberichten zufolge soll Minister Maas kein Freund der vom Juristinnenbund und Frauenverbänden seit Langem geforderten Reform gewesen sein. Laut „Spiegel“ soll Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) ihren Kollegen im Justizressort beharkt haben, einen Entwurf vorzulegen. Zudem wurde Maas mit Unterschriftenlisten bombardiert, die Terre des Femmes für eine Petition gesammelt hatte.

Recht plötzlich war im letzten Herbst im Ministerium von „Schutzlücken“ die Rede, kurz darauf schlossen sich auch die Länder-Justizminister der Forderung an. Ein weiterer Grund dürfte die Umsetzung eines Europarats-Übereinkommens sein, nach dem ein „Nein“ des Opfers künftig für eine Strafbarkeit ausreichen soll. Allerdings waren die Ministeriumsjuristen wohl bisher der Ansicht, die aktuelle Version von Paragraf 177 genüge dafür. Die These von den „Schutzlücken“ könnte Maas aufgenommen haben, um den Eindruck zu vermeiden, er habe frauenpolitischem Druck nachgegeben.

http://www.tagesspiegel.de/politik/justi...n/11312212.html


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RE: Schärferes Vorgehen gegen sexuelle Gewalt und Belästigung

#8 von Christine , 12.03.2016 09:57

Rechtsprechung
Wo beginnt Vergewaltigung?

Verschiedene Frauennetzwerke fordern, dass künftig jede sexuelle Handlung gegen den Willen einer Person unter den Straftatbestand der Vergewaltigung fällt.
Rechtswissenschaftlerin Monika Frommel von der Christian-Albrechts-Universität Kiel hält das für falsch und außerdem schwer umsetzbar.

Sie sagt: Nicht das Gesetz ist zu eng gefasst, sondern die Rechtsprechung.

Gastbeitrag von Monika Frommel
Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags befasst sich zurzeit mit der Forderung verschiedener Frauennetzwerke, jede sexuelle Handlung gegen den Willen einer Person als Vergewaltigung zu bestrafen. Diese Forderung geht zu weit. Es werden dabei Erwartungen geweckt, die nicht zu erfüllen sind. Denn in einem Strafverfahren muss eindeutig bewiesen werden, dass die Frau für den Beschuldigten vernehmbar "Nein" gesagt hat. Und dass sie auch beim "Nein" geblieben ist. Wie soll das gehen?

Schon in den 1980er- und 1990er-Jahren wollten die Grünen einen derartig uferlosen Gewaltbegriff durchsetzen. Mittlerweile haben sie gelernt, dass es zahlreiche Grauzonen gibt. Zum Beispiel im Fall von Jugendlichen, bei denen es zum Sex kommt, unter vielleicht fragwürdigen Umständen, die aber dennoch nicht strafrechtlich geahndet werden können. Genau diese ambivalenten Situationen kommen häufiger vor, als angenommen wird. Sie lassen sich nicht mit dem harten Instrument des Vergewaltigungsparagrafen lösen. Doch genau das wollen die Frauennetzwerke.

Es ist nicht zu erkennen, weshalb diese Neuregelung besser sein könnte als das heute schon geltende Recht. Denn für diese ambivalenten Situationen gibt es bereits einen geeigneten Vergehenstatbestand: die besonders schwere Nötigung nach Paragraf 240 Absatz 4 im Strafgesetzbuch. Er wird nur zu selten genutzt. Es ist also schon jetzt absehbar, dass die geforderten Neuregelungen zwar Anlass für viel Streit geben werden, die Erwartungen der Frauennetzwerke aber nicht erfüllen können.


Dem jüngsten Vorstoß liegt ein grundlegend falscher Gedanke zugrunde. Denn es ist nicht das Gesetz, das zu eng ist, es ist die Rechtsprechung. Sie hat in den vergangenen Jahren in einigen Fällen ohne Not Lücken hervorgebracht. Selbst der Richter am Bundesgerichtshof Thomas Fischer hat jüngst eingeräumt, dass es mindestens ein gravierendes Fehlurteil gegeben hat. Was also ist zu tun?


In einem Rechtsstaat weist jeder Verbrechenstatbestand Lücken auf: Er ist dafür gedacht, die Strafe für die schwersten Fälle zu schärfen. Im Falle sexueller Übergriffe wird also die Vergewaltigung definiert, Situationen, die nicht so eindeutig sind, fallen jedoch heraus. Wer also Opfer in Konstellationen schützen will, in denen keine brachiale Gewalt angewandt wird, der kann nur bedingt auf das Strafrecht zurückgreifen. Er muss sich anderer rechtlicher Vorgaben bedienen.

Mit dem Tatbestand der Nötigung diffusen Drohungen begegnen
Dafür gibt es seit einigen Jahren wirksame zivilrechtliche und gut funktionierende familienrechtliche Regelungen. Außerdem kann mit dem Tatbestand der Nötigung diffusen Drohungen begegnet werden. Der greift immer dann, wenn der Tatverdächtige nicht vergewaltigt, aber dennoch Sex erzwungen hat, indem er das Opfer offen oder verdeckt bedroht hat. Strafbar ist das allemal.

Denjenigen Frauen, die jetzt den Straftatbestand der Vergewaltigung ausweiten wollen, geht es aber mutmaßlich um etwas anderes. Sie wollen keine Lösung für Fälle unterhalb der Schwelle der Vergewaltigung finden. Sie wollen jede Form des sexuellen Übergriffs als Vergewaltigung und den Täter als Vergewaltiger brandmarken. Dabei wollen sie aber nicht sehen, dass nicht das Recht sogenannte Schutzlücken aufwirft, sondern die Rechtsprechung.

In der gegenwärtigen Debatte scheint es mehr um Symbolik, denn um eine sinnvolle Lösung des Problems zu gehen - also um die angemessene Zuschreibung von Verantwortung. Selbst wenn die Gesetzgebung der unangemessenen Forderung folgen würde und den Verbrechenstatbestand erweitern würde: Keine Staatsanwältin könnte anklagen und kein Gericht könnte verurteilen, ohne sich die Situation genau anzuschauen, in der ein mutmaßliches Opfer gegen seinen Willen überrumpelt oder sonst bedrängt worden ist.

Dies aber ist auch mit dem geltenden Recht möglich, es ist weit genug. Die Opfer, die hierbei als Zeugen auftreten, müssen dafür jedoch eine objektivierende Beschreibung des Falles vortragen. Wenn es keine sichtbaren Verletzungen gibt, können sie nicht über ihre Empfindungen der Ohnmacht und Angst sprechen und dies als Beweis einer Tat nehmen. Staatsanwaltschaft und Richter müssen auch die andere Seite sehen: Jede Verurteilung zieht einen erheblichen Makel für den Täter nach sich. Schließlich geht es bei einem solchen Verbrechen nicht nur darum, zu Recht festzustellen, dass kein Mann jemand anderem Sex aufdrängen darf. Es geht immer auch um eine drohende Freiheitsstrafe.

Auch eine Nichtverurteilung bei der Beratung einkalkulieren
Warum also genügt nicht der Vergehenstatbestand der besonders schweren Nötigung, für Fälle, die nicht eindeutig als Vergewaltigung zu identifizieren sind? Manche Frauen- und Opferberatungsstellen scheinen darauf festgelegt zu sein, dass ein Täter wegen Vergewaltigung verurteilt und damit aus dem Verkehr gezogen werden muss. Warum beraten sie die Betroffenen nicht besser so umfassend, dass auch die Nichtverurteilung einkalkuliert wird und Alternativen aufgezeigt werden? Woher kommt die Fixierung auf hohe Mindeststrafen? Sehen die Frauennetzwerke nicht, dass immer weiter gefasste Verbrechenstatbestände dem eigenen Anliegen mehr schaden als nützen? Denn wird der Täter nicht verurteilt, steht das Opfer dann möglicherweise schutzlos da.

Aus der Perspektive des Strafrechts ist aber ein Verbrechenstatbestand kein beliebiges Instrument der Gewaltprävention, sondern eine für den Beschuldigten möglicherweise existenzvernichtende Bewertung. Beim Vergehen genügt schon jede Drohung mit einem empfindlichen Übel, also genau das, was von Opferberatungsstellen - für Strafrechtler irritierend - "psychische Gewalt" genannt wird. Eine Verurteilung ist hier viel leichter möglich.

Wie können künftig die Fehler, die in der Rechtsprechung gemacht worden sind, verhindert werden? Familiengerichte und Strafverfolgungsorgane müssen bei ihrer Arbeit nur die Istanbul-Konvention beachten, das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Sie gilt seit August vergangenen Jahres, und auch der Bundesgerichtshof muss nun seine Rechtsprechung revidieren. Dafür muss er sich von seiner eigenen Praxis verabschieden, bei Sexualstraftaten vor allem auf die Sorge um das körperliche Wohl des Opfers abzustellen.

Das geltende Recht sollte wieder mehr am Willen der Beteiligten gemessen werden. Die Gerichte bis hin zum Bundesgerichtshof müssen also den feststellbar entgegenstehenden Willen einer sexuell genötigten oder missbrauchten Person wieder stärker beachten. So wäre den betroffenen Frauen mehr geholfen als mit fragwürdigen Änderungen des Strafrechts.

http://www.sueddeutsche.de/panorama/rech...igung-1.2331813


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